Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 4616. November 2007 A3187
M E D I Z I N
Anerkennung als Facharzt, der für die Individualdia- gnostik unstrittig erforderlich ist, kann jedoch im Rah- men von Forschungsstudien nicht zur verpflichtenden Voraussetzung gemacht werden, auch nicht im Zusam- menhang mit der Entdeckung und Mitteilung von Zu- fallsbefunden. Wie in unserem Artikel begründet, haben Probanden entgegen der Auffassung des Verfassers des Leserbriefes kein Recht auf eine ärztliche Begutachtung der Schnittbilder; hierüber müssen sie zuvor sorgfältig aufgeklärt werden. Auch ist eine ethisch zwingende Notwendigkeit für die prinzipielle Hinzuziehung eines Neuroradiologen nicht zu erkennen.
Zur Leserzuschrift von Prof. Dr. Rüdiger von Kummer
In unserem Artikel wird betont, dass für jede individu- aldiagnostische Beurteilung von Hirnbildern ein Arzt- Patient-Verhältnis und die Expertise des Facharztes un- verzichtbar sind. Im Rahmen von Forschungsstudien mit Probanden besteht allerdings eine ethisch und
rechtlich andersartige Situation. Insbesondere wird die Forschungsstudie nicht zum Zwecke durchgeführt, die Chance auf frühe Entdeckung und Heilung einer Krankheit bei dem Probanden zu erhöhen; insofern ist der Vorwurf einer Verschiebung der Perspektive zurückzuweisen. Zudem erkennen wir keineswegs in einem diagnostizierenden Arzt ein Risiko, sondern le- gen dar, dass im Rahmen einer Forschungsstudie kein Arzt-Patient-Verhältnis besteht und daher keine Dia- gnose gestellt wird.
Wir danken den Verfassern der Leserzuschriften für die Kommentare und Hinweise.
Prof. Dr. med. Dr. phil. Thomas Heinemann
Institut für Wissenschaft und Ethik an der Universität Bonn Bonner Talweg 57, 53115 Bonn
E-Mail: heinemann@iwe.uni-bonn.de
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Anti-Aging-Medizin – Hoffnung oder Humbug?
von Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, in Heft 28–29/2007
DISKUSSION
Gesundheitsrisiko
Die Ausführungen zur „erweiterten Hormonersatz- therapie“ (Zitat) sind nicht nachvollziehbar, weil of- fensichtlich publizierte Statistiken fehlinterpretiert wurden. Das relative Risiko für invasiven Brustkrebs war im Östrogenarm der WHI-Studie zwar geringer, aber im Vergleich zu Placebo nicht signifikant („Ha- zard ratio“ [HR] 0,80, Konfidenzintervall [KI] 0,62 bis 1,04; [1, Tabelle 3]). Im Unterschied dazu ist der Risikoanstieg im Östrogen-Gestagen-Arm signifi- kant (Referenz der Primärveröffentlichungen bei [1]).
Unterschiedliche Effekte von Östrogen- beziehungs- weise Östrogen-Gestagen-Therapien sind sowohl für Brust- als auch für Ovarialkarzinom in Metaanalysen gezeigt worden (2).
Die Daten der WHI-Studie geben es nicht her, „dass bei einem frühen Beginn der HRT das Herzinfarktrisi- ko durchaus gesenkt werden konnte“. In der Alters- gruppe der 50- bis 59-jährigen Frauen bewirkte eine Östrogen-Gestagen-Therapie keine Verringerung des relativen Risikos für koronare Herzerkrankung (HR 1,29, KI 0,79 bis 2,12, nicht signifikant [3, Tabelle 4]).
In der gleichen Altersgruppe zeigte sich für den Östro- genarm ebenfalls keine Senkung des relativen Risikos (HR 0,63, KI 0,36 bis 1,09, nicht signifikant [3, Tabel- le 4]). Diese Sekundäranalyse (3) und die darin refe- renzierten Veröffentlichungen aus den WHI-Studien seit 2002 zeigen, dass die Primärhypothese – Präven-
tion koronarer Herzerkrankungen – verworfen werden muss.
Die Erhöhung des relativen Risikos für Schlaganfälle in beiden Studienarmen (HR für beide Studienarme ge- poolt 1,32, KI 1,12 bis 1,56, signifikant) ist offenbar unabhängig von Lebensalter und Menopausealter ([3]) sowie darin zitierte Primärveröffentlichungen), warum blieb dies unerwähnt? Wo ist das „zeitliche Fenster“, das einen risikoärmeren Beginn einer menopausalen Hormontherapie hinsichtlich der kardiovaskulären Ef- fekte ermöglichen soll? Menopausale Hormontherapie ist zwecks sogenannten Anti-Agings ungeeignet, weil mit ernsthaften gesundheitlichen Risiken behaftet.
LITERATUR
1. Stefanick ML, Anderson GL, Margolis KL, Hendrix SL, Rodabough RJ, Paskett ED et al.: Effects of conjugated equine estrogens on breast cancer and mammography screening in postmenopausal women with hysterectomy. JAMA 2006; 295: 1647–57.
2. Greiser CM, Greiser EM, Dören M: Menopausal hormone therapy and risk of ovarian cancer – Systematic review and meta-analysis. Human Reproduction Update 2007; ePub ahead of print June 27.
3. Rossouw JE, Prentice RL, Manson JE, Wu L, Barad D, Barnabei VM et al.: Postmenopausal hormone therapy and risk of cardiovascular disease by age and years since menopause. JAMA 2007; 297:
1465–77.
Prof. Dr. med. Martina Dören Charité – Universitätsmedizin Berlin Campus Benjamin Franklin
Professur Frauenforschung und Osteologie 12200 Berlin
E-Mail: Martina.Doeren@charite.de
Interessenkonflikt
Die Autorin ist Mitglied eines Beratungsgremiums der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Datenbank „Frauengesundheit und gesundheitliche Aufklärung“; www.frauengesundheitsportal.de