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DU und SPD attestieren sich zurzeit gegenseitig, den Weg in die Zweiklassenmedi- zin zu ebnen. Sowohl der SPD- Fraktionsvorsitzende, Peter Struck, als auch sein Unions- kollege, Friedrich Merz,warfen sich bei der Hauptversamm- lung des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) vor, für eine ungerechte Leistungsverteilung im Ge- sundheitswesen zu stehen.CDU-Fraktionschef Merz plädierte für einen Ab- bau staatlicher Regulierung des Gesundheitsmarktes. Der CDU-Politiker stellte klar:
Der Gesetzgeber könne nicht entscheiden, was medizinisch notwendig ist. Dies müsse der Selbstverwaltung über-
lassen bleiben. Struck kün- digte dagegen an, dass die Bundesregierung nach der Wahl eine scharfe Kosten- Nutzen-Prüfung von neuen Arzneimitteln einführen wer- de. Eigens hierfür soll ein un- abhängiges Institut ins Leben gerufen werden. Struck for- derte, dass die Wirksamkeit eines Arzneimittels und des- sen Nutzen immer im Ver- hältnis zu seinem Preis be- wertet werden müssen. Fer- ner soll eine Positivliste aller Medikamente den „PR-Stra- tegien der Pharmahersteller“
entgegenwirken, so der SPD- Politiker.
Unterdessen mahnte der BPI-Vorsitzende, Dr. Bernd Wegener, verlässliche Rah- menbedingungen im Ge- sundheitswesen an. „Unter- nehmerisches Planen und Handeln werden zu einem Roulette-Spiel, wenn die Po- litik mit ständigen Gesetzes- änderungen, Verordnungen oder hektischen Kosten- dämpfungsmaßnahmen ver- sucht, der Probleme im Ge- sundheitswesen Herr zu wer- den“, kritisierte Wegener.
A K T U E L L
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 24½½½½14. Juni 2002 AA1625
Gesundheitsinformationen
Im Internet häufig ungenau
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ie Qualität von Gesundheitsinfor- mationen im Internet lässt häufig zu wünschen übrig. Zu dieser Erkenntnis gelangt Gunther Eysenbach von der Universität Heidelberg im amerikani- schen Ärzteblatt (JAMA 2002; 287:2691–2700) auf der Basis einer systema- tischen Übersicht zu 79 Studien, die In- ternetseiten unter die Lupe genommen hatten. Danach sind viele Informatio- nen ungenau, unvollständig oder un- verständlich. Es gibt Mängel im Inter- net-Design, viele Sites nennen ihre Ur- heber nicht, und es fehlen Quellenan- gaben. Zu diesem Ergebnis kommen in der Tendenz etwa 70 Prozent aller em- pirischen Studien zur Qualität von Ge- sundheitsseiten. 22 Prozent der Studien kommen zu einer neutralen Bewer-
tung, während nur neun Prozent die In- formationen im Internet positiv beur- teilen. Die Qualität variiert je nach an- gebotenem Thema.
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esonders unzuverlässig sind offen- bar Informationen zur Ernährung im Allgemeinen und zum Thema Ge- wichtsreduktion im Speziellen. Hier fand eine Studie bei 88,9 Prozent aller untersuchten Sites fehlerhafte Infor- mationen. Dagegen scheinen Informa- tionen zu Krebserkrankungen verläss- licher zu sein. Eine Untersuchung fand nur bei vier Prozent der Sites zum Prostatakarzinom Fehler. Die Ver- gleichbarkeit der Studien ist jedoch be- schränkt, und die Übersicht zeigt insbe- sondere, wie schwierig es ist, die Qua- lität von Internet-Informationen über- haupt zu beurteilen.D
ie mangelnde Ausgewogenheit vie- ler Sites hat in den USA übrigens schon die Behörden auf den Plan geru- fen. Die FDA prüft regelmäßig die In-ternetseiten von Arzneimittelherstel- lern, was zu einer steigenden Zahl von Abmahnungen geführt hat. Einen an- deren Weg gehen Initiativen, welche die Transparenz von Internet-Sites ver- bessern wollen. Hierzu zählt etwa das MedCertain-Projekt der EU. Das Ziel solcher Projekte müsse es sein, die An- zahl inadäquater Informationen im In- ternet zu minimieren und gleichzeitig den Patienten die Möglichkeit zu ge- ben, schlechte Informationen zu erken- nen. Ahmad Risk (Brighton/England) und Carolyn Petersen (Mayo Clinic/Rochester) machen im Editorial (JAMA 2002; 287: 2713–2715) darauf aufmerksam, dass gedruckte Auf- klärungsmaterialien nicht unbedingt besser sind als Online-Informationen.
Eine Analyse von Patienten-Informa- tionen in Allgemeinarztpraxen und Broschüren zur Palliativmedizin aus Kliniken hatte gezeigt, dass die meisten in einem sprachlichen Niveau geschrie- ben sind, welches sie für die Patienten wertlos macht. Rüdiger Meyer Akut
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ie Deutsche Knochen- markspenderdatei (DKMS) umfasst nach eigenen Anga- ben zurzeit mehr als 875 000 Spender, davon jedoch nur et- wa 21 000 türkische Mitbür- ger. „Das ist bei weitem nicht genug, um ausreichend Hilfeleisten zu können“, sagt Clau- dia Rutt, Geschäftsführerin der DKMS. Die bereits in der DKMS registrierten Türken spricht die Knochenmark- spenderdatei jetzt gezielt an, um möglichst viele ihrer Landsleute zur Aufnahme zu motivieren, da es für türki- sche Patienten besonders schwer sei, den geeigneten, so genannten Lebensspender zu finden. Die DKMS wendet sich mit ihrem Anliegen auch an türkische Einrichtungen und Unternehmen. Informa- tionen: www.dkms.de Die sechs Monate alte Tugcin Bil- gin aus Köln leidet an einer Erytrhozytophagischen Lympho- histiozytose. Die behandelnden Ärzte haben einen Fremdspen- dersuchlauf eingeleitet.
Pharmaverband
Politik muss verlässlich sein
CDU und SPD werfen sich gegenseitig ungerechte Leistungsverteilung vor.
Stammzellen
Spender gesucht
Türken sollen zur Aufnahme in die Knochenmark- spenderdatei motiviert werden.
Foto:DKMS