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Archiv "Umweltmedizin - eine Standortbestimmung" (07.02.1997)

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Academic year: 2022

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Die Autoren stellen eine in- tegrative Konzeption der Umwelt- medizin dar. Fast allem könnte zu- gestimmt werden. Insbesondere die Betonung der klinischen Aspekte der Umweltmedizin ist sehr wert- voll. Bei der Gegenstandsbestim- mung der Umweltmedizin könnte je- doch die Zentrierung auf die „physi- kochemischen anthropogenen Um- weltfaktoren unter Mitberücksichti- gung der sozialen Umweltfaktoren“

günstiger sein als die Betrachtung der „allgemeinen Umwelt“, weil sich dieses neue Fach sonst methodisch überfordern könnte.

Wertvoll sind auch die Hinweise auf die wissenschaftstheoretischen Kriterien, die die Umweltmedizin erfüllen müßte.

Ein wenig problematisch ist al- lerdings, wenn unter dem Kapitel

„Umweltkrankheiten“ behauptet wird, es zeige sich, daß „Angst vor Umweltschäden in zunehmendem Maße selbst zur Ursache von Ge- sundheitsstörungen wird“. Für diese generalisierende Aussage wäre in Hinblick auf die beschworenen wis- senschaftstheoretischen Kritereien der von den Autoren geforderte Kausalnachweis zu führen.

Nach meiner Kenntnis der „Er- langer Studien“ zu diesem Thema wird dies methodisch schwer mög- lich sein, da sie nur auf einer sehr speziellen Untergruppe der Um- weltkranken beruhen und da vor al- lem geeignete Messungen der Äng- ste der Klienten im Vergleich zu kli- nisch unauffälligen umweltbesorg- ten Kontrollgruppen oder umwelt- desinteressierten psychosomatischen Patienten fehlen.

Nach methodologischen Krite- rien klinisch-psychologischer und psychiatrischer Forschung hat die Psychogenese-Hypothese bei Um- weltkrankheiten (besser: „umwelt- bezogene funktionelle Störungen“) derzeit nur den Status einer Hypo-

these – nicht ohne Grund hat die WHO den ätiologisch korrekteren Begriff der „Idiopathie“ (idiopathic environmental intolerances) vorge- schlagen.

Außerdem müßte überprüft werden, welche Untergruppen sich bereits auf symptomatischer Ebene unterscheiden ließen. Beschreibung ist derzeit noch wichtiger als Er-

klärung. Es wäre daher nötig, psy- chologisch entsprechend fundierte Multizenter-Studien durchzuführen, um für diese Kranken ein geeignetes ätiologisches Verständnis und prak- tisch-therapeutisches Umgehen zu entwickeln.

Chefarzt Dr. med. Dr. phil.

Dr. rer. pol. Felix Tretter Bezirkskrankenhaus Haar 85529 Haar/München

Die vielfachen positiven Zu- schriften und Kommentare, die uns zu diesem Artikel erreichten, spie- gelten das große Interesse an um- weltmedizinischen Fragestellungen wider.

Zu dem dankenswerten Kom- mentar von Herrn Dr. med. Dr. phil.

Dr. rer. pol. Tretter, dessen Beitrag

zu wissenschaftstheoretischen Über- legungen in der Umweltmedizin wir im Deutschen Ärzteblatt (4) kürz- lich mit Interesse gelesen haben, möchten wir folgendes ergänzen:

Eine Zentrierung auf „physikoche- mische, anthropogene Umweltfak- toren unter Mitberücksichtigung der sozialen Umweltfaktoren“ engt un- seres Erachtens den Begriff Umwelt, wenn er ganzheitlich verstanden werden soll, eher ein.

Die „natürliche“ Umwelt im ei- gentlichen Sinn würde so nicht mit erfaßt, diese ist aber zum Beispiel für die Entstehung vieler klassisch um- weltbedingter Erkrankungen, näm- lich der Allergien, verantwortlich.

Grundsätzlich sollten vom differen- tialätiologischen Ansatz her alle möglichen Einflußfaktoren berück- sichtigt werden.

Die Angst vor einem Schaden – zum Beispiel Karzinophobie und an- deres – ist in der Psychosomatik ein lange bekanntes und belegtes Phä- nomen (1). Dies zeigen auch unsere Erfahrungen mit Umweltpatienten, ohne daß wir eine Psychogenese po- stuliert haben. Die von Kraus et al.

(3) vorgestellte Studie wurde in die- sem Zusammenhang vielfach fehlin- terpretiert.

Der Begriff „Idiopathie“, wie er 1996 von der Weltgesundheitsorga- nisation (WHO) für die „multiple chemical sensitivity“ definiert wur- de, trägt gerade nicht zur ätiologi- schen Klärung bei (IPCS 1996). Die Bezeichnung „idiopathisch“ – also als krankhafter Zustand selbststän- dig, ohne erkennbare Ursache ent- standen – kann doch nur dann ange- wendet werden, wenn alle möglichen Ursachen ausgeschlossen sind.

Eben dies ist bei allen „neuen“

umweltbezogenen Erkrankungen bisher noch nicht systematisch er- folgt. Insofern stimmen wir mit dem Kommentar von Herrn Tretter übe- rein: Weitergehende Studien – unter Einbeziehung psychosomatischer Kriterien – sind notwendig. Diese sollten allerdings über die von ihm A-312

M E D I Z I N

(48) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 6, 7. Februar 1997 DISKUSSION

Umweltmedizin –

eine Standortbestimmung

Zu dem Beitrag von Dr. med. Renate Wrbitzky, Priv.-Doz. Dr. med.

Hans Drexler, Priv.-Doz. Dr. med.

Stephan Letzel,

Prof. Dr. med. Dr. med. dent.

Walter Gräf und Prof. Dr. med. Dr. h.c.

Gerhard Lehnert in Heft 39/1996 Kausalnachweis fehlt

Schlußwort

(2)

A-313

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 6, 7. Februar 1997 (49) geforderten psychologischen Studi-

en hinausgehen und unter anderem klinische sowie toxikologische An- sätze beinhalten.

Gerne sind wir zu einer Mitwir- kung an einer derartigen Multi- zenter-Studie bereit!

Literatur

1. Apfel B, Csef H: Angst vor Umweltgiften – berechtigte Realangst oder psychische

Störung? Psychother Psychosom med Psy- chol 1996; 45: 90–96

2. IPCS: Report of multiple chemical sensiti- vity (MCS) Workshop Berlin, 21–23 Fe- bruary 1996

3. Kraus T, Anders M, Weber A, Hermer P, Zschiesche W: Zur Häufigkeit umweltbezo- gener Somatisierungsstörungen. Arbeits- med Sozialmed Umweltmed 1995; 30:

152–156

4. Tretter F: Umweltmedizin: Beschreibun- gen sind derzeit wichtiger als Erklärungen.

Dt Ärztebl 1996; 93: A-2136–2139 [Heft 34- 35]

Für die Verfasser:

Dr. med. Renate Wrbitzky Fachärztin für Arbeitsmedizin Umweltmedizin

Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität

Erlangen-Nürnberg Schillerstraße 25 und 29 91054 Erlangen

DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

Ziel einer Blutübertragung ist es, die Risiken der Anämie zu redu- zieren. Die Transfusion von Erythro- zytenkonzentraten ist eine kostenin- tensive medizinische Maßnahme. In den USA werden jährlich für 11 Mil- lionen Blutkonserven eine bis zwei Milliarden Dollar ausgegeben. Viele Patienten erhalten vor einer geplan- ten Operation eine Bluttransfusion, obwohl die Indikation nicht eindeu- tig gesichert ist. Es bestehen mehre- re Empfehlungen zur Bluttransfusi- on in der Chirurgie, welche jedoch nicht von allen Autoren akzeptiert werden. Bislang ist keine rando- misierte klinische Studie über Blutransfusionen in der Chirurgie durchgeführt worden. Daten über den eindeutigen Zusammenhang zwischen der verminderten Hämo- globinkonzentration und einem er- höhten Mortalitätsrisiko oder einem ernsthaften Morbiditätsrisiko feh- len. Somit bleibt die Indikation zur Blutübertragung in der Chirurgie unklar.

Eine amerikanische Arbeits- gruppe untersuchte diese Fragestel- lung. Hierzu wurde eine retrospekti- ve Studie mit 1 958 Patienten durch- geführt. Die mindestens 18 Jahre al- ten Patienten hatten vor einer ge- planten Operation die Bluttransfusi- on aus religiösen Gründen abge- lehnt. Es wurden die Mortalität und Morbidität über einen Zeitraum von 30 Tagen nach der Operation ermit- telt. Zusätzlich sollte der Einfluß ei- ner kardiovaskulären Erkrankung auf die Mortalität und Morbidität untersucht werden.

Innerhalb von 30 Tagen nach der Operation betrug die durch- schnittliche Sterblichkeit 3,2 Pro-

zent. Die Mortalität betrug 1,3 Pro- zent bei Patienten mit einer präope- rativen Hämoglobinkonzentration von mehr als 12 g/dl und 33,3 Prozent bei einer Konzentration von weniger als 6 g/dl. Eine gleichzeitig bestehen- de kardiovaskuläre Erkrankung er- höhte zusätzlich das Mortalitätsrisi- ko. Ferner war der Einfluß eines in- traoperativen Blutverlustes auf die Sterblichkeit bei Patienten mit ge- ringer präoperativer Hämoglobin- konzentration deutlicher als bei höherer präoperativer Hämoglobin- konzentration. Eine geringe Hämo-

globinkonzentration führte auch zum Anstieg der postoperativen Morbidität.

Die Autoren folgern, daß bei der Indikationsstellung zur Blut- übertragung neben der Hämoglobin- konzentration auch kardiovaskuläre Erkrankungen und ein möglicher operativer Blutverlust beachtet wer-

den müssen. ml

Carson JL et al.: Effect of anaemia and cardiovascular disease on surgical morta- lity and morbidity. Lancet 1996; 348:

1055–1060

Dr. Carson, Robert Wood Johnson Medi- cal School, Clinical Academic Building, 125 Paterson St, New Brunswick, New York 08903-0019, USA

Bluttransfusionen in der Chirurgie

Die Entwicklung eines effekti- ven Antimalariamittels ist das Ziel vieler Forschungsaktivitäten. Neue Ergebnisse könnten zur Entwick- lung eines entsprechenden Medika- mentes führen. Die Autoren verhin- derten durch gentechnische Manipu- lation die Exprimierung des Cirum- sporozoit-Proteins (CS) von Plasmo- dium berghei. Anschließend wurden Ratten mit den so veränderten Me- rozoiten infiziert. In den Erythro- zyten war der Entwicklungszyklus zwischen Schizonten und Merozoi- ten der gentechnisch veränderten Plasmodien unverändert. Allerdings zeigten sich dramatische Unterschie- de beim Wirtswechsel. Nachdem die Plasmodien durch Insektenstich auf die Anopheles-Mücken übertragen wurden, reiften die Oozysten bis zum zehnten Tag nach der Übertra- gung normal im Darm heran. Nach dieser Periode war die Entwicklung massiv gestört, und es gelangten kei- ne der wenigen überlebenden Erre- ger in die Speicheldrüsen der Mücke,

von wo sie normalerweise erneut den Wirtswechsel antreten. Die Plasmo- dien, welche im Darm überlebt hat- ten, waren außerdem auch nicht nach künstlicher Infektion in der La- ge, sich in Ratten zu vermehren. Es wird vermutet, daß das extrazellu- lär lokalisierte CS-Protein für die Anlagerung der Plasmodien an die Hepatozyten eine entscheidende Rolle spielt. Dies könnte erklären, warum der in der Leber stattfinden- de Vermehrungszyklus nicht stattfin- den konnte. Substanzen, die das CS- Protein blockieren, könnten somit zur Bekämpfung der Plasmodien in der Mücke wie im Säuger bezie- hungsweise Menschen eingesetzt

werden. me

Menard R, Sultan AA, Cortez C et al.:

Circumsporozoite protein is required for development of malaria sporozo- ites in mosquitos. Nature 1997; 385: 336- 340

Robert Menard, Michael Heidelberger Division of Immunology, Department of Pathology, New York University Medical Center, New York 10016, USA

Schlüsselprotein bei Malariainfektionen

Referenzen

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