MEDIZIN
ebenfalls nicht gerade zimperlich umging. Offensichtlich ist es heute der Jurisprudenz möglich, sowohl die finanzielle, ethische und moralische Dekapitation jedes Arztes durchzu- führen, ohne daß sich von irgendei- ner Seite eine Kritik an diesem Ver- halten an den rechtlichen Vorstellun- gen dieser Gesellschaft erhebt.
Ich empfinde dies als sehr be- dauerlichen Zustand, daß die Theo-
3. Gebühren unzureichend
Dem Autor ist zu danken für die ausgiebige Darstellung der Rechtsla- ge, wobei dankenswerterweise die den Arzt schützenden Paragraphen über Nötigung und ähnliches nicht vergessen wurden.
Meines Erachtens entspringt die Geringschätzung ärztlicher Atteste sowohl durch die Ärzteschaft als auch durch die Patienten nicht zu- letzt der absolut lächerlichen Gebüh- rensituation. Sowohl Arzt als auch
Schlußwort
Die Zuschrift von Professor Schlund nehmen wir als fachlich fun- dierte Ergänzung zu den von uns auf- gezeigten rechtlichen Sanktionsmög- lichkeiten dankbar zur Kenntnis. Wir waren gehalten, unseren Beitrag möglichst kurz zu fassen. Hierbei ha- ben wir mehr Wert auf Definitionen und die Darstellung bereits ergange- ner Urteile zu § 278 StGB gelegt.
Konkrete Urteile gegen Ärzte wegen Vergehens der Beihilfe zum Betrug in Zusammenhang mit dem Ausstel- len eines falschen Attestes sind uns bisher nicht bekannt geworden, sonst hätten wir sie gerne zitiert. Wir mei- nen, daß die von Professor Schlund dargestellten zusätzlichen Sanktions- möglichkeiten die Nachdenklichkeit vor Ausstellung eines ärztlichen At- testes nur vertiefen können.
Die Zuschriften der Kollegen Dr. Boll und Dr. Beglau sprechen die Gebührensituation für die Abrech- nung ärztlicher Atteste an. Es kann nicht Aufgabe des Rechtsmediziners sein, Anstöße zu einer Neuordnung der GOÄ zu diesem Punkt zu geben;
DISKUSSION / FUR SIE REFERIERT
retiker diejenigen, die am Patienten tätig sind, auf diese Weise im Stich lassen.
Dr. med. E. Beglau Arzt für Chirurgie Plastische Chirurgie Durchgangsarzt
Friedrich-Alfred-Straße 60 47055 Duisburg
Patient wären sich der Problematik sicher erheblich deutlicher bewußt, wenn in vielen Fällen die Gebühren- ordnung der Tragweite eines ent- sprechenden Attestes ausreichend Rechnung trüge. Die entsprechen- den Gremien sind hiermit dringend aufgefordert, diesem Mißstand abzu- helfen.
Dr. med. G. Boll
Leitender Arzt des Fachbereiches Chirurgie
Hospital zum Heiligen Geist Bachstraße 76 • 59590 Geseke
die Intentionen müssen von den At- test-Ausstellern, nämlich den kli- nisch tätigen Kollegen kommen.
An der Problematik vorbei geht allerdings der Vergleich von Herrn Kollegen Beglau. Bestraft wird ein Arzt nach § 278 StGB nicht wegen des Verdienstes, den er durch das Ausstellen eines falschen Attestes hat, sondern wegen des Unrechtge- haltes der Tat. Da unser ganzes Sozi- alsystem von der Ausstellung richti- ger Atteste abhängt, summiert sich der Schaden jedes einzelnen falschen Attestes schließlich zu einer ernst- haften Bedrohung dieses Systems.
Da Geldstrafen nach sogenannten Tagessätzen (Netto-Monatseinkom- men dividiert durch 30) berechnet werden, kann es leicht geschehen, daß sie, wie die in unserem Beitrag zitierte, gegen einen gut verdienen- den Facharzt verhängt werden.
Prof. Dr. med. Wolfgang Eisenmenger Vorstand des
Instituts für Rechtsmedizin
der Ludwig-Maximilians-Universität Frauenlobstraße 7 a
80337 München
Klinische
und nichtinvasive kardiologische Untersuchungen gleichwertig?
In einer kanadischen Studie wurde untersucht, ob durch nichtin- vasive kardiologische Untersuchun- gen wie Belastungs-EKG, Langzeit- EKG und Myokardszintigramm eine bessere Prognosebeurteilung bei Pa- tienten nach Herzinfarkt möglich ist als bei alleiniger klinischer Untersu- chung und Verlaufsbeobachtung des Patienten. 147 Patienten (65 Jahre oder älter) wurden nach Myokardin- farkt bezüglich ihrer Ein-Jahres-Pro- gnose von dem behandelnden sowie von zwei weiteren, nicht involvierten Kardiologen ohne Kenntnis der Un- tersuchungsergebnisse eingeschätzt.
Anschließend wurden die Ärzte mit den Untersuchungsergebnissen ver- traut gemacht und um eine Neuein- schätzung gebeten.
Zwischen der ersten und der zweiten Beurteilung der Patienten ergab sich sowohl bei den behandeln- den Kardiologen als auch bei den hinzugezogenen Kardiologen kein si- gnifikanter Unterschied bezüglich der Prognoseeinschätzung. Die Au- toren schließen daraus, daß die Kenntnis der nichtinvasiven Untersu- chungen bei älteren Postinfarktpa- tienten keine bessere Aussage bezüg- lich des weiteren Verlaufs erlaubt als die alleinige klinische Untersuchung des Patienten. acc
Myers, M. G., R. S. Baigrie, M. L. Char- lat, C. D. Morgan: Are routine non-in- vasive tests useful in prediction of out- come after myocardial infarction in el- derly people? Lancet 342 (1993) 1069-1072.
Dr. Myers, Division of Cardiology, Sun- nybrook Health Scienc Centre, A-222, 2075 Bayview Avenue, Toronto, Ontario M4N3M5, Canada.
A-136 (60) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 3, 21. Januar 1994