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Archiv "Einsparrechnung mit allzu vielen Fragezeichen" (31.03.1988)

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Solche kritischen Hinweise be- deuteten indes nicht, daß die Kas- senärzte den Gesetzentwurf in sei- ner Geamtheit ablehnten. Das von den Sozial- und Gesundheitsmi- nistern der SPO-regierten Länder entworfene Regionalisierungspro- gramm enthalte noch stringentere Regelungen und laufe auf eine Zer- schlagung der ärztlichen Selbstver- waltung hinaus. Das dürfe aber nicht dazu führen, "daß wir nach dem jämmerlichen Grundsatz von der Wahl des kleineren Übels zu diesem Referentenentwurf Ja und Amen sa- gen.'' Dazu seien die Mängel des Entwurfes zu schwerwiegend.

Professor Häußler bestätigte nochmals, daß er bei seinem letzten Gespräch mit Blüm die Zuversicht gewonnen habe, "daß in den für uns wichtigen Punkten im Referenten- entwurf noch entscheidende Ände- rungen am Kabinettsentwurf vorge- nommen werden." Und auf zwei- felnde Zurufe aus dem Auditorium begründete er diese Zuversicht nicht mit "blinder Gutgläubigkeit", die ihm zuweilen unterstellt werde, son- dern mit den im Laufe eines langen Lebens gemachten Erfahrungen.

..,.. Diese Vertreterversamm- lung solle weder als Protestaktion, noch als Loyalitätskundgebung miß- verstanden werden. Ihr Zweck sei es, "an einem wichtigen Abschnitt der Arbeit an der Strukturreform . .. die geschlossene Auffassung der Kassenärzteschaft (zu) demonstrie- ren.''

"Ich weiß, daß es viele unter uns gibt, die der Meinung sind, die Kassenärzte wären mit ihren Zuge- ständnissen schon bis an den Rand des Zurnutbaren gegangen; nun sei es an der Zeit, das Kriegsbeil auszu- graben. Es ist Kennzeichen der Menschen, daß der Ruf: Auf in den Kampf! mehr Begeisterung auslöst als die Mahnung zur Besonnenheit.

Darum ist es auch sehr vielleichter, gegeneinander zu reden als miteinan- der. Ich will den letzteren Weg ge- hen, weil er politisch wirksamer ist.

Dazu allerdings brauche ich die Ge- wißheit, daß auch Sie nach wie vor diesen Weg für den richtigen halten.

Diese Bestätigung erhoffe und er- warte ich als Ergebnis unserer Dis-

kussion." sfr

Dr. illrich Oesingmann

Einsparrechnung mit allzu vielen Fragezeichen

Stabile Beitragssätze als ein zen- trales Ziel der Strukturreform sind für Dr. Ulrich Oesingmann nach dem vorliegenden Referentenent- wurf pure Fiktion. Der Zweite Vor- sitzende der KBV ließ keinen Zwei- fel daran: Die Rechnung des Bun-

Ulrich Oesingmann

desarbeitsministers geht nicht auf, sein Konzept hat zu viele offenkun- dige Schwächen und Mängel.

Oesingmann maß die , ,offizielle Rechnung des Referentenentwurfs"

an den Thesen der Karlsruher KBV- Vertreterversammlung zur Struktur- reform. Sein Fazit: Der Entwurf ge- be keine befriedigende Antworten auf die zentralen Fragen der Finan- zierung der Rentner-Krankenversi- cherung, der Kostenexpansion im Krankenhaus und der Überkapazitä- ten im Gesundheitswesen schlecht- hin. Im Gegenteil: Er bringe noch eine Vielzahl kostentreibender bü- rokratischer und reglementierender A-838 (22) Dt. Ärztebl. 85, Heft 13, 31. März 1988

Auflagen -vor allem für die Kassen- ärzte.

Alleine schon von daher müsse das Ziel Beitragssatzstabilität ver- fehlt werden. Doch Minister Blüm verspreche ja noch mehr: die Fi- nanzierung des Pflegerisikos! Er hoffe durch Leistungsabbau, Fest- beträge und Mobilisierung von Wirt- schaftlichkeitsreserven 14,5 Milliar- den Mark einzusparen. Ein Binspar- potential freilich, das Oesingmann mit einem dicken Fragezeichen ver- sieht.

..,.. So wisse niemand, wie der so- genannte Solidarbeitrag der Phar- maindustrie von 1,7 Milliarden und die globalen Einsparungen im Kran- kenhaus von 1,5 Milliarden über- haupt hereingeholt werden sollen.

Und weiter: Wie teuer wird die Bei- tragsrückgewähr, wie teuer der Me- dizinische Dienst? Was kostet die geforderte Datenübermittlung per EDV?

Oesingmann unterstrich zwar die Notwendigkeit der Absicherung von Pflegebedürftigen. Er verwies aber auf die sozialpolitische Dimen- sion dieser Aufgabe, die einer brei- teren und stabileren Finanzierungs- basis bedürfe. Oesingmann dazu:

"Die bereits überstrapazierte GKV kann das auf Dauer unmöglich schaffen, auch nicht in der vorgese- henen Beschränkung auf die häus- liche Pflege. Selbst wenn mit den aus Leistungskürzungen erzielten Ein- sparungen Pflegefälle heute zum Teil finanziert werden könnten, so kämen schon kurzfristig - vor allem aufgrundder demographischen Ent- wicklung - neue beitragssatztreiben- de Belastungen auf die GKV zu. Al- so ein wesentlicher Punkt, der die Rechnung nicht aufgehen läßt."

Die Kassenärzte haben ihre be- gründete Kritik am Referentenent- wurf wiederholt vorgebracht, sagte der Zweite Vorsitzende der KBV.

Ihnen dürfe man daher später nicht die Schuld zuweisen, wenn das Ziel der Reform nicht erreicht werde.

..,.. Mit einer staatlich verordne- ten Beitragsstabilität ließen sich die tiefgreifenden Probleme unseres Gesundheitswesens auf Dauer nicht lösen. Politisch kurzsichtiger Inter- ventionismussei endgültig am Ende.

Statt dessen sei eine auf lange Sicht

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angelegte gesundheitspolitische Weichenstellung erforderlich, die den Ausgleich zwischen den medizi- nischen Erfordernissen einerseits und dem finanziell Tragbaren ande- rerseits dauerhaft herstelle.

Dr. Klaus Voelker

Scharfe Absage an noch mehr Reglementierung

Für Außenstehende mögen sie kaum mehr als eine schlichte

"Orientierungshilfe" für ärztliche Verordnungen sein, doch die Kas- senärzte sehen den wahren Spreng- satz: Mit den in Paragraph 113 des Referentenentwurfs geforderten Richtwerten wird etwas auf den Weg gebracht, das letztlich Ärzte und Pa- tienten in eine Zwangsjacke steckt.

~ "Wir geraten in unseren me- dizinischen Entscheidungen unter den Druck einer starren ökonomi-

schen Größe, die mit notwendiger

und zweckmäßiger Krankenbehand- lung nichts, aber auch gar nichts zu tun hat", warnte Dr. Klaus Voelker eindringlich vor den Folgen dieser · Bestimmung.

Voelker befaßte sich in seinem Referat vor der Vertreterversamm- lung ausführlich mit der Absicht des Bundesarbeitsministeriums, quar- tals- oder jahresbezogen arztgrup- penspezifische Richtwerte für das Verordnungsvolumen der Ärzte auf- stellen zu lassen. Das alles unter dem Diktat der Beitragssatzstabili- tät. Der entsprechende Paragraph fordert beim Überschreiten der Richtwerte eine unmittelbare Wirt- schaftlichkeitsprüfung - automatisch ausgelöst und ohne Rücksicht auf Faktoren, die der Arzt selbst nicht beeinflussen kann.

~ Wie wirklichkeitsfremd die- se Richtwerte sind, machte Voelker anband einiger Beispiele klar: Wie soll der Arzt wissen, wieviele Patien- ten mit welchen Krankheiten Tag für Tag, Woche für Woche und Quartal für Quartal seiner Hilfe be-

dürfen? Was geschieht bei einer Grippewelle? Wo werden Praxisbe- sonderheiten berücksichtigt? Alles Fragen, auf die der Paragraph 113 keine Antworten gibt.

Die wirtschaftliche Verord- nungsweise könne auch ohne die ebenso bürokratischen wie fragwür- digen Richtwerte überprüft werden.

Dies regele der Paragraph 112 mit dem zusätzlichen Instrument der stichprobenartigen Prüfungen. An- stelle von mehr Bürokratie und Gängelei durch unsinnige Richtwer- te forderte Voelker mehr Informa- tion und Beratung. Das gleiche gelte für die beabsichtigte Bindung des Kassenarztes an eine Krankenhaus- Preisvergleichsliste und die schrift- liche Begründungspflicht für jede einzelne Einweisung.

Voelker monierte an der Rege- lung im Referentenentwurf: , , Wo bleiben da die besonderen Bedürf- nisse des Patienten? Wo bleibt da die Berücksichtigung der individuel- len Qualifikation bestimmter Kran- kenhausärzte für bestimmte Eingrif- fe? Was soll diese geradezu uner- trägliche Belastung des Kassenarz- tes, im Einzelfall die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung jeweils schriftlich begründen zu müssen?''

~ Voelker wandte sich auch gegen die vorgesehenen Verord-

Klaus Voelker

nungsermächtigungen: , ,Entspricht es einer Stärkung der Selbstverwal- tung, wenn ihr das gut funktionie- rende Instrument der Schlichtung in wesentlichen Teilbereichen genom- men wird? Wenn statt dessen der Bundesarbeitsminister in bisher nicht gekanntem Ausmaß ermäch- tigt wird, bei Nichteinigung der Part- ner der Selbstverwaltung unmittel- bar per Rechtsverordnung einzu- greifen?"

Fazit: Die Kassenärzte lehnen eine Überbürokratisierung des Ge- sundheitswesens ab und fordern im Sinne der ärztlichen Entscheidungs- freiheit eine klare Absage an alle Pläne, die kassenärztliche Tätigkeit übermäßig zu reglementieren.

Prof. Dr. E.-E. Weinhold

"Prä und Post"

ist vollkommen überflüssig!

Das Vertrauen der Ärzte in die Gesundheits- und Sozialpolitik der Regierung droht zu schwinden. Zu viele Bestimmungen des Referen- tenentwurfs zielen darauf ab, den Si- cherstellungsauftrag der KVen zu beschneiden- und das alles ohne er- kennbaren Sinn und Nutzen, führte Professor Dr. Ernst-Eberhard Wein- hold aus.

~ Das KBV-Vorstandsmitglied nannte an erster Stelle die vorgese- henen Regelungen zur prästationä- ren Diagnostik und poststationären Behandlung im Krankenhaus. Da- von sei weder ein Bettenabbau noch mehr Humanität zu erwarten.

Aus ärztlicher Sicht seien solche Erwartungen graue Theorie, gerade- zu Augenwischerei. Denn wie sieht es heute aus? Weinhold: "Auch heute schon werden Patienten, deren statio- näre Behandlung noch aufgeschoben werden kann, entweder durch betei- ligte oder ermächtigte Krankenhaus- ärzte oder durch die einweisenden Ärzte ambulant weiterbehandelt, und zwar im Rahmen der kassen- ärztlichen Versorgung. Die dadurch

Dt. Ärztebl. 85, Heft 13, 31. März 1988 (23) A-839

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