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Archiv "Leberzirrhose und -transplantation" (08.02.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 6

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8. Februar 2013 83

M E D I Z I N

EDITORIAL

Leberzirrhose und -transplantation:

Brennpunkt Organmangel

Michael P. Manns

Editorial zur Serie Leberzirrhose:

Teil 1:

„Ätiologie, Diagnose und Prävention einer

Leberzirrhose“

von Wiegand et al.

auf den folgenden Seiten

Teil 2:

„Konservative und interventionelle Therapie der Kom- plikationen bei Le- berzirrhose“

von Sauerbruch et al. in Heft 8/2013

Teil3:

„Irreversibles Le- berversagen – Transplantation als Behandlungsopti- on“ von Pascher et al. in Heft 10/2013

zum Gesundheitssystem – das gilt vor allem für Frauen. Die Therapie der Alkoholkrankheit sowie die Behandlung einer Autoimmunhepatitis, einer Hämochromatose und des Mor- bus Wilson sind ebenfalls entscheidend.

Besonders wünschenswert wäre die Entwicklung medi- kamentöser Ansätze, die unabhängig von der Krankheits- ätiologie auf molekularer Ebene in die Mechanismen der Fi- brogenese und Fibrolyse eingreifen und die Rückbildung der Zirrhose bewirken. Dass die Leberzirrhose prinzipiell rückbildungsfähig ist, haben Untersuchungen zur erfolgrei- chen Therapie der Hepatitis C bereits im Jahre 2002 zeigen können (2). Durch eine Langzeittherapie mit den modernen oralen Nukleosid- und Nukleotid-Analoga Entecavir und Tenofovir konnte dieser Effekt auch für die Hepatitis B nachgewiesen werden (3). Große Hoffnungen setzt man in die Entwicklung von direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAAs) zur Therapie der Hepatitis C. Die neue Standard- therapie der Hepatitis C, das heißt die Tripletherapie mit pe- gyliertem Interferon alfa, Ribavirin und einem der neuen HCV-Protease-Inhibitoren (4), hat jedoch gerade bei Patien- ten mit Zirrhose enttäuscht. Hier bestehen vor allem Hoff- nungen auf eine interferonfreie orale Kombination verschie- dener direkt antiviraler Substanzen (5).

Therapie bei Komplikationen der Leberzirrhose

Im zweiten Artikel der Serie beschreiben Sauerbruch et al.

(6) die Möglichkeiten der konservativen und interventio- nellen Therapie von Komplikationen der Leberzirrhose.

Ösophagusvarizen als Hauptursache gastrointestinaler Blu- tungen werden heute mit Betablockern, endoskopischer Li- gatur und oder transjugulärem, intrahepatischem, portosys- temischem Shunt (TIPS) erfolgreich behandelt beziehungs- weise verhindert. Der TIPS hat sich auch in der Behandlung des therapierefraktären Aszites etabliert. Eine besondere Herausforderung stellt jedoch das hepatozelluläre Karzi- nom (HCC) dar, für dessen Frühstadien die Lebertransplan- tation die einzige kausale Therapie ist. Durch eine Leber- transplantation wird dann auch die Leberzirrhose als Prä- kanzerose für ein erneutes HCC entfernt.

Transplantation bei irreversiblem Leberversagen

Im letzten Teil der Serie stellen Pascher et al. (7) die Trans- plantation als Behandlungsoption bei irreversiblem Leber- versagen vor. Komplikationen nach Lebertransplantation sind unter anderem primäre Nicht-Funktion, Blutungen, akute und chronische Abstoßungen sowie eine Rekurrenz von Grundkrankheiten, die zur Transplantation geführt ha- ben. Größte Fortschritte wurden in diesem Zusammenhang

D

ie Todesfälle infolge einer Leberzirrhose haben sich in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Nach wie vor ist im Endstadium der Leberzirrhose eine Lebertransplantati- on die einzige kausale Therapie. Mehr als 60 % aller Leber- transplantationen werden aufgrund einer Leberzirrhose durchgeführt. Auch bei den Transplantationen infolge eines Leberzellkarzinoms liegt in über 90 % der Fälle eine Zir- rhose vor. Allerdings stellt zunehmender Organmangel das Gesundheitssystem vor ein drängendes Problem: Den 1 191 durchgeführten Lebertransplantationen im Jahre 2011 stehen 1 792 neu auf die Wartelisten aufgenommene Patienten gegenüber – eine Situation, die sich in der Folge des Transplantationsskandals noch weiter zuspitzen dürfte.

Unterschiedliche Ätiologien der Leberzirrhose

Im ersten Artikel der dreiteiligen Serie im Deutschen Ärzte- blatt zur Leberzirrhose machen Wiegand und Berg (1) deut- lich, dass unterschiedliche Ätiologien zu einer Leberzirrhose führen. Am häufigsten findet man die alkoholische Leberzir- rhose sowie virusbedingte Zirrhosen, hervorgerufen durch chronische Hepatitis B, C oder D. Durch die vor Jahren ein- geführte generelle Impfung gegen Hepatitis B im Kindesal- ter, die auch vor Hepatitis D schützt, und verbesserte Thera- pien werden diese Zirrhosen zurückgehen. Demgegenüber werden Hepatitis-C-bedingte Zirrhosen in den nächsten 10 bis 20 Jahren noch zunehmen. In Deutschland leiden aller- dings bereits jetzt 20 % der Bevölkerung an einer Fettleber:

Hiervon gehen 10 % in eine nichtalkoholische Steatohepati- tis (NASH) über, von denen 10 % eine Zirrhose und hiervon wiederum 10 % ein Leberzellkarzinom entwickeln werden.

Da die Mehrzahl aller Lebertransplantationen aufgrund ei- ner Leberzirrhose erfolgen, würde ein Rückgang dieser Er- krankung das Problem des Organmangels verringern. Wich- tigste Aufgabe ist dabei die Prävention einer Zirrhose durch die Frühdiagnose therapierbarer Lebererkrankungen. Mitt- lerweile stehen für die meisten chronischen Lebererkran- kungen spezifische kausale Therapien zur Verfügung, die zur Progressionshemmung aber auch zur Heilung führen können. Zur Prävention einer Leberzirrhose und eines Le- berzellkarzinoms gehört neben der universellen Impfung ge- gen Hepatitis B vor allem eine frühzeitige Therapie der chronischen Hepatitis B und Hepatitis C. Eine erfolgreiche Behandlung verhindert das Fortschreiten der Erkrankung zu einer Leberzirrhose. Dazu müssen aber die Therapie-bedürf- tigen Patienten identifiziert werden. Dies stellt besonders bei Hepatitis B eine große Herausforderung dar. Mehr als die Hälfte der Hepatitis-B-Patienten wird unter Migranten ver- mutet, und diese Gruppe hat einen unzureichenden Zugang

Klinik für Gastro enterologie,

Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover:

Prof. Dr. med. Manns

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M E D I Z I N

bei der Verhinderung einer Rekurrenz der Hepatitis B er- zielt: 1990 war die Hepatitis-B-bedingte Zirrhose noch eine Kontraindikation für eine Transplantation, da nahezu alle Patienten eine erneute HBV-Infektion des Spenderorgans erlitten und die 3-Jahres-Überlebensrate bei Reinfektion nur bei 50 % lag. Inzwischen kann durch orale Nukleos(t)id Analoga plus Hepatitis-B-Hyperimmunglobulin die Rein- fektionsrate auf etwa 5 % gesenkt werden; Hepatitis B zählt inzwischen zu den besten Indikationen für eine Lebertrans- plantation. Die neuen Hepatitis-C-Medikamente, vor allem die oralen Protease-, Polymerase- und NS5A-Inhibitoren, werden hoffentlich künftig auch die Reinfektion bei Hepati- tis C verhindern können, die bisher in nahezu 100 % der Fälle auftritt. Auch Alternativen zur konventionellen, ortho- topen Organtransplantation müssen in der Entwicklung vo- rangetrieben werden. Dazu gehören Therapien für gene- tisch bedingte Lebererkrankungen, die Hepatozytentrans- plantation für das akute Leberversagen und chirurgische Al- ternativen wie etwa die besonders für Kinder geeignete Le- berlebendspende.

Verteilung der Spenderorgane

Der Mangel an Spenderorganen hat immer wieder zu einer Änderung der Organallokation geführt, um bessere Ergeb- nisse und eine gerechtere Organverteilung zu erzielen. Pa- tienten sollen Organe nach Dringlichkeit und Erfolgsaus- sicht sowie unabhängig vom Zentrum erhalten. Es gibt in- nerhalb von Eurotransplant eine einheitliche Warteliste. Die letzte Neuerung führte 2006 zum MELD-Allokationssys- tem (Model for End-Stage Liver Disease). Dabei gehen Werte für Bilirubin, Kreatinin und INR in die MELD-For- mel ein. Je höher der MELD-Score, desto dringlicher die In- dikation. Bei einem MELD-Score von 40 etwa liegt die 3-Monats-Mortalität bei 100 %. Der MELD-Score wurde eingeführt, um die kränksten Patienten auf der Warteliste zu bevorzugen und die Wartelistenmortalität zu reduzieren, was auch zunächst gelang. Bald wurden jedoch die Limita- tionen des MELD-Systems erkennbar und es kam zu Aus- nahmeregelungen. Beispielhaft sei hier das Vorgehen beim HCC beschrieben: Werden Patienten in frühen Stadien transplantiert (MILAN-Kriterien), ist die Rezidivhäufigkeit gering und die Prognose gut. Bei stärkerer Ausdehnung des HCC hat der Patient geringen oder keinen Nutzen wegen ra- scher Rezidivbildung nach Transplantation. Das Organ hätte dann prinzipiell einem Patienten mit einer anderen Grund- krankheit zu einem längeren Überleben verhelfen können.

Gegenwärtig werden Patienten mit einem Leberzellkarzi- nom auf der Warteliste durch die Vergabe von extra MELD- Punkten (Match MELD) bevorzugt. Dadurch wird aber der Spenderorganpool für die anderen Patienten – wie etwa die- jenigen mit Zirrhose ohne HCC – kleiner. Hinzu kommt, dass die Spender von Organen älter geworden sind, nicht zuletzt wegen des erfreulichen Rückgangs der Verkehrsto- desfälle. Es werden also zunehmend suboptimale Organe in immer kränkere Patienten transplantiert. Als Konsequenz haben sich die Überlebensraten nach Lebertransplantation seit Einführung des MELD-Systems (8, 9) verschlechtert.

Die Wartelistenmortalität wurde von der Zeit vor der Trans- plantation auf die danach verlagert. Neben einer Lösung dieser Probleme muss das Vertrauen in die Transplantations-

medizin zurückgewonnen werden, indem die Patientenaus- wahl und die Organallokation transparent und nach einheit- lichen Regeln erfolgen. Dazu zählt zum Beispiel die strikte und in allen Zentren einheitlich praktizierte Einhaltung der MILAN-Kriterien beim HCC, der Ausschluss von Patienten mit fortgesetzter Alkoholabhängigkeit und möglicherweise auch eine Auswahl transplantierender Zentren. Bisher er- folgt die Honorierung der Krankenhäuser alleine aufgrund der Anzahl durchgeführter Transplantationen. Es ist an der Zeit, dass auch die Transplantationsergebnisse in die Hono- rierung der Zentren eingehen. Die Berücksichtigung von Transplantationszahlen in der Zielvereinbarung zur Hono- rierung einzelner Ärzte wurde bereits zuvor kritisiert (10).

Reine Transplantationszahlen geben falsche Anreize.

Interessenkonflikt

Prof. Manns hat im Rahmen von Beratertätigkeiten, Gutachtertätigkeiten und Vorträgen Honorare erhalten sowie Unterstützung für Kongressgebühren und Reisekosten von den Firmen Novartis, GSK, Roche, Janssen, MSD, Shering- Plough und Falk. Darüber hinaus erhielt die MHH Studienunterstützung (Dritt- mittel) und Gelder für eine Stiftungsprofessur von den genannten Firmen so- wie Biotest und Cytonet.

LITERATUR

1. Wiegand J, Berg T: The etiology, diagnosis and prevention of liver cirrhosis—part 1 of a series on liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(6): 85–91.

2. Poynard T, Mc Hutchison J, Manns M, et al.:Impact of pegylated in- terferon alfa-2b and ribavirin on liver fibrosis in patients with chronic hepatitis C. Gastroenterology 2002 122: 1303–13.

3. Schiff ER, Lee SS, Chao YC, et al.: Long-term treatment with enteca- vir induces reversal of advanced fibrosis or cirrhosis in patients with chronic hepatitis B. Clin Gastroenterol Hepatol 2011; 9: 274–6.

4. Hofmann WP, Sarrazin C, Zeuzem S: Current standards in the treat- ment of chronic hepatitis C. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(19):

352–84.

5. Calle Serrano B, Manns MP: HCV’s days are numbered: next-gen - eration direct-acting antivirals and host-targeting agents. Antivir Ther 2012; 17: 1133–46.

6. Sauerbruch T, Appenrodt B, Schmitz V, Spengler U: Conservative and interventional treatments for liver cirrhosis—part 2 of a series on liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int 2013; in press.

7. Pascher A, Nebrig M, Neuhaus P: Irreversible liver failure: treatment by transplantation. Dtsch Arztebl Int 2013; in press.

8. Schlitt HJ, Loss M, Scherer MN, et al.: Current developments in liver transplantation in Germany: MELD-based organ allocation and in- centives for transplant centres. Zeitschrift fur Gastroenterologie 2011; 49: 30–8.

9. Weismüller TJ, Negm A, Becker T, et al.: The introduction of MELD- based organ allocation impacts 3-month survival after liver trans- plantation by influencing pretransplant patient characteristics. Trans- plant International 2009; 22: 970–8.

10. DGIM: DRG-Finanzierung der Krankenhäuser und Bonussysteme für Ärzte: Im Krankenhaus Fehlentwicklungen durch falsche Anreize stoppen! Presseerklärung; www.dgim.de, 2012.

Anschrift des Verfassers Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Medizinische Hochschule Hannover

Carl-Neuberg-Straße 1, 30623 Hannover manns.michael@mh-hannover.de

Liver cirrhosis, transplantation and organ shortage

Zitierweise

Manns MP: Liver cirrhosis, transplantation and organ shortage.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(6): 83–4. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0083

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The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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