45
11. November 1983 80. Jahrgang
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Von wegen
Ärzteschwemme!
K
ürzlich war in einer mittelgroßen Privatan- zeige unter der Rubrik„Vermischtes" im „Kölner Stadt-Anzeiger" folgendes zu lesen:
„DAK-Mitglied, 51 Jahre, unkompliziert, sucht we- gen Wohnungswechsel prakt. Arzt seines Vertrau- ens, Bereich Kerpen-Erft- stadt angenehm. Bitte mel- den bei Annahmestelle des Regionalbüros dieser Zeit- ung."
Der aufgeklärte Zeitgenos- se stutzt, nimmt's verwun- dert hin, dieses Inserat, das vorrangig vor weiteren Klein-Inseraten wie „Heiz-
kosten-Abrechnungen"
oder „10 000 CDU-Frie- denstage, was dann?" —
„7000 Atomraketen" ein- gerückt worden war. Hatte man doch auch als schlich- ter „Otto Normal-Verbrau- cher", als unbedarftes
„Lieschen Müller" schon etwas von einer anrollen- den „Ärzteschwemme"
vernommen.
G
laubte manch einer, bereits einen Leibarzt sein eigen nennen zu können, so deutet das Such- Inserat des anonymen Kran- kenkassenmitgliedes gera- dezu auf das Gegenteil hin.Gleichsam wie Diogenes mit der Laterne geht das sich selbst sorgende DAK- Mitglied (wahrscheinlich ein besser verdienender, freiwillig versicherter An- gestellter?) auf die Suche nach einem „prakt. Arzt"
(nicht etwa nach einem Arzt für Allgemeinmedizin oder Allgemeinarzt.)
Wohlgemerkt: Der Inserent wohnt in einem wohlver- sorgten Distrikt am Rande einer Millionenstadt. Ihm ist es nicht eingefallen, nach seinem Wohnungs- wechsel einfach im Bran- chenverzeichnis des Tele- fonbuches nachzuschla- gen, um einen der vielen niedergelassenen Ärzte seines näheren Wohnbe- reiches ausfindig zu ma- chen. Ein Anruf bei der Ärztekammer, der KV hätte genügt, um dem Manne zum Arzt zu verhelfen.
Auch hätte ihm sein „ver- lassener" Hausarzt be- stimmt eine Empfehlung an einen tüchtigen Kolle- gen mitgegeben.
A
ber nein! Der Arzt„seines Vertrauens"
solle sich gefälligst bei der Annahmestelle der ge- nannten regionalen Tages- zeitung melden, um das („unkomplizierte") DAK- Mitglied kennenzulernen, es möglicherweise dem ei- genen Patientenstamm
„hinzuzugewinnen".
Doch auch eine andere Deutung dieser „Such- aktion" ist möglich: die nämlich, daß Patient und Arzt, trotz drohender Ärzteschwemme, trotz der permanenten Kostendämp- fung, zueinanderfinden
—und sei es auch mit Hilfe eines solchen außerge- wöhnlichen Inserats! HC
Die Information:
Bericht und Meinung Keiner will
dem Allgemeinarzt an den Kragen
(oder doch?) 13
Nachrichten 16
Umschichtung in der Sucht-Szene — Entwicklung der Nierentransplanta- tionen in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten neun Jah- ren
Der Kommentar 17
Schema F im Krankenhaus Weltärztebund:
Boxen verbieten 18
Bericht von der
35. Generalversammlung in Venedig
Die Nächsten- und Selbsthilfe der Bürger fördern
und stärken 20
Aufruf des Bundesministers für Ju- gend, Familie und Gesundheit, Dr.
Heiner Geißler, zum Beginn der Ak- tion „Reden ist Silber, Helfen ist Gold"
Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Übersichtsaufsätze Die orientierende Ultraschalluntersuchung
des Herzens 27
Prof. Dr. med. Manfred Thelen, Dr. med. Petra Wolf
Unser täglich Brot — Die Bäckerkrankheit,
ein Berufsrisiko 46
Prof. Dr. med. Hans-Joachim Woitowitz
Maligne Hyperthermie 59
Dr. med. Sabine Schneider
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Verlaufsspektrum der A-Hepatitis . 45 Tumorsimulierende
Pankreasganganomalien 56 Ranitidin — Kein Einfluß auf die
Pharmakokinetik von Propranolol 64
Fortsetzung auf Seite 3
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