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Potenziell tödlich

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52 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2021 | www.diepta.de

PRAXIS

M

eningokokken er-

scheinen auf den ersten Blick kom- pliziert: Es gibt von ihnen verschiedene Sorten – Seroty- pen genannt – und sie können unterschiedliche Krankheitsbilder verursachen. Für eine Reihe von Impfungen existieren zudem jeweils spezielle Empfehlungen. Doch mit einem zweiten Blick lassen sich diese Unübersichtlickeiten beseitigen.

Serotypten Meningokokken, mit wissenschaftlichem Namen Neisseria meningitidis, sind Bakterien mit einer Kapsel aus Polysacchariden.

Die Zusammensetzung dieser Kap- selpolysaccharide bestimmt den Serotyp – am häufigsten bei uns in Europa sind die Serotypen A, B, C, W und Y. In Deutschland treten jedes Jahr etwa 300 invasive Menin- gokokken-Erkrankungen auf. Gut die Hälfte davon ging im Jahr 2019 auf das Konto von Serogruppe B, 11 Prozent von Serogruppe C, 16 Prozent von Serogruppe Y und 7 Prozent von Serogruppe W. Die verbleibenden 15 Prozent wurden durch andere Serogruppen verursacht.

Altersverteilung Ein Großteil der Meningokokken-Erkrankungen tritt bei Kleinkindern auf, und dort besonders im ersten und zweiten Lebensjahr. Ein weiterer, kleinerer Erkrankungsgipfel wird im Jugend- alter beobachtet. Schließlich sind auch Personen über 60 Jahren ge- häuft von Meningokokken-Erkran- kungen betroffen. Die erhöhte Häu- figkeit im Kleinkindalter wird dem noch nicht ausgereiften Immunsys-

tem zur Last gelegt, die im Jugendal- ter den engen sozialen Kontakten.

Meningokokken werden durch Tröpfcheninfektion übertragen.

Dabei tragen etwa zehn Prozent der Bevölkerung die Erreger im Na- sen-Rachen-Raum ohne selbst zu er- kranken; bei Jugendlichen sind es knapp 25 Prozent. Sie können die Bakterien aber an andere weiterge- ben, die Inkubationszeit beträgt meist drei bis vier Tage.

Krankheitsbild Die korrekte Bezeichnung lautet „invasive Menin- gokokken-Erkrankungen“, weil Meningokokken dann schwere Er- krankungen verursachen, wenn sie in den Körper eindringen. Typischer- weise beginnen invasive Meningokok- ken-Erkrankungen mit unspezifischen Symptomen im Nasen-Rachen-Raum, Kopfschmerzen und Fieber und sind

somit erst einmal nicht von anderen Infekten zu unterscheiden. Schüttel- frost, Schwindel und schwerstes Krankheitsgefühl können hinzukom- men. Das Problem: Die Erkrankung schreitet häufig so schnell fort, so- dass Patienten innerhalb von Stun- den in einen lebensbedrohlichen Zu- stand geraten können. Im Verlauf entwickelt sich nämlich eine Menin- gitis (Entzündung der Hirnhäute) oder eine Sepsis. Bei einer Sepsis kommt es zu Einblutungen in die Haut, Blutdruckabfall, Störung der Blutgerinnung und Organversagen.

Charakteristisch für eine Meningitis sind Erbrechen und Nackensteifig- keit. Es können auch Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit und Krampfanfälle auftreten. Bei Säuglin- gen und Kleinkindern sind die Symp tome jedoch oft weniger ein- deutig. Die Letalität beträgt trotz Be-

KRANKHEITEN IM KINDESALTER

Potenziell tödlich

© yacobchuk / iStock / Getty Images

Invasive Meningokokken-Erkrankungen sind gefürchtet, weil sie mit unspezifischen Symptomen beginnen, jedoch innerhalb von Stunden lebensbedrohlich werden können.

Impfungen bieten Schutz.

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Du Abwehr,

wir beide müssen jetzt ganz stark sein.

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handlung im Krankenhaus rund zehn Prozent. Etwa jeder fünfte bis jeder zehnte Überlebende trägt blei- bende Schäden davon.

Therapie und Meningokok- ken-Impfstoffe Bei Verdacht auf eine invasive Meningokokken- Erkrankung ist eine umgehende Thera pie mit Antibiotika angezeigt, die jedoch schwere Verläufe nicht immer verhindern kann. Im Verlauf kann eine intensivmedizinische Be- handlung erforderlich werden.

Die ersten Impfstoffe, die gegen Meningokokken entwickelt wurden, waren sogenannte Polysaccharid- impfstoffe gegen die Serogruppen A, C, W und Y. Hier wurden (verein- facht gesprochen) die Kapselpolysac- charide der Meningokokken-Bakte- rien isoliert und als Antigen genutzt.

Wie sich herausstellte, war der er- zielte Impfschutz jedoch zeitlich be- grenzt, die Impfung ließ sich durch eine Auffrischung nicht gut erneut boostern und zeigte bei Kleinkin- dern ohnehin kaum Wirkung. Poly- saccharidimpfstoffe wurden vor allem bei Erwachsenen als Rei- seimpfstoffe (z.B. bei Reisen nach Af- rika) genutzt und sind heute nicht mehr verfügbar.

Seit den 1990er Jahren wurden soge- nannte Konjugat-Impfstoffe gegen Meningokokken C entwickelt, bei denen die Kapselpolysaccharide an ein Trägerprotein, zum Beispiel das Tetanus-Toxoid, gekoppelt werden.

Mit dieser Modifikation konnten die Nachteile der Polysaccharid-Impf- stoffe überwunden werden: Die Kon- jugatimpfstoffe sind bereits bei Säug- lingen und Kleinkindern wirksam, der Impfschutz hält länger und lässt sich später auffrischen. In England, wo damals vergleichsweise viele Meningokokken C-Erkrankungen und Todesfälle zu verzeichnen waren, konnte der Serotyp C mit einem breit angelegten Impfpro- gramm mit Meningokokken-C- Konjugatimpfstoffen weitestgehend eliminiert werden.

Der nächste Schritt: Das Prinzip wurde auch auf die Serogruppen A,

W und Y angewandt, sodass 2010 ein erster Kombinations-Konjugat-Impf- stoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y verfügbar wurde. In England, wo seit 2014 ein deutlicher Anstieg der Serogruppe W beobachtet wurde, wurde der Vierfach-Konjugat-Impf- stoff im Rahmen eines Schulimpf- programms sodann bei 14- bis 18-Jährigen als Auffrischimpfung eingesetzt. Auf diese Weise konnte die Serogruppe W erfolgreich zu- rückgedrängt werden.

Am schwierigsten gestaltete sich die Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Serogruppe B, hierzulande die häufigste Serogruppe. Doch auch hier stehen mittlerweile zwei Impf- stoffe zur Verfügung, die einen Groß- teil der Meningokokken B-Stämme abdecken.

Empfehlungen in Deutschland Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die einmalige Impfung aller Kinder im 12. Lebens- monat mit einem Meningokok- ken-C-Konjugatimpfstoff. Manche Experten kritisieren, dass der Zeit- punkt der Impfung zu spät gewählt sei, da ein erheblicher Anteil der Erkrankungen bereits im ersten Le- bensjahr zu verzeichnen ist. Sie favorisieren ein Modell wie beispiels- weise in England oder in den Nieder- landen, wo die Impfung bereits im Säuglingsalter erfolgt (allerdings sind dann mehrere Impfungen nötig).

In Deutschland werden Impfungen mit dem Vierfach-Impfstoff sowie auch gegen Meningokokken B aktu- ell nur für bestimmte gesundheitlich gefährdete Personen sowie für Schü- ler und Studierende in Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung empfohlen. Die STIKO prüft, ob sie auch für Deutschland eine generelle Empfehlung für sinnvoll hält. Darü- ber hinaus existieren weitere Impf- empfehlungen gegen Meningo- kokken für Erwachsene, zum Beispiel für gefährdetes Laborpersonal und als Reiseimpfung.  n

Dr. rer. nat. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

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