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Ärzte und Medizin im Nationalsozialismus

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Ärzte und Medizin im Nationalsozialismus

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Ärzteblatt Sachsen 4/2005

cephaler Kinder zur Verlängerung des Lebens von Kindern mit schweren Herzfehlern ge- nützt werden kann (20). Aussagen zur „medi- zinischen Leistungsbegrenzung für Alte“,

„Zum Tod auf Verlangen“ oder die Diskus- sion um die Anschauungen des Physikers Seed vor einigen Jahren, der meinte, er wolle der erste sein, der einen Menschen klont, wei- sen in Richtungen, die schon Ängste hervor- rufen können. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang das „Croninger Protokoll“, das die aktive Sterbehilfe bei schwer behin- derten Neugeborenen in den Niederlanden fordert (23) oder die Diskussion über den

„Gruppennutzen“ (24) – ein geradezu para- digmatisches Wort sozialdarwinistischer Provenienz – im Interesse von positiven Effekten für Patienten kann am Einzelnen, der keinen Vorteil davon hat, wohl experimentiert werden.

Wissenschaftsfortschritt kann auch eine Falle sein, wenn die geistige und moralische Be- wältigung einer Technologie langsamer ver- läuft als ihre fachliche Beherrschung. Besteht nicht die Gefahr, fragt der Autor Leder (21), dass die moderne Medizin in ihrer rein natur- wissenschaftlichen Grundlegung, wenn sie unscharfe Begriffe wie Subjektivität, Geist, Seele, Selbstwahrnehmung ausschließt, gleich das Subjekt mit beseitigt?

Auch auf der gesellschaftspolitischen Ebene lauern Gefahren einer Keimsituation für pro- blematische Entwicklungen. Der Gedanke der Nützlichkeit des Individuums in unserer Leistungsgesellschaft mit ihren neoliberalisti- schen Wirtschaftsphilosophien könnte unter Umständen auch wieder sozialdarwinisti- schen Ideen Vorschub leisten.

Dies wird von einem kritischen Begleiter der gegenwärtigen Politik Lafontaine (25) genau- so gesehen: Viele Modernisierer der Wirt- schaft würden mit sozialdarwinistischen Ideen eines Überleben des Tüchtigsten (survi- val of the fittest) liebäugeln.

Um so wichtiger ist es, aus der Vergangenheit und den Wurzeln späterer Fehlentwicklungen zu lernen.

Literatur:

1) Euthanasie in Thüringen. Deutsches Ärzteblatt 102 (Heft 7) 2005, S. B321

2) Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozia- listischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation:

Der sächsische Sonderweg bei der NS-

„Euthanasie“. Klemm u. Oelschläger. Ulm 2001 3) z. B. Bach, O. zur Zwangssterilisierungspraxis;

Späte, H.: Massenvernichtung psychisch Krankern; Thomann: Frh. V. Verschnuer – Hauptvertreter der Rassenhygiene

4) Jensch, H.: Euthanasie – Aktion „T4“. Rat des Kreises Pirna 1990

5) Pressestelle des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (Hrg.) Massenmord auf dem Dienstweg. Münster 1989

6) Klee, E.: Dokumente zur Euthanasie. 1986. S.

232-233

7) Schmuhl, H.-W.: Rassenhygiene,

Nationalsozialismus, Euthanasie. Vandenhoeck u.

Ruprecht. Göttingen 1987

8) Leibfried, St., Tennstedt, F.: Berufsverbote und Sozialpolitik 1933: Die Auswirkungen der natio- nalsozialistischen Machtergreifung auf die Krankenkassenverwaltung und die Kassenärzte.

Universitätsdruck Bremen 1980

9) Hamann, B.: Hitlers Wien – Lehrjahre eines Diktators. Piper, München 1996

10) Schäffle, A.: Bau und das Leben des sozialen Körpers. Laupp, Tübingen 1875

11) Gobineau, Graf I.A.: Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen. 4 Bände.

Frommann. Stuttgart 1899-1903

12) Fest, I.C.: Hitler. Ullstein. Frankfurt Berlin Wien 1974

13) Gasman, D.: The scientific origins of national socialism. Macdonald, American Elseviere London/NewYork 1971

14) Ploetz, A.: Grundlinien der Rassenhygiene.

Fischer Berlin 1845

15) Jost, A.: Das Recht auf den Tod. Soziale Studie. Dieterichs Leipzig 1895

16) Binding, K., Hoche, A.: Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Meiner, Leipzig 1920

17) Bleuler, E.: Führen Fortschritte der Medizin zur Entartung der Rasse? Münch. Med. Wschr. 51 (1904), 312-313

18) Reiter, H., Breger, J.: Deutsches Gold – Gesundes Leben – Frohes Schaffen. Röhrig, München 1942

19) Zeitungsnotiz vom 18.02.2005: Ein NPD- Funktionär wurde vom Landgericht Bochum bestraft, weil er am 26. Juni 2004 auf einer Demonstration dies geäußert hatte.

20) Coulter, D.L., Beyoud Baby Doe: Does Infant Transplantation justity, Euthanasia? The Journal of Association for Persons with Severe Handicaps (ISSH) 13 (1988) 71-75

21) Leder, D. (1990): Clinical interpretations: the hermeneutics of medicine. Theoret. Med. 11: 9-24 22) Goebbels, J.: Tagebücher. Bd. 4 1940-1942.

S. 1525. Piper München, Zürich 1999 23) BÄK intern März 2005, 19

24) Nationaler Ethikrat: Diskussion über den

„Gruppennutzen“. Deutsches Ärzteblatt 102 (2005) C432

25) Lafontaine, O.: Politik für alle – eine Streitschrift für eine gerechte Gesellschaft. Econ 2005

Anschrift des Autors:

Prof. Dr. med. habil. Otto Bach Moschelesstraße 4 04109 Leipzig

Ärzteblatt Sachsen

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