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Archiv "Evolutionäre Qualitätssicherung: Konzept zur Verbesserung der Ergebnisqualität" (06.01.1997)

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A-29 Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 1–2, 6. Januar 1997 (29)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Raucher führen häufiger das Ar- gument an, nicht von Zigaretten lassen zu wollen, weil sie ansonsten zuneh- men würden. Diese Behauptung ver- anlaßte den Badearzt Dr. med. Karl- heinz Bayer aus Bad Peterstal zu einer vergleichenden Studie unter Kurgä- sten und der einheimischen Bevölke- rung. Bayer verteilte im Winterhalb- jahr 1993/94 Fragebogen an 150 Kur- gäste und 100 einheimische Patienten.

Die Austeilung der Fragebogen er- folgte ausnahmslos an alle Patienten des jeweiligen Tages, eine spezifische Auswahl wurde nicht vorgenommen.

Das Ergebnis der (nicht reprä- sentativen) Studie überrascht: Absti- nent gewordene Raucher nahmen im ersten Jahr mit ein bis zwei Kilo- gramm geringfügig ab, während sie im zweiten Jahr im Durchschnitt drei Ki- logramm zunahmen. Nach zwei Jah- ren, so die Angaben der Befragten,

war das ursprüngliche Gewicht wie- der erreicht. Dr. Beyer stellte bei sei- ner Studie entgegen der landläufigen Meinung weiterhin fest, daß die Ge- samtheit der Raucher um etwa zwei Kilogramm schwerer war als die Ge- samtheit der Nichtraucher.

Eine andere, weitverbreitete Ein- schätzung sieht Bayer durch seine Un- tersuchung hingegen bestätigt: Rau- cher treiben deutlich weniger Sport oder sind seltener in Sportvereinen aktiv als Nichtraucher (30 Prozent ge- genüber 50 Prozent bei der Gesamt- bevölkerung). Dasselbe Verhältnis läßt sich auch bei Übergewichtigen gegenüber Normalgewichtigen fin- den. Auch hier geben nur 30 Prozent der Übergewichtigen an, aktiv Sport zu betreiben.

Die Zahl der Raucher ist nach Beobachtungen von Dr. Karlheinz Bayer bei den Kurgästen mit 13 Pro-

zent nur halb so hoch wie bei den Ein- heimischen (26 Prozent). Eine inter- essante Feststellung am Rande: Die leichteren Patienten scheinen der Umfrage des Badearztes zufolge die Hauptmahlzeiten lieber mittags und abends einzunehmen, während die schwereren Patienten lieber gut und reichlich frühstücken.

Fazit von Dr. Bayer: Die Angst, durch Nichtrauchen dick zu werden, ist bei den Betroffenen ungleich höher als bei der Normalbevölkerung.

Während im Durchschnitt nur 50 Pro- zent glauben, es trifft zu, daß man dicker wird, wenn man das Rauchen einstellt, befürchten dies zwei Drittel der übergewichtigen Raucher und gar 80 Prozent der übergewichtigen Nichtraucher. „Die Studie zeigt aber“, so Dr. Bayer, „daß die Ängste unbe- gründet sind. Die Gewichtszunahme ist offensichtlich vorübergehend.“ JM

Raucherentwöhnung

Nur vorübergehende Gewichtszunahme

Der Arbeitskreis Pneumologi- scher Kliniken (in der Deutschen Ge- sellschaft für Pneumologie e.V.) hat 1995 erstmals ein Projekt zur Siche- rung der Ergebnisqualität

im stationären Bereich durchgeführt. Hierzu wur- den nach einem Zufallsprin- zip (ab einem bestimmten Stichtag) zehn Kranken- hausakten mit den dazu- gehörigen Röntgenbildern gegenseitig begutachtet (so- genanntes offenes Peer- review-Verfahren). Im

„Bäumchen-wechsel-dich- Spiel“ werden jeweils zwei Akten an fünf verschiedene Krankenhäuser geschickt.

Umgekehrt erhielt jedes Krankenhaus fünf Akten- paare aus verschiedenen

Kliniken zur Begutachtung. Gutach- ter waren die leitenden Ärzte. Die Krankenakten wurden nach einem vorgegebenen Fragenkatalog bewer-

tet mit den Blöcken: Arztbrief, Kran- kenblatt und Funktionsuntersuchun- gen. Dabei wurden die einzelnen Fra- gen nach vier Kriterien bewertet: kei- ne Mängel, leichte Mängel, erhebliche Mängel und in- akzeptabel.

Im Falle einer Mängel- rüge mußte eine schriftliche Begründung gegeben wer- den. Wirtschaftliche Ge- sichtspunkte wurden mitbe- wertet. Das wissenschafts- methodologische Prinzip dabei ist nicht die Anpas- sung des Krankheitsfalles an einen Standard (der bei den komplexen Krankheits- bildern in der Regel gar nicht vorliegt), sondern das Auffinden von offensichtli- chen Fehlern oder Un-

Evolutionäre Qualitätssicherung

Konzept zur Verbesserung der Ergebnisqualität

Grafik

Häufigkeit der Mängelrügen aller Gutachter in Prozent

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A-30 (30) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 1–2, 6. Januar 1997

Hedda Heuser-Schreiber

Soweit ich mich zurückerinnern kann, bin ich im Krankheitsfall immer von Ärztinnen behandelt worden. In Wiesbaden war es eine ehrfurchtge- bietende Kollegin, die mit einem riesi- gen Hund im Roadster zum Kranken- besuch kam und außerdem histori- sche Romane schrieb. (Wahrschein- lich brauchte sie diese zusätzliche Be- schäftigung, da sie unverheiratet war und keine Familienpflichten hatte!)

Später, in Franken, war es eine Wuppertalerin, die über den Krieg hinweg neben ihrer eigenen noch eine Kollegenpraxis versorgte und ein spä- tes Familienleben an der Seite des nachmaligen bayerischen Justizmini- sters pflegte – aber immer im Praxisbe- trieb blieb. Heute gibt es an meinem Wohnort nur eine Kinderärztin, und so werde ich halt von Kollegen betreut.

Diese Erinnerung bringt uns nur die Erkenntnis, daß es auch schon in den 30er Jahren tüchtige Ärztinnen in unserem Land gegeben hat und daß sie zu Kriegszeiten schier das Doppel- te des Üblichen geleistet haben.

Es fehlt ein meßbarer Nachweis dafür, wie sich seither die Situation der Ärztin im Beruf entwickelt hat.

Die Entwicklung ist wechselhaft, mit wenigen Konstanten versehen, aber auch Beweis für eine Unermüd- lichkeit, die ihresgleichen sucht. Und das Hervorstechendste ist nach wie vor die Diskrepanz zwischen dem, was ge- wollt ist, und dem, was sich als möglich erweist, wenn sie – die Ärztin – sich auf den „Frauenweg“ und nicht auf den „Männerweg“ in ihren Beruf be- gibt. Frauenweg, das heißt: Beruf plus Familie, Männerweg also: nur Beruf.

Eine erfolgreiche Professorin, die un- verheiratet geblieben war, vermerkte dazu knapp: „Die Medizin ist ein Be- ruf, der keine anderen Verpflichtun-

gen neben sich duldet!“ Wenn wir auch in den letzten 50 Jahren Erfah- rungen gemacht haben, die dieser Strenge zumindest bedingt widerspre- chen, bleibt sie doch Ausdruck eines Anspruchs, den der Beruf des Arztes a priori in sich trägt.

Ungeachtet dessen, ob solche Gedanken die Abiturientinnen, die sich der Medizin zuwenden wollen, bewegen – Tatsache ist, daß deren Zahl stetig zugenommen hat. Eine ge- wisse Rolle mag dabei spielen, daß Mädchen die besseren Abiturienten sind und damit eine der Hürden beim Studiumseingang eher nehmen kön- nen. 1990 lag der Frauenanteil bei den Medizinstudenten bei 44 Prozent, auch der Anteil derjenigen, die bis zur letzten Prüfung durchhielten, ist auf 42 Prozent, und derjenigen, die pro- movierten, auf 37 Prozent gestiegen.

Meßlatte:

Arbeitslosenstatistik

Der Bruch wird erst sichtbar bei den Zahlen der wirklich ärztlich Täti- gen. Zwar hat sich der Frauenanteil auch hier erhöht; er erreicht aber nur 29 Prozent Anteil an den insgesamt ärztlich Tätigen.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand, und wir alle kennen sie – aus ei- genem Erleben, aus den Klagen der Kolleginnen und der einschlägigen Li- teratur.

Der Zeitpunkt des Studienab- schlusses fällt zusammen mit der Al- tersstufe zur Familiengründung, die

1947/1997: Bundesärztekammer im Wandel (III)

Ärztinnen in Deutschland Fakten – Beobachtungen – Perspektiven

Bisher in der Serie erschienen:

Der Neuaufbau der ärztlichen Organisationen nach 1945 (Heft 38/1996)

Krankenhausärzte in den letzten 50 Jahren (Heft 45/1996)

B U N D E S A R Z T E K A M M E R. .

zulänglichkeiten, da hierüber meist Einigkeit herrscht – etwa ähnlich dem Evolutionsprozeß in der Biologie.

Das Verfahren war nicht anony- misiert, das heißt, die Krankenhäuser und Gutachter waren namentlich be- kannt. Es gab allerdings die Möglich- keit, vorab höchstens vier Gutachter aus der Liste zu streichen, so daß die- se im Losverfahren für die eigene Kli- nik nicht berücksichtigt wurden.

Die Patienten mußten ihr Ein- verständnis zu der Begutachtung ge- ben. Das Vorgehen war mit den Da- tenschutzbeauftragten der Länder abgesprochen. Das Gutachten selbst ist dabei nicht Bestandteil der Patien- tenakte, so daß kein Einsichtsrecht besteht.

An diesem Aktenreview-Verfah- ren nahmen im Jahr 1995 35 pneu- mologische Kliniken und Abteilun- gen teil. Das entspricht etwa der Hälf- te der pneumologischen Einrichtun- gen in Deutschland.

Eine zusammenfassende Analyse beziehungsweise die Logistik des Ver- sandes wurde vom eigens dafür einge- richteten Institut für Qualitätskon- trolle (am Krankenhaus Kloster Graf- schaft, 57392 Schmallenberg) durch- geführt. Eine Analyse der Gutachter (vgl. Grafik) zeigte, daß die Vertei- lung der Mängelrügen meistens recht homogen war. Es gab einzelne „Aus- reißer“, was damit zusammenhing, daß das Verfahren erstmalig durchge- führt wurde und einige Gutachter re- lativ zurückhaltend in ihren Mängel- rügen waren.

Eine Nachbefragung des Verfah- rens bei den Gutachtern hat eine hohe Akzeptanz ergeben. Kritikpunkte wurden in der Regel sofort beseitigt.

Das Qualitätssicherungsverfahren wird derzeit für 1996 in der zweiten Auflage durchgeführt. Inzwischen nehmen 48 Kliniken daran teil.

Das offene Peer-review-Verfah- ren durch gegenseitige Kontrolle der Krankenakten hat im Vergleich zu den derzeit verfügbaren Qualitäts- sicherungsverfahren eine hohe Effi- zienz, da unverzüglich Schwachstellen aufgedeckt werden. Das Verfahren ist wenig aufwendig und prinzipiell für alle klinischen Fächer anwendbar.

Prof. Dr. med. Dieter Köhler Krankenhaus Kloster Grafschaft 57392 Schmallenberg

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„Gebärfähigkeit“ ist nach wie vor ein Einstellungshindernis, ebenso sind es bereits vorhandene Kinder. Daß dies alles nach wie vor so abläuft – und zwar ohne Rücksicht auf die jeweilige Qualifikation –, wissen alle, auch die- jenigen, die von Gleichberechtigung nur reden.

Dennoch erscheint die Zahl der nicht berufstätigen Ärztinnen außer- gewöhnlich hoch und deutet darauf hin, daß es neben den genannten äußeren Hinderungsgründen viel- leicht auch „innere Barrieren“ gibt.

Dr. phil. Monika Sieverding vom Institut für Medizinische Psychologie an der FU Berlin hat auf der ersten Ta- gung zur „Frauenförderung an Uni- Kliniken“ der Arbeitsgemeinschaft

„Klinika“ der Frauenbeauftragten an Hochschulen in Gießen 1992 über ihre Untersuchungen zu diesem Thema berichtet. „Die Diskrepanz zwischen der Zahl der Ärztinnen und der Zahl der berufstätigen Ärztinnen schlägt sich zunehmend in den Arbeitslosen- statistiken nieder. Inzwischen ist mehr als die Hälfte der arbeitslos gemelde- ten Ärzte weiblich.“

Und nach einer Umfrage in Ber- lin 1990 (Marburger Bund und Ärzte- kammer) übt mehr als die Hälfte der nicht berufstätigen Ärztinnen unter 45 Jahren ihren Beruf freiwillignicht aus. Offensichtlich melden sie sich auch nicht arbeitslos; in Westdeutsch- land tat dies offenbar nur jede siebte (Bundesanstalt für Arbeit 1990).

Als „innere Barriere“ gilt nach Sieverding der „Berufseintritts- Schock“, verursacht durch die früh- zeitige Erkenntnis, daß „die eigenen beruflichen Ziele und Vorstellungen an die Realität des Berufsalltags nicht anzupassen sind und ein akzeptabler Kompromiß nicht möglich ist“.

Niemand, der sich mit dem Pro- blem über Jahre ernsthaft beschäftigt hat, wundert sich über diese Zahlen.

Denn immer dann, wenn aufgrund berufsständischer oder gar politischer Bemühungen ein solcher Kompromiß in Sicht war, trat irgendein äußeres Ereignis ein, das solche Halbherzig- keiten dann wieder auf die lange Bank schob.

Ein Beispiel: Als die Finanzierung von Kinderbetreuungsstätten an Krankenhäusern und Kliniken aus dem Pflegesatz herausgenommen wur-

de, gab es sie auf einmal nicht mehr! In den 80er Jahren stellte eine gemeinsa- me Arbeitsgruppe des Marburger Bundes und des Deutschen Ärztin- nenbundes einen „Muster-Förder- plan für Ärztinnen in Krankenhäu- sern und Hochschulkliniken“ vor.

Dies geschah, nachdem Leitlinien zur Förderung von Frauen im öffentli- chen Dienst auf Bundes- und Landes- ebene vorgelegt worden waren.

Uns kam es darauf an, diesen er- sten Schritt auch für Ärztinnen zu nutzen und die Verantwortlichen auf- zufordern, für eine zügige Umsetzung in den Krankenhäusern und Kliniken zu sorgen. Selbstverständlich war un- ser Entwurf abgestellt auf die spezifi- schen Probleme von Ärztinnen und die besonderen Gegebenheiten des Arbeitsplatzes Krankenhaus. Die re- gelungsbedürftigen Sachverhalte, die notwendigen Schritte zur Umsetzung wurden deutlich gemacht, aber auch Raum für betriebsspezifische Beson- derheiten gelassen.

Merkbare Erfolge hat dies alles nicht gebracht.

Ärztinnen machen selten Karriere

Um die Situation der berufstäti- gen Ärztinnen angemessen beurteilen zu können, müßte man wissen, wie viele davon Familienpflichten haben.

Erst dann würde einerseits das Aus- maß der Leistung deutlich und ande- rerseits eine Beurteilung der wahr- scheinlich unterschiedlichen Karrie- re-Chancen möglich.

Was sichtbar gemacht werden kann, ist die Verteilung auf die einzel- nen Arbeits- und Fachgebiete.

Bis 1979 gab es im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte verglei- chende Statistiken, aus denen man den jeweiligen prozentualen Anteil von Ärztinnen gegenüber Ärzten in den einzelnen Bereichen ablesen konnte. Dies ist seither nicht mehr der Fall, und es stellt sich die Frage, war- um diese Erhebungen verändert wur- den? Scheut man den so deutlichen Vergleich?

Aus dem vorliegenden Material kann ich also nur grobe Befunde ab- lesen. Die größte Zahl der Ärztinnen sind die ohne Gebiet; sie liegt 1995 bei

über 50 587 (davon sind 4 807 nieder- gelassen), 23 417 in Krankenhäusern (darunter 45 leitende Ärztinnen!), 2 161 arbeiten in Behörden und Kör- perschaften (darunter 102 Sanitätsof- fiziere), 2 349 sind Praxisassistentin- nen, 2 941 in „sonstigen Bereichen“.

Der „Rest“ von 15 012 entfällt auf die nicht ärztlich Tätigen.

Unter den Fachgebieten gab es und gibt es zunehmend solche, die von Ärztinnen hauptsächlich besetzt werden, und solche, die begleitend zur Fachgebietsverteilung sich zur Ausübung für Ärztinnen offenbar be- sonders eignen.

So ist der Anteil der Ärztinnen in der Allgemeinmedizin, der Inneren Medizin, der Kinderheilkunde und jetzt auch der Frauenheilkunde am deutlichsten. Die außerdem auftre- tenden Häufungen finden sich ebenso konstant in Fächern, die mehr „Bewe- gungsfreiheit“ in der Berufsausübung oder aber eine zeitlich besser ab- grenzbare Tätigkeit ermöglichen; da- zu gehören die Anästhesiologie, die Radiologie, die Psychiatrie und die Fächer Haut, HNO und Augen.

Hier kommt deutlich zum Aus- druck, wie Frauen die für sie imma- nenten Barrieren zu umgehen verste- hen, um im gewählten Beruf bleiben zu können. Aber selbst in den für sie akzeptablen Fächern machen Frauen nur selten wirklich Karriere.

Freilich gibt es Frauen, die alles miteinander schaffen, die sogar einen Mann haben, der bereit ist, auch zu Hause Verantwortung zu überneh- men. Aber dies ist nach wie vor die Ausnahme.

Dazu kommt, daß Fortschritte in Sachen Frauenbeschäftigung immer nur dann passieren, wenn der Ar- beitsmarkt entsprechende Signale gibt: Braucht man die Frauen, verbes- sert man ihre Chancen. Ist der Ar- beitsmarkt übersättigt, werden sie zurückgenommen.

In diesem Zusammenhang erin- nere ich an berufliche Wiedereinglie- derungskurse, die im Rahmen des Ar- beitsförderungsgesetzes auf Antrag des Deutschen Ärztinnenbundes im Zusammenwirken mit der Bundesan- stalt für Arbeit und der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung in der Kaise- rin-Friedrich-Stiftung in Berlin mit Er- folg installiert wurden. Längst vorbei!

A-31 Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 1–2, 6. Januar 1997 (31)

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

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Wie agieren die ärztlichen Kör- perschaften, die Verbände, wenn es um die Ärztinnen geht? Dr. phil. Eli- sabeth Redler-Hasford hat Ende der 80er Jahre anläßlich ihrer Recher- chen zu einer Artikelserie „Ärztinnen im Abseits“ bei diesen Institutionen angefragt. Die Bundesärztekammer sandte eine Broschüre „Die ärztliche Versorgung in der BRD“. Eine Lan- desärztekammer verwies auf den Deutschen Ärztinnenbund. Der Hart- mannbund, der damals einen Anteil von 18,6 Prozent weiblichen Mitglie- dern und eine Chirurgin als stellver- tretende Vorsitzende hatte, verwies auf den Beschluß 1985 „Chancen- gleichheit für Ärztinnen“ sowie ein Mutterschutzmerkblatt. Der Marbur- ger Bund mit etwa 20 Prozent weibli- chen Mitgliedern und ebenfalls einer Chirurgin im Vorstand verwies auf seine Broschüre „Ärztinnen“, einen Arbeitskreis Ärztinnen, Aktivitäten bei den Ärztetagen sowie Forderun- gen an Ministerien. Der Deutsche Ärztinnenbund verwies auf seine Stu- dien über nicht berufstätige Ärztin- nen, ein Reintegrationsprogramm, die Zeitschrift „Ärztin“, auf Work- shops und wissenschaftliche Tagun- gen zur Situation der Ärztinnen und darauf, daß vom Verband die Weiter- bildung in Teilzeit durchgesetzt wor- den war.

Es führt kein Weg daran vorbei, daß man sich um die Rahmenbedin- gungen für den eigenen Beruf selbst kümmern muß. Sonst werden sie im- mer nur von anderen gesetzt: durch Bundes-, Landes- oder Berufspolitik.

Die Politik aber ist kein Schemen: sie wird von Menschen gemacht. Zumeist von anderen Menschen.

Dazu ein Blick auf die Beteili- gung von Ärztinnen als Delegierte der Deutschen Ärztetage:

Mir liegen nur die Zahlen ab 1952 vor; da waren unter den 193 De- legierten 2 Frauen. 1994 gibt es unter den mittlerweile 250 Delegierten 44 Frauen. Wenig, könnte man ange- sichts der Gesamt-Ärztinnenzahl sa- gen; aber man vergißt, daß es sich da- bei zumeist um Frauen mit „Dreifach- belastung“ handelt: Beruf – Amt – Fa- milie.

Die Aktivitäten der weiblichen Delegierten waren selbstverständlich auf die eigene Situation im Medizin-

betrieb gerichtet, aber mindestens ebenso wichtig waren ihnen Themen, die die Bevölkerung insgesamt betra- fen, aus ärztlicher Sicht zu behandeln waren, aber von männlichen Dele- gierten weniger beachtet wurden. Da- zu gehörten zum Beispiel die Gen- technik in der Medizin, das Problem Leihmütter oder auch die angemesse- ne Versorgung von Kindern aus Flüchtlings- und Asylantengruppen.

Wie wird es in der Zukunft weitergehen?

Man könnte einen solchen Be- richt unter dem Aspekt der ewigen Ungerechtigkeit weiterführen; man müßte auch die besondere Situation der Kolleginnen in den neuen Bun- desländern anführen. Aber Anklagen allein bringen keinen Fortschritt. Es braucht Beispiele, die zeigen, daß es auch „anders“ geht.

Die Ärzte-Zeitung vom 24. Juli 1996 berichtet von einem Frauenför- derplan der Dortmunder Kliniken.

Dort soll – laut Planung – die Frauen- quote in allen Bereichen erhöht wer- den. 50 Prozent der AiPler und Assi- stenzärzte sowie 40 Prozent der Oberärzte sollen Frauen sein. Außer- dem wird in Zukunft jede frei werden- de Stelle daraufhin überprüft, ob sie in eine Teilzeitstelle umgewandelt werden kann. Kernpunkt sei der Aus- bau der Teilzeitarbeit. Immer mehr Ärztinnen seien inzwischen bereit, sich eine Stelle zu teilen. Vielleicht macht ja dies Beispiel Schule!

Ein Highlight zum Schluß:

Am 25. Februar vorigen Jahres wurde in der Aula der Marburger Universität erstmals der „Ingrid-zu- Solms-Preis“ verliehen. Der mit 6 500 DM dotierte Preis wird finanziert von der Vorsitzenden der Frankfurter Gruppe des Deutschen Ärztinnen- bundes, Dr. Ingrid Gräfin zu Solms- Wildenfels. Den Preis erhielt Dr. Ba- bette Simon für ihre Publikation

„Frequent Alterations of the Tumor Suppressor Genes p53 and DCC in Human Pancreatic Carcinoma“. Es empfiehlt sich, die näheren Umstände und Voraussetzungen für diese Arbeit nachzulesen (Ärztin 3/1996).

Nicht verzichten kann ich auf den Schluß der Rede der Vizepräsidentin

der Philipps-Universität Marburg, Professorin Dr. Ingrid Langer: „Mit dem Generationswechsel der Profes- sorenschaft in neun Jahren haben wir die große Chance, mehr Frauen an den Universitäten in Führungsposi- tionen zu bringen. Bis dahin müssen wir uns dazu durchringen, auch durchschnittliche Frauen zu akzeptie- ren, denn wir akzeptieren ja auch eine Großzahl durchschnittlicher Männer in leitenden Positionen.“

Die Preisträgerin gehört nun ge- wiß nicht zu den „Durchschnittli- chen“. Frau Dr. Simon ist 35 Jahre alt und hat drei Kinder! Die Daten: 1986 Examen in Freiburg, mit Förderung der DFG zur Harvard Medical School nach Boston, nach drei Jahren zurück nach Deutschland, Facharzt für Inne- re Medizin, Universität Marburg.

Angesichts der allgemeinen Ar- beitsplatz-Situation in der Medizin wäre es wenig erfolgversprechend, ausgesprochene Frauenprivilegien zu forcieren. Dies ist nicht als Resignati- on zu werten. Im Gegenteil!

Ich bin davon überzeugt, daß es Veränderungen in Studium und Beruf geben wird, die nicht den bisherigen Strukturen folgen werden. Das gilt auch für die Arbeitszeiten. Und auch im Bereich der Weiterbildung werden wir die Medizin begleitenden Fakto- ren vermehrt heranziehen müssen.

Mit ausdrücklichem Bezug auf das hier Geschilderte wird deutlich, daß diese strukturellen Veränderun- gen viel mehr den notwendigen An- sprüchen weiblicher Ärzte folgen werden, als dies bisher der Fall war.

Es bedeutet aber selbstverständlich auch eine insgesamt größere Flexibi- lität, die sich zwar nach den Maßga- ben der gesundheitlichen Versorgung richten, aber eine Art Netzwerk-Cha- rakter gewinnen muß. Und da können die politischen und die berufspoliti- schen „Gestalter“ lernen von den Frauen, die dies seit Jahrzehnten praktizieren müssen!

Anschrift der Verfasserin:

Dr. med. Hedda Heuser-Schreiber Brünnsteinstraße 13

83080 Oberaudorf A-32 (32) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 1–2, 6. Januar 1997

T H E M E N D E R Z E I T 50 JAHRE BUNDESÄRZTEKAMMER

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-30–32 [Heft 1–2]

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