Die Kläger sind Fachärzte für Laboratoriumsmedizin. Sie verlangten von der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Schadensersatz dafür, dass ihnen durch das für ande- re Vertragsärzte geltende Ver- bot der Überweisung zur Er- bringung von Leistungen des Abschnittes O I des Einheit- lichen Bewertungsmaßstabes (EBM) Nachteile entstanden sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ihnen Recht ge- geben.
Bis zum Ende des I. Quar- tals 1994 konnte ein nieder- gelassener Arzt, der für die Behandlung von Patienten Basis-Laborleistungen in An- spruch nahm, diese selbst er- bringen oder die Patienten an einen Facharzt für Labora- toriumsmedizin überweisen.
Dann erbrachte dieser die Leistungen und rechnete un- mittelbar mit der KV ab.
Durch Änderungen der Regelungen zur Bewertung und Vergütung von Laborlei- stungen (Kapitel O I und O II EBM) wurde von März 1994 an ein Überweisungsverbot eingeführt. Der behandelnde Vertragsarzt wurde verpflich- tet, die entsprechenden Lei- stungen, die von Punktmen- genbegrenzungen betroffen waren, mit der KV selbst abzurechnen. Ließ er weiter Laborleistungen durch La- borärzte oder andere Ver- tragsärzte erbringen, sollte er mit diesen intern einen Ko- stenausgleich vereinbaren.
Das Bundessozialgericht (BSG) hatte am 20. März 1996 bereits entschieden, dass die- ses Überweisungsverbot für Basis-Laborleistungen rechts- widrig ist, weil es mangels gesetzlicher Ermächtigungs- grundlage gegen Artikel 12 Grundgesetz verstoße.
Nach Ansicht des BGH steht den klagenden Labor- ärzten zusätzlich Schadener- satz durch die KBV zu.
Zwar begründet nicht jeder objektive Rechtsirrtum ohne weiteres einen Schuldvorwurf.
Hat ein Amtsträger die Ge-
setzes- und Rechtslage sorg- fältig geprüft und sich eine Rechtsmeinung gebildet, die als vertretbar angesehen werden kann, so kann später aus der Missbilligung seiner Rechtsauffassung durch die Gerichte kein Schuldvorwurf hergeleitet werden.
Im vorliegenden Fall hät- ten der Bewertungsausschuss (weisungsabhängiger Vertrags- ausschuss der KBV und der Spitzenverbände der Kran- kenkassen) dagegen dem Ge- sichtspunkt nicht genügend Gewicht beigemessen, dass durch die Neuregelungen ein Eingriff in den Zulassungs- status von Laborärzten vorge- nommen wird. Der Ansicht, bei dem Überweisungsver- bot handele es sich lediglich um eine vergütungstechni- sche Vorschrift, habe bereits das BSG widersprochen.
Auch in anderen Fällen habe das BSG ausgeführt, dass dann, wenn die Berufsfreiheit betroffen sei, eine gesetzliche Ermächtigung vorliegen müs- se, um einen Eingriff in den Zulassungsstatus vornehmen zu dürfen.
Bei einer sorgfältigen Ana- lyse der Entscheidungen des Bundessozialgerichts hätten den Mitgliedern des Bewer- tungsausschusses Bedenken kommen müssen, ob die Re- gelungen im SGB V mit hinrei- chender Bestimmtheit ein Überweisungsverbot erlauben.
Ein weiterer Gesichtspunkt sei, dass es sich bei dem Bewer- tungsausschuss um ein Gremi- um handele, das auf höchster Ebene Normsetzungsentschei- dungen zu treffen habe und von dem man im hohen Maße Sachkenntnis verlangen könne.
Greift der Bewertungsaus- schuss somit durch übereinstim- menden Beschluss rechtswidrig in den Zulassungsstatus ei- nes Vertragsarztes ein, haftet die KBV für die von ihr ent- sandten weisungsabhängigen Mitglieder nach Amtshaf- tungsgrundsätzen. (Bundesge- richtshof, Urteil vom 14. März 2002,Az.: III ZR 302/00) Be
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A1616 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 23½½½½7. Juni 2002
V A R I A
Beschränkungen für Laborärzte
KBV haftet für Schaden durch Überweisungsverbot.
Rechtsreport