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Archiv "Euro: Nicht zeitgemäß" (26.07.2002)

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nen und caveats. Insoweit ist Beskes Äußerung („Die Schlussfolgerung des Sach- verständigenrates ist nicht nachvollziehbar.“) nicht nachvollziehbar.

Im Grunde beschwert sich Beske auch nur darüber, dass

„in der Öffentlichkeit . . . aber sehr schnell auf diese Einschränkung verzichtet (wird)“. Diese Kritik aber trifft weder Schwartz et al.

noch den SVR.

Tatsächlich sind die Schät- zungen von Schwartz et al.

sowohl zu hoch als auch zu niedrig: Sie sind zu hoch, weil (a) die möglichen positiven Selektionseffekte der Teil- nehmer in den evaluiert wirksamen Interventionen unberücksichtigt bleiben und auch (b) die (meist geringen) Interventionskosten (man- gels Informationen in den Quellen) nicht gegengerech- net wurden. Tatsächlich wur- de auch nicht berücksichtigt, dass Prävention initial Inve- stitionen und Kosten verur- sacht (eine konsequente An- ti-Tabak-Kampagne in Deutschland würde 15 bis 20 Mio. Euro pro Jahr ko- sten), die gesundheitlichen Erträge und finanziellen Einsparungen aber erst spä- ter anfallen. Dieser Einwand der fehlenden Diskontierung der Erträge übersieht aber, dass bei kontinuierlicher Prävention den laufenden Aufwendungen bereits nach wenigen Jahren entsprechen- de Erträge in der jeweils glei- chen Rechnungsperiode gegenüberstehen würden.

Schließlich haben sich die Autoren des Gutachtens auch nicht die Mühe ge- macht, darüber zu spekulie- ren, von welchen (ihrerseits ja dann auch wieder zum Teil verhütbaren) Krankheiten und Todesursachen die Be- völkerung befallen würde, so- bald die Prävention (besser) funktioniert. Solche Berech- nungen sind auch in der ku- rativen Medizin nur in Aus- nahmefällen üblich, und kaum einer stößt sich daran.

Die Schätzungen von Schwartz et al. sind aber auch zu niedrig: Sie haben nur sol-

che Interventionen einbezo- gen, in denen identifizierte Individuen erfolgreich an Programmen der individuel- len Verhaltensmodifikation teilgenommen haben. Die wahrscheinlich produktivsten und wahrscheinlich auch ko- steneffektivsten Programme fallen durch dieses Raster hindurch: das sind multimo- dale sowie Ressorts und In- stitutionen übergreifende, bevölkerungebezogene Kam- pagnen zum Beispiel zur Prävention von Herz-Kreis- lauf-Krankheiten, mit denen beispielsweise in Finnland von 1972 bis 1995 die alterad- justierte Mortalitätsrate bei kardiovaskulären Erkran- kungen um 61 Prozent redu- ziert werden konnte. Das sind aber auch partizipative Projekte der Gesundheitsför- derung im Betrieb, mit denen die krankheitsbedingte Ar- beitsunfähigkeit zum Bei- spiel wegen Dorsopathien zeitstabil um bis zu 30 Pro- zent reduziert wird. Ko- steneffektiv ist zweifellos ebenfalls die partizipativ und zielgruppenspezifisch ange- legte HIV/Aids-Prävention:

Die Kosten einer verhinder- ten HIV-Infektion werden in den USA mit circa 22 000 Euro, in der diesbezüglich vorbildlich gründlichen Schweiz auf circa 50 000 Eu- ro berechnet, die (voraus- sichtlich lebenslange) medizi- nische Behandlung eines Aids-Patienten kostet 25 000 Euro pro Jahr. Die Beispiele ließen sich nahezu beliebig vermehren: Ihre Berücksich- tigung würde die Schätzung von Schwartz et al. beträcht- lich nach oben schrauben.

Natürlich wäre es methodisch tollkühn zu behaupten, dass sich diese Unter- und Über- schätzungen ausgleichen und deshalb die Gesamtschätzung von 25 bis 30 Prozent einspar- barer Versorgungskosten

„richtig“ ist. Aber all diese Überlegungen zeigen, dass es sich sehr wohl lohnt, den Aspekt der Kosteneffekti- vität als Argument in die präventionspolitische Debat- te hineinzutragen. Dies sind keineswegs Illusionen, vor

denen Beske warnen zu müs- sen glaubt, sondern es ist der Versuch, die Vorteile der Prävention als wahrscheinlich größte Produktivitätsreserve im gesellschaftlichen Um- gang mit Gesundheit und Krankheit auch in jener Spra- che verständlich zu machen, nach der sich Gesundheitspo- litik in Zukunft immer mehr auch hierzulande richten wird: money for value.

Literatur beim Verfasser

Prof. Dr. rer. pol. Rolf Rosenbrock, Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), Public Health, Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (SVR KAiG), Reichpietschufer 50, 10785 Berlin

Euro

Zum Thema Euro-Umstellung und Kammerbeiträge:

Nicht zeitgemäß

Im Rahmen der Euro-Um- stellung wurde auch die seit 9. Oktober 1993 gültige Bei- tragstabelle der Bayerischen Landesärztekammer einer Neufassung ab dem 1. Januar 2002 zugeführt.

Eine adäquate Euro-Um- rechnung der ursprünglichen DM-Beitragstabelle wurde jedoch nicht vorgenommen.

Die Bayerische Landesärzte- kammer reiht sich vielmehr in die Euro-Profiteure ein, die die Euro-Einführung zu einer massiven Beitragser- höhung ausnutzten, sodass es im Einzelfall zu einer Anhe- bung des Kammerbeitrags (von ursprünglich 1 230 DM gleich 731 Euro auf 1 230 Eu- ro mit nunmehr unbegrenz- tem Höchstbeitragssatz) um somit über 100 Prozent kom- men kann. Diese Art von Beitragssteigerung ist sicher- lich im Rahmen sinkender Arzteinkommen nicht zeit- gemäß und aufgrund der Tat- sache, dass hier nicht vom realen Arzteinkommen, son- dern von den nicht durch Un- kosten geminderten Praxis- gesamteinnahmen ausgegan- gen wird, nicht zu tolerieren, da zudem Arztgruppen mit besonders hohen Praxisko-

sten gegenüber Arztgruppen mit niedrigeren Praxiskosten dadurch effektiv benachtei- ligt sind.

Es wäre zu wünschen, dass bei der Beitragsbemessung vom Realeinkommen der Ärzte ausgegangen wird und zudem ein Höchstbeitrags- satz eingeführt wird . . . Dr. med. Heiko Reinhardt, Parkstraße 3, 90513 Zirndorf

Stellungnahme

Im Zuge der Euro-Umstel- lung . . . wurde selbst- verständlich eine adäquate Euro-Umrechnung der ur- sprünglichen DM-Beitrags- tabelle vorgenommen. Dies ist daraus zu ersehen, dass die bisherigen Stufen zu je 20 000 DM in Stufen zu je 10 000 Euro geändert wur- den. Weiterhin ist es nicht korrekt, dass von den nicht durch Unkosten geminderten Praxisgesamteinnahmen aus- gegangen wird, sondern es werden pauschale Praxisko- sten in Höhe von 50 Prozent zum Abzug gebracht. Hierbei handelt es sich notwendiger- weise um eine Pauschalie- rung, die auch nach der Rechtsprechung des Bundes- verwaltungsgerichts in sach- lich vertrebarem Rahmen zulässig ist.

Mit Öffnung der Beitragsta- belle nach oben und dem Ver- zicht auf eine Höchstbeitrags- gruppe wird dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts [NJW 1993, 3003 (3004)] zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Beitrags- erhebung gegenüber den ge- setzlichen Mitgliedern der ärztlichen Berufsvertretung Rechnung getragen.

Zusammenfassend ist festzu- stellen, dass sich der Bayeri- sche Ärztetag mit der derzeit gültigen Beitragsordnung für eine maßvolle Erhöhung der Beiträge für die Bezieher von durchschnittlichen Einkom- men ausgesprochen hat, nachdem die letzte Anpas- sung der Beiträge über acht Jahre zurückliegt.

Dr. med. H. Frenzel, Bayerische Landesärztekammer, Mühlbaurstraße 16, 81677 München

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 30½½½½26. Juli 2002 AA2035

B R I E F E

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