• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER - MITTEILUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN BEIRATES DER BUNDESÄRZTEKAMMER: Richtlinien zur Durchführung von In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryotransfer (ET) als Behandlungsmethode der menschlichen Sterilität" (29.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER - MITTEILUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN BEIRATES DER BUNDESÄRZTEKAMMER: Richtlinien zur Durchführung von In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryotransfer (ET) als Behandlungsmethode der menschlichen Sterilität" (29."

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Medizin

Zur Fortbildung

Richtlinien zur Durchführung

von In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryotransfer (ET)

als Behandlungsmethode der menschlichen Sterilität

BEKANNTMACHUNG DER BUNDESÄRZTEKAMMER

MITTEILUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN

BEIRATES DER BUNDESÄRZTEKAMMER:

1. Definition

Unter In-vitro-Fertilisation (IVF), auch als „extrakorporale Befruch- tung" bezeichnet, versteht man die Vereinigung einer Eizelle mit einer Samenzelle außerhalb des Körpers. Die Einführung des Em- bryos*) in die Gebärmutterhöhle wird als Embryotransfer (ET) be- zeichnet.

2. Medizinische und ethische Vertretbarkeit

Die In-vitro-Fertilisation mit an- schließendem Embryotransfer stellt eine Substitutionstherapie bestimmter Formen von Sterilität dar, bei denen andere Behand- lungsmethoden versagt haben oder aussichtslos sind. Sie ist in geeigneten Fällen medizinisch und ethisch vertretbar, wenn be- stimmte Zulassungs- und Durch- führungsbedingungen eingehal- ten werden (siehe hierzu 3. und 4.).

3. Zulassungsbedingungen 3.1 Berufsrechtliche Voraus- setzungen

Die künstliche Befruchtung einer Eizelle außerhalb des Mutterlei- bes und die anschließende Ein- führung des Embryos in die Ge- bärmutter ist als Maßnahme zur Behandlung der Sterilität eine

ärztliche Tätigkeit und nur im Rahmen der von der Ärztekammer als Bestandteil der Berufsordnung beschlossenen Richtlinien zuläs- sig.

Jeder Arzt, der diese Maßnahme durchführen will und für sie die Gesamtverantwortung trägt, hat sein Vorhaben der Ärztekammer anzuzeigen. Diese muß prüfen, ob die berufsrechtlichen Anforderun- gen erfüllt sind.

Kein Arzt kann gegen sein Gewis- sen verpflichtet werden, an einer ln-vitro-Fertilisation oder einem Embryotransfer mitzuwirken.

3.2 Medizinische und soziale Voraussetzungen

3.2.1 Medizinische Indikationen und Kontraindikationen

— Uneingeschränkte Indikatio- nen: (Mikrochirurgisch) nicht the- rapierbarer Tubenverschluß bzw.

tubare Insuffizienz.

— Eingeschränkte Indikationen:

Einige Formen männlicher Fertili- tätsstörungen sowie einige For- men immunologisch bedingter Sterilität, unerklärbare Sterilität (wenn die nach ärztlichem Ermes- sen erforderlichen diagnosti- schen und therapeutischen Mög- lichkeiten erschöpft sind).

— Absolute Kontraindikationen:

Alle Kontraindikationen gegen ei- ne Schwangerschaft.

— Eingeschränkte Kontraindika- tionen: Durch Anwendung der Methode entstehende, im Einzel- fall besonders hohe medizinische Risiken für die Gesundheit der Frau sowie psychogene Sterilität.

3.2.2 Elterliche Voraussetzungen:**)

Vor der Sterilitätsbehandlung soll der Arzt sorgfältig darauf achten, ob zwischen den Partnern eine für das Kindeswohl ausreichend sta- bile Bindung besteht.

Grundsätzlich ist IVF/ET nur bei Ehepaaren anzuwenden. Dabei

*) Streng genommen bezeichnet der Begriff

„Embryo" nur die Teile der sich entwickeln- den menschlichen Keimanlage, die sich nach vollendeter Bildung der Körpergrundgestalt von extraembryonalen Anteilen (Dottersack, Amnion, Placenta fetalis) sondern. Diese Son- derung fällt zeitlich mit der Implantationspha- se zusammen, die beim Menschen um den 7.

Tag nach der Ovulation beginnt und um den 10. Tag abgeschlossen zu sein scheint.

Im strengen entwicklungsgeschichtlichen Sinn bezeichnet man schließlich die aus der Körpergrundgestalt hervorgehende individu- elle Gestalt bis zum 3. Monat ihres Lebens als Embryo. Im internationalen Sprachgebrauch der Reproduktionsmediziner hat sich aber heute die Bezeichnung „Embryo" auch schon für die ersten, der Befruchtung folgenden Ent- wicklungsstadien (z. B. 2-Zeller, 4-Zeller, Mo- ru la, Blastocyste) durchgesetzt.

**) siehe auch Kommentar zu 3.2.2 und An- hang I.

(2)

dürfen grundsätzlich nur Samen und Eizellen der Ehepartner Ver- wendung finden (homologes Sy- stem).

Ausnahmen sind nur zulässig nach vorheriger Anrufung der bei der Ärztekammer eingerichteten Kommission.

Leihmutterschaft, nämlich das Austragen des Kindes einer ande- ren genetischen Mutter mit dem Ziel, es dieser oder einer anderen Frau zu überlassen, ist abzuleh- nen.

3.3 Diagnostische Voraus- setzungen

Jeder Anwendung vom IVF/ET hat eine sorgfältige Diagnostik bei den Ehepartnern vorauszugehen, die alle Faktoren berücksichtigt, die sowohl für den unmittelbaren Therapieerfolg als auch für die Gesundheit des Kindes von Be- deutung sind.

3.4 Aufklärung und Einwilligung Die betroffenen Ehepaare müssen vor Beginn der Behandlung über die vorgesehenen Eingriffe, die Einzelschritte des Verfahrens, sei- ne Erfolgsaussichten, Komplika- tionsmöglichkeiten und Kosten in- formiert werden. Die Eltern sind auch darüber aufzuklären, welche Maßnahmen für den Fall möglich sind, daß Embryonen aus unvor- hersehbarem Grunde nicht trans- feriert werden können. Der Inhalt des Gespräches und die Einwilli- gung der Ehepartner zur Behand- lung müssen schriftlich fixiert und von beiden Ehepartnern und dem aufklärenden Arzt unterzeichnet werden.

3.5 Fachliche, personelle

und technische Voraussetzungen Die Zulassung zur Durchführung von IVF und ET als Therapiever- fahren setzt die Erfüllung der im Anhang festgelegten fachlichen,

personellen und technischen Min- destanforderungen voraus (siehe Anhang II und III).

4. Durchführungsbedingungen 4.1 Gewinnung und Transfer von Embryonen

Für die Sterilitätsbehandlung mit IVF und ET dürfen grundsätzlich nur so viele Embryonen erzeugt werden, wie für die Behandlung sinnvoll und ausreichend sind und auf die Eispenderin einzeitig über- tragen werden. An den zum Trans-

fervorgesehenen Embryonen dür- fen keine Eingriffe vorgenommen werden, die nicht unmittelbar dem Wohle des Kindes dienen.

4.2 Kryokonservierung noch nicht transferierter Embryonen Zum Wohle des Kindes ist eine zeitlich begrenzte Kryokonservie- rung statthaft, wenn sie der Ver- besserung der Innplantationsbe- dingungen oder zur Überbrük- kung der Zeit bis zu einem ande- ren Transfer dient.

4.3 Umgang mit nicht transferierten Embryonen Der Embryo ist im Sinne der De- klaration des Weltärztebundes von Helsinki und Tokio vor ethisch nicht vertretbaren Experimenten zu schützen.

Verantwortbare wissenschaftliche Untersuchungen an nicht transfe- rierten Embryonen sind daher nur nach Prüfung durch eine Ethik- kommission unter strengen, in ge- sonderten Richtlinien festzule- genden Voraussetzungen und Be- dingungen zuzulassen.

4.4 Kommerzielle Nutzung Kauf und Verkauf von Embryonen ist abzulehnen, und die ärztliche Mitwirkung dabei ist standeswid- rig.

KOMMENTAR

zu 1:

Die Befruchtung der instrumentell entnommenen Eizelle durch die Samenzelle erfolgt in.der Regel in einem Kulturgefäß (in vitro). Nach Beobachtung von Zellteilungen erfolgt der Transfer des sich ent- wickelnden Embryos in die Gebär- mutter. Da nicht in jedem Falle die Einnistung gelingt, werden in der Regel mehrere Embryonen trans- feriert, um die Chancen für den

Eintritt einer Schwangerschaft zu verbessern.

zu 2:

Die Behandlungsmethode der IVF und des ET gründet sich auf eine umfangreiche naturwissenschaft- liche Forschung sowie erfolgrei- che klinische Anwendung beim Menschen. Sie ist so weit ausge- reift, daß ihre Anwendung zur Be- handlung bestimmter Formen der menschlichen Sterilität gerecht- fertigt ist.

zu 3.2.1:

Männliche Fertilitätsstörungen sind gegenwärtig zu wenig unter- sucht, um daraus schon jetzt klare Indikationen für die IVF/ET ablei- ten zu können. Obwohl die Indika- tion zur homologen Insemination ebenfalls noch nicht ausreichend definiert ist, sollte sie in der Regel als das weniger eingreifende Ver- fahren zuvor angewandt werden.

IVF/ET kann die Ursachen einer etwaigen psychogenen Sterilität nicht beseitigen. Die Gefahr, sich mit technischen Mitteln gewalt- sam über tief wurzelnde mensch- liche Probleme hinwegzusetzen, muß vom behandelnden Arzt ge- sehen und vermieden werden.

zu 3.2.2:

Seine aktive Rolle bei der Entste- hung der Schwangerschaft legt dem Arzt gegenüber dem Kinde eine besondere Verantwortung auf.

Für die Entscheidung des Arztes über die Behandlung einer Fertili- tätsstörung durch IVF/ET ist daher

(3)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Richtlinien In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer

nicht nur der — auf anderem Wege nicht erfüllbare — Kinderwunsch seiner Patientin maßgebend, son- dern mit zumindest ebenso star- ker Gewichtung das künftige Wohlergehen des erhofften Kin- des.

Die in Abschnitt 3.2.2 aufgestell- ten Anforderungen hinsichtlich der ehelichen Beziehungen sollen deswegen insbesondere dann ei- ne IVF/ET ausschließen, wenn Nachteile für ein dadurch gezeug- tes Kind zu befürchten sind.

Solche Nachteile können sozialer und rechtlicher Art sein. *)

zu 4.3:

Die Zustimmung zu der Sterili- tätstherapie mittels IVF und ET darf weder direkt noch indirekt mit der Zustimmung zu einer an- dersartigen Verwendung der er- zeugten Embryonen verknüpft werden.

ANHANG

I. Vermeidung sozialer und recht- licher Nachteile für ein durch IVF erzeugtes Kind

1. Künftige soziale Nachteile, die sich daraus ergeben können, daß eine Partnerschaft im Zeitpunkt des Wunsches nach IVF/ET be- reits zerrüttet ist oder zu scheitern droht und daher ein Heranwach- sen des Kindes in einer intakten elterlichen Beziehung nicht zu er- warten ist, lassen sich für den Arzt nur selten eindeutig erfassen und hinsichtlich negativer Auswirkun- gen für das Wohlergehen des Kin- des nur schwer beurteilen.

Gelangt der Arzt jedoch aufgrund seiner Gespräche mit den Part- nern und konsiliarischer Beratung mit psychotherapeutisch tätigen Fachkollegen oder Psychologen, insbesondere in Fällen, in denen ein Kinderwunsch geäußert wird, um bestehende Probleme in einer Partnerschaft zu überwinden, zu

*) siehe auch Anhang 1.

der Überzeugung, daß sich durch die Geburt eines Kindes diese Probleme der Partnerschaft nicht bewältigen lassen, so soll er keine IVF/ET vornehmen.

2. Die grundsätzlich — das heißt von begründeten Ausnahmen ab- gesehen — bestehende Bindung in der Anwendung der Methode der IVF/ET an eine bestehende Ehe findet ihre Rechtfertigung in dem verfassungsrechtlich verankerten besonderen Schutz von Ehe und Familie und den sozialen Nachtei- len, denen trotz weitgehend rechtlicher Gleichstellung das nicht eheliche Kind nach wie vor ausgesetzt sein kann.

Die Verfassung stellt Ehe und Fa- milie unter den besonderen Schutz des Staates (Art. 6 Abs. 1 GG). Sie geht dabei davon aus, daß eine Familie auf der Basis ei- ner Ehe gegründet wird und da- durch ihren rechtlichen und sitt- lichen Zusammenhalt findet. An diese Wertentscheidung der Ver- fassung ist auch der Arzt gebun- den, der durch IVF/ET zur Bildung einer über die Partnerschaft zwei- er Menschen hinausgehenden Fa- milie beitragen soll.

Demgegenüber kann nicht auf das Selbstbestimmungsrecht ei- ner alleinstehenden Frau oder zweier nicht in Ehe zusammenle- bender Partner und einen darauf gegründeten Kinderwunsch ver- wiesen werden, da, losgelöst von dieser Willensbildung, vom Arzt die Aussichten für eine gedeih- liche Entwicklung des Kindes zu berücksichtigen sind. Diese Form der „Familienbildung" ist auch bürgerlich-rechtlich nicht aner- kannt; vielmehr begründet nur die Ehe eine rechtlich gesicherte Le- bensgemeinschaft, bei der zumin- dest die Vermutung besteht, daß sie auf Dauer angelegt ist.

Durch das Gesetz über die rechtli- che Stellung des nicht ehelichen Kindes vom 1. 7. 1970 ist zwar in den Unterhalts- und Erbansprü- chen eine weitgehende Gleich- stellung von ehelichen und nicht

ehelichen Kindern erfolgt. Daraus kann jedoch unter keinen Um- ständen ein Anspruch gegenüber dem Arzt hergeleitet werden, durch IVF/ET bei Fertilitätsstörun- gen in einer nicht ehelichen Le- bensgemeinschaft oder bei einer alleinstehenden Frau einen Kin- derwunsch zu erfüllen, da die rechtlichen Vorschriften über die Gleichstellung des nicht eheli- chen Kindes an die Tatsache einer Geburt außerhalb einer bestehen- den Ehe anknüpfen, daraus aber kein positives Recht auf nicht ehe- liche Fortpflanzung abgeleitet werden kann.

Aus dieser rechtlichen Gleichstel- lung des nicht ehelichen Kindes mit dem ehelichen Kind ergibt sich aber aus dem gleichen Grund auch keine Legitimation für den Arzt, losgelöst vom Bestehen ei- ner ehelichen Lebensgemein- schaft, eine vorhandene Fertili- tätsstörung durch die Methode der IVF/ET zu behandeln.

Neben der Wertentscheidung des Grundgesetzes für die Ehe und die durch eheliche Lebensge- meinschaft gegründete Familie muß der Arzt vielmehr auch die möglichen sozialen Nachteile be- rücksichtigen, denen ein nicht eheliches Kind auch heute noch ausgesetzt sein kann. Rein ego- istische oder kommerzielle Moti- ve dürfen nicht zur künstlichen Zeugung eines Kindes führen.

Wer ernsthaft den Wunsch nach einem eigenen Kind hat, der we- gen einer Fertilitätsstörung nur durch die Methode der IVF/ET er- füllbar ist, dem ist grundsätzlich zuzumuten, bei bestehender Part-

nerschaft eine eheliche Lebens- gemeinschaft einzugehen und da- durch die Ernsthaftigkeit der be- absichtigten Familiengründung rechtlich gesichert zu dokumen- tieren.

Ausnahmen von diesem Grund- satz können nur in begründeten Einzelfällen nach Überprüfung durch die hierfür eingerichtete Kommission anerkannt werden.

Dabei ist in jedem Fall sicherzu-

(4)

stellen, daß durch Vaterschafts- anerkenntnis die Unterhalts- und Erbansprüche des Kindes gegen- über dem biologischen Vater ge- währleistet sind.

Bei alleinstehenden Frauen ist die Durchführung der IVF/ET nach dem vorstehend Gesagten grund- sätzlich nicht vertretbar.

3. Bei einer IVF/ET im homologen System bestehen hinsichtlich des Verwandtschaftsverhältnisses des Kindes zu seinen Eltern keine Un- terschiede gegenüber einer na- türlichen Zeugung. Bei bestehen- der Ehe ist der Rechtsstatus des durch IVF/ET gezeugten Kindes daher eindeutig bestimmt. Daraus rechtfertigt sich die grundsätz- liche Bindung der Methode der IVF/ET an eine bestehende Ehe und an die Anwendung im homo- logen System.

4. Eine IVF/ET mit Spendersamen wirft dieselben Rechtsprobleme auf wie die artifizielle heterologe Insemination. Diese Rechtspro- bleme bestehen darin, daß zwar bei bestehender Ehe auch in die- sem Fall die Ehelichkeitsvermu- tung des § 1591 zum Zuge kommt, sowohl der Ehemann als auch das Kind aber die Ehelichkeit der Ab- stammung im Nachhinein anfech- ten können (§§ 1593-1599 BGB).

Dieses Recht auf Anfechtung der Ehelichkeit kann vertraglich, auch soweit es den Ehemann betrifft, nicht wirksam ausgeschlossen werden. Das Anfechtungsrecht des Kindes kann ohnehin durch vertragliche Vereinbarungen der Eltern nicht tangiert werden.

Wird die Ehelichkeit erfolgreich angefochten, so stehen dem Kind ein Recht auf Feststellung der Va- terschaft und darauf basierend Unterhalts- und erbrechtliche An- sprüche gegenüber seinem Er- zeuger zu. Spätestens dann wird auch der Arzt den Namen des Sa- menspenders preisgeben müs- sen. Auch wenn die Ehelichkeit nicht angefochten wird, dürfte das durch heterologe Insemination

gezeugte Kind jedoch einen An- spruch auf Bekanntgabe seines biologischen Vaters haben, da die biologische Vaterschaft, z. B.

beim Eingehen einer Ehe, im Hin- blick auf seine Gesundheit und die seiner Nachkommenschaft von wesentlicher Bedeutung ist.

Der Arzt kann dem Samenspender daher keine Anonymität zusi- chern. Er muß ihn vielmehr darauf hinweisen, daß er gegenüber dem Kind zur Nennung des Spender- namens verpflichtet ist und sich insoweit auch nicht auf die ärzt- liche Schweigepflicht berufen kann.

Auch insoweit ist eine Stellung- nahme durch die zuständige Kom- mission einzuholen. Vorausset- zung für das Vorliegen eines Aus- nahmefalles ist dabei insbesonde- re, daß

- eine IVF/ET im homologen Sy- stem wegen Unfruchtbarkeit des Mannes nicht möglich ist,

- die Verwendung eines Misch- spermas ausgeschlossen ist, da durch sie die spätere Identifika- tion des biologischen Vaters er- schwert würde,

- der Samenspender sich mit der Bekanntgabe seines Namens an das Kind durch den Arzt für den Fall ausdrücklich einverstanden erklärt, daß ein entsprechendes Auskunftsersuchen an den Arzt gerichtet wird,

- die Ehegatten und der Samen- spender über die Möglichkeit der Anfechtung der Ehelichkeit, die sich daraus ergebenden Rechts- folgen und das unabhängig hier- von bestehende Recht des Kindes auf Namensnennung des Samen- spenders aufgeklärt worden sind und diese Aufklärung ausreichend dokumentiert worden ist.

5. Bei Verwendung fremder Eizel- len zur Durchführung einer IVF/ET ist die rechtliche Situation des Kindes noch unsicherer als bei ei- ner Samenspende. Das bürgerli- che Recht kennt nur die Anfech-

tung der Ehelichkeit durch das Kind bzw. durch den Ehemann.

Ein Recht auf Anfechtung der Ehelichkeit durch die Ehefrau gibt es nicht, da der Gesetzgeber die durch extrakorporale Befruch- tung mögliche Trennung von ge- netischer und austragender Mut- ter bei der Gesetzgebung nicht kannte. Ob sich aus dieser neuen Entwicklung eine analoge Anwen- dung der Vorschriften über die Anfechtung der Ehelichkeit auf die Ehefrau bejahen läßt, ist zwei- felhaft. Für das Kind und für den Ehemann bestehen jedenfalls auch insoweit, wie bei der Samen- spende, die Möglichkeit der An- fechtung der Ehelichkeit unter den Voraussetzungen des § 1596 BGB. Auch dürfte aus dem glei- chen Grund wie bei der Samen- spende, unabhängig von einer An- fechtung der Ehelichkeit, ein Recht des Kindes auf Nennung des Namens seiner genetischen Mutter zu bejahen sein. Neben diesen rechtlichen Schwierig- keiten bestehen gegen die Ver- wendung fremder Eizellen aber auch erhebliche medizinische Be- denken, da die Entnahme der Ei- zellen nur mittels eines invasiven

Eingriffes erfolgen kann und der Embryotransfer eine hormonale Vorbehandlung erfordert. Aus die- sen Gründen ist die Anwendung der IVF/ET mit fremden Eizellen nicht vertretbar.

6. Die Verwendung eines fremden Samens und fremder Eizellen zur Ermöglichung eines Kindeswun- sches würde dazu führen, daß das Kind zu keinem seiner beiden El- ternteile eine genetische Ver- wandtschaft hätte.

Rechtlich ist dieser Fall daher in gewisser Weise vergleichbar mit dem der Adoption, die allerdings in erster Linie dazu eingerichtet ist, elternlose Kinder und nicht et- wa kinderlose Eltern zu versor- gen. Ethisch stellt sich für den Arzt die Frage, ob er bei Fertili- tätsstörungen beider Ehepartner eine IVF/ET unter Verwendung fremden Samens und fremder Ei- zellen vertreten kann oder diese

(5)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Richtlinien In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer

Ehepartner nicht auf den Weg der Adoption verweisen muß. Recht- lich ergibt sich eine erhöhte Unsi- cherheit im künftigen Rechtssta- tus des durch IVF/ET geborenen Kindes, da sich die Anfechtung der Ehelichkeit sowohl auf die fehlende Abstammung vom Fami- lienvater als auch von der Famili- enmutter beziehen kann. Medizi- nisch bestehen die schon aufge- führten Bedenken gegen die Ver- wendung fremder Eizellen. Des- wegen ist die IVF/ET unter Ver- wendung fremden Samens und fremder Eizellen nicht vertretbar.

Unberührt von dieser Einschrän- kung sollte — die rechtliche Absi- cherung vorausgesetzt — die Mög- lichkeit gegeben sein, einen Em- bryo, der im Rahmen der Fertili- tätsbehandlung anderer Partner nicht implantiert werden kann, zur Erhaltung seines Lebens von ei- ner anderen Ehefrau austragen und dadurch als ihr und ihres Ehe- mannes gemeinsames Kind zur Welt bringen zu lassen. Es wäre wünschenswert, wenn die rechtli- che Stellung eines solchen Kin- des gesetzlich durch die Ein- schränkung von Anfechtungs- rechten dauerhaft abgesichert würde.

Die Leihmutter im Sinne der Richtlinien ist eine Frau, die selbst ein Kind, das genetisch nicht von ihr abstammt, für eine andere Frau austrägt, weil diese keine Leibesfrucht austragen kann und will. Die Gefahr einer Kommerzia- lisierung des „Leihmutterverhält- nisses" ist sehr groß. Außerdem können rechtliche Auseinander- setzungen um das gezeugte Kind entstehen, wenn die „Leihmutter"

das Kind nach der Geburt nicht herausgeben oder die biologische Mutter das Kind, zum Beispiel we- gen einer Mißbildung, nicht über- nehmen will. Die Gefahr schäd- licher Auswirkungen des Leihmut- terverhältnisses auf das Wohler- gehen eines Kindes ist daher so groß, daß die Richtlinien die Ver- wendung von Leihmüttern aus- nahmslos ablehnen.

II. Fachliche,

personelle und technische Mindestanforderungen

1. Die Anzeigepflicht umfaßt den Nachweis, daß die sachgerechte Durchführung der erforderlichen Leistungen sowohl fachlich (Aus- bildungs- und Qualifikationsnach- weis) als auch personell und sach- lich (räumliche und apparative Ausstattung) auf den nachstehend genannten Teilgebieten gewähr- leistet ist:

a) Endokrinologie der Reproduk- tion

b) Gynäkologische Sonographie c) Operative Gynäkologie d) Experimentelle oder ange- wandte Reproduktionsbiologie mit dem Schwerpunkt der In-vitro- Kultur

e) Andrologie

Von diesen fünf Teilbereichen können jeweils nur zwei Bereiche gleichzeitig von einem Arzt oder Wissenschaftler der Arbeitsgrup- pe verantwortlich geführt werden.

Folgende Einrichtungen müssen ständig und ohne Zeitverzug ver- fügbar bzw. einsatzbereit sein:

a) Hormonlabor

b) Ultraschalldiagnostik

c) Operationsbereitschaft mit An- ästhesie-Team

d) Gesondertes Labor für Sper- miendiagnostik

e) Gesondertes Labor für In-vitro- Fertilisation und In-vitro-Kultur Dem Leiter der Arbeitsgruppe ob- liegt die Überwachung der ärzt- lichen Leistungen. Diese schließt sowohl die technischen Leistun- gen als auch die psychologische Führung der eine Sterilitätsbe- handlung durch IVF und ET su- chenden Ehepaare ein.

III. Ständige Kommissionen bei den Ärztekammern

Von den Landesärztekammern sind Ständige Kommissionen zu bilden, welche die Einhaltung der Zulassungs- und Durchführungs- bedingungen prüfen. Ihnen sollen Ärzte und Juristen mit Sachkom- petenz in medizinischen und rechtlichen Fragen der IVF/ET an- gehören.

Die Kommission kann sich in spe- ziellen Fragen durch Vertreter an- derer Gebiete ergänzen. Betroffe- ne in eigener Sache sind ausge- schlossen.

Um eine möglichst einheitliche Anwendung dieser Richtlinien zu erreichen, sollten von mehreren Ärztekammern gemeinsam getra- gene Kommissionen gebildet und/

oder bei der Bundesärztekammer eine zentrale Kommission zur Be- urteilung grundsätzlicher Ausle- gungsfragen gebildet werden.

Mitglieder der Kommission Prof. Dr. Dr. H. Beier, Leiter der Abteilung Anatomie und Repro- duktionsbiologie der Medizini- schen Fakultät der Rhein.-Westf.

Techn. Hochschule Aachen Prof. Dr. F. Beller, Geschäftsfüh- render Direktor der Universitäts- Frauenklinik Münster

Prof. Dr. F. Böckle, Direktor des Moraltheologischen Seminars an der Universität Bonn

Vizepräsident der Deutschen For- schungsgemeinschaft (DFG) Prof. Dr. E. Buchborn, Direktor der Medizinischen Klinik Innenstadt der Universität München

Prof. Dr. E. Deutsch, Vorstand der Abteilung für internationales und ausländisches Privatrecht an der Universität Göttingen

Prof. Dr. A. Eser, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländi- sches und internationales Straf- recht, Universität Freiburg i. Br. I>

(6)

Dr. F. W. Fischer, Mitglied der Deutschen Forschungsgemein- schaft (DFG), Bonn

Frau Dr. V. Frick-Bruder, Universi- täts-Krankenhaus Eppendorf, Hamburg

Frau Prof. Dr. U. Gerhardt, Vor- stand der Abteilung Medizinische Soziologie der Universität Gießen Prof. Dr. H. Hepp, Direktor der Frauenklinik der Universität, Klini- kum Großhadern, München Dr. R. Hess, Justitiar der Bundes- ärztekammer, Köln

Frau Dr. H. Heuser-Schreiber, Prä- sidentin des Deutschen Ärztin- nenbundes e. V., Oberaudorf Prof. Dr. D. Krebs, Direktor der Universitäts-Frauenklinik und Heb- ammenschule, Bonn

Prof. Dr. H. Kuhlendahl, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Wissen.

schaftlicher Medizinischer Fach- gesellschaften (AWMF), Düssel- dorf

Prof. Dr. H. Lübbe, Philosophi- sches Seminar der Universität Zü- rich

Frau Prof. Dr. L. Mettler, Oberärz- tin der Abteilung Frauenheilkunde des Zentrums Operative Medizin 1 der Universität Kiel

Prof. Dr. E. Nieschlag, Max- Planck-Gesellschaft, Klinische Forschungsgruppe für Reproduk- tionsmedizin und Abt. Experimen- telle Endokrinologie der Universi- täts-Frauenklinik Münster

Dr. G. Osterwald, Präsident der Ärztekammer Niedersachsen, Hannover

Prof. Dr. P. Propping, Direktor des Instituts für Humangenetik der Universität Bonn

Frau Dr. 1. Retzlaff, Frauenärztin und Präsidentin der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Bad Sege- berg

Prof. Dr. Dr. h. c. K. Semm, Direk- tor der Abteilung Frauenheilkun- de im Zentrum Operative Medizin I der Universität Kiel

Prof. Dr. K. Sperling, Institut für Humangenetik im Universitäts-Kli- nikum Charlottenburg der Freien Universität Berlin

Prof. Dr. R. Toellner, Direktor des Instituts für Theorie und Ge- schichte der Medizin, Münster Prof. Dr. H. P. Wolff, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer, Vorsit- zender der Kommission, Mün- chen

Prof. Dr. H.-B. Wuermeling, Vor- stand des Instituts für Rechtsme- dizin der Universität Erlangen

NOTIZ

LH-RH-Indikationen

Zu dem Zeitschriftenreferat in Heft 6/1985, Seite 337, hat Frau Dr.

med. Marianne von der Ohe (Höchst) eine Ergänzung einge- sandt, die wegen ihrer therapeuti- schen Konsequenzen hier wieder- gegeben wird. Die umfangreich zitierte Literatur kann bei der Ver- fasserin erfragt werden. MWR King schreibt in seinem Editorial, daß LH-RH (fälschlicherweise führte er hier auch Wachstums- hormon an) zur Hemmung der Spermatogenese angewendet wird. Für eine solche suppressive Behandlung wird aber nicht das genuine LH-RH (= Gonadorelin) mit seiner kurzen Haftung am Re- zeptor verwendet, sondern es werden superaktive LH-RH-Agoni- sten, zum Beispiel Buserelin, De-

capeptyl, Leuprorelin, Nafarelin, Zoladex, hochdosiert appliziert.

Die Domäne des LH-RH sind die Induktion der Fertilität beim Er- wachsenen und die Behandlung des Hodenhochstandes bei Kin- dern. Ausschlaggebend ist hierbei die pulsatile Applikation kleiner Dosen in einem physiologischen Rhythmus.

Diese Therapie ist bereits eta- bliert, und zwar sowohl in den USA als auch in England, Schwe- den und Deutschland. Bei Patien- ten mit hypogonadotropem Hypo- gonadismus konnte durch LH-RH ein Anstieg des Testosterons, die Zunahme der Hodenvolumina und die Induktion der Spermatogene- se erzielt werden. Klingmüller hat kürzlich gezeigt, daß die Sperma- togenese durch anschließende nasale Gabe von LH-RH aufrecht- erhalten werden kann. Bei Frauen

konnten mittels LH-RH Ovulation und Fertilität induziert werden. Im präpubertären Alter wird das ru- hende Keimepithel nicht verän- dert. Es kommt zu einer Stimulie- rung der Leydigzellen ohne we- sentliche Erhöhung des Testoste- rons im Serum. Ob es zu einer Sti- mulation der Hypophyse oder zu einer Hemmung der Hypophysen- funktion mittels LH-RH und seiner langwirksamen Agonisten kommt, ist eine Frage der Dosis und der Häufigkeit der Applikation. Diese ist bei der Behandlung des Kryp- torchismus mit 3 x 400 lug LH-RH

nasal optimal gewählt (Resorp- tionsquote ca. 2 Prozent).

Dr. med. Marianne von der Ohe Hoechst Aktiengesellschaft Hoechst-Pharma Deutschland Wissenschaftliche Abteilung

Postfach 80 03 20 6230 Frankfurt (Main) 80

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Ergänzende Untersuchungen 3 .1 Wird bei Vorliegen dieser Symptome 2.1 bis 2.7 und der Vor- aussetzungen 1 .1 und 1 .2 zu- sätzlich eine EEG-Untersuchung nach den

• tischen Beratung die Notwen- digkeit einer speziellen Diagnostik aus einer Chorionzottenbiopsie oder den Amnionzellen aus dem Frucht- wasser oder aus den Zellen des Foe- ten ab,

Die ge- nannten Langzeit-Tierversuche sind nach Anlage, Durchführung und Er- gebnissen nicht geeignet, eine kan- zerogene Wirkung von Formaldehyd beim Menschen zu

Des weiteren soll auch auf die derzeitige rechtli- che Unsicherheit für den Sa- menspender im Falle einer he- terologen Insemination hinge- wiesen werden, die noch einer

Stübner meint feststel- len zu müssen, dass „Sprache pla- nend eingesetzt wird, um Akzeptanz für eine neue Forschungsrichtung jenseits bisheriger Handlungsnor- men

Stübner meint feststel- len zu müssen, dass „Sprache pla- nend eingesetzt wird, um Akzeptanz für eine neue Forschungsrichtung jenseits bisheriger Handlungsnor- men

Daraus kann jedoch unter keinen Umständen ein Anspruch gegenüber dem Arzt hergeleitet werden, durch IVF/ET, EIFT oder GIFT bei Fertilitätsstörun- gen in einer nicht ehelichen

Die vorliegende Stellungnahme kommt aufgrund der nach wie vor erst unvollständig geklärten immunologischen, physiologischen und mikrobiologischen Barrieren im Zu- sammenhang mit