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Tollkirsche – Tödlich giftig

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Academic year: 2022

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tropa belladonna L. ist eine mehrjährige Staude aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae), die man bevorzugt auf lichten Waldstellen in Europa und in Kleinasien antrifft. Die bis zu 1,5 Meter hohe reich verzweigte Schat- tenpflanze besitzt bis zu 20 Zentime- ter große, leicht eingerollte, eiför- mig-zugespitzte bis breitlanzettför- mige Blätter. Auffälliges Merkmal

sind bei den blühenden Zweigspitzen Blattpaare mit Blättern ungleicher Größe, in deren Blattachseln einzelne violett gefärbte, glockenartigen Blü- ten oder Früchte stehen. Die Früchte sind violettschwarze, glänzende flei- schige Beeren, die einer Kirsche äh- neln, was sich auch im Namen Toll- kirsche widerspiegelt. Der Begriff Toll verweist auf die toxische Eigen- schaft der Frucht, die sich mit Toll-, also Wildheit und Tobsucht zeigt.

Toxische Tropanalkaloide Aber nicht nur die appetitlich anmutenden Beeren sind giftig. Auch alle anderen Pflanzenteile enthalten ein Gemisch der Tropanalkaloide L-Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin, die als kompetitive Antagonisten des Ace- tylcholins an den m-Cholinrezepto- ren wirken. Durch Verdrängung des Botenstoffes wird der Parasympathi- kus gehemmt, was an den verschie- denen Organen vor allem mit einer

Tödlich giftig

86 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Juni 2013 | www.pta-aktuell.de

PRAXIS GIFTPFLANZEN

© Christa Eder / 123rf.com

Die Tollkirsche ist eine stark toxische Pflanze. Bei Kindern kann bereits der Verzehr von drei bis fünf Beeren tödlich enden. Für Erwachsene

gelten 10 bis 20 Beeren als letale Dosis.

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Erschlaffung der glatten Muskulatur einhergeht. Je nach Stärke der Alka- loiddosis werden therapeutische oder giftige Wirkungen erzielt, wobei niedrige Dosen hauptsächlich auf das periphere Nervensystem beschränkt bleiben und hohe Dosen auf das zen- trale Nervensystem einwirken.

Vergiftungssymptome Die typi- schen Symptome einer Vergiftung mit der Tollkirsche sind eine gerötete und heiße Gesichtshaut, Trockenheit der Schleimhäute, Pulsbeschleuni- gung und Erweiterung der Pupillen.

Mit zunehmenden Alkaloiddosen schreitet die Symptomatik fort und es werden psychomotorische Unruhe- zustände beobachtet, die sich zu Tob- suchtsanfällen steigern und von Seh- störungen, Verwirrtheit, Rededrang und Halluzinationen begleitet wer- den. Ohne ärztliche Gegenmaßnah- men (z. B. Magenspülung, Gabe von Aktivkohle und Glaubersalz, künstli- che Atmung, Physostigmin als Anti- dot) kann der Tod durch Koma und Atemlähmung eintreten.

Gift, Zaubermittel und Rausch- droge Die toxische Wirkung der Pflanze ist lange bekannt. Bereits in der Steinzeit wurde die Tollkirsche als Pfeilgift verwendet. Später be- täubten oder töteten unsere Vorfah- ren unliebsame Gegner mit dem Pflanzensaft. Darauf nimmt auch der Gattungsname Atropa Bezug, den Linné der Tollkirsche nach der grie- chischen Schicksalsgöttin Atropos gab, da sie den Lebensfaden der Men- schen durchschneidet.

Gegengift und Heilmittel Thera- peutisch macht man sich die para- sympatholytischen Effekte auf das periphere Nervensystem zu nutze.

Dazu zählen die krampflösenden Ei- genschaften bei Spasmen im Magen- Darm-Trakt, am Uterus sowie der Gallen- und Harnblase. Ebenso wird die Sekretionshemmung auf die Spei- chel- und Schweißdrüsen, ihre antie- metische Wirkung und die Pupil- lenerweiterung geschätzt. Allerdings ist die Tollkirsche als Droge (Bella- donnablätter sowie ihr Extrakt, Bel- ladonnawurzel) heute nicht mehr

gebräuchlich. Vielmehr kommen Fer- tigarzneimittel mit standardisierten Extrakten, isolierten Reinalkaloiden oder partialsynthetisch abgewandel- ten Derivaten des Hyoscyamins und Scopolamins zur Anwendung (z. B.

Atropinaugentropfen als Mydriati- kum, Scopolamin-Pflaster als Antie- metikum, Butylscopolaminpräparate als Spasmolytikum). Zudem ist Atro- pinsulfat ein wirksames Antidot bei Vergiftungen mit Pflanzenschutzmit- teln, deren Giftwirkung auf einer ir- reversiblen Hemmung der Acetyl- cholinesterase beruht (z. B. Phos- phorsäureester wie E 605).

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Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

»Die frische Pflanze enthält hauptsächlich L-Hyoscyamin, das beim Trocknen in dessen

Racemat Atropin übergeht.«

WEBCODE: D6087 k Weitere Infos zur Bedeutung der Tollkirsche im Mittelalter finden Sie, wenn Sie diesen Artikel online unter ww.pta-aktuell.de lesen!

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