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Archiv "Arbeiten in Großbritannien: Attraktiver englischer Patient" (12.07.2004)

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ationierung, Wartelisten, Ineffizi- enz, Bürokratie sind die Schlagwör- ter, die meist fallen, wenn vom staat- lichen britischen Gesundheitsdienst, dem National Health Service (NHS), die Rede ist. Zwar stehen die Briten Umfragen zufolge grundsätzlich hinter ihrem Gesundheitssystem, die Notwen- digkeit für Reformen bestreitet hinge- gen niemand. Noch immer müssten Pa- tienten bis zu gut einem Jahr auf Opera- tionen warten; in einem internationalen Ranking zur Effizienz der Gesundheits- systeme liege Großbritannien auf dem 18. Platz – von 19 Ländern; trotz einer Verdoppelung des Budgets seit 1997 wüchsen die Warteschlangen weiter, schreibt Der Spiegel in seiner Ausgabe vom 28. Juni. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite des NHS besticht of- fenbar durch attraktive Arbeitsbedin- gungen – zumindest attraktivere als sie in den Augen vieler das deutsche Ge- sundheitswesen bietet. 2 000 deutsche Ärztinnen und Ärzte, schätzt die deut- sche Botschaft in London, arbeiten in- zwischen auf der Insel. „Neben der un- würdigen Bezahlung haben die Arbeits- bedingungen in Deutschland nicht mit humanitären Standards Schritt gehal- ten“, lautet die Diagnose von Dr.

med. Frank Ulrich Montgomery an- gesichts der Tatsache, dass immer mehr Ärztinnen und Ärzte dem Land den Rücken kehren, obwohl in deut- schen Krankenhäusern 4 800 Ärzte fehlen. Die Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund, deren Vorsitzender Montgomery ist, fördert seit 1987 ein Austauschprogramm zwischen Deutschland und Großbritannien.

Damals ging es in erster Linie darum, jungen Ärzten auf dem angespannten Arbeitsmarkt die Stellensuche zu er- leichtern. „Was niemand vorhergese-

hen hat ist, dass sich daraus ein sehr er- folgreiches Exportprogramm entwickelt hat“, sagte Montgomery. Grund genug für die Marburger-Bund-Stiftung und die Deutsch-Englische Ärztevereini- gung, zur 1. Konferenz deutscher Ärzte in England zu laden. Ziel war es, diesen eine Plattform zum Austausch von Er- fahrungen zu geben und Interessenten aus Deutschland Informationen aus er- ster Hand zu bieten. Gut 90 Teilnehme- rinnen und Teilnehmer verzeichnete die Veranstaltung am 26. Juni im ehrwürdi- gen Trinity College in Oxford.

Das Gros der „Ausgewanderten“ war voll des Lobes über Leben und Arbeiten in Großbritannien. Dr. Burkhard Sonn- tag beispielsweise ist vor zwei Jahren als Teilhaber in eine Allgemeinarztpraxis in Somerset eingestiegen. „Wir sind sechs Partner, haben 30 Angestellte und arbei- ten als Team“, berichtete er. Die Ent- scheidung für die Tätigkeit als „General Practitioner“ hat er getroffen, weil die- ser in Großbritannien noch „ein wirkli- cher Generalist ist, der seine Patienten im Idealfall von der Geburt bis zum Tod betreut“. Er schätzt seine überschauba- re Arbeitsbelastung und sein gutes Jah- reseinkommen, das sich auf rund 70 000

Britische Pfund beläuft – „Arzt sein und ein Privatleben haben“, bringt er seine Situation auf den Punkt.

„Dies wird eine sehr positive Rede“, leitete auch Dr. Arne Rose seinen Vor- trag ein. Der Facharzt für Notfallmedi- zin (Emergency Medicine) arbeitet seit sieben Jahren in Großbritannien und hat bereits einen Großteil seiner Weiter- bildung dort absolviert. „Mir haben da- mals vor allem der Umgang mit den Pa- tienten und die Art und Weise gefallen, wie gelehrt wird“, sagte Rose. „Wenn ich in Deutschland geblieben wäre, hätte ich niemals eine so breitgefächerte Aus- und Weiterbildung erhalten.“

Gute Ausbildung, gutes Einkommen sowie flache Hierarchien und Teamar- beit – die Schilderungen der „Auswan- derer“ entsprechen den Hoffnungen der Auswanderungswilligen. Für viele dürf- te ein Arzt sprechen, der darüber nach- denkt, seine unbefristete Stelle als Oberarzt in München aufzugeben, um in England zu arbeiten. Die ersten Vor- stellungsgespräche sind gelaufen, erste Angebote liegen vor.Was ihn fort treibt, ist in erster Linie das schlechte Arbeits- klima an seinem Krankenhaus. „Es gibt keine Teamarbeit, jeder kämpft gegen jeden.“ Dabei seien die Kämpfe un- tereinander mindestens ebenso hef- tig wie der Druck von oben. Unzu- frieden ist er auch mit der Weiterbil- dungssituation: „Ich hatte selbst kei- ne strukturierte Weiterbildung. Es wurde nicht gelehrt. Alles lief auf ,learning by doing‘ hinaus.“ Er könne es aber in seiner jetzigen Position auch nicht besser machen. „Vonsei- ten der Klinikleitung besteht offen- bar kein Interesse daran, dass man selber ausbildet.“ Bei der Konferenz hat er zwar keine wesentlichen neuen Informationen erhalten. Die Erfah- P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 28–2912. Juli 2004 AA2013

Arbeiten in Großbritannien

Attraktiver englischer Patient

Der staatliche britische Gesundheitsdienst genießt nicht den besten Ruf. Dennoch scheinen viele deutsche Ärzte das dortige Arbeitsklima dem in

Deutschland vorzuziehen. Gut 2 000 leben und arbeiten inzwischen auf der Insel.

Weitere Informationen

Marburger-Bund-Stiftung, Riehler Straße 6, 50668 Köln, Telefon: 02 21/97 31 68 15, Fax: 02 21/9 73 16 78, www.

marburger-bund.de, E-Mail: stiftung@marburger-bund.de Deutsch-Englische Ärztevereinigung, Dr. Christian Herz- mann, Naumannstraße 18, 10829 Berlin, Telefon und Fax:

0 30/78 71 75 33, www.agms.net, E-Mail: forum@agms. net Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV),Villemombler Straße 76, 53123 Bonn, Telefon: 02 28/7 13-10 14, Fax:

7 13-14 12, www.zav.de, E-Mail: bonn-zav.fw113@arbeits agentur.de

Britisches Generalkonsulat, Claudia Huber, Yorkstraße 19, 40476 Düsseldorf, Telefon (montags bis mittwochs):

02 11/9 44 82 99, Fax: 02 11/48 63 59, E-Mail: doh.duessel dorf@fco.gov.uk

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rungsberichte haben seinen Plänen je- doch einen weiteren Schub verpasst, sagte er gegenüber dem DÄ.

Paradiesische Zustände auf der In- sel? „The grass is always greener on the other side“, gab „Auswanderer“ Rose zu Bedenken. Auch seine Karriere im NHS verlief nicht ohne Brüche. Weil er sich die Sinnfrage stellte, hat er irgend- wann von der Pädiatrie auf Notfallme- dizin umgesattelt. Eine deutsche Kin- derärztin, die seit zwei Jahren in Aber- deen arbeitet, berichtete, dass sie in ih- rer Klinik regelrecht gemobbt wird und kritisierte die mangelnden Bemühun- gen ihres Arbeitgebers, ausländische Ärzte ins System zu integrieren.

„Wir sind überglücklich, dass Sie alle hier sind und hier bleiben“, widersprach der ehemalige Gesundheitsberater von Premierminister Tony Blair, Simon Ste- vens, diesem Eindruck. Großbritannien benötige dringend mehr Ärzte. Bei sei- nem Amtsantritt hatte Blair verspro- chen, den NHS wieder zu dem Gesund- heitssystem zu machen, „um das uns die Welt beneidet“. Kapazitäten sollten aus- und Wartelisten abgebaut werden.

Man habe erkannt, so Stevens, dass Großbritannien im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn zu wenig für Gesundheit ausgibt.

Der Plan, den die Regierung für den NHS aufgelegt hat, sieht beträchtliche Budgetsteigerungen vor. Allein in den vergangenen vier Jahren sei das Budget um 7,6 Prozent angehoben worden, be- richtete Gesundheitsminister John Reid am 24. Juni vor dem Parlament. Im Vergleich zu 1997 sei die Zahl der Kran- kenschwestern um 67 500 und die der Ärzte um 19 000 gestiegen, 68 Kranken- häuser seien entweder gebaut worden oder geplant. Der Gesundheitsminister versprach, dass bis 2008 Patienten nicht länger als durchschnittlich 18 Wochen auf eine Operation warten müssen. Das bedeute, so Gesundheitsberater Ste- vens, dass die Anzahl der Operationen drastisch gesteigert werden müsse. Um die Kapazitäten zu erweitern, habe man beispielsweise die Zulassungen zum Medizinstudium um 55 Prozent erhöht.

Doch diese Maßnahme wirkt eher mit- tel- bis langfristig, denn die Arztaus- bildung dauert rund zehn Jahre. Ste- vens: „Wir brauchen aber jetzt mehr

Ärzte.“ Heike Korzilius

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A2014 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 28–2912. Juli 2004

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ualitätsmanagement in den Pra- xen ist für Hausärzte offenbar nicht weniger wichtig als für Fachärzte. Zu diesem Schluss gelangt die Kassenärztliche Vereinigung Süd- württemberg (KV SW) in einer Aus- wertung ihrer bisherigen Serviceange- bote zum Qualitätsmanagement (QM).

Danach kamen rund 42 Prozent der Teilnehmer an den Kursen der KV aus Hausarztpraxen. Zweite Erkenntnis:

Das Interesse der Ärzte an dieser Form der Qualitätssicherung ist groß – auch aus eigenem Antrieb.

Anspruchsvolles dreistufiges Konzept

Gut ein Jahr bevor der Gesetzgeber mit dem GKV-Modernisierungsgesetz das Qualitätsmanagement für niedergelas- sene Ärzte und Vertragspsychothera- peuten zur Pflicht erhoben hat, hatte die KV Südwürttemberg freiwillige Angebote unterbreitet. Das anspruchs- volle dreistufige Konzept sah einen halbtägigen Einführungskurs, einen zweitägigen Basis-Workshop sowie ein darauf aufbauendes Qualitätsseminar an acht Wochenenden (freitags und samstags mit jeweils bis zu acht Unter- richtsstunden) vor. Neben der Vermitt- lung von umfangreichen theoretischen Kenntnissen, ergänzt um praktische Übungen, sollten die Teilnehmer ihr eigenes Qualitätsmanagement-Hand- buch erstellen und die Zertifizierungs- reife erlangen.

Obwohl die Teilnahme an den Quali- tätsmanagement-Kursen einen erheb- lichen Zeitaufwand bedeutete, waren nach Angaben der KV bereits die

ersten drei Seminare mit 60 Teilneh- mern ausgebucht. Noch größer war die Nachfrage bei den Einführungskursen:

An insgesamt zwölf Kursen (ursprüng- lich waren lediglich vier Kurse geplant) nahmen 500 Teilnehmer aus 343 Praxen teil. Davon waren 311 Teilnehmer Kassenärzte beziehungsweise Vertrags- psychotherapeuten, 189 waren Mit- arbeiter in Praxen.

Eine entscheidende Frage im Hin- blick auf die Akzeptanz der freiwilligen Fortbildung war: Wie groß ist das Inter- esse an den Basis-Workshops, nachdem die zeitlich noch sehr überschaubaren Einführungslehrgänge absolviert waren?

Auch hier zieht die KV Südwürttem- berg ein positives Fazit: Bis Ende 2003 waren zwölf Workshops organisiert.

Da aber an den arbeitsintensiveren Basis-Workshops nur 20 Teilnehmer (im Gegensatz zu 40 Teilnehmern je Einführungskurs) teilnehmen konnten, überstieg die Nachfrage das Angebot.

Umfassendes Kursangebot für das laufende Jahr

Rund 38 Prozent konnten mithin ihre Fortbildung im Qualitätsmanagement nahtlos fortsetzen. Bei den Basis- Workshops war der Anteil der teilneh- menden Hausärzte mit 47 Prozent sogar noch höher als bei den Einführungs- lehrgängen (42 Prozent).

Für das laufende Jahr hat die Kas- senärztliche Vereinigung Südwürttem- berg bereits frühzeitig aufgrund der Erfahrungen in 2003 ein umfassendes Kursangebot aufgestellt. Angeboten werden elf Einführungskurse in drei Terminblöcken, 18 Basis-Workshops und fünf Qualitätsmanagementsemi- nare. Änderungen gibt es unterdessen beim Qualitätsmanagement-Konzept für die Psychotherapeuten. Die meisten Psychotherapeuten betreiben ihre Praxis ohne Mitarbeiter, sodass für sie nicht das gesamte Themenspektrum der Seminare infrage kommt. Die Kas- senärztliche Vereinigung hat darauf mit einem zwei- statt dreistufigen Kursan- gebot für ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten reagiert – bestehend aus einem halbtägigen Einführungskurs und einem dreiteiligen Qualitätsma- nagement-Seminar. Josef Maus

Qualitätsmanagement

Positive Resonanz

Die Kassenärztliche Vereinigung Südwürttemberg hat

Qualitätsmanagementkurse

angeboten. Die Nachfrage

war sehr groß.

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