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Archiv "MDK: Unabhängigkeit in Gefahr" (14.02.2014)

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A 270 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 7

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14. Februar 2014

MDK

Sabine Schellert ist eigentlich Chirurgin, heute arbeitet sie beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (DÄ 1–2/2014: „Dr. med.

Sabine Schellert, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung [MDK] Nordrhein: Aus dem OP zum Medizinischen Dienst“ von Birgit Hibbeler).

Erfahrungen eines Hausarztes

Für die Kollegin Schellert war ihre Ent- scheidung, zum MDK zu gehen, sicherlich richtig. Nur deckt sich ihre Meinung über die Auswirkungen der Arbeit des MDK in keiner Weise mit meiner. Erfahrungen aus den letzten drei Wochen eines im ländli- chen Raum praktizierenden Hausarztes:

Von einem ambulanten Pflegedienst werden zwei Jahre nach dem Tod eines Prostatakarzinom-Patienten Gelder zurück- verlangt, da dem „Prüfer“ des MDK angeb- lich nicht dargestellt werden konnte, dass der alleinstehende Patient dreimal täglich besucht werden musste, um ihn zu versor- gen. Ärztliche Bestätigungen und Verord- nungen lagen vor, wurden aber zwei Jahre später nicht mehr akzeptiert/berücksichtigt.

Eine SAPV gab es noch nicht.

Einer Patientin, welche nachgewiese- nermaßen seit zwei Jahren enteral Blut verliert, wird die Kapselendoskopie zur Dünndarmdiagnostik inklusive Sozial - gericht verwehrt. Mehrfache Kolo- und Gastroskopien, allesamt unauffällig, ein eindeutiger Verlauf des Ferritins (es sei nur das Hb aussagekräftig), die Fachgutachten zweier Gastroenterologen und meine Aus- sagen werden schlichtweg negiert, und es werden fachlich falsche Aussagen (nur eine durch Eiseninfusionen nicht auszu- gleichende Anämie sei beweisend) dem Gericht gegenüber gemacht. Ohne die Patientin jemals gesehen zu haben, wird vom „Gutachter“ behauptet, die Müdig- keit und Konzentrationsstörung seien psychosomatisch bedingt.

Während meiner Visite im Pflegeheim kommt es zur unangekündigten Überprü- fung im Altenpflegeheim, hier durch eine

„Pflegefachkraft“ des MDK. In meinem

Beisein wird eine Altenpflegerin (nicht Krankenschwester!) „rundgemacht“, wie es auf einem Kasernenhof nicht schlim- mer hätte sein können. Grund? Sie wusste nicht, weshalb ein Bewohner einen trans- urethralen und keinen suprapubischen Harnkatheter hat. Muss diese ärztliche Entscheidung (Z. n. Radiatio der Blase) von einer Altenpflegerin sofort und ad hoc gewusst werden? Und macht hier nicht auch der Ton die Musik? . . .

So leid es mir tut, aber in meiner täglichen Arbeit sind die Auswirkungen des MDK eher „Sandkörner im Getriebe des Ge- sundheitswesens“ mit potenzieller Patien- tengefährdung. Vernetzung? Kooperation?

Kollegialität? Praktisch nie erlebt. Aber vielleicht ist ja in Köln alles anders – zu hoffen wäre es.

Dr. med. Christoph Graf, 78244 Gottmadingen

Noch nie am Bett eines Patienten gesehen

. . . Der (Selbst-)Darstellung der heilen Welt des MDK muss aus subjektiver Sicht eines Klinikarztes doch mit Nachdruck widersprochen werden . . .

Kein vernünftiger Mediziner wird bestrei- ten, dass es in unserem gewaltig finanz- starken Gesundheitssystem den Miss- brauch von Geldern gibt, so dass die Ein- stellung: „Irgendjemand müsse Grenzen ziehen. Es sei nicht im Interesse der Versi- cherten, wenn immer alles bezahlt wer- de“ sympathisch daherkommt. Dazu habe der MDK viele beratende Funktionen und

„entscheide auch nicht immer nach Akten- lage, wie oft behauptet werde. Wenn es nötig und sinnvoll sei, finde ein Patienten- kontakt statt“.

Also: Alles in allem eine Institution, die sich endlich mal um die Interessen der Versicherten kümmert?

Wie kommt es dann eigentlich, dass ich in meiner nunmehr 20-jährigen Krankenhaus- arbeit noch nie einen Arzt des MDK am Bett eines Patienten erlebt habe? Jeman- den, der mit uns Klinikern überlegt, wie es mit der Therapie und der Versorgung eines

Menschen weitergehen kann. Schon mehr- fach habe ich telefonisch Ärzte des MDK zu einem Klinikbesuch aufgefordert, nicht ein einziges Mal mit Erfolg. In meiner Rea- lität werden Unmengen von Aktenbergen ein halbes Jahr nach Beendigung der The- rapie gewälzt und ex post dann beurteilt, was sinnvoll, effektiv und kostengünstig gewesen wäre. In diesem System der Über- prüfung geht es ja in sehr vielen Fällen um die Frage der Verweildauer. Wenn Klinik- ärzte sich im Angesicht des Patienten und seiner persönlichen Situation dazu ent- scheiden, dass ein weiterer Krankenhaustag sinnvoll wäre, dann geht es also zum Zeit- punkt der Aktenprüfung gar nicht mehr darum, dem Versicherten eine Leistung zu verweigern, die hat er längst erhalten. Zu diesem Zeitpunkt geht es nur noch darum, ob die Krankenkasse des Patienten für die- se von Klinikärzten für sinnvoll gehaltene Maßnahme bezahlen muss, oder die Klinik auf ihren Kosten sitzenbleibt. Und schon geht sie los, die Maschinerie, dass Klinik- mitarbeiter sich dann ex ante überlegen, was dokumentiert werden muss, um vor dem MDK zu bestehen. Spätestens da geht es nicht mehr um das hehre Ziel, dass ärzt- liche Entscheidungen überprüfbar und nicht im luftleeren Raum halbgottgleich ge- troffen werden sollen, sondern ein erhebli- cher Aufwand entsteht überhaupt nur des- halb, weil man klinisch richtige Entschei- dungen ja irgendwie wasserdicht machen will . . .

Dr. med. Axel Bürger, 89075 Ulm

Unabhängigkeit in Gefahr

Frau Dr. Schellert zeichnet ein sehr positi- ves Bild der Gutachter im MDK Nord- rhein und beklagt die mangelnde Akzep- tanz des MDK. Ein Arzt mit Hintergrund- wissen im Bereich Nordrhein wird aber berechtigt sagen können, dass der MDK Nordrhein unter anderem durch seine ak- tuelle Personalentscheidung an dieser mangelnden Akzeptanz selbst schuld ist.

Auch befürchten einige ärztliche Gutach- ter des MDK Nordrhein, dass sie in Zu- kunft noch kassenfreundlicher handeln müssen. Als künftiger Geschäftsführer wurde im Herbst 2013 vom Verwaltungs- rat der Landesvertretungsleiter des Verban- des der Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen und frühere Versichertenvertreter im Ver- waltungsrat des MDK Nordrhein, Andreas Hustadt, gewählt. Sämtliche Entscheidun- gen des Verwaltungsrates des MDK Nord- Leserbriefe können per E-Mail an die Adresse leserbriefe@aerzteblatt.de gerichtet werden. Sie kön-

nen nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht nur die E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält

sich ohne weitere Mitteilung vor Leserbriefe zu kürzen.

E-MAIL

B R I E F E

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rhein der letzten Jahre sind infrage zu stel- len, da Herr Hustadt als leitender Mitarbei- ter einer Kassenorganisation nie als Versi- chertenvertreter gehandelt haben kann.

Wie der ehemalige Patientenbeauftragte der Bundesregierung Wolfgang Zöller und andere Insider sagen, muss die Zusammen- setzung des MDK-Verwaltungsrats drin- gend umfassend verändert werden, damit der MDK seinen gesetzlichen Auftrag als ein von den Kassen unabhängiger Gutach- terdienst erfüllen kann. Auf dem Deut- schen Ärztetag 2011 wurde verkündet, dass zahlreiche Beschwerden von MDK- Gutachtern bundesweit vorlägen. Es wurde der Beschluss VI 62 gefasst. Weder auf diesen Beschluss noch auf die . . . Kritik von Herrn Zöller hat nach meinem Wissen ein MDK reagiert . . . Auch der Sozial- und Gesundheitsrechtler Prof. Ingo Heberlein von der Fachhochschule Fulda sieht den hohen Anteil von hauptamtlichen Kassen- mitarbeitern in den MDKen kritisch. „Das ist von hohem Nachteil für die Patienten, und das entspricht auch überhaupt nicht

PATIENTENQUITTUNG

Versicherte der Barmer-GEK sollen online ein- sehen können, welche Leistungen zu welchem Preis ihr Arzt abgerechnet hat (DÄ 48/2013:

„Barmer-GEK: Patientenquittung online abruf- bar“).

Vernebelung

Das Vorhaben der Barmer erscheint mir – genau wie viele andere veröffentlichte (Fehl-)Informationen im Zusammenhang mit dem deutschen Gesundheitswesen und

den GKV-Arzthonoraren – eine bewusste Vernebelungsstrategie zu sein. Heißt es doch: „. . . welche Leistungen ihr Arzt . . . abgerechnet hat . . .“. Ja, das ist der Trick:

Im EBM kann man wesentlich mehr kor- rekt abrechnen, als bezahlt wird! Und das ist der entscheidende Punkt: Es wird wie- der den Patientinnen/der Öffentlichkeit vor- gegaukelt, der Kassenarzt habe zum Bei- spiel 48 Euro abgerechnet. Dass aber zum Beispiel beim Frauenarzt das RLV (früher hieß so etwas – für jeden verständlich –

„Budget“, aber eben diese Verständlichkeit wird ja nicht mehr gewünscht!) bei etwa 22 Euro liegt und daher, von den hypothetisch abgerechneten 48 Euro über die Hälfte nicht ausbezahlt wird, wird natürlich ver- schwiegen und keinem öffentlich erklärt – wäre ja auch viel zu kompliziert und würde ja bedeuten, dass die Patienten erfahren, wie die Kassenärzte um ihr rechtmäßig oh- nehin im EBM schon „maximal gedump- tes“ Honorar betrogen werden! . . .

Dr. med. Oliver Oettel, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, 94113 Tiefenbach

der ursprünglichen Vorstellung des MDK als einem unabhängigen Gutachterdienst“, so Heberlein im Interview mit „Report Mainz“. Prof. Heberlein ist als Geschäfts- führer des MDK Schleswig-Holstein 2002 vom Verwaltungsrat entlassen worden, da er vehement für die Unabhängigkeit des MDK von den Kassen eintrat . . .

Dr. med. Bernd Krüger, 83026 Rosenheim

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