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Archiv "Börsebius zu Immobilienfonds: Bruchlandung Ost" (09.06.2000)

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D

ie Goldgräberstimmung in den neuen Ländern ist längst an der Rea- litätswahrnehmung geschei- tert. Den Traum von den blühenden Landschaften nutz- ten vor Jahren etliche An- bieter von Immobilienfonds schamlos aus, um den Anle- gern das Blaue vom Himmel herunterzulügen.

Speziell Berliner Fonds- initiatoren – in Personalunion als Abschreibungskünstler tätig – sammelten nach der Wende das Geld säckeweise ein, als sie Sparern Tausende von Schrottimmobilien auf- schwatzten, in Hochglanz- prospekten allesamt reich ge- rechnet durch satte Mietga- rantien und Wertsteigerungs- fantasien.

Jürgen Hanne zählte zu ei- nem der ganz Großen der Branche. Als die Mauer fiel, war für den Zehlendorfer Baulöwen die Chance seines Lebens gekommen. Die rie- sigen Sonderabschreibungen,

die der Bund für Investitionen in den Aufbau Ost gewährte, lösten einen Boom sonderglei- chen aus. An dem wollte Han- ne nicht nur teilhaben, son- dern ganz vorne mitmischen.

In einer aufwendigen Wer- bekampagne lockte der Ab- schreibungsguru die Bundes- republikaner scharenweise in seine Immobilienfonds für Wohn- und Gewerbeparks, Büros und Einkaufszentren.

Am Ende harrte eine Milliar- de Mark auf Superrenditen, die auf dem ach so geduldigen Papier versprochen waren.

Ende März in Zürich kam für Hanne dann aber das Aus, als er verhaftet wurde. Der Berliner Kapitalanlagebetrü- ger gab zu, Prospekte ge- schönt und einen Pachtver-

trag gefälscht zu haben, um möglichst viele Anleger zu täuschen und auch an Bank- kredite zu kommen.

Ein Einzelfall ist das gleichwohl nicht, ganz im Ge- genteil. Die Bassmann Bau AG ist mittlerweile ebenso pleite wie die Unternehmens- gruppe Roland Ernst und vie- le andere mehr. Die Betrei- ber von Immobilienfonds, die keine Probleme haben, sind meiner Meinung nach an den Fingern einer Hand abzu- zählen. Die meisten Initiato- ren speziell von Ostprojekten blendeten die Anleger mit fünfjährigen üppigen Mietga- rantien, die jetzt aber nahezu alle abgelaufen sind.

Was folgt, kann nur noch böses Erwachen sein. Die

wirklich erzielbaren Mieten betragen nur noch einen Bruchteil der versprochenen Einnahmen. In Berlin etwa kalkulierten die wahnwitzi- gen Initiatoren eine erzielba- re Büromiete von 60 Mark pro Quadratmeter; in Wahr- heit ist grade mal ein Viertel davon realistisch.

Laufen die Mietgarantien aus, blicken die Anleger in ein gewaltiges Finanzloch, und die ganzen Schönrechnungs- modelle brechen in sich zu- sammen. Entweder folgt die Pleite auf dem Fuße, oder es drohen Nachzahlungen.

In beiden Fällen erwirtschaf- tet der Fondskäufer keinen Überschuss.

Zum bösen Spiel hält am Ende der Fiskus wegen so ge- nannter Liebhaberei die Hand auf und kassiert die Steuer- vorteile wieder ein. Manche Besitzer von Ostimmobilien wissen noch gar nicht, was ih- nen blüht oder droht, je nach-

dem. Börsebius

[60] Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 23, 9. Juni 2000

S C H L U S S P U N K T

Post Scriptum

M

arius Müller-Western- hagen kann wahr- scheinlich nichts da- für. Damals in Deutschland jedenfalls, vor ungefähr zehn Jahren, hatte er gut singen.

Dicke? Iih, wie eklig! fand er.

Die Folgen des Spott- gesangs? Depressionen bei Dicken, Selbstmordversuche von Übergewichtigen, ein Ansturm neuer Mitglieder bei den Weight Watchers?

Wir wissen es nicht. Müller- Westernhagen jedenfalls er- hielt Unterstützung von un- geahnter Seite. Die Coutu- riers aus Paris, Mailand und New York verabschiedeten die 80er-Jahre mit ihren Pul- lis in Übergrößen und Fle- dermausärmeln und holten die Siebziger wieder zurück:

Wer in war, trug jetzt stramm sitzende Schlaghosen und bauchfreie Leibchen. Dann kam Kate Moss, und irgend- wann konnten nur noch Zwölf- bis Vierzehnjährige bei Calvin Klein einkaufen, alle anderen setzten sich auf

Diät. Bislang hat sich daran noch nicht allzu viel geän- dert.

Auf den Fidschi-Inseln spricht man ja im Allgemei- nen kein Deutsch. Trotzdem können Dicke seit einiger Zeit auch dort nicht mehr glücklich und in Frieden le- ben. Dort galt bis vor kur- zem der einfache Satz: Big is beautiful, stämmig ist schön.

Das ist jetzt anders. Immer mehr junge Mädchen auf Fidschi finden sich selbst zu dick, fand Dr. Anne Becker heraus, Professorin der medi- zinischen Anthropologie an der Harvard Medical School und der Psychiatrie am Mas- sachusetts General Hospital in Boston (JAMA 2000; 283:

1409). In dem Dorf, dessen Bevölkerung sie untersuch-

te, sind zwar immer noch vier Fünftel der Frauen über- gewichtig. Aber die Mäd- chen zwischen 15 und 19 set- zen sich auf Diät.

Vielleicht ist ja doch Kate Moss schuld. Seit 1995, dem ersten Jahr von Bek- kers Untersuchung, haben die Fidschianer nämlich ih- ren ersten und bislang ein- zigen Fernsehkanal. Gesen- det werden im Zeitalter der Globalisierung keine Eigen- produktionen, sondern Im- porte aus den USA, Groß- britannien und Australien.

Und deren Hauptdarstelle- rinnen sind allesamt rank und schlank wie zwölfjähri- ge Calvin-Klein-Kundinnen.

So wollen die jungen Fid- schianerinnen jetzt auch aus- sehen.

Vielleicht geht ja die Rate der Herzinfarkte auf Fidschi zurück, oder der Bluthoch- druckerkrankungen. Dafür leiden jetzt viel mehr Ju- gendliche unter Essstörun- gen als früher. AE

Börsebius zu Immobilienfonds

Bruchlandung Ost

Dicke sind nicht angesagt

Fett ist auch auf Fidschi out.

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