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Archiv "Erfahrung: Lyrik" (18.04.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Eltern von Kindern mit Krebs und Leukämie

Die Eltern des vierjährigen Martin gründeten mit Freunden eine

„Leukämie-Forschungs-Hilfe" und sammeln nach dem Muster engli- scher Privatinitiative durch Bastel- arbeiten, Wohltätigkeitswandern von Schülern und durch Plaketten unermüdlich Geldmittel für die Leukämieforschung.

O

Unberechenbar ist das Ausmaß der Hoffnung auf Heilung, das heu- te in jedem Einzelfall eingeschlos- sen ist

Den Zeitpunkt einer Heilung setzen wir heute beim Krebs bei fünf Jah-

ren, bei Leukämie bei zehn Jahren rezidivfreier Überlebenszeit nach Diagnosestellung an.

Immer schon haben alle Eltern für ihr Kind gehofft, bei der hoffnungs- losen Situation noch vor einigen Jahren eine Hoffnung gegen alle Vernunft. Schritt um Schritt wurde dieses Hoffen diesen Eltern früher zerstört. Die Hoffnung von heute, eine konkrete Hoffnung auf längere Überlebenszeit und eine geringe Hoffnung auf Heilung, hat den El- tern von heute weitere Schwierig- keiten gebracht. Früher konnten sie sich auf die einfache Formel kon- zentrieren, ihren todkranken Kin- dern noch möglichst viel Schönes und Gutes zu bieten und — vor al- lem — alles daran zu setzen, das Ausmaß von Angst und Schmerz möglichst gering zu halten. Heute müssen die Eltern gewonnen wer- den, ein großes Maß von Belastung für ihr Kind zu akzeptieren, damit für das hohe Ziel einer möglichen Heilung alle Voraussetzungen ge- schaffen werden.

Die Methoden der Therapie — zy- tostatisch und radiologisch — sind heute belastender geworden und von stärkeren somatischen und psychischen Nebenwirkungen, zum Beispiel auch dem vorübergehen- den Haarausfall, begleitet. Die ärzt- lichen Kontrollen folgen heute dich- ter aufeinander, um die komplizier- tere Dauertherapie zu steuern. Pha- sen einer Intensivierungstherapie, sogenannte Reinduktionstherapie,

sind zusätzlich eingeschaltet. Das Ziel einer Heilung rechtfertigt dies alles und verpflichtet dazu.

Die Erschwernis für die Eltern liegt darin, nicht zu wissen, für welche konkreten Zukunftsaussichten ihres Kindes sie zu handeln haben. Wird es ein kurzes Restleben mit der belastenden Krankheit, währt das Leben noch mehrere Jahre mit vor- wiegendem Wohlbefinden, in dem neben Freuden dem Kind auch Pflichten belassen werden müssen, aber steht am Ende doch der Tod des Kindes, oder kann nach Jahren der Lebensbedrohung durch die Krankheit ein geheilter Mensch weiterleben? Dieser müßte in den gleichen Jahren dann auch das Rüstzeug für dieses nun unbe- schwerte Leben mitbekommen ha- ben. Er sollte durch alle Bedro- hung, Belastung und Angst heil hindurchgekommen sein.

Heilungen werden uns in der Zu- kunft mehr und mehr geschenkt werden. Wie viele Kinder aber heil, seelisch gesund und leistungsfähig hindurchgekommen sein werden, ist eine Frage, die eines Tages auf uns zukommen wird. Die Antwort wird der endgültige Maßstab eines Erfol- ges sein.

Wir denken vordringlich an die Heilung im somatischen Sinne, das nächstliegende, ungeheuer schwie- rige Problem. Gleich dahinter und in keiner Dimension geringer aber stehen die psychologischen Pro- bleme. Sie müssen von den El- tern mit dem Beistand von Ärzten, Schwestern, Psychologen, Kinder- gärtnerinnen und Lehrern, und dar- über hinaus mit dem undefinierba- ren alltäglichen mitmenschlichen Beistand positiv gelöst werden.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Michael Hertl 405 Mönchengladbach Am Spielberg 6

BRIEFE AN DIE REDAKTION

ERFAHRUNG

Zur Freude des Leserbrief-Redakteurs küßt immer wieder eine der zuständi- gen Musen einen Äskulap-Jünger. Er- gebnis: Erlebnisverarbeitung durch

Lyrik

Am Lagerfeuer der Chemie / Er- blüht stets neu die Allergie / wer sie gehabt hat, der vergißt sie nie / Am Lagerfeuer der Chemie.

Der Onkel Doktor steht davor / Als wie die Kuh vor'm bunten Tor / Was er verordnet, hilft fast nie / Am Lagerfeuer der Chemie.

(Der Autor empfiehlt, den Text zu einer Campermelodie zu singen.) Dr. med. Philipp Reich 4370 Marl

Borgsheider Weg 12

AUSEINANDERSETZUNG

Zu der Fernsehkritik „Kunstfehler im Krankenhaus", DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 5/1974:

Spritzenlähmung

Es ist sicher, daß es sich bei der Spritzenlähmung des Ischiadicus um einen nicht alltäglichen Vorfall handelt. Auch muß man zustimmen, daß mangelhafte Berufskenntnisse von Schwestern nicht an der Ta- gesordnung sind. Die Kenntnis oder Unkenntnis eines Arztes aber sagt nichts über die Realität oder Realitätsferne eines „Falles" aus.

Ob jeder Fall von Spritzenlähmung bei den Ärztekammern registriert wird, kann bezweifelt werden. Uns wurden jedenfalls in den letzten sechs Monaten zwei Patienten mit Spritzenlähmung zur Operation überwiesen. Beide Patienten hatten übrigens nicht vor, einen Prozeß gegen ihre Ärzte anzustrengen, und zeigten sogar für ein solches Miß- geschick Verständnis. Der Fern- sehbeitrag konnte eine willkomme-

1188 Heft 16 vom 18. April 1974

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

Gefahr sein. Die Haltung der Pa- tienten sollte die Ärzte verpflichten, solchen Hinweisen gegenüber auf- geschlossen zu sein und ihr Perso- nal entsprechend sorgfältig auszu- bilden. Deshalb muß hier dem Bei- trag von HC in Heft 5 widerspro- chen werden, damit sich die Aus- einandersetzung mit der Kritik nicht ständig in bloßer Abwehr er- schöpft, sondern endlich fruchtbar wird für den Patienten und für sein Verhältnis zu seinem Arzt.

Dr. med. Alois Gerl 3405 Rosdorf Spickenweg 54

(Neurochirurgische Klinik Göttingen)

REFORMEN

Zu der Meldung „Direktoren der Lan- deskrankenhäuser berieten über Re- formmaßnahmen", Heft 3/1974:

Wahrung eigener Interessen

Zwischen der fortschreitenden De- mokratisierung des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens („Mit- spracherecht") und

den

Prinzipien der auf preußisch-feudalen Tradi- tionen fußenden Beamtenhierar- chie besteht eine zunehmende Dis- krepanz, die bislang erstaunlich selten angesprochen wird. Der obengenannte Bericht fordert zu einer Stellungnahme heraus, weil er — im Widerspruch zur Über- schrift — in seinem letzten Ab- schnitt ein eindeutig reformfeinli- ches Postulat wiedergibt. Es heißt dort:

„Die Leitung des psychiatrischen Krankenhauses durch den Direk- tor (Ärztlicher Direktor) dürfe nicht durch ein System rotierender Ver- antwortlichkeit unterbrochen wer- den. Die Lösung der anstehen- den Reformaufgaben in der klini- schen Psychiatrie setze eine konti- nuierliche Leistung voraus." Damit haben die Direktoren eine Stellung bezogen, die an die Einmütigkeit

der Parlamentarier erinnert, wenn es an die Erhöhung der eigenen Diäten geht.

Niemand wird behaupten, daß die anstehenden Reformaufgaben in der klinischen Psychiatrie größer seien als diejenigen in vielen anderen Bereichen des öffent- lichen Lebens. Gleichwohl hat

noch niemand daran Anstoß ge- nommen, daß die Spitzenverant- wortlichen in Bund, Land und Stadt verfassungsgemäß stets nach eini- gen Jahren gewechselt werden können, je nach Wählerentscheid oder Koalitionsabsprache der Par- teien; jedermann hält dies für rich-

tig.

In bezug auf die ärztlichen Di- rektoren der psychiatrischen Lan- deskrankenhäuser gibt es nicht entfernt etwas Entsprechendes. Im Gegenteil, während der Personalrat gehört wird, ob etwa ein Pfleger zum Oberpfleger befördert werden oder eine Schreibhilfe in die nächsthöhere Lohnstufe aufrücken kann, gibt es hinsichtlich der Per- son des Direktors weder eine Wahl, noch eine Anhörung; der Direktor wird von der obersten „Dienstbe- hörde" einfach ernannt, auf Le- benszeit.

Hier ist nicht davon die Rede, daß die große Mehrzahl dieser Ernannten den in sie gesetzten Erwartungen voll entspricht. Hier ist die Rede, daß es auch Unzu- längliche, ehrgeizige Karrierema- cher und Unterdurchschnittliche gibt, und in diesen Fällen ist die von dem Gremium geforderte Kon- tinuität eine Kontinuität der Unzu- länglichkeit auf Lebenszeit. Die da- von Betroffenen sind „Untergebe- ne" und Patienten ohne Stimm- recht; die Oberbehörde wiederum hütet sich einzugreifen, sie müßte sich dann ja zu ihrem Fehlent- scheid bekennen.

Die Hamburger Forderung des Ar- beitskreises der Direktoren ent- spricht somit wohl ihren eigenen Interessen, nicht aber, wie sie be- haupten, der Sache der Psychia- trie. Man befrage dazu einmal das

psychiatrische Fußvolk, so wird man etwa die folgenden Antworten bekommen: Erstens, die dauernde Leitung eines Großkrankenhauses durch einen ärztlichen Direktor im Alleingang ist unbefriedigend, weil dieser unmöglicherweise überall- hin orientiert und wirksam sein kann; die dauernde Abhängigkeit des ganzen Betriebs von den Fä- higkeiten eines einzelnen ist ein- seitig und riskant. Zweitens, in die- sen Krankenhäusern befinden sich noch weitere Persönlichkeiten mit Führungsqualitäten; die geforderte Kontinuität der Reformen ist durch eine Beteiligung auch dieser Kräfte an der Verantwortung eher gesi- chert als durch herkömmliche Di- rektoren allein, die sich gegen eben diese Reformen vielfach lan- ge genug gewehrt haben. Drittens, ein variables, auch den „Unter- gebenen" rechenschaftspflichtiges Führungsgremium ist eine Forde- rung der Zeit und der politischen Mündigkeit.

Dies um so mehr, als mir bislang noch kein Fall bekannt ist, in dem ein künftiger ärztlicher Direktor durch Besuch einer Führungsaka- demie für sein Amt ausreichend vorbereitet worden ist (wie dies bei Industriemanagern die Regel ist), und noch weniger ein Fall, in dem ein psychiatrisches Großkranken- haus hinsichtlich seiner Innen- struktur, seines Führungsstils und seiner von daher rührenden Effi- zienz von kompetenten Betriebs- prüfern durchleuchtet und bewer- tet worden ist.

Bezeichnend ist hierzu das Er- gebnis einer Umfrage an ame- rikanischen psychiatrischen Insti- tuten: Rund 80 Prozent der be- fragten ärztlichen Leiter hielten sich hinsichtlich ihrer Häuser für gut unterrichtet; ebenfalls rund 80 Prozent der übrigen Bediensteten hielten dieselben Direktoren für nur unzulänglich orientiert!

Dr. med. Erich 0. Haisch Landeskrankenhaus 775 Konstanz Reichenau

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 16 vom 18. April 1974 1189

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