MEDIZIN
höhung der sozialen Kompetenz und zur Entwicklung von Alternati- ven zur Krankenrolle.
Interaktionale Konsequenzen aus den Befunden, vor allem zur Diskrepanz der Sichtweise von Arzt und Patient, zielen auf die Verbes- serung der Arzt-Patienten-Kommu- nikation über solche Verarbeitungs- prozesse; eine Einbeziehung ent- sprechender Überlegungen in syste- mische Therapieansätze erscheint sinnvoll. Nach den Erfahrungen des Autors trifft die Sichtweise der Krankheitsverarbeitung bei Ärzten wie Pflegepersonal gleichermaßen auf großes Interesse, trägt viel zum Verständnis von Patienten, aber auch eigener Reaktionen bei und erscheint daher gut geeignet für psychosoziale Fortbildung, Fallar- beit und Supervision. Vor allem für die Führung des ärztlichen Auf- klärungsgesprächs vermögen dieses Wissen und diese Haltung in beson- derem Maße nützlich zu sein, wenn man davon ausgeht, daß eine opti- male Aufklärung den Kenntnis- stand, aber auch die emotionale Verarbeitungsfähigkeit des Patien-
ZUR FORTBILDUNG/FÜR SIE REFERIERT
ten mit berücksichtigen sollte, zum einen aus ethischen Gründen, zum anderen aber auch zur Erzielung ei- nes optimalen „Ergebnisses" im Sinne guter Compliance und einer guten Arzt-Patienten-Beziehung.
So kann Krankheitsverarbeitung als ein zentrales Thema künftiger Psy- chosomatik gesehen werden (31).
Viele Befunde und Hinweise machen deutlich, daß die Verarbei- tungsprozesse auch schon bei Ge- sunden lange vor der eigenen Be- troffenheit durch die Erkrankung einsetzen und auch hier bereits ge- fördert oder behindert/fehlgeleitet werden können. Dies kann und soll- te durch systematische Gesund- heitserziehung geschehen, aber auch durch eine bessere gesund- heitspsychologische Nutzung der Medien.
Prinzipien psychotherapeuti- schen Vorgehens bei Patienten kön- nen sich dabei sowohl auf das Ver- stärken, Stimulieren, Aktualisieren beschrittener Verarbeitungswege beziehungsweise vorhandener Res- sourcen stützen als auch Sackgassen der Verarbeitung aufdecken oder
Fehlhaltungen zu korrigieren versu- chen. Psychotherapeutische Ein- flußmöglichkeiten werden indes hier wie auch prinzipiell maßgeblich von unseren Möglichkeiten abhän- gen, tragfähige Beziehungen zu den chronisch Kranken herzustellen.
Auch hier kann uns Erfahrung und Wissen über die Krankheitsverar- beitung den Zugang erleichtern und die Arzt-Patienten-Beziehung nach- haltig beeinflussen.
Deutsdies Arzteblatt
91 (1994) A-3090-3107 [Heft 45]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordern über den Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Dr. phil.
Fritz A. Muthny
Institut für Medizinische Psychologie
der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster Von-Esmarch-Straße 56 48149 Münster
Leberresektion oder -transplantation
bei hepatozellulärem Karzinom
Zur Zeit wird in Fachkreisen äußerst heftig darüber diskutiert, ob bei einem hepatozellulären Karzi- nom auf dem Boden einer Leber- zirrhose eine Resektion oder eine Transplantation durchgeführt wer- den soll.
Die Autoren analysierten die Daten von 60 Patienten, die wegen eines hepatozellulären Karzinoms reseziert wurden, und verglichen diese mit den Ergebnissen bei 60
aus der gleichen Indikation heraus transplantierten Patienten.
Die Überlebensrate nach drei Jahren war bei beiden Operations- verfahren mit 50 beziehungsweise 47 Prozent weitgehend identisch, al- lerdings lag bei den transplantierten Patienten die Rezidivrate wesent- lich niedriger als bei den resezierten Patienten.
Die besten Ergebnisse lieferte die Transplantation bei kleinen uni- oder binodulären Tumoren von un- ter 3 cm Durchmesser.
Hier lag die 3-Jahres-Überle- bensrate ohne Rezidiv bei 83 Pro- zent, bei einer Resektion jedoch nur bei 18 Prozent.
Eine hohe Rezidivrate nach Transplantation ist bei der diffusen Form, bei mehr als zwei Knoten von einem Durchmesser, der größer ist als 3 cm, oder bei einer Pfortader- thrombose zu erwarten.
Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß die besten Ergebnisse
der Transplantation gerade bei den Patienten zu erwarten sind, bei de- nen man bislang bevorzugt eine Re- sektion durchgeführt hat, während die Patienten, bei denen bislang ei- ne Transplantation wegen eines nicht resezierbaren, großen, multi- nodulären oder diffusen Tumors fa- vorisiert wurde, eine sehr schlechte Indikation für dieses Verfahren dar- stellen.
Bismuth, H., L. Chiche, R. Adam et al.:
Liver Resection Versus Transplantation for Hepatocellular Carcinoma in Cirrho- tic Patients. Ann. Surg. 1994; 218:
145-151.
Hepatobiliary Surgery and Liver Transplant Research Unit South Paris University Faculty of Medicine Hopital Paul Brousse, Villejuif, France
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 45, 11. November 1994 (59) A-3107