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Archiv "TOP IIa: Novellierung der (Muster-)Berufsordnung: Sachliche Information des Patienten erhält Vorrang" (19.05.2000)

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atienten haben nicht nur einen Anspruch darauf, vor unseriöser Information geschützt zu wer- den, sondern sie haben auch ei- nen Anspruch darauf, die für sie notwendige Information zu erhalten. Diese Information benötigen sie, um ihr Recht auf freie Arztwahl und ihr Recht auf Selbstbestimmung bei der Behandlung wirksam ausüben zu können“, begründete Dr. med. Die- ter Everz, Präsident der Landesärzte- kammer Rheinland-Pfalz und Vorsit- zender des Ausschusses und der Stän- digen Konferenz „Berufsordnung für die deutschen Ärzte“, die vorgeschla- genen Änderungen nur drei Jahre nach der Gesamtnovellierung der Be- rufsordnung.

Mit großer Mehrheit stimmten die Delegierten auf dem Ärztetag dem Be- schlussantrag des Vorstandes der Bun- desärztekammer zur Weiterentwick- lung der Berufsordnung zu. Nach wie vor wird darin am Verbot berufswidri- ger Werbung als einem Kernbereich ärztlichen Berufsrechts nicht gerüttelt.

Doch im Zuge eines sich rapide ent- wickelnden Marktes für Gesundheits- informationen und den Bemühungen um mehr „Transparenz“ im Gesund- heitswesen ändern sich auch die Rah- menbedingungen: Es müsse sicherge- stellt werden, so Everz in seinem einlei- tenden Vortrag, dass die Ärzte im Rah- men ihrer Berufstätigkeit die Möglich- keit erhalten, auf ihr Leistungsspek- trum hinzuweisen, um ihr Recht auf freie Berufsausübung wahrnehmen zu können. So hätten Politik und Gesetz- gebung den Krankenkassen die Mög-

lichkeit eingeräumt, umfassend über die an der Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer, deren Leistungsan- gebot und Qualitätsstandards zu infor- mieren, und auch die Verbraucherver- bände hätten diesen Markt für sich ent-

deckt. Andere kommerzielle Anbieter, vor allem im Bereich der Online-Dien- ste sowie Call Center, haben ebenfalls damit begonnen, diese Leerstellen zu besetzen.

Ulrike Wollersheim von der Rechts- abteilung erläuterte in diesem Zusam- menhang, dass in der Rechtsprechung die Tendenz erkennbar sei, sämtliche Qualifikationen, die Ärzte auf öffent- lich-rechtlicher Grundlage erworben haben, auch als „nach außen mitteil- bar“ anzusehen. Die Kammern dürften dabei jedoch gestaltend einwirken, da sie als ärztliche Selbstverwaltung die Kompetenz besitzen, Fragen der Be- rufsausübung zu regeln.

Einigkeit bestand somit über den dringenden Handlungsbedarf, das re- striktive Werbeverbot für Ärzte zu lockern, wenn die Ärzte den Bereich der Informationsweitergabe nicht an- deren – zum Beispiel „Dr. Online“ (Dr.

Josten, Nordrhein) – überlassen, son- dern selbst gestaltend eingreifen wol- len.

Strittig: KV-Qualifikationen auf Praxisschildern

Ausgiebig diskutiert wurden je- doch die Fragen, welche Qualifikatio- nen zusätzlich und in welchem Umfang auf den Praxisschildern untergebracht werden sollen. Den Zündstoff dazu bot der Antrag von Dr. med. Klaus Ott- mann, Bayern, bis zu drei von einer

A-1346 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 20, 19. Mai 2000

P O L I T I K 103. DEUTSCHER ÄRZTETAG

TOP IIa: Novellierung der (Muster-)Berufsordnung

Sachliche Information des Patienten erhält Vorrang

Mit der Weiterentwicklung der Vorschriften

zur beruflichen Kommunikation will die Ärzteschaft den veränderten Voraussetzungen im Markt für Gesundheitsinformationen stärker Rechnung tragen.

P

Seriöse Information des Patienten – Dr. med. Dieter Everz, im BÄK-Vorstand zuständig für die Berufsordnung

Die wichtigsten Punkte der Neuregelung im Überblick

❃ Sachliche, berufsbezogene Informationen über ärztliche Tätigkeiten sind möglich.

❃ Berufswidrige (anpreisende, irreführende und vergleichende) Werbung bleibt untersagt.

❃ Unterschieden werden Regelungen zu „aufgedrängter Werbung“ (Praxis- schild und Anzeigen) und „nachgefragten Informationen“ (Verzeichnisse und Pati- enteninformation).

❃ Praxisschild und Anzeigen: Sämtliche im Rahmen der Facharztweiterbildung erworbenen Bezeichnungen sowie die von der Ärztekammer verliehenen Qualifi- kationen dürfen angegeben werden, soweit diese Tätigkeiten nicht nur gelegentlich ausgeübt werden. Zusätzlich wurde der Katalog der ankündigungsfähigen Bezeich- nungen erweitert um: hausärztliche Versorgung, Bereitschaftsdienst oder Notfall- behandlung, Dialyse, Zugehörigkeit zu einem Praxisverbund.

❃ Die Unterscheidung zwischen Printmedien und elektronischen Medien im Bereich „nachgefragter Informationen“ entfällt.

❃ In elektronischen Verzeichnissen und in Patienteninformationen sind Anga- ben über sonstige Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erlaubt, sofern diese deutlich von den weiterbildungsrechtlichen Qualifikationen zu unterscheiden sind und nicht mehr als drei Maßnahmen aufgeführt werden.

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Kassenärztlichen Vereinigung (KV) verliehene Qualifikationen ebenfalls auf dem Praxisschild zuzulassen, bei- spielsweise die Zusatzbezeichnungen Schmerztherapie oder Diabetologie.

Diese Forderung fand – zum Teil leicht modifiziert – etliche Fürsprecher. Dr.

med. Michael Hammer, Nordrhein, verband dies mit dem Appell, die Zu- sammenarbeit zwischen KV und ÄK auszubauen. Dr. med. Franz Dietz, Bayern, Dr. med. Maximilian Zollner und weitere Redner schlugen vor, dies mit dem Zusatzantrag zu verbinden, dass bei solchen Qualifikationen die Zustimmung der Kammern vorliegen muss. Um die Aufgabenverteilung der öffentlich-rechtlichen Körperschaften sachlich klarzustellen, wies Dr. Everz darauf hin, dass die Bildungsqualifika- tionen grundsätzlich von den Ärzte- kammern verliehen werden, während die KVen nur die Zulässigkeit der Ab- rechnung einer ärztlichen Leistung be- urteilen dürfen.

Dr. med. Klaus Thierse, Berlin, gab zu bedenken, dass auf Praxisschil- dern nur von den Kammern vergebene Zusatzbezeichnungen zugelassen wer- den sollten, um Wildwuchs und Be-

griffswirrwarr zu vermeiden. Sein An- trag, die als nicht führungsfähig be- zeichneten Qualifikationen der (Mu- ster-)Weiterbildungsordnung von 1992 ausdrücklich nicht auf dem Praxisschild zuzulassen, wurde in zweiter Lesung angenommen.

Dr. med. Jörg-Andreas Rügge- berg, Bremen, unterstrich, dass die Er- weiterung der Präsentationsmöglich- keiten für niedergelassene Ärzte grundsätzlich begrüßenswert sei, auch wenn sich daraus praktische Probleme ergäben, etwa „Praxisschilder in der

Größe einer Wandzeitung“ (Stichwort

„Schilderkampf“). Die Kompetenz der Ärztekammern zur Zuteilung der Qua- lifikationen dürfe jedoch von anderen Institutionen nicht unterlaufen werden.

Auch Dr. med. Udo Schagen, Ber- lin, betonte, dass fakultative Weiterbil- dungen oder Hinweise auf Zusatzquali- fikationen auf Praxisschildern geführt werden könnten, ohne dass der Patient dadurch letztlich mehr wisse. So müsste beispielsweise klar sein, dass nicht nur Tätigkeiten aufgeführt werden, die Ärzte nur gelegentlich ausüben. Dies sei ohne Überprüfung jedoch nicht möglich und bedeute, dass die Kam- mern ihren Apparat erheblich verstär- ken müssten. Dr. med. Axel Munte warb vor diesem Hintergrund für mehr Liberalität: „So viel Kammerjäger kön- nen die Kammern gar nicht einstellen, um Praxisschilder zu kontrollieren. Die Basis muss entkriminalisiert werden.“

Mehr Transparenz schaffen

Die Bedürfnisse des Patienten hob der Präsident der Ärztekammer West- falen-Lippe, Dr. med. Ingo Flenker, her- vor. Mehr Informationen für den Bür- ger seien nötig, damit dieser sein Recht auf freie Arztwahl wahrnehmen könne, dennoch: „Ein Mehr an Bezeichnungen bedeutet nicht automatisch mehr Trans- parenz.“ Es ginge nicht um die Frage der Zusammenarbeit zwischen KVen und Kammern, sondern letztlich dar- um, das Informationsbedürfnis der Pa- tienten zu befriedigen.

Dr. Holger Andresen aus Schles- wig-Holstein stieß mit seiner Anregung auf keinen Widerhall, die Beschrän- kung auf drei Qualifikationen bei der Patienteninformation zu streichen. Pa- tienteninformation müsse als Pflicht verstanden werden, die im Hinblick auf computergestützte Informationssyste- me eine Vielzahl von Möglichkeiten biete. In Schleswig-Holstein sei ein computergestützter Patienteninforma- tionsdienst bereits installiert, und die Mehrheit der Kollegen ginge sehr ver- antwortungsvoll mit den Angaben zu Behandlungsmethoden um.

Dr. med. Hans-Joachim Schilling, Berlin, kritisierte, es sei eine Scheinbe- gründung, die Novellierung der Berufs- ordnung auf den Patientenschutz vor unlauterer Werbung zurückzuführen –

besser wäre es, den Patienten vor schlechter Behandlung zu schützen.

Der Patient sei nicht in der Lage zu beurteilen, ob er beim richtigen Arzt ist, dazu sei Expertenwissen nötig.

So erfordere die Zusatzbezeichnung

„Schmerztherapie“ bei der Ärztekam- mer 80 Stunden Fortbildung, während für den KV-Zusatz 240 Stunden Fort- bildung nötig seien – in Wahrheit gehe es um „schnöde finanzielle Interessen“.

In seinem Abschluss-Statement wies Everz noch einmal darauf hin, dass im Hinblick auf die Größe der Praxisschilder nicht alles, was ein Arzt an Bezeichnungen führe, dort auch erscheinen müsse – obligato- risch seien nur die Facharztbezeich- nungen und die Sprechstunden. Am Ende setzte sich die begrenzte, an die

„Filterfunktion“ der Kammern ge- bundene Form der erweiterten Prä- sentationsmöglichkeiten durch: Der Zusatzantrag von Dr. von Knoblauch, Hessen, das Führen kassenarztrecht- licher Abrechnungsberechtigungen/

Qualifikationen auf dem Arztschild nicht zu gestatten, wurde angenom- men. Begründung: „Das Arztschild ist Ausdruck der (Muster-)Berufs- ordnung. Daher können Regelungen des Vertragsarztrechts, die nicht als Qualifikationen des ärztlichen Be- rufsrechts entstanden sind, nicht auf dem Arztschild führungsfähig wer- den.“ Heike E. Krüger-Brand A-1348

P O L I T I K 103. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 20, 19. Mai 2000 Praxisschilder, groß wie eine Wandzeitung –

Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg

Erläuterung der Rechtslage – Justiziarin Ulrike Wollersheim

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