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Stellungnahme desDeutschen Gewerkschaftsbundes(DGB)

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Abteilung

Wirtschafts- und Tarifpolitik

Stellungnahme des

Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

Öffentliche Anhörung zu dem

Entwurf eines Gesetzes zum Abbau von

Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) –

Bundestags-Drucksache 15/119

Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages

am Mittwoch, dem 15. Januar 2003, in Berlin, Reichstagsgebäude

Berlin, 14. Januar 2003

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Gliederung

1. Allgemeine Bemerkungen zu Zielen und Stoßrichtung des Entwurfs des Steuervergünstigungsabbaugesetzes

(StVergAbG)... 1

2. Maßnahmen im Bereich der Unternehmens- besteuerung ... 2

2.1 Gewicht am Gesamtpaket und Auswirkungen auf Konjunktur und Wirtschaftswachstum ... 2

2.2 Veränderung von Abschreibungsbedingungen ... 3

2.3 Einführung einer Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen... 4

2.4 Sonstige Maßnahmen ... 5

2.5 Gesamtbewertung ... 6

3 Maßnahmen im Bereich der Einkommensteuer ... 7

3.1 Neuregelung zur Besteuerung privater Veräußerungsgewinne ... 7

3.2 Verifikation der Kapitalerträge durch Kontrollmitteilungen ... 9

3.3 Zu den Überlegungen zur Einführung einer Abgeltungsteuer ... 10

3.4 Reduzierung der Eigenheimzulage ... 12

4. Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer... 14

5. Ergebnis ... 15

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1. Allgemeine Bemerkungen zu Zielen und Stoßrichtung des Entwurfs des Steuervergünstigungsabbaugesetzes (StVergAbG)

Der Gesetzentwurf geht zunächst von der Feststellung aus, dass das derzeitige deutsche Steuersystem immer noch viele ökonomisch, ökologisch und unter Gerechtigkeitsgesichts- punkten fragwürdige Steuervergünstigungen und Ausnahmetatbestände enthält. Daher sei es dringend erforderlich, dass sich künftig alle gesellschaftlichen Gruppen in angemessenem Umfang an der Finanzierung öffentlicher Leistung beteiligten.

Des weiteren wird ausgeführt, dass das Ziel einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung nur mit einem umfassenden und durchgreifenden Abbau von Subventionen und einer dement- sprechenden Verbreiterung der Einnahmebasis erreichbar sei.

Der Gesetzentwurf soll daher gewährleisten, so die Begründung im allgemeinen Teil, „durch einen weitreichenden, breit angelegten und sozial ausgewogenen Abbau von Steuerver- günstigungen und Ausnahmeregelungen Steuergerechtigkeit und Steuertransparenz zu er- höhen und den öffentlichen Haushalten die notwendigen Einnahmen zur Finanzierung ihrer Ausgaben zu verschaffen“ (Bundestags-Drucksache 15/119, Seite 37).

Die von den Initiatoren des Gesetzentwurfs formulierten Ansprüche sind weitgehend berech- tigt und unterstützenswert. Tatsächlich enthält der Gesetzentwurf eine Reihe von Maßnah- men, die aus gewerkschaftlicher Sicht begrüßt werden können. Mit ihrer Realisierung würden wichtige Beiträge zur dringend notwendigen Stabilisierung der öffentlichen Haushaltslage geleistet.

Auf der anderen Seite weist der Gesetzentwurf aber auch Maßnahmen auf, die mit dem Wachstums- und Beschäftigungsziel insbesondere in der gegenwärtigen Konjunkturphase heftig kollidieren. Dieses gilt insbesondere für die beabsichtigte Reduzierung der Eigenheim- zulage. Würde dieses Vorhaben in der vorgesehenen Form beschlossen, so würde dies die ohnehin katastrophale Beschäftigungssituation im Bausektor noch einmal erheblich ver- schärfen. Eine Verschlechterung der bereits problematischen Lage der zahntechnischen Branche würde nach gewerkschaftlicher Auffassung auch die Einführung des Umsatzsteuer- regelsatzes für Leistungen der Zahntechniker bedeuten. Der DGB plädiert daher dafür, auf den Vollzug dieser Maßnahmen zu verzichten.

Abgesehen von diesen zwei genannten beschäftigungsfeindlichen Einzelmaßnahmen kann man dem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen je- doch zugute halten, dass der Großteil der Maßnahmen eine Verbesserung der Finanz- und auch der Verteilungsposition erwarten lässt: Erstens würde der Unternehmenssektor wieder stärker an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beteiligt werden, weil etliche Steuer- schlupflöcher und Gestaltungsmöglichkeiten geschlossen oder eingegrenzt werden. Zwei- tens würde diese Stärkung der gesamtstaatlichen Einnahmebasis unter der Voraussetzung, dass die steuerlichen Maßnahmen nach der Behandlung in den gesetzgebenden Institutio- nen wie geplant in Kraft treten, dazu führen, dass sich die verteilungspolitische Position der Arbeitnehmer im Verhältnis zur Besteuerung der Unternehmensgewinne und Vermögensein- kommen nach langer Zeit wieder einmal zugunsten der Lohneinkommen verbessern wird.

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2. Maßnahmen im Bereich der Unternehmens-besteuerung

2.1 Gewicht am Gesamtpaket und Auswirkungen auf Konjunktur und Wirtschafts- wachstum

Von den insgesamt 41 aufgeführten steuerlichen Einzelmaßnahmen im Steuervergünsti- gungsabbaugesetz entfallen 18 auf den Unternehmensbereich. Von den aus diesen Ände- rungen erwarteten Mehreinnahmen von 17,3 Mrd. Euro (Entstehungsjahr) entfallen ca.

7,9 Mrd. Euro oder ca. 46% auf die Unternehmensbesteuerung. Im Rechnungsjahr 2003 sollen diese Mehreinnahmen jedoch erst 1,5 Mrd. Euro betragen. Bezogen auf alle Mehrein- nahmen dieses Jahres in Höhe von 3,6 Mrd. Euro liegt der Anteil der auf den Unterneh- menssektor entfallenden Abgaben nur bei knapp 42%. Der Großteil der von den Unterneh- men zu leistenden Zahlungen wirdt sich kassenmäßig erst in den Jahren ab 2004 auswirken.

Das BMF erwartet für dieses Jahr aus der Unternehmensbesteuerung kassenmäßig Mehr- einnahmen von rund 6,2 Mrd. Euro. Bezogen auf das gesamte Mehraufkommen des Steuer- vergünstigungsabbaugesetzes wäre dies ein Anteil von 58%. Das Gewicht des Unterneh- menssektors an den Mehreinnahmen wird sich in den Jahren 2005 und 2006 allerdings wie- der auf knapp 49% bzw. 50% zurückentwickeln.

Insgesamt wird sich also der Großteil der im Steuervergünstigungsabbaugesetz aufgeführten Maßnahmen erst dann in den öffentlichen Kassen niederschlagen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung sich wieder erholt haben wird. Dies wird nach gegenwärtig prognostizierten Er- wartungen spätestens im Jahre 2004 der Fall sein. Dies bedeutet, dass einschneidende ne- gative Einflüsse auf Konjunktur und Wachstum von diesen Maßnahmen im Großen und Ganzen nicht befürchtet werden müssen. Dies trifft insbesondere auf solche Positionen zu, bei denen es sich nicht um eine endgültige Abschaffung von Vergünstigungen handelt, son- dern lediglich um eine in der Zeitachse verschobene „Glättung“ bestehender Vorschriften.

Besonders anschauliche Beispiele hierfür sind die neuen Mindestbesteuerungsvorschriften bei der Behandlung von Verlustvorträgen sowie bei der Auskehr von steuerlichen Altgutha- ben bei der Körperschaftsteuer. Auch die vorgesehene Vereinheitlichung von Abschrei- bungssätzen, die teilweise (degressive Gebäudeabschreibung) noch mit Übergangszeiten gekoppelt ist, gehört zum überwiegenden Teil zu dieser Maßnahmenkategorie.

2.2 Veränderung von Abschreibungsbedingungen

Ein großer Teil der Steuermehreinnahmen (2,5 Mrd. Euro bei vollem Wirksamwerden dieser Vorschrift, knapp 0,3 Mrd. Euro in 2003) aus dem Unternehmenssektor betrifft die Abschaf- fung der Vereinfachungsregelung bei den Abschreibungsvorschriften für bewegliche Wirt- schaftsgüter des Anlagevermögens. Hier durften bisher in der ersten Jahreshälfte ange- schaffte Güter zu 100%, in der zweiten Jahreshälfte angeschaffte Güter zu 50% ihres Wertes abgeschrieben werden. Die Argumentation der Bundesregierung, wonach die bisherige Re- gelung deswegen an Bedeutung verloren habe, weil die Buchführung in den Unternehmen heutzutage auf EDV-Basis erfolgt und daher stichtagsgetreu zeitanteilig möglich ist, ist sach- lich zutreffend und rechtfertigt deswegen diese Maßnahme.

Außerdem erscheint die allgemein im Bereich der Unternehmensbesteuerung vorgesehene Vereinheitlichung von Gebäudeabschreibungen nach gewerkschaftlicher Auffassung im Sin- ne von Steuervereinfachung und Steuerklarheit im Prinzip akzeptabel, wenngleich negative Auswirkungen auf die Bautätigkeit in der Einführungsphase nicht ganz ausgeschlossen wer- den können. Künftig sollen die Abschreibungssätze nicht mehr vom Baujahr und von der Art der Gebäudenutzung (betrieblich oder zu Wohnzwecken) abhängen, sondern der Abschrei-

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bungssatz soll einheitlich 2% betragen. Für Gebäude, die vor dem 01.01.2003 angeschafft bzw. hergestellt worden sind, sollen die bisherigen Abschreibungsbedingungen jedoch weiter gelten. Aus dieser Maßnahme erwartet die Bundesregierung ab 2004 Mehreinnahmen von 0,3 Mrd. Euro.

Des weiteren soll die bisherige Form der degressiven Gebäudeabschreibung mit ihren viel- fältigen Sonderregelungen bis zum Beginn des Jahres 2007 endgültig abgeschafft werden.

Es wird dann nur noch eine einheitliche Abschreibungsrate von 2% zur Anwendung kommen dürfen (Mehreinnahmen ab 2004: 20 Mio. Euro).

2.3 Einführung einer Mindestbesteuerung von Unternehmens- gewinnen

Die von der Bundesregierung geplante Einführung einer Mindestbesteuerung gehört zu den auch vom DGB schon lange geforderten grundlegenden Änderungen der Unternehmensbe- steuerung. Mehr als überfällig ist die Korrektur der im Zuge der Körperschaftsteuerreform im Jahre 2000 geschaffenen Übergangsregelung, wonach Kapitalgesellschaften in den Bilanzen stehende Rücklagen, die noch mit Steuersätzen von 40% und mehr versehen worden waren, über einen Zeitraum von 15 Jahren ausschütten können und den Unterschiedsbetrag zu dem nun geltenden Körperschaftsteuersatz von 25% vom Finanzamt erstattet bekommen.

Diese Regelungen haben die Kapitalgesellschaften 2001 und 2002 in wesentlich stärkerem Maße als vom Bundesfinanzministerium (BMF) erwartet in Anspruch genommen. Hierdurch ist das Körperschaftsteueraufkommen im Jahre 2001 negativ geworden und hat auch 2002 das laut Steuerschätzung vom November 2001 zu erwartende Soll deutlich um rund

10 Milliarden Euro unterschritten.

Dieser grundlegende Konstruktionsfehler bei der Körperschaftsteuerreform, auf den der DGB von Anfang an hingewiesen hatte, hat maßgeblich zum Einbruch der Finanzlage von Bund und Ländern sowie zur Verletzung des Maastrichter Neuverschuldungskriteriums in 2002 beigetragen. Die jetzt beabsichtigte Neuregelung sieht vor, dass die Ausschüttung von alten Körperschaftsteuerguthaben die laufende Körperschaftsteuerschuld nur noch um die Hälfte mindern kann. Ausschüttungen von Altgewinnen können nun nicht mehr per Saldo zu Steu- errückerstattungen an die Unternehmen führen.

Des weiteren soll die bisher ohne Begrenzung bestehende Möglichkeit der Unternehmen, aktuelle Gewinne mit Verlusten aus der Vergangenheit (Verlustvortrag) verrechnen zu kön- nen, eingeschränkt werden. Eine Reduzierung der Einkünfte auf null Euro soll es in Zukunft nicht mehr geben. Der Verlustabzug wird vielmehr begrenzt auf die Hälfte des Gesamtbetra- ges der Einkünfte bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer bzw. auf die Hälfte des Ge- winns aus Gewerbebetrieb nach Berücksichtigung der Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewerbesteuer. Diese beiden Neuerungen der Mindestbesteuerung sollen gewährleis- ten, dass sich unerwartete Einbrüche bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer, wie dies 2001 und 2002 der Fall war, nicht mehr wiederholen.

In der rot-grünen Koalitionsvereinbarung war, bezogen auf die Vortragsmöglichkeiten von Verlusten, ursprünglich vereinbart worden, die Inanspruchnahme von Verlustvorträgen gene- rell auf 7 Jahre zu begrenzen. Auf Druck der Wirtschaftsverbände ist diese Absicht jedoch nicht in den vorliegenden Gesetzentwurf aufgenommen worden. Damit bleibt die Möglichkeit bestehen, dass Verlustvorträge sich zu Größenordnungen entwickeln können, die trotz der Mindestbesteuerungsregel fiskalische Schäden heraufbeschwören können. Nach Auffassung des DGB sollte die Bundesregierung diesen Sachverhalt noch einmal aufgreifen und statt

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des grundsätzlichen Wegfalls der Zeitgrenze von 7 Jahren eine Regelung beschließen, die lediglich auf mögliche Härtefälle für Unternehmen Rücksicht nimmt.

2.4 Sonstige Maßnahmen

Als eine der wesentlichen Quellen für starke Gewerbesteuereinbrüche hat sich in den ver- gangenen Jahren der Umstand herausgeschält, dass große Unternehmen durch die Bildung von sogenannten „Organschaften“ Gewinne und Verluste von Mutter- und Tochterunterneh- men untereinander verrechnen konnten. Aus dem Grunde hatte es der Deutsche Gewerk- schaftsbund gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden begrüßt, dass die rot-grüne Regierung im Koalitionsvertrag die Aufhebung der gewerbesteuerlichen Organschaft be- schlossen und dann diese Absicht durch die Hereinnahme einer entsprechenden Vorschrift im Steuervergünstigungsabbaugesetz dokumentiert hat.

Die Begrenzung der Verlustverrechnungen bei der Gewerbesteuer durch die Bildung von Organschaften ist aus gewerkschaftlicher Sicht ein elementarer Bestandteil der Korrektur- maßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung. Wenn dem Vernehmen nach ab- weichend von der im Steuervergünstigungsabbaugesetz vorgesehenen Änderung über diese Maßnahme nun erst im Zuge der Gemeindefinanzreform, d.h. zu einem späteren Zeitpunkt, abschließend beraten werden soll, würde insbesondere den betroffenen Gemeinden die dringend benötigte Stärkung ihrer Finanzbasis vorenthalten. Immerhin erwartet das BMF aus der Realisierung dieser Maßnahme für 2003 und 2004 Mehreinahmen bei der Gewerbesteu- er von 300 Mio. Euro bzw. 700 Mio. Euro. Bis 2006 soll die Gewerbesteuer durch die Aufhe- bung der gewerbesteuerlichen Organschaft sogar um 1 Mrd. Euro ansteigen. Wenn für die Prüfung der Neuregelung der gewerbesteuerlichen Organschaft im Zuge der Gewerbesteu- erreform noch weiterer Beratungsbedarf erforderlich ist, muss den Kommunen allerdings für die entsprechende Zeit ein finanzieller Ausgleich gewährt werden. Dieser könnte insbeson- dere darin bestehen, dass die Anhebung der Gewerbesteuerumlage zugunsten von Bund und Ländern zumindest für diesen Zeitraum rückgängig gemacht wird.

Positiv bewertet der DGB auch das im StVergAbG angekündigte Vorhaben zur Schaffung neuer Dokumentationspflichten im Bereich der Verrechnungspreise. Die im Gesetzentwurf geschilderte Problemlage, wonach die Kalkulation von Verrechnungspreisen für zwischen nationalen und internationalen Unternehmen erbrachte Leistungen durch die Finanzbehör- den mangels ausreichend gesetzlicher Vorschriften nicht nachprüfbar und damit auch häufig nicht nachvollziehbar ist, trifft zu. Auch ist bekannt, dass die Verrechnungspreise zwischen nationalen und internationalen Unternehmen häufig so gestaltet werden, dass Betriebsaus- gaben mit dem Ziel eines niedrigen Gewinnausweises künstlich in die Höhe getrieben wer- den. Auch dies führt in der Folge zu niedrigeren Gewinnsteuerzahlungen. Wenn für diesen Bereich der internationalen Verrechnungspreise durch die Schaffung strafferer gesetzlicher Vorschriften mehr Transparenz und steuerliche Ergiebigkeit erreicht werden können, so ist dies im Sinne einer korrekten Besteuerungspraxis nur zu begrüßen.

2.5 Gesamtbewertung

Trotz der gemachten Einschränkungen begrüßt der DGB insgesamt die Tendenz der von der Bundesregierung für den Bereich der Unternehmensbesteuerung vorgesehenen Maßnah- men zum Abbau von Vergünstigungen. Der in den letzten Jahren immer deutlicher erkennbar gewordene Trend, dass sich die unternehmerische Wirtschaft – und hier insbesondere die großen, international operierenden und durchaus gut situierten Unternehmen – praktisch aus dem Kreis der Steuerzahler verabschiedet haben, während die Steuerlasten für Arbeitneh-

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mer und Verbraucher immer größer geworden sind, wird nicht nur von den Gewerkschaften schon seit längerem als nicht mehr tragbar angesehen.

Allerdings ist es mit den in diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen noch nicht getan.

Nach wie vor unbefriedigend und in keiner Weise einsehbar ist, dass Gewinne bei der Ver- äußerung von Anteilsbesitz durch Kapitalgesellschaften weiterhin steuerfrei bleiben sollen.

Der DGB wiederholt für diese Vorgänge seine Forderung nach einem Mindeststeuersatz.

Auch die in der Bildung von Organschaften enthaltenen Steuerumgehungsmöglichkeiten müssen sowohl in Bezug auf die Körperschaft – aber auch auf die Gewerbesteuer – abge- baut bzw. so verändert werden, dass sie nicht weiterhin Einfallstore für Steuereinbrüche wie in den Jahren 2001 und 2002 bleiben.

3. Maßnahmen im Bereich der Einkommensteuer

Auch die in diesem Teil des Gesetzentwurfes enthaltenen Maßnahmen sind aus Sicht des DGB teilweise weiterführend und daher zu begrüßen. Einzelne Vorhaben müssen aber ein- deutig zurückgewiesen oder nachgebessert werden.

3.1 Neuregelung zur Besteuerung privater Veräußerungsgewinne

Eine eindeutige Verbesserung der herrschenden Besteuerungspraxis sowie der verfassungs- rechtlichen Situation stellt nach Auffassung des DGB die geplante Erweiterung der Steuer- pflicht für Veräußerungsgewinne bei Wertpapieren und nicht selbstgenutzten Grundstücken dar. Dies schließt die vorgesehene Verifikation durch Kontrollmitteilungen ein. Denn die bis- lang anzutreffende Besteuerungspraxis bei Gewinnen aus Aktien- und Immobilienbesitz weist erhebliche Defizite auf. Sie befindet sich insbesondere bei Gewinnen aus Wertpapier- geschäften seit Jahren außerhalb der vorgegebenen Verfassungsnorm. So gibt es z.B. für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien zwar Spekulationsfristen von einem Jahr. Tat- sächlich jedoch werden solche Einnahmen in aller Regel den Finanzämtern nicht gemeldet.

Diese waren bislang auch nicht in der Lage gewesen, derartige Gewinnrealisierungen von sich aus aufzudecken. Dadurch entgingen dem Fiskus erhebliche Steuereinnahmen, die von Insidern auf rund 1 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt werden. Deswegen begrüßt es der DGB, dass die Bundesregierung diesen Zustand auch dadurch beenden will, dass Banken und andere Finanzdienstleistungsinstitute diese privaten Veräußerungsvorgänge zukünftig auto- matisch den Finanzbehörden zur Kenntnis bringen müssen.

Auch die Einführung einer grundsätzlichen Steuerpflicht für Gewinne aus Verkäufen von nicht selbstgenutzten Immobilien stellt grundsätzlich einen Fortschritt gegenüber der bisher geltenden Regelung dar. (Gewinne aus der Veräußerung selbstgenutzter Immobilien können dagegen wie bisher steuerfrei veräußert werden.) Die geltende Rechtslage ist bislang noch so, dass Gewinne aus der Veräußerung nicht selbstgenutzter Immobilien nur dann steuer- pflichtig sind, wenn der Veräußerungsvorgang innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Diese Regelung beinhaltet auf jeden Fall eine besondere Vergüns- tigung für Eigentümer von Immobilien, insbesondere im Vergleich zur Besteuerung von Ar- beitseinkommen, für die es keine einleuchtende Begründung gab.

Die genannten Spekulationsfristen sollen zukünftig bei der Besteuerung von Veräußerungs- gewinnen nicht mehr gelten, sodass dem Staat aus dieser Quelle in den folgenden Jahren deutlich mehr Steuern zufließen würden. Allerdings ist die im Steuervergünstigungsabbau- gesetz jetzt vorgesehene Besteuerung von Aktien und Immobilien nicht zuletzt dank der In-

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terventionen der Finanzbranche deutlich milder ausgefallen als ursprünglich geplant. Denn im Gegensatz zu der noch geltenden Vorschrift, wonach anerkannte Veräußerungsgewinne mit dem individuellen progressiven Steuersatz des Verkäufers besteuert werden müssen, will die Bundesregierung zukünftig für Veräußerungsgewinne nur noch einen pauschalen Steu- ersatz von 15% ansetzen. Bei sogenannten „Altfällen“, das sind Verkäufe von Wertpapieren und Immobilien vor dem angenommenen Termin 21. Februar 2003 des Inkrafttretens der neuen Regelung, wird der Veräußerungsgewinn auf 10% typisiert, auf den dann der Steuer- satz von 15% greift. Insgesamt wird bei diesen Verkaufserlösen also nur noch ein pauschaler Steuersatz von 1,5% erhoben. Bei Neufällen - das sind solche Vorgänge, bei denen Kauf und Verkauf nach dem angenommenen Stichtag anfallen – wird der 15%ige Pauschalsteuer- satz uneingeschränkt angewandt.

Bei der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen von Aktien soll der 15%ige Pauschalsteu- ersatz zwar ebenfalls Anwendung finden. Allerdings fließen sie nur zur Hälfte in die Bemes- sungsgrundlage ein, weil so wie bei der Dividendenbesteuerung das Halbeinkünfteverfahren gelten soll.

Dass Veräußerungsgewinne zukünftig nur noch mit einem pauschalen und nicht mehr mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden sollen, mag zwar eine pragmatische Be- trachtungsweise sein, die insbesondere den Interessen der Finanzbranche und der Anleger nachkommt. Aus Sicht des DGB erscheint die gewährte Form der Pauschalbesteuerung je- doch als willkürlich. Sie entspricht auch nicht dem Grundsatz einer systematischen Einkom- mensbesteuerung. Es wird für Lohnsteuerzahler nur schwer einsehbar sein, dass ihre Lohn- einkommen grundsätzlich der progressiv gestalteten Einkommensbesteuerung unterliegen sollen, während „arbeitsfreie“ Gewinne aus Wertpapier- und Immobiliengeschäften nur noch pauschal mit 15% bzw. Altfälle praktisch nur noch mit einer – endgültigen – Bagatellbesteue- rung davonkommen dürfen. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, wenn Abfindungen von Ar- beitnehmern höher besteuert werden als Spekulationsgewinne.

Daher bedarf dieser Teil der Neuregelung der Besteuerung von privaten Veräußerungsge- winnen nach Auffassung des DGB noch einer systematischeren Überarbeitung. Diese müsste im Ergebnis auf eine deutlichere Anhebung der Steuern auf Spekulationsgewinne hinauslaufen. Grundsätzlich sollten insbesondere Gewinne aus Wertpapiergeschäften mit dem individuellen Steuersatz belegt werden. Die Besteuerung von Gewinnen aus privaten Immobiliengeschäften sollte sich grundsätzlich, also auch bei Altfällen, am Unterschied zwi- schen Anschaffungskosten und Verkaufswert der Objekte orientieren.

3.2 Verifikation der Kapitalerträge durch Kontrollmitteilungen

Zu Recht begründet der Gesetzentwurf nach Auffassung des DGB die Einführung von Kon- trollmitteilungen mit dem Hinweis, wonach sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesrechnungshof unabhängig voneinander festgestellt haben, dass die derzeitige Besteuerungspraxis die Gleichmäßigkeit der Erfassung von Einkünften aus Kapitalerträgen (wie auch privater Veräußerungsgeschäfte – siehe Punkt 3.1) nicht hinreichend sicherstellt.

Die fiskalischen Schäden, die durch die Nichtangabe von Kapitalerträgen in der Steuererklä- rung, welche sowohl durch die Anlage im Inland als auch in ausländischen Steueroasen ent- standen sind, belaufen sich nach Expertenschätzungen im zweistelligen Milliardenbereich.

Deswegen hatte auch der DGB seit Jahren die Einführung von Kontrollmitteilung bei Kapital- erträgen gefordert. Dementsprechend war von den Gewerkschaften der Entwurf der europäi- schen Zinssteuerrichtlinie vom Juli 2001, der unter anderem einen europaweiten Informati- onsaustausch über Bankkonten und Kapitalerträge vorsah, uneingeschränkt begrüßt worden.

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Bislang ist die Umsetzung dieser Richtlinie für die Zeit ab 2004 geplant, wobei für einige Länder (Österreich, Luxemburg und Belgien) für eine Übergangszeit Sonderregelungen vor- gesehen sind. Diese Richtlinie ist zwar bisher noch nicht beschlossen, doch soll auf der kommenden Sitzung des Ecofin-Rats am 21. Januar 2003 eine grundlegende Einigung über die von dieser Richtlinie vorgesehene Zinsbesteuerung erfolgen.

Die nun beabsichtigte Einführung von Kontrollmitteilungen für die Besteuerung von Kapital- erträgen in Deutschland fügt sich insoweit inhaltlich und zeitpunktbezogen voll in die euro- päischen Pläne zur Zinsbesteuerung ein. Die Hinterziehung von Kapitalerträgen würde durch das vorgesehene länderübergreifende Kontrollmitteilungssystem erheblich erschwert wer- den. Dies würde auf der einen Seite zu mehr Steuergerechtigkeit gegenüber ehrlichen Steu- erzahlern und auf der anderen Seite zu Steuermehreinnahmen für den Fiskus führen.

3.3 Zu den Überlegungen zur Einführung einer Abgeltungsteuer

Zwar hat auch der Bundeskanzler im vergangenen Dezember bei verschiedenen Gelegen- heiten seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die Verabschiedung der europäischen Zins- steuerrichtlinie trotz aller Widrigkeiten im Zusammenhang mit einer Amnestieregelung gelin- gen mag. Er hat dann aber auch im gleichen Atemzug die Einführung einer 25%igen Abgel- tungsteuer in Deutschland angekündigt. In dem Zusammenhang (vor allem die Einbeziehung der Anlageländer außerhalb der EU) soll mit dieser Maßnahme außerdem ein großer Teil der im Ausland angelegten Fluchtgelder zurückgeholt werden. Die Rede ist von ca. 125 Mrd.

Euro, die mittels einer Abgeltungsteuer zurückgeholt und in Deutschland der Besteuerung zugeführt werden sollen.

Ein entsprechend detailliert ausgearbeiteter Gesetzentwurf für eine solche Abgeltungsteuer liegt bisher allerdings noch nicht vor. Sie ist auch nicht Bestandteil des Steuervergünsti- gungsabbaugesetzes. Trotzdem wird das Thema bei der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf wahrscheinlich eine Rolle spielen. Daher sollen an dieser Stelle aus gewerkschaftlicher Sicht vorsorglich folgende Anmerkungen und Überlegungen dargelegt werden:

Zinserträge werden in Deutschland grundsätzlich - wie andere Einkunftsarten auch – mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert. Dabei sieht die Besteuerungspraxis in der Regel so aus, dass Banken und Sparkassen auf inländische Kapitalerträge einen pau- schalen Zinsabschlag von 30% an die Finanzämter abführen, sofern der Sparer keinen Frei- stellungsauftrag vorgelegt hat. Die abgeführten Erträge werden dann im Rahmen der Ein- kommensteuerveranlagung mit der persönlichen Steuerschuld verrechnet. Dabei wird ein Freibetrag von zur Zeit 1.601 Euro für Ledige und 3.202 Euro für Verheiratete berücksichtigt.

Dieses Verfahren entspricht im Kern dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähig- keit – mit der Einschränkung allerdings, dass Anleger mit hohen Kapitalerträgen und persön- lichen Steuersätzen von über 30% bei Nichtangabe ihrer Kapitalerträge gegenüber dem Fi- nanzamt weniger Steuern zahlen, als sie dem Gesetz zufolge eigentlich verpflichtet wären.

Die Einführung von nationalen Kontrollmitteilungen würde diese Lücke schließen.

Was ausländische Kapitalerträge deutscher Anleger betrifft, so sind die Betreffenden zwar ebenfalls gesetzlich dazu verpflichtet, diese im Zuge ihrer Veranlagung zur Einkommensteu- er den deutschen Finanzämtern zu melden. Dies geschieht aber offensichtlich in einem nur sehr begrenzten Ausmaß. Von einer umfassenden Realisierung des Leistungsfähigkeitsprin- zips bei der Besteuerung kann in Bezug auf ausländische Kapitalerträge also überhaupt kei- ne Rede sein. Zur Heilung dieses Umstandes sind daher internationale Vereinbarungen über ein Kontrollmitteilungssystem für Kapitalerträge sowie über die Erhebung und Verteilung von Kapitalerträgen notwendig. Ein solches Besteuerungssystem ist von der im vorigen Abschnitt

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bereits genannten Richtlinie über die Sicherstellung der Zinsbesteuerung in der EU vorgese- hen. Wenn die in dieser Richtlinie vorgesehenen Besteuerungselemente verabschiedet wer- den könnten, wäre die isolierte Einführung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge in Deutschland überflüssig.

Abgesehen davon, dass die Einführung einer Abgeltungsteuer die Bemühungen um eine einheitliche Zinsbesteuerung in Europa quasi sabotieren würde, würde ein Abgeltungsteuer- satz von 25%, wie er in Rede steht, gegenüber der jetzigen Besteuerungslage deutliche Steuerausfälle herbeiführen. Denn alle steuerpflichtigen Kapitalanleger, deren persönlicher Steuersatz oberhalb von 25% liegt, müssten in Zukunft weniger bezahlen. Ob sich die Hoff- nung realisiert, durch die amnestiegestützte Repatriierung von inländischen Fluchtgeldern aus dem Ausland zusätzliche Besteuerungsmasse zu erhalten, ist bestenfalls eine sehr vage Hoffnung. Der Leidtragende wäre beim Scheitern dieser Aktion also der Fiskus. Zum ande- ren würde mit einem solchen Verfahren der Steuergerechtigkeit insofern Schaden zugefügt, als Kapitaleinkommen im oberen Einkommensbereich gegenüber Arbeitseinkommen bevor- teilt wären. Auf Musterprozesse müsste das Bundesfinanzministerium vermutlich nicht lange warten.

Eine Abgeltungsteuer würde gegenüber der jetzigen Praxis der Kapitalertragsbesteuerung nur dann Sinn machen, wenn das von der EU-Zinssteuerrichtlinie vorgesehene Kontrollmit- teilungssystem nicht durchgesetzt werden könnte. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn die Schweiz nicht dazu bereit wäre, sich in das vorgesehene Kontrollsystem miteinzubringen.

Ohne die Einbeziehung der Schweiz als wichtiges Kapitalanlageland bliebe ein wichtiges Steuerschlupfloch offen. In diesem Fall könnte man die Überlegung anstellen, dieses Defizit durch die Einführung einer europaweiten Abgeltungsteuer für Kapitalerträge einzugrenzen.

Eine solche Lösung sollte aber nur dann ernsthaft erwogen werden, wenn hierdurch ein ein- deutig höheres Steueraufkommen erreicht werden kann. Diese Voraussetzung würde einen relativ hohen einheitlichen Abgeltungsteuersatz von mindestens 30% verlangen. Außerdem müsste eine solche Vereinbarung die Verpflichtung aller Anlageländer beinhalten, die Hei- matstaaten der ausländischen Kapitalanleger am Aufkommen dieser Abgeltungsteuer an- teilsmäßig zu beteiligen. Zu einem solchen Verhalten soll die Schweiz dem Vernehmen nach bereit sein. Des weiteren müsste der Sparerfreibetrag erhalten bleiben, und diejenigen Steu- erpflichtigen, deren persönlicher Einkommensteuersatz unterhalb dieses europäischen Ab- geltungssatzes läge, müssten auf jeden Fall das Recht erhalten, im Rahmen der Einkom- mensteuerveranlagung zu viel gezahlte Zinssteuern zurückerstattet zu bekommen.

Ein solches Verfahren entspräche zwar auch nicht korrekt dem Reglement des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit; es könnte diesen Missstand jedoch in gewisser Weise durch ein insgesamt deutlich höheres Zinssteueraufkommen heilen.

Abschließend soll in diesem Zusammenhang deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Einführung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge auf keinen Fall die von den Gewerk- schaften eingeforderte Realisierung der Vermögensteuer ersetzen kann. Dieses anzuneh- men, wäre ein Trugschluss, dem sich niemand hingeben sollte. Ein Ersatz für die Vermö- gensteuer kann die von der Bundesregierung angekündigte Abgeltungsteuer schon allein deswegen nicht sein, weil sie alle die Kapitaleinkünfte von Steuerpflichtigen nicht erfasst, deren persönlicher Steuersatz oberhalb des 25%igen Abgeltungssatzes liegt. Gerade hier- durch wird gerade die Bildung von Großvermögen zusätzlich begünstigt. Auf die Vermö- gensteuer darf in diesen Fällen daher schon deswegen nicht verzichtet werden, um eine dauerhafte Verletzung des Prinzips Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu vermeiden.

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3.4 Reduzierung der Eigenheimzulage

Die Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums in Deutschland deutlich einzuschränken bzw. für viele Haushalte ohne Kinder gänzlich zu streichen, lehnen die Gewerkschaften ab.

Von der Reduzierung der Eigenheimzulage sind die Zukunftspläne vieler Arbeitnehmerhaus- halte betroffen. Außerdem wird die Reduzierung der Eigenheimzulage negative Rückwirkun- gen auf die sowieso schon stark geschwächte Bauwirtschaft und damit auf die Konjunktur- entwicklung haben. Die Kürzungspläne stehen nach unserer Meinung auch im Widerspruch zu anderen wichtigen Politikzielen der neuen Regierung für die kommenden Jahre wie z.B.

dem Abbau der Arbeitslosigkeit, der Sicherung einer privaten Altersvorsorge oder der Förde- rung des Mittelstandes.

Die Bauwirtschaft hat eine hohe gesamtwirtschaftliche und fiskalische Bedeutung. Das Bau- gewerbe ist der mit Abstand wichtigste Zweig des Produzierenden Gewerbes. Mit seinen 2,6 Mio. Erwerbstätigen erwirtschaftete es 2001 nahezu ein Fünftel der Wertschöpfung des Pro- duzierenden Gewerbes. Auf der Verwendungsseite entfielen 2001 ca. 230 Mrd. Euro oder ca. 11% des Bruttoinlandsproduktes auf den Baubereich. Allerdings befindet sich die Bran- che seit über einem halben Jahrzehnt in einer ausgeprägten Krise. In den letzten Jahren hat sich allein durch anhaltenden Rückgang der Wohnungsfertigstellungen die Zahl der Er- werbstätigen um etwa 400.000 Personen verringert.

Innerhalb der Bauwirtschaft hat der Wohnungsbau mit einem Anteil von 58% (2001) an den gesamten Bauleistungen das weitaus höchste Gewicht. Am gesamten Neubauvolumen hat der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern in Westdeutschland einen Anteil von fast 71 %, in Ostdeutschland sogar von 74%. Rund 90% der Wohnungsbauleistungen werden durch Handwerksbetriebe erbracht. Mit dem Strukturwandel im Wohnungsbau zugunsten des Ei- genheimbaus hat der Anteil der kleinen Betriebe (bis 20 Beschäftigte) an den Wohnungs- bauleistungen zugenommen. Für Betriebe dieser Größe bildet der Wohnungsbau mit 66%

eindeutig den Leistungsschwerpunkt.

Die Arbeitsplatzvernichtung wird sich weiter verstärken, falls als Folge der Zulagenkürzung weitere 50.000 Wohnungen nicht gebaut werden sollten. Die Folge wäre eine massive Ar- beitsplatzgefährdung im Baugewerbe, aber auch der Zuliefererindustrien und in mit dem Wohnungsbau und Gewerbebau zusammenhängenden planerischen und kaufmännischen Dienstleistungen von 200.000 bis 250.000 Arbeitsplätzen. Bereits heute bleibt der Woh- nungsneubau erheblich hinter dem mittelfristig erforderlichen Fertigstellungsvolumen zurück.

Der mit Sicherheit eintretende weitere Einbruch der Bautätigkeit als Folge der Förderungs- kürzung führt zusammen mit der nicht realisierten vor- und nachgelagerten Nachfrage zu Steuer- und Beitragsausfällen in der Sozialversicherung sowie zu Transferleistungen für die zusätzlich Arbeitslosen. Diese Ausfälle und Zusatzleistungen werden das angestrebte Ein- sparvolumen nach den Berechnungen der Industriegewerkschaft Bauen Agrar Umwelt bzw.

des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) deutlich übersteigen.

Das Steuer-Einsparpotenzial wird für 2003 mit 0,2 Mrd. Euro angesetzt und steigt, aufsum- miert bis 2006, auf ca. 4,4 Mrd. Euro an. Jedoch allein die Ausfälle an Steuer- und Abgabe- einnahmen beim Nichtbau von der Hälfte der 50.000 Wohnungen sowie die Mehrbelastun- gen der öffentlichen Haushalte durch die erhöhten Aufwendungen bei Arbeitslosigkeit betra- gen zusammen 2,5 Mrd. Euro beim Eigenheimbau. Sie übersteigen die Einsparungen an Zulagen für die 25.000 Wohnungen in Höhe von ca. 0,6 Mrd. Euro (über die gesamte För- derphase von acht Jahren zusammen) erheblich.

Das selbstgenutzte Wohneigentum wird außerdem als tragende Säule der privaten Vermö- gensbildung und Alterssicherung ausgerechnet in einer Phase wesentlich geschwächt, in der die Eigenvorsorge aufgrund der demographischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung

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gewinnt. Dies gilt in ganz besonderer Weise für weniger einkommensstarke Haushalte, die sog. Schwellenhaushalte.

Konkret zielt die Änderung der Eigenheimzulage auf eine Konzentration der Förderung auf Familien mit Kindern. Kinderlose Ehepaare sollen nicht mehr in den Genuss der Subvention kommen und die Einkommensgrenzen werden gesenkt. Dadurch dürfte die Zahl der neuen Förderfälle laut dem RWI ab 2003 jährlich um etwa ein Drittel sinken. Die meisten Förderfälle hat es mit 660.000 im Jahr 1998 gegeben. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird sich – bereits ohne gesetzliche Neuregelungen – bis 2010 ein sehr deutlicher Rückgang der Förderfälle bei Familien mit Kindern ergeben.

4. Maßnahmen im Bereich der Umsatzsteuer

Der Katalog der Umsätze, die bisher mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% besteuert wer- den, soll dem Gesetzentwurf nach drastisch reduziert werden. Damit soll erreicht werden, dass nur lebensnotwendige Güter und Dienstleistungen sowie Bildungs- und Kulturangebote umsatzsteuerlich bevorzugt behandelt werden.

Dieser Ansatz ist im Prinzip steuersystematisch sicherlich akzeptabel. Bei seiner Durchfüh- rung können jedoch in der gegenwärtigen Wirtschaftslage für die Betroffenen Probleme ent- stehen, die wiederum insbesondere die Sicherheit von Arbeitsplätzen betreffen. Diese Fol- gen sollte man in der spezifischen wirtschaftlichen Situation bedenken. Aus Sicht des DGB gilt diese Gefahr vor allem für die vorgesehene Verschärfung bei der Umsatzbesteuerung zahntechnischer Produkte und Leistungen. Die von dieser Maßnahme betroffene Branche muss seit Jahren mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen kämpfen, unter der die Be- schäftigten leiden, die mit ihrer spezifischen und hochstehenden Qualifikation im Falle ihrer Entlassung nur schwer mit anderen Arbeitsplätzen rechnen können. Deswegen sollte auf die Durchführung speziell dieser Maßnahme verzichtet werden.

5. Ergebnis

Die im Steuervergünstigungsabbaugesetz vorgesehenen Einzelmaßnahmen sind aus Sicht des DGB differenziert zu bewerten: Auf jeden Fall stimmt die grundsätzliche Ausrichtung, wonach die Stabilisierung der staatlichen Finanzbasis auch von der Einnahmeseite her ga- rantiert werden muss.

Zweitens ist zu begrüßen, dass mit den beabsichtigten Änderungen im Bereich der Unter- nehmensbesteuerung in wesentlichen Punkten Konstruktionsfehler der Unternehmensbe- steuerung sowie im besonderen der Körperschaftsteuerreform revidiert und damit für die Zukunft drohende Steuerausfallrisiken eingegrenzt werden. Die Unternehmen, welche die bestehenden Vorschriften in Anspruch genommen haben, werden sich zukünftig wieder stär- ker an der Finanzierung der gesamtstaatlichen Aufgaben beteiligen müssen.

Wenngleich der Gesetzentwurf somit aus gewerkschaftlicher Sicht eine Reihe positiver Ele- mente enthält, müssen einige Maßnahmen in der jetzigen Form abgelehnt werden oder sind zumindest nachbesserungsbedürftig. Abgelehnt werden muss aus Konjunktur-, Wachstums- und Beschäftigungsgründen insbesondere die geplante Reduzierung der Eigenheimzulage.

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Zum jetzigen Zeitpunkt vorgenommen, schwächt sie insbesondere die Bauwirtschaft, würde aber auch der gesamten Volkswirtschaft und dem Fiskus selbst Schaden zufügen.

Nachbesserungsbedarf sieht der DGB insbesondere noch bei der vorgesehenen Besteue- rung von Veräußerungsgewinnen, obwohl diese einen guten Kern aufweisen und von ihrem Ansatz her eine Verbesserung des Status Quo darstellen.

Bei der Unternehmensbesteuerung fehlt als wesentliches Element die Einführung einer Min- destbesteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilsbesitz von Kapitalgesell- schaften. Die Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft darf anbetracht der prekä- ren Haushaltslage vieler Kommunen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Bei der Einschränkung von Verlustvorträgen sollten Fristen vorgesehen bleiben, innerhalb derer auf- gelaufene Verluste aus früheren Jahren abgebaut sein müssen.

Schließlich erwartet der DGB von der Bundesregierung die Wiederingangsetzung der Ver- mögensteuer. Auch bei Einräumung hoher Freibeträge und weitgehender Schonung des Betriebsvermögens liegen hier unverzichtbare fiskalische Potentiale vor, die auch aus Grün- den der Steuergerechtigkeit in Anspruch genommen werden müssen. Die von der Bundes- regierung bisher nur angekündigte, aber nicht als konkreter Vorschlag vorliegende Einfüh- rung einer Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge kann von den Gewerkschaften in keiner Weise als Ersatz für den Verzicht auf die Vermögensteuer akzeptiert werden.

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