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Archiv "Gesundheitspolitische Leitsätze der SPD" (02.02.1978)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Die Reform der medizinischen Versor- gung erfordert auch eine Neuordnung der Tätigkeitsbereiche von Fachberufen im Gesundheitswesen. An die Stelle hier- archischer Stufung muß die Kooperation in Diagnostik, Therapie und Rehabilita- tion treten.

9.1 Kooperation

Im ambulanten wie im stationären Be- reich arbeiten die Fachkräfte aus allen Gesundheitsberufen zum Wohle der Pa- tienten partnerschaftlich und selbstver- antwortlich zusammen und erweitern so die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.

In dem differenzierten Gefüge medizini- scher Einrichtungen mit technisch hoch- entwickelter Ausstattung werden viele Aufgaben, die bisher von Ärzten wahrge- nommen worden sind, in gleicher Quali- tät und Zuverlässigkeit von speziell aus- und weitergebildeten Fachkräften erfüllt.

Damit entsteht eine breite Auffächerung der nichtärztlichen Berufe im Gesund- heitswesen, und zugleich werden die er- wünschten Aufstiegsmöglichkeiten bis in leitende Positionen eröffnet. Im ärztli- chen Bereich ist eine fachverbindende Zusammenarbeit, zum Beispiel in der Form von Gruppenpraxen, notwendig.

Dazu ist eine hinreichende Zahl von All- gemeinärzten für die Funktionserfüllung unerläßlich.

9.2 Aus- und Weiterbildung

Der starken Differenzierung der Berufs- felder muß eine Neuordnung der Aus- und Weiterbildung aller medizinischen Fachberufe entsprechen. Alle medizini- schen Ausbildungsgänge sind an den Prinzipien des Bildungsgesamtplanes zu orientieren. Demgemäß müssen Ausbil- dungsgänge mit begleitendem Unter- richt (Krankenpflegeschulen und dgl.) in Oberstufenzentren zusammengefaßt und der Unterricht dort mit Perioden prakti-

DOKUMENTATION

scher Unterweisungen durchsetzt wer- den.

Die Ausbildungsgänge für die einzelnen Berufe werden im Kurssystem angelegt.

Damit wird der Wechsel in verwandte Ausbildungsgänge unter Anrechnung absolvierter Kurse ermöglicht (horizon- tale Durchlässigkeit) und die Ausbildung nach Tätigkeitsfeldern orientiert.

In geregelten Weiterbildungsgängen auf- grund der Ausbildung im Sekundarbe- reich II werden die Qualifikationen für die neuen Berufe in der medizinischen Ver- sorgung erworben (z. B. Intensivpflege-, Stations-, Ambulanzschwestern). Weiter- bildung der Berufe des Sekundarbe- reichs muß stets zur Hochschulreife für die medizinischen Fächer führen können (vertikale Durchlässigkeit).

Neben die langwierige und aufwendige Ausbildung zum Arzt muß eine kürzere Ausbildung an Gesamthochschulen oder Universitäten für spezielle medizinische Hochschulberufe treten, etwa Diplombe- rufe im medizinischen Bereich (z. B.

Hygieniker, Ernährungswissenschaftler u. a.).

Ärzte haben nach Erwerb der Approba- tion vor jeder Zulassung zu einer selb- ständigen ärztlichen Tätigkeit eine Aus- bildung auf den Spezialgebieten oder zum Arzt für Allgemeinmedizin in gere- gelten Ausbildungsgängen von vier- bis fünfjähriger Dauer zu durchlaufen und mit einer staatlichen Prüfung abzu- schließen.

9.3 Fortbildung

Der rasche Fortschritt medizinischer Wissenschaft und Technik macht per- sönliche Teilnahme an Fortbildungsver- anstaltungen für alle medizinischen Be- rufe zu einer unerläßlichen Pflicht. Jede Fortbildung muß einer geregelten Erfolgskontrolle unterworfen sein.

Bei der didaktischen Gestaltung der Fortbildungsprogramme sollen die ent- sprechenden medizinischen Lehrstühle an den Universitäten und Gesamthoch- schulen mitwirken.

BRIEFE AN DIE REDAKTION

Krankenhauspforte verteilt wird, hilflos ausgesetzt sind. Man würde uns mit Recht für arrogant halten, würden wir davon ausgehen, der Ka- talog sei perfekt und nicht verbesse- rungsbedürftig. Sich aus einem Ka- talog mit 1500 Lernzielen drei Lern- ziele „herauszukrümeln" und pole- misch zu interpretieren, ist unquali- fiziert und nur für den zulässig, der nicht die Absicht hat, sich ernsthaft mit einem Sachverhalt zu beschäf- tigen.

Hedi Siebers

Leiterin einer Krankenpflegeschule Strassheimer Weg 63

6365 Rosbach

KOSTEN

Aus der Praxis:

Parkinsons Gesetz

Wenn man wie ich als ehemali- ge Krankenschwester feststellen mußte, daß bei einem 3.-Klasse-Bett, das heute in Großstädten (z. T. in 4- bis 6-Bett-Zimmern) über 200 DM täglich kostet, die Krankenhausver- waltung mit 45 DM und mehr partizi- piert, so muß sich doch jeder, der das weiß, fragen, warum decken Re- gierung und ihre Kontrahenten die- ses Rumpelstilzchen-Spiel nicht auf? Es war doch schon vor mehr als zehn Jahren so: Private Krankenver- sicherungen konnten für weniger Beitrag wesentlich mehr leisten (2.

Klasse, freie Arztwahl usw.) und bauten sich dennoch Paläste in die Gegend. Sehen wir nun die Zwangs- versicherung, vornehmlich die AOK, an, wird deutlich, daß für einen Ver- sicherten nicht dessen Bedürfnisse im Vordergrund stehen, sondern der Papierkrieg, der teure. Trotz Com- putereinführung werden es mehr und mehr Beamte und Mitarbeiter, die bis zu ihrem Todestage von den Versicherten unterhalten werden müssen, so daß derzeit ca. ein Ver- waltungsmensch bzw. Funktionär auf vier Versicherte kommt.

Jutta Lorenz Beethovenstraße 14 6140 Bensheim 3

Gesundheitspolitische Leitsätze der SPD

Verabschiedet vom Parteitag im November 1977 in Hamburg

Zweite Fortsetzung und Schluß

9. Berufe im Gesundheitswesen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 2. Februar 1978 261

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen SPD-Leitsätze

10. Arzneimittel

10.1 Ziele und Analyse des heutigen Standes

Die Versorgung der Bevölkerung mit wirksamen, unbedenklichen, qualitativ einwandfreien und preiswerten Arznei- mitteln ist eine wesentliche Aufgabe der Gesundheitspolitik. Die Arzneimittelver- sorgung muß am therapeutischen Fort- schritt orientiert sein.

Für die Ordnung der Arzneimittelversor- gung trägt der Staat die Verantwortung.

Die Hersteller und Importeure dürfen da- durch nicht aus ihrer besonderen Ver- antwortung für ihre Produktion entlas- sen werden.

Wirtschaftliche Überlegungen müssen sich gesundheitspolitischen Erfordernis- sen unterordnen. Arzneimittelforschung und Arzneimittelversorgung müssen vom tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung bestimmt werden, nicht aber vorrangig von den Gewinnchancen der Pharmain- dustrie.

Der Arzneimittelmarkt weist gegenüber anderen Märkten Besonderheiten auf.

Ausreichender Preiswettbewerb besteht auf ihm nicht. Hersteller und Importeure bestimmen weitgehend über die Preise.

Die Nachfrageseite ist gespalten in Ärzte, die verordnen, Versicherte, die verbrau- chen, und Krankenkassen, die zu bezah- len haben. Vergleichende Informationen über die Preise reichen nicht aus. Markt- mechanismen können in einem solchen System nicht genügend regulierend wirken.

Gemessen an den gesundheitspoliti- schen Erfordernissen, ist die Situation im Arzneimittelbereich unbefriedigend, auch nachdem mit dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts ein erster Schritt zur Reform getan, aller- dings noch nicht wirksam geworden ist.

Das Angebot auf dem Arzneimittelmarkt ist unübersichtlich, die Arzneimittelwer- bung führt zu unangemessenem, bei kri- tischer Betrachtung viel zu hohem, auch gesundheitsschädlichem Verbrauch. Die Preise sind überhöht, insbesondere für umsatzstarke Präparate. Der Arzneimit- telverbrauch steigt tendenziell weiter an.

Die Aufwendungen der sozialen Kran- kenversicherung für Arzneimittel sind sehr viel höher als sachlich und gesund- heitspolitisch vertretbar.

10.2 Optimale Arzneimittel- sicherheit und Arzneimittel- wirksamkeit

Das Arzneimittelrecht muß weiterentwik- kelt werden, insbesondere in den Teilen,

in denen es im Gesetzgebungsverfahren von 1974 bis 1976 Einbußen erlitten hat.

Vordringlich sind Regelungen, mit denen bewirkt wird, daß

.,.. grundsätzlich nur solche Arzneimittel zugelassen werden, für die ein Nachweis ihrer Wirksamkeit für die in Anspruch genommene Indikation sowie ihrer Un- bedenklichkeit erbracht ist;

.... in der Arzneimittelprüfung am GesUn- den ("Klinische Prüfung" an freiwilligen Versuchspersonen) Gefahren mittels langdauernder Nachbeobachtung frü- hestmöglich erfaßt und

.,.. in der Prüfung an Kranken (dem "kon- trollierten therapeutischen Versuch") durch umfassende Dokumentation und Einbeziehung der prüfenden Kranken- hausärzte in die Meldepflicht uner- wünschte Wirkungen neuer Präparate alsbald erkannt werden;

.... bei der Standardzulassung und bei ausländischen Nachahmungsprodukten die Wirksamkeit der Originalpräparate, zumal hinsichtlich der Bioverfügbarkeit, mindestens voll bestehenbleibt;

.,.. die noch bestehenden Probleme der Wirksamkeitsprüfung durch Entwicklung neuer Methoden überwunden und diese Prüfungen praktikabel gemacht werden;

dies muß auch für die Arzneimittel be- sonderer Heilweisen gelten.

Eine Verkaufsstatistik, gegliedert nach chemischen Kurzbezeichnungen, ist ein- zuführen. Sie ist der Zulassungsbehörde zugänglich zu machen.

10.3 Mißbrauch von Arzneimitteln

Zur Verhinderung der mißbräuchlichen Anwendung von Arzneimitteln muß das Gefahrenbewußtsein der Bevölkerung geschärft werden. Dafür bedarf es geziel- ter Aufklärung und Gesundheitsbildung.

Ein Verbot der Laienwerbung ist not- wendig.

10.4 Forschung

Im Interesse des therapeutischen Fort- schritts sind besondere Anstrengungen in der Arzneimittelforschung und in der Entwicklung neuer Arzneimittel erforder- lich. Es ist zu prüfen, ob der Patent- schutz verlängert und erweitert werder muß.

Notwendig ist eine möglichst vollständi- ge Übersicht über laufende und abge- schlossene Forschungsvorhaben und ein ständiger internationaler Vergleich und Austausch der Forschungsergebnis- se. Soweit Lücken in der Forschung deutlich werden, sind gezielte staatliche Forschungsaufträge zu vergeben.

262

Heft 5 vom 2. Februar 1978

DEUTSCHES ARZTEBLATT

10.5 Preisgünstigkeil und Markttransparenz

Die Markttransparenz hinsichtlich der Preisgünstigkeil muß mit allen verfügba- ren Mitteln herbeigeführt werden. Posi- tivlisten sind zur Ausschaltung überhöh- ter Preise unverzichtbar. Die Belastung der sozialen Krankenversicherung durch neu oder in veränderter Zusammenset- zung auf den Markt gebrachte Präparate.

deren Preis vom Hersteller vorsorglich hoch angesetzt wird, muß dadurch ein- gegrenzt werden, daß die Beweislast für die Angemessenheil der Preise für sol- che Produkte nach Maßgabe von verbes- serter Wirksamkeit und vertretbarer Kak- kulation dem Hersteller aufgebürdet wird. Damit kann die Position der sozia- len Krankenversicherung auf dem Arz- neimittelmarkt an den entscheidenden Stellen wesentlich verbessert werden.

10.6 Apothekenwesen

Um eine gleichmäßige und zuverlässige Versorgung der Bevölkerung, insbeson- dere in Stadtrand- und ländlichen Gebie- ten, mit Arzneimitteln zu gewährleisten, ist das Apothekenrecht mit Steuerungs- instrumenten für die Regelung der Nie- derlassung der Apotheken auszustatten.

11. Wissenschaft und Forschung

Die Integration der medizinischen Ver- sorgung muß in ihren Bedingungen und ihren vielfältigen gesellschaftspoliti- schen Wechselwirkungen von wissen- schaftlicher Kontrolle begleitet werden.

Dazu soll ein ständiger Sachverständi- genkreis geschaffen werden, in dem alle Fachressorts vertreten sein müssen.

Umfassende Gesundheitssicherung setzt gründliche Kenntnisse der Krankheiten und sozialen Umwelt des Menschen und mit seinen Lebensgewohnheiten voraus.

Die Wechselwirkungen zwischen heuti- gen Lebensumständen, besonders den industriellen Arbeitsbedingungen und Gesundheit und Krankheit, müssen ver- stärkt erforscht werden.

Die medizinische Forschung muß zu- künftig im Interesse der Patienten stärker auf die Krankheitsursachen in der indu- striellen Gesellschaft, auf das Krank- heitsspektrum der Allgemeinpraxis und die psychosozialen Faktoren orientiert sein. Zudem sind die Bedingungen und die Motivation für eine verantwortungs- volle, gesundheitsgerechte Lebensfüh- rung sowie die Voraussetzungen wirksa- mer Gesundheitsbildung zu erforschen.

Die Kostenentwicklung im Gesundheits-

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen SPD-Leitsätze

wesen macht Systemforschung und die Einführung eines besonderen For- schungsschwerpunktes "Gesundheits- ökonomik" notwendig.

Die institutionellen Voraussetzungen für die Erfüllung umfassender Forschungs- aufgaben sind unzureichend und müs- sen durch die Schaffung neuer oder durch Ausbau bestehender zentraler Forschungseinrichtungen und durch ei- ne enge Zusammenarbeit der bestehen- den Institutionen im Rahmen einer lang- fristigen Forschungsplanung nachhaltig verbessert werden. Für die Bewältigung der Probleme der Gesundheitspolitik gelten insbesondere folgende Schwer- punkte für die Forschungsförderung:

.,.. Alterns- und Altersforschung .,.. Arbeitspsychologie und Arbeitsme- dizin

.,.. Epidemiologie .,.. Ernährungsforschung

.,.. Gesundheitsbildung und Präventiv- medizin

.,.. Gesundheitsökonomik .,.. Medizindidaktik

.,.. Medizinsoziologie, insbesondere schichtenspezifische Bedingungen und Verhaltensweisen

.,.. Nutzung der medizinischen Techno- logie

.,.. Ökologie und Umweltschutz .,.. Psychosomatik

.,.. Rehabilitationsmedizin

.,.. Sozialmedizin, insbesondere Sozial- psychiatrie und Sozialpädiatrie .,.. Therapieforschung

.,.. wissenschaftliche Erfolgskontrollen der medizinischen und psychosozialen Versorgung

Wissenschaft und Forschung sichern medizinischen und technischen Fort- schritt. Dieser muß der gesamten Bevöl- kerung ohne Einschränkung nutzbar ge- macht werden.

12. Finanzierung

Die erheblichen Aufwendungen im Ge- sundheitswesen führen zu ständig wach- senden volkswirtschaftlichen Belastun- gen, ohne daß es dadurch zu einer spür- baren Verbesserung der Gesundheitssi- tuation der Bevölkerung käme. Wesentli- che Ursache hierfür ist, daß Ende der fünfzig er und Anfang der sechziger Jah- re notwendige Strukturreformen unter- lassen worden sind. Dem gegenwärtigen System fehlen weithin wirksame Steue- rungs- und Kontrollmechanismen, mit denen eine wirtschaftliche und rationelle Leistungserbringung bei bedarfsgerech- ter Versorgung der Bevölkerung sicher- gestellt werden könnte. Das Gesund- heitswesen ist überdies sowohl bei der Mittelaufbringung als auch vor allem bei

der Mittelverwendung zuwenig durch- sichtig. Es weist erhebliche Mängel in der Erfassung und Verarbeitung wichti- ger Gesundheitsinformationen aus.

Eine optimale Gesundheitssicherung kann nicht nach marktwirtschaftliehen Prinzipien organisiert werden. Geeignete Instrumente zur optimalen Mittelverwen- dung sind entwickelt worden; es fehlen Entscheidungshilfen, zum Beispiel Ko- sten-/Ertragsrechnungen, Bedarfsana- lysen.

Die bisherige Entwicklung der Aufwen- dungen im Gesundheitswesen und die steigenden Anforderungen machen eine höhere ökonomische Effizienz des Ge- sundheitssystems dringend erforderlich . Dies erfordert auch eine Reform des Fi- nanzierungssystems. Künftig sind die für die Finanzierung von Investitionen im Gesundheitssektor erforderlichen Mittel grundsätzlich von den öffentlichen Hän- den, von Bund, Ländern und Gemeinden, aufzubringen. Die Betriebskosten der Einrichtungen zur stationären und am- bulanten ärztlichen Versorgung sind da- gegen vom jeweiligen Sozialleistungsträ- ger zu übernehmen, in erster Linie von den gesetzlichen Krankenkassen, bei de- nen alle Bürger versichert sind.

Die Medizinischen Dienste sind in vollem Umfang von ihren Trägern zu finanzie- ren, der Öffentliche Gesundheitsdienst von den Ländern und Gemeindeverbän- den, der Betriebsmedizinische Dienst von den Trägern der gesetzlichen Unfall- versicherung, der Sozialmedizinische Dienst von den Sozialversicherungsträ- gern.

Die Mitglieder der gesetzlichen Kranken- versicherung haben die erforderlichen Beiträge nach ihrer wirtschaftlichen Lei- stungsfähigkeit aufzubringen. Die Bei- tragsbemessungsgrenze und die Versi- cherungspflichtgrenze sind auf die in der Rentenversicherung geltende Grenze zu erhöhen.

Die sogenannte Selbstbeteiligung der Versicherten im Krankheitsfall an den Krankheitskosten ist als Mittel der Ko- stensteuerung ebenso grundsätzlich ab- zulehnen wie Wahltarife. Sie können eine vernünftige Inanspruchnahme von Ge- sundheitsleistungen durch die Versi- cherten nicht bewirken. Darüber hinaus ist eine Selbstbeteiligung gesundheits- politisch bedenklich und führt zu einer ungerechten Umverteilung zu Lasten Einkommensschwacher und Kranker.

Die Steuerung der Mittelverwendung ist so vorzunehmen, daß die gesundheits- politischen Zielvorstellungen nach fest- zulegenden Prioritäten erreicht werden.

Vor allem müssen die Gesundheitsvor- sorge und die Maßnahmen zur Früher- kennung von Krankheiten auch unter

264 Heft 5 vom 2. Februar 1978

DEUTSCHES ARZTEBLATT

dem Gesichtspunkt einer längerfristigen Mitteleinsparung verstärkt entwickelt und finanziert werden.

Die Vergütungen für die einzelnen Ver- sorgungsbereichesind so zu regeln, daß sie eine gesundheitspolitische Len- kungsfunktion erfüllen. Die ärztliche Ge- bührenordnung ist so zu gestalten, daß von ihr keine Anreize zur beliebigen Ver- mehrung der Leistungen zu Lasten der Versicherten ausgehen. Bei der Ordnung der stationären Entgelte sind die Prinzi- pien des bedarfsgerechten Angebots, der sparsamen Wirtschaftsführung und der Selbstkostendeckung gleichrangig und gleichwertig zu berücksichtigen.

Die Vergütung ärztlicher und sonstiger Leistungen muß im Vergleich zu anderen Berufen angemessen und für alle Ko- stenträger einheitlich sein; sie muß sich in die allgemeine Einkommensentwick- lung einfügen. Im Krankenhausbereich dürfen nur diejenigen Aufwendungen vergütet werden, die bei sparsamer und wirtschaftlicher Leistungserstellung ent- stehen. Hierfür müssen einheitliche Kri- terien festgelegt werden.

Den gesetzlichen Krankenkassen wird im Rahmen der gesundheitlichen Selbstver- waltung bei der Verwendung der finan- ziellen Mittel eine größere Einflußmög- lichkeit gegeben. Sie wirken bei der Ge- staltung des Angebots an Gesundheits- leistungen in regionaler und institutio- neller Hinsicht mit. Das Prinzip des freien Zugangs zu den Gesundheitsleistungen, unabhängig von der wirtschaftlichen La- ge des Versicherten muß gesichert sein;

Regelungen, die eine über die Beitrags- zahlung hinausgehende Kostenbeteili- gung vorsehen, sind kein geeignetes Mit- tel zur Kostendämpfung; sie sind sozial- und gesundheitspolitisch bedenklich. Im System der integrierten medizinischen Versorgung hat jeder Bürger Anspruch auf gesundheitliche Leistungen entspre- chend den medizinischen Erfordernis- sen.

D

Die Dokumentation der SPD-Leitsätze, die in Heft 3/1978, Seite 140, begann. ist damit abgeschlossen. Über die Entste- hungsgeschichte dieses gesundheits- politischen Programms informierte der Artikel: .. Der Marsch der Gesundheitsar- beiter durch die Partei-Institution ( .. Heft 45/1977), über die Verabschiedung auf dem Hamburger Parteitag wurde in Heft 48/1977 ("Vor einem ,Gesamtkonzept' für die Soziale Sicherung") berichtet. DÄ

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