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Archiv "Das „Kleingedruckte“ soll verständlicher werden" (27.02.1975)

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DEUTSCHES Leserdienst

ÄRZTEBLATT

Hinweise •Anregungen

WIRTSCHAFT:

Das „Kleingedruckte"

soll verständlicher werden Reform der

Allgemeinen Geschäftsbedingungen

REISE:

Tahiti —

Königin der Südsee Die Insel, auf der

Gauguins Bilder heute noch Wirklichkeit sind

PRAXIS UND HAUS

AUTO:

Haftreifen bewähren sich Wintertest

in Finnland

Beginnen wir doch mal, auch wenn es etwas aus der Mode gekommen ist, mit einem Klassiker-Zitat.

Unser großer Dichter Friedrich von Schiller schrieb einmal: Setzet im- mer voraus, daß der Mensch im ganzen das Rechte will, im einzel- nen nur rechnet mir niemals dar- auf.

Im ganzen wird das Vertragsrecht ausführlich durch das Bürgerliche Gesetzbuch geregelt. Im einzelnen werden diese Bestimmungen, so weit dies zulässig ist und sie nicht zwingend sind, vielfach durch All- gemeine Geschäftsbedingungen ersetzt bzw. ergänzt. Es liegt nun auf der Hand, daß diese Bedingun- gen vom Verkäufer bzw. von Dienstleistungs-Unternehmen ge- schaffen werden. Der Schöpfer die- ser Bedingungen wird hierbei seine eigenen Interessen in den Vorder- grund stellen, wobei als Gegenge- wicht lediglich das Abschlußinter- esse wirkt, die Bedingungen also nicht schlechter als die der Kon- kurrenz sein dürften. Doch durch Verbandsabsprachen etwa kann dieses Gegengewicht an Bedeu- tung sehr verlieren. Erst kürzlich wurde ein vom Bundeskartellamt angestrengtes Bußgeldverfahren wegen verbotener Preisabsprachen mit einem Kompromiß beendet.

Auf dem diesjährigen Deutschen Juristentag in Hamburg wies Bun- deskanzler Schmidt in seiner Eröff-

nungsansprache darauf hin, daß sich die soziale Gerechtigkeit nicht immer von selbst einstelle und des- halb für den Schutz des wirtschaft- lich Schwächeren gesorgt werden müsse. Auch unter den Teilneh- mern bestand weitgehend Einigkeit darüber, daß gesetzgeberische Maßnahmen für einen besseren Verbraucherschutz gegenüber All- gemeinen Geschäftsbedingungen notwendig seien.

Ein in dieser Richtung zielendes Gesetz liegt nun in einem Referen- tenentwurf des Bundesjustizmini- steriums vor. Hier sind unter ande- rem vorgesehen:

ein Katalog von Klauseln, die in Allgemeinen Geschäftsbedingun-

gen stets unzulässig sind,

> ein Katalog von Klauseln, die zwar im Regelfall unzulässig, im Einzelfall jedoch zulässig sein kön- nen,

I> eine Generalklausel, die vor- schreibt, wonach Allgemeine Ge- schäftsbedingungen nur dann wirk- sam sind, wenn sie unter Berück- sichtigung des gesamten Vertrags- inhaltes die beiderseitigen Interes- sen angemessen ausgleichen.

Das Gesetz soll weiter eine Bestim- mung enthalten, die den Vorrang der individuellen Absprache vor dem Inhalt von Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen festlegt.

Das „Kleingedruckte"

soll verständlicher werden

Reform der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

622

Heft 9 vom 27. Februar 1975

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Leserdienst Hinweise •Anregungen Reform der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Geschäftsbedingungen, in denen der Verkäufer im wesentlichen nur Rechte, der Käufer dagegen nur Pflichten hat, wären hiernach also unzulässig.

Der Entwurf beschäftigt sich weiter mit der Stellung von Sicherheiten, Bürgschaften, Eigentumsvorbehal- ten bzw. Pfandrechten und will ver- hindern, daß die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Schuldners unzumutbar beeinträchtigt oder der Gläubiger unverhältnismäßig über- sichert wird.

Unstrittig ist zweifellos, daß durch gesetzliche Regelung ein Schutz des Verbrauchers vor Irreführung, unlauteren Verbrauchspraktiken und ihn unbillig benachteiligende Vertragsbedingungen notwendig ist und mit Sicherheit auch geschaffen werden dürfte. Es ist auch nicht zu bestreiten, daß mit dem sogenann- ten „Kleingedruckten" häufig Miß- brauch getrieben worden ist. Da unsere wirtschaftlichen Beziehun- gen immer komplizierter werden, ist es auch kein Wunder, daß vor Jahrzehnten geschaffene Bestim- mungen des BGB nicht mehr aus- reichen.

Andererseits sollte aber ein neues Verbraucherschutzgesetz nun auch nicht das Kind mit dem Bade aus- schütten. So ist es ein Problem, wie weit Garantiebedingungen er- weitert werden können, ohne da- durch Preisaufschläge hinnehmen zu müssen. So würde sich bei ei- ner Ausdehnung der Garantiezeit auf ein Kraftfahrzeug der Aufwand des Verkäufers für Garantieleistun- gen entsprechend erhöhen. Dies würde mit ziemlicher Sicherheit auf den Preis durchschlagen. Bei an- deren Gütern mögen die Dinge an- ders liegen.

Strittige

Versicherungsbedingungen

Im Dienstleistungsgewerbe wie zum Beispiel im Versicherungswe- sen ist die Bundesarbeitsgemein- schaft der Verbraucherverbände der Ansicht, daß auch genehmigte

Versicherungsbedingungen oft wich- tige Verbraucherbelange nicht ausreichend berücksichtigen. Der Gesamtverband der Versicherungs- wirtschaft macht hiergegen gel- tend, daß der Schutz des Verbrau- chers seit rund 70 Jahren durch die Versicherungsaufsichtsbehörde vorgenommen wird. Da bei der Ge- nehmigung von Allgemeinen Versi- cherungsbedingungen durch die

Versicherungsaufsichtsbehörde auch der mit Repräsentanten der Verbraucher besetzte Versiche- rungsbeirat mitzuwirken hat, kön- nen die Verbraucher darauf hinwir- ken, daß ihre Belange bei der Ge- staltung von Allgemeinen Versiche- rungsbedingungen berücksichtigt und keine unangemessene Klau- seln in Allgemeine Versicherungs- bedingungen aufgenommen wer- den.

Bei der Differenzierung der Wirt- schaft und der Interessen werden also in ein Gesetz sehr allgemeine Vorschriften aufgenommen werden müssen, die dennoch wirksam sind, wenn das Gesetz einen Sinn haben soll. Der Begriff „unange- messen" ist dehnbar. Wer schafft die Normen, steckt die Grenzen ab?

Eine Regelung über die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedin- gungen müßte also gefunden wer- den. Die Kommission hat in ihrem vorgelegten Bericht unter anderem folgende Verfahrensmodelle erör- tert:

> Präventivkontrolle durch Einfüh- rung einer allgemeinen Genehmi- gungspflicht für Allgemeine Ge- schäftsbedingungen

> präventive Grobkontrolle im Rahmen einer Registrierung von Allgemeinen Geschäftsbedingun- gen

> nachträgliche gerichtliche Kon- trolle auf Grund einer Unterlas- sungsklage oder durch gerichtli- ches Aufsichts- bzw. gerichtliches Vorlegeverfahren.

Vorhandene Mißstände sollten be- seitigt werden. Das ist keine Frage.

Andererseits ist die Vertragsfreiheit gesetzlich garantiert, d. h. die rechtliche Freiheit des einzelnen, seine Rechtsstellung und die Rechtslage der von ihm beherrsch- ten Rechtsgüter nach Belieben durch Vertrag mit anderen Perso- nen festzulegen. Diese Vertrags- freiheit findet ihre Grenzen jedoch dort, wo gegen die Redlichkeit im Rechtsverkehr verstoßen wird oder übergeordnete Interessen zu wah- ren sind, wie dies durch gesetzli- che Regelungen oder Verbote ge- schieht.

Im Grunde genommen ergänzt der hier besprochene Gesetzentwurf keine andere Regelung, wie sie be- reits im § 138, Abs. 2 BGB festge- legt ist: „Nichtig ist besonders ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder Unerfahrenheit ei- nes anderen ..." Vermögensvortei- le erringt, die den Umständen nach im auffälligen Mißverhältnis zur er- brachten Leistung stehen. KH

Gehört und notiert

Kleine Unterschiede — Der gleiche Plattenspieler mit zwei Lautspre- cherboxen kostet einmal 798 DM, zum anderen 1098 DM. Das stellte das Institut für angewandte Ver- braucherforschung in Köln bei Preistests fest. Auch andere Ge- brauchsgüter wie Elektrogeräte, Kameras oder Kaffee-Automaten, firmen- und typengleich, wurden zu völlig unterschiedlichen Preisen angeboten. Obgleich in keiner von 40 deutschen Städten nach Fest- stellung des Instituts die Preisdiffe- renzen so hoch wie in Köln waren, dürften Preisvergleiche vor dem Kauf auch anderswo angebracht sein.

Sozialgefüge — Nach einer Reprä- sentativerhebung des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) Bad Godesberg rechnen sich mehr als die Hälfte aller Bun- desbürger zur Mittelschicht. vd

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 27. Februar 1975 623

Referenzen

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