Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen
allem an der Kostenseite entzün- det
hatte. „Mit diesem Modell ha- ben wir auf jeden Fall etwas besse- res als jetzt", meinte der Vizepräsi- dent Professor Dr. Paul Müller, und Professor Dr. Kunle von der Universität Karlsruhe ergänzte, daß auch staatliche Träger „zu- nehmende Akzeptanz" signalisier- ten. Wie sieht der Vorschlag nun im einzelnen aus?Für alle Studienbewerber im Fach Humanmedizin soll als Vorausset- zung für die Zulassung ein sechs- monatiges Praktikum im Kranken- haus mit Abschlußtest Pflicht wer- den. Das Praktikum besteht aus einem Monat Einführung in den Pflegehilfsdienst (nach den Richt- linien des Roten Kreuzes) und fünf Monaten praktischem Dienst. In den sechs Monaten sollen alle Tä- tigkeiten eingeübt werden, die zur fortwährenden Betreuung des Pa- tienten notwendig sind, also von der Reinigung des Krankenhaus- mobiliars über den Umgang mit der Urinflasche und Patientenwä- sche bis hin zum Temperaturmes- sen und Infusionen überwachen, dazu kämen noch zwei Patienten- berichte und zwei Nachtwachen- berichte.
Die Wahl des Krankenhauses soll den Studienbewerbern überlassen bleiben. Informationen, Bera- tungs- und Vermittlungshilfe ertei- len — so hofft die WRK — die Lan- desprüfungsämter und die ZVS.
Zwischen Studienbewerber und Krankenhausträger werde ein un- entgeltlicher Arbeitsvertrag ge- schlossen.
Das Praktikum schließt dem Vor- schlag der Westdeutschen Rekto- renkonferenz zufolge mit der Ab- nahme des „Tests für die medizini- schen Studiengänge" (TMS), er- gänzt mit Fragen aus der prakti- schen Tätigkeit und einem weiter- entwickelten naturwissenschaftli- chen Teil. Dazu wird speziell Fern- studienmaterial angeboten. Bei- des, Praktikum und Test können nur einmal wiederholt werden. Pro Jahr werden zwei Test- und Zulas- sungstermine angeboten. Die Zu-
Krankenpflegepraktikum
lassungsbescheide kommen von der ZVS.
Damit es nicht gar zu streng dabei zugeht, sollen zehn bis fünfzehn Prozent der Studienplätze einer
„Nebenquote" vorbehalten blei- ben: Hier dürfen sich alle diejeni- gen bewerben, die für die Haupt- quote nicht mehr zugelassen sind.
Dabei sollen andere Maßstäbe an- gelegt werden, beispielsweise Wertung der „auf das Studium be- zogenen längeren praktischen Tä- tigkeiten und die sich daraus ab- leitende Motivation zum Medizin- studium".
So weit so gut, doch wie sieht es mit den Kapazitäten an den Kran- kenhäusern für derartige Prakti- kantenstellen aus? Derzeit sind es etwa 35 000, die jährlich der ZVS zu Leibe rücken. Kunle sieht dem gelassen entgegen: Zum einen steckten in den 35 Tausend noch die Mehrfachbewerber. Wenn man sie abziehe und auch noch an die
„Unmotivierten" denke, die schon vor dem Pflichtpraktikum das Handtuch werfen (Kunle: dort wird nämlich nicht hinterm Arzt im wei- ßen Kittel hergelaufen), dann han- delte es sich schon nur noch um maximal 20 000 Bewerber, rechne- te Kunle optimistisch vor. Auf die Sechs-Monats-Spanne bezogen, bedeute dies 10 000 Praktikums- plätze pro Jahr.
Zum anderen könnten die Prakti- kanten nicht nur an den 2000 Akutkrankenhäusern nach dem Krankenhausbedarfsplan unterge- bracht werden, sondern auch an geeigneten Sonderkrankenhäu- sern. Auf ein Krankenhaus träfen dann nur mehr drei Praktikanten, und das ist nach Ansicht von Kun- le zu verkraften: „Die Krankenhäu- ser haben uns signalisiert, daß sie an einer solchen Regelung sehr interessiert sind." Allerdings räumte Kunle ein, daß man bisher in der Hauptsache erst mit Gre- mien wie ZVS und Fakultätentag zusammengearbeitet habe. Ver- handlungen mit der Bundesärzte- kammer seien aber schon anvi- siert. ck
AUS DER DDR
Das Hausarztprinzip im Sozialismus
In der vollen Verwirklichung des Hausarztprinzips liegen noch Re- serven zur Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der medizini- schen Betreuung, hieß es bei ei- nem zweitägigen Erfahrungsaus- tausch zu Fragen der medizini- schen Betreuung in den Landge- meinden, zu dem sich in Güstrow in Mecklenburg Leiter von Land- ambulatorien trafen. Mit dem Hausarztprinzip im System der Landambulatorien ist gemeint, wie beispielsweise der Leiter eines Spreewälder Landambulatoriums erläuterte, daß die Patienten in der Regel den Arzt ihres Vertrauens in Anspruch nehmen können, wenn für jeden Mitarbeiter (= Arzt) gülti- ge und kontrollierbare Arbeits- zeit-, Funktions- und Sprechstun- denpläne geführt werden. Sehr nützlich sei, daß auch bei den Au- ßensprechstunden und Hausbesu- chen die Orte und Ortsteile in der Regel von ein und demselben Arzt betreut werden.
Ein wichtiger Aspekt sei dabei ei- ne sorgfältig geführte Dokumenta- tion, die auch Kollegen und Bera- tungsärzten aus spezialisierten Einrichtungen jederzeit Informa- tion über die Patienten gewähre.
Andere Sprecher machten darauf aufmerksam, daß die Landambula- torien noch vielerorts auf die Hilfe und die Zusammenarbeit mit Ein- richtungen des Betriebsgesund- heitswesens und der Arbeitshy- gieneinspektionen der Kreise an- gewiesen seien, weil ihre Kapazi- täten, zum Beispiel für Labor-, Röntgen- und Funktionsdiagno- stik, nicht ausreichen.
Als notwendig bezeichnet wurde der Ausbau der betriebsärztlichen Betreuung von Werktätigen in der Land-, Nahrungsgüter- und Forst- wirtschaft; diese Aufgabe müsse in Zukunft durch Fachärzte für All- gemeinmedizin mit einer entspre- chenden Zusatzqualifikation ge- löst werden. gb
Ausgabe B