DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Knochenmarktransplantation
Heilung bietet. Nach unseren Er- gebnissen erscheint auch die Kno- chenmarktransplantation in akze- lerierter Phase diskutabel (Abbil- dung 4). Allerdings muß nach Er- fahrungen anderer mit einer ho- hen Rezidivrate gerechnet werden (27, 28, 29), wofür unsere Beob- achtungszeit noch zu kurz er- scheint.
Die hier berichteten Ergebnisse der deutschen Transplantations- gruppen sind denen großer ameri- kanischer Zentren vergleichbar.
Auch hier hat die Knochenmark- transplantation bei Leukämien Er- folge erzielt, wie sie mit Chemo- therapie allein bisher nicht berich- tet wurden. Zum direkten Ver- gleich der Knochenmarktrans- plantation mit der Chemotherapie sind prospektive Studien zur Re- missionserhaltung bei akuter un- differenzierter und lymphoblasti- scher Leukämie im Erwachsenen- alter und bei akuter myeloischer Leukämie im Erwachsenen- und Kindesalter geplant. Nach den bis- herigen Ergebnissen ist die allo- gene Knochenmarktransplanta- tion bei akuter myeloischer Leuk- ämie im Kindes- und Erwachsenen- alter, bei akuter undifferenzierter und akuter lymphoblastischer Leukämie mit hohem Rezidivrisiko im Erwachsenenalter in erster Re- mission und bei chronischer myeloischer Leukämie in chroni- scher Phase indiziert, wenn der Patient nicht älter als 40 bis 45 Jahre ist und ein HLA-identisches Geschwister als Spender hat (Ta- belle 3). Auch bei rezidivierten Leukämien ist die Knochenmark- transplantation indiziert und der Chemotherapie überlegen.
Bei schwerer aplastischer Anämie ist die Knochenmarktransplanta- tion von HLA-identischen Ge- schwistern die Behandlungsme- thode erster Wahl. Dennoch ist die Knochenmarktransplantation heu- te noch mit erheblichen Risiken behaftet, die sich aus der immuno- logischen Auseinandersetzung zwischen Transplantat und Patient ergeben. Ihre Erkennung und Be- handlung erfordert besondere Er-
fahrung. Daher müssen Methoden zur Verhütung der immunologi- schen Komplikationen, vor allem GVH-Reaktion und Transplantat- abstoßung, weiterentwickelt wer- den, um auch Patienten ohne HLA- identisches Geschwister die Mög- lichkeit einer Knochenmarktrans- plantation bieten zu können. Die Transplantation von anderen Spen- dern als HLA-identischen Geschwi- stern kann unter bestimmten Vor- aussetzungen erfolgreich sein, sie ist in einigen Zentren in Erprobung.
Klinik der
Cytomegalie-Infektionen des Erwachsenen
Die Erkrankung hat nach Herzope- rationen als „Postperfusionssyn- drom", in der Onkologie bei ver- minderter Infektabwehr, bei Or- gantransplantationen und als no- sokomiale Infektion bei AIDS-Er- krankten eine zunehmende Be- deutung erhalten.
Von 1972 bis 1984 wurden 73 Pa- tienten mit einer akuten Cytome- galie beobachtet. Das Erkran- kungsalter lag überwiegend zwi- schen 15 und 39 Jahren. Als Pro- dromi traten uncharakteristische Beschwerden wie bei jedem Virus- infekt auf. Bei annähernd der Hälf- te aller Patienten bestand eine He- patitis, darunter eine zentral ne- krotisierende und zwei granulo- matöse Hepatitiden.
Achtzehn Patienten zeigten eine Myokarditis mit meist leichter, flüchtiger Erhöhung der Enzymak- tivitäten. Die Polyradikulitis Guil- lain-Barrö trat bei sechs Patienten auf. Aufsteigende motorische Läh- mungen machten bei fünf Patien- ten eine Intubation erforderlich.
Bei vier Patienten fanden sich broncho-pneumonische Infiltratio- nen, nach dem Verlauf der Labor- parameter und bei fehlendem Bak- teriennachweis wahrscheinlich durch das Cytomegalievirus. Bei
Literatur im Sonderdruck, zu be- ziehen über:
Professor Dr. med.
Hans-Jochem Kolb Sekretär der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmarktransplantation Medizinische Klinik III im Klinikum Großhadern der Universität München Marchioninistraße 15 8000 München 70
akuten Cytomegalie-lnfektionen entstehen sehr charakteristische Blutbildveränderungen mit Leuko- penien unter 40009, Thrombozy- topenien unter 100 000/111 (dreimal unter 10 0009). In 62 Prozent der Fälle fand sich eine Lympho-Mo- nozytose.
Bei Patienten mit verminderter Im- munabwehr kann eine Tempe- raturerhöhung über 39° C oft das einzige Krankheitssymptom sein.
Die Therapie der akuten Cytome- galie-Infektion bietet spezielle Probleme. Mit Aciclovir kann eine Infektion oder ihre Reaktivierung nicht sicher verhindert werden.
Auch die antiviral wirkenden Nu- cleoside Floxuridin und Cytarabin gewährleisten keinen dauerhaften Therapieerfolg.
Das Cytomegalievirus ist im Ver- gleich zu anderen Viren auch er- heblich resistenter gegen Inter- feron. Es besteht aber die Hoff- nung, vor allem bei Knochenmark- transplantationen, zuvor cytome- galienegative Empfänger durch ei- ne Prophylaxe mit Cytomegalie- Immunglobulinen zu schützen oder damit wenigstens einen blan- deren Krankheitsverlauf zu errei- chen. cas
Heni, N., et al., Klinik der Zytomegalie-Infek- tion des Erwachsenen, DMW 111 (1986) 13, 499-503.
Priv.-Doz. Dr. N. Heni, Kreiskrankenhaus, Ried- linger Straße 84,7950 Biberach 1.
FÜR SIE GELESEN
2234 (44) Heft 33 vom 13. August 1986 83. Jahrgang Ausgabe A