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Von harmlos bis tödlich

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122 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Oktober 2015 | www.pta-aktuell.de

D

ie kugelförmigen Bakterien sind oft in Haufen oder Trauben an- geordnet. Sie kommen in der Natur weit verbreitet vor: Sta- phylococcus aureus gehört zur normalen Haut- und Schleim- hautflora von Tieren und Menschen. Bis zu 30 Prozent aller Menschen beherbergen ihn dauerhaft, hauptsächlich im Nasen-Rachen-Raum. Be- sonders häufig sind Personen mit atopischer Dermatitis, also Neurodermitis, damit besiedelt.

Auch im Gesundheitswesen Beschäftigte sind nicht selten Träger dieser Bakterienart. S.

aureus ist fakultativ pathogen:

Die Kolonisation ist meist nicht mit einer Erkrankung verbun- den (auch nicht, wenn es sich um eine multiresistente Vari- ante handelt). Ist die Abwehr jedoch geschwächt oder gelan- gen die Bakterien über Haut- verletzungen oder Fremdkörper wie zum Beispiel Katheter in andere Körperregionen, kommt es zur Infektion.

Widerstandsfähig Austrock- nung macht S. aureus kaum etwas aus. Außerdem sind die Bakterien in der Lage, Biofilme auszubilden: Insbesondere an Oberflächen aus Kunststoff

(Katheter etc.), aber auch an Edelstahllegierungen heften sie sich gerne in großer Zahl an und bilden dabei eine Schleim- schicht aus, die sie unter an- derem für Desinfektionsmittel schwer angreifbar macht. Sie gehören zu den Erregern, die man „Krankenhauskeime“

nennt, da Infektionen damit häufig in der Klinik erworben werden – und zwar entweder als endogene Infektion, bei wel- cher der verantwortliche Keim vom Patienten selbst stammt, oder als exogene Infektion, die zum Beispiel über die Hände klinisch gesunder Personen mit einer Staphylokokken-Besied-

lung oder über Gegenstände übertragen wird. Je nach be- troffener Körperregion und klinischer Situation entstehen verschiedenste eitrige Erkran- kungen wie Wundinfektionen, Furunkel, Abszesse oder – zum Teil sehr schwere – Pneumo- nien oder Empyeme (Eiteran- sammlung in Körperhöhlen wie etwa dem Gelenkinneren).

Werden die Bakterien in die Blutbahn geschwemmt, kann dies zu einer lebensbedrohli- chen Sepsis und auch zu einer nicht minder gefährlichen En- dokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut und Herklap- pen) führen.

Tricksen, tarnen ... Mit ver- schiedenen Methoden ent- kommt S. aureus sowohl den Abwehrmechanismen des Kör- pers als auch Eliminationsver- suchen von außen. Indem sein Protein A an das „hintere“, den Antigen-Bindungsstellen gegenüberliegende Ende von Immunglobulinen andockt, verhindert es, dass das Immun- system des Wirts den Eindring- ling als solchen erkennen und in der Folge vernichten kann.

Mit Hilfe des sogenannten Clumping-Faktors auf seiner Zellwand und der Koagulase, die er produziert, errichtet der

Von harmlos bis tödlich

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Staphylococcus aureus - eine veränderte Variante dieser Bakterien ist der wohl bekannteste unter den multiresistenten Keimen. Weder diese noch die „normale“ Form ruft aber zwingend Krankheiten hervor.

PRAXIS VIREN & BAKTERIEN – TEIL 9

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Keim einen Fibrinwall, der die infizierte Region – und damit den Erreger selbst – gegen Ab- wehrmechanismen des Körpers abschottet. Auch Antibiotika gelangen nur sehr schwer hin- ter diesen Schild. Zusätzlich schüttet er Stoffe aus, die Leu- kozidine, welche Immunzellen regelrecht angreifen.

... und vergiften Daneben besitzt er die Fähigkeit, eine Reihe von Toxinen zu pro- duzieren: beispielsweise fünf verschiedene Enterotoxine, die man auch als Superantigene be- zeichnet. Sind Nahrungsmittel damit kontaminiert, kommt es zu einer klassischen Lebens- mittelvergiftung. Insbeson- dere Milch, Milchprodukte, Ei, Fleisch und Soßen können die Quelle sein. Hat sich der Er- reger in einer Speise vermehrt und das Gift synthetisiert, hilft selbst Abkochen nichts, da diese Toxine hitzestabil sind.

Der Verzehr führt bereits nach wenigen Stunden zu Erbrechen und Durchfall. Ein kleiner Teil der Stämme von S. aureus bildet sogenannte Exfoliatine, welche bei Säuglingen zu großflächiger Blasenbildung der Haut füh-

ren können (Scalded Skin Syn- drom), die gefährlich verlaufen kann. Ebenfalls nur wenige Stämme sind zur Synthese eines weiteren Proteins befähigt: des Toxic-Shock-Syndrome-To- xins. Dieser Stoff stimuliert Immunzellen des Wirts zur Ausschüttung entzündungsför- dernder Zytokine und gehört damit ebenfalls in die Gruppe der „Superantigene“. Das Gift löst Fieber, Hautausschlag und Blutdruckabfall aus, was bis zu Schock und Multiorganversa- gen führen kann.

Resistenzen Rund vier von fünf Stämmen bilden Be- ta-Laktamase und sind somit gegenüber Penicillin resistent;

allerdings ist die Empfindlich- keit gegenüber Beta-Lactama- se-stabilen Penicillinen wie zum Beispiel Flucloxacillin in der Regel erhalten. Bei Stäm- men, die zudem auch gegen – das heute therapeutisch nicht mehr eingesetzte – Methicillin resistent sind (Methicillin-re- sistente S. aureus; MRSA), sind sämtliche Beta-Laktam-An- tibiotika wirkungslos. Diese Stämme weisen sehr häufig auch zahlreiche Resistenzen gegen weitere Antibiotika-Klas- sen auf; Infektionen damit sind daher nur schwer zu therapie- ren. Unter anderem werden dann Reserveantibiotika wie zum Beispiel Vancomycin und Linezolid eingesetzt. Der Prob- lemkeim lauert nicht nur in der Klinik: MRSA kann auch au- ßerhalb von Krankenhäusern von gesunden MRSA-Trägern (etwa ein Prozent der Bevöl- kerung) auf andere übertragen werden – meist durch direkten Kontakt, über die Hände. Per- sonen mit beruflichem Kontakt zu Nutztieren können häufiger mit MRSA besiedelt sein. ■

Waldtraud Paukstadt, Dipl. Biologin

www.aliud.de

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STICHWORT SUPERANTIGENE

Normalerweise sezernie- ren T-Lymphozyten nach ihrer Aktivierung Zytokine oder zerstören veränderte (kranke) Zellen; andere Vertreter der Zellpopula- tion beenden schließlich überschießende Immun- antworten. Stoffe, welche die Immunzellen – anders als dies normale Antigene tun – unspezifisch und massiv aktivieren, soge- nannte Superantigene, führen praktisch zu einer unkontrollierten Reaktion.

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