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ie Wiedervereinigung ist bei zigtausend Anlegern durch persönliche Un- bill ziemlich verdüstert. Statt ungeteilter Freude über das endliche Zusammenwachsen, was zusammengehört, haben sich beim Lockruf des Geldes ziemlich viele verhoben.Die damals herrschende Goldgräberstimmung nutzten etliche Bauträger und Immobi- liengesellschaften, den Leuten jede Menge Schrottimmobilien anzudrehen, deren wahrer Wert nur einen Bruchteil des überzo- genen Kaufpreises ausmachte.
Bei den so genannten Erwerber- modellen wurden die Interes- senten mit dem verführeri- schen Motto „alles aus einer Hand“ zum Einstieg verleitet,
Der Initiator holte sich dann vom Anleger eine einzige Voll- macht für den Erwerb einer Eigentumswohnung oder die Zeichnung eines geschlossenen Immobilienfonds. Mit diesem Blankoscheck hatte der Betrei- ber alle Freiheiten, er schloss lustig Notarverträge ab, un- terschrieb für Rechnung des Kunden einen Darlehensver- trag und genehmigte sich dar-
über hinaus noch jede Menge Kohle für Aufwendungen bei der Eigentumsübertragung,der Zwischenvermietung, für Ga- rantiezusagen, für die Grund- buchformalitäten und weiß der Teufel noch für was alles.
Das böse Erwachen kam in der Regel ziemlich schnell.
Spätestens als klar wurde, dass die üppig kalkulierten Mieten bei weitem nicht erzielbar wa- ren, dämmerte vielen, wie sehr sie sich vergriffen hatten.Viele versuchten aus ihrer Anlage auszusteigen, scheiterten aber an der völligen Unverkäuf- lichkeit des Objektes, was im Nachhinein aber auch keinen großartig wundert. So sitzt der Geplagte auf einer kaum wert- haltigen Immobilie und erst recht auf einem Haufen Schul- den, und das auf Sicht der nächsten zehn oder 20 Jahre.
Keine schönen Aussichten.
Überraschend zeigen sich aber nun doch einzelne Licht-
blicke, zumindest dem ersten Anschein nach. Könnte es in der Tat sein, dass sich ein Schlupfloch auftut? Ein (viel- leicht richtungweisendes) Ur- teil des BGH lässt zumindest Hoffnung aufkeimen.Das höch- ste deutsche Gericht (Az.:
IX ZR 279/99) hat nämlich bei den Anforderungen an einen Treuhänder festgehalten, dass
„wer ausschließlich oder haupt- sächlich die rechtliche Abwick- lung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermo- dells für den Erwerber besorgt, bedarf der Genehmigung nach Artikel 1 § 1 Abs.1 Satz 1 Rechts- beratungsgesetz“.
So trocken die Formu- lierung, so wirksam der Knall- effekt. Die meisten Treuhän- der bei den Erwerbermodel- len haben diese Genehmigung mitnichten. Dann aber ist ein solcher Geschäftsbesorgungs- vertrag unwirksam, will hei- ßen, praktisch nicht zustande
gekommen. Wenn das so ist, dann durfte der Treuhänder auch keinen Darlehensvertrag abschließen, da auch dieser null und nichtig sei. Stimmt das, kann der Anleger die Rückabwicklung des Kredits verlangen.
Da wir, wir wissen es alle, auf hoher See und vor Gericht in Gottes Hand sind, gelten Jubelstürme gleichwohl als verfrüht. Derselbe BGH sagte in einem anderen Fall, dass der eingegangene Gesell- schaftsvertrag weiterhin gül- tig sei, auch wenn der dazuge- hörige Treuhandvertrag un- wirksam ist. So bleiben wir in hoffnungsfroher Ratlosigkeit
zurück. )
S C H L U S S P U N K T
[64] Deutsches ÄrzteblattJahrgang 100Heft 4431. Oktober 2003
Promi-Sprüche
zu Erwerbermodellen
Das Schlupfloch
Börsebius
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„rund ums Geld“
Wie an jedem 1. Samstag des Mo- nats können Sie auch am 8. Novem- ber 2003 in der Zeit von 9 bis 13 Uhr Börsebius (Diplom-Ökonom Reinhold Rombach) anrufen.Wäh- len Sie bitte die 02 21/35 15 87.
Die kostenlose Telefonberatung ist ein spezieller Service des Deut- schen Ärzteblattes für seine Leser.
Post Scriptum
„Wer glaubt, dass mit der Ein- führung der Bürgerversiche- rung die Steuerehrlichkeit steigt, glaubt auch, dass Zitro- nenfalter Zitronen falten.“
Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bundes
„Weil die Gesetzliche Kran- kenversicherung ein Einnah- menproblem hat und künftig die Weichen in Richtung einer Bürgerversicherung gestellt werden, müssen auch andere Einkunftsarten verbeitragt werden.“
Prof. Dr. med. Dr. sc. Karl W. Lauterbach
„Unterlassene Reformen sind das größte Übel.“
Wilfried Jacobs, Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland
„Jetzt sind die Macher gefragt, nicht die mit Leitpapieren und Ähnlichem die Schubladen füllenden Theoretiker.“
Wilfried Jacobs
Sagt der Vertragsarzt zum Patienten: „Wenn du schon be- reit bist, die Eintrittsgebühr von zehn Euro je Quartal bei einem Arztbesuch zu zahlen, dann wollen wir jetzt so richtig igeln.“
Wilfried Jacobs
„Der Koordinierungsaus- schuss nach Maßgabe von Sozialgesetzbuch V gleicht einem Flächennutzungsplan für die Errichtung eines Einfamilienhauses.“
Jörg Robbers, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft
„Die gesetzliche Etablierung von Gesundheitszentren ist ein Ausfluss der Ostalgie, einer Wiederbelebung der alten Polikliniken in der verflossenen DDR, insbeson- dere der 19 Gesundheitszen- tren, die in Brandenburg ge- schlossen wurden.“
Dr. med. Frank Ulrich Montgomery
„Wir sollten uns davor hüten, den Pessimismus zur ethischen Pflichtgesinnung zu erklären.“
Wilfried Jacobs