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Stellungnahme desDeutschen Gewerkschaftsbundes(DGB)

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Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Abt. Struktur- und Umweltpolitik, Handwerkssekretariat

Stellungnahme des

Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

zum Themenkatalog der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

des Deutschen Bundestages

zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes, insbesondere zum Entwurf der Bundesregierung

„Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“

am 29. 11. 2004 in Berlin

24. November 2004

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Einleitung

Mit dieser Novelle des EnWG sollen die Richtlinien des Europäischen Parlaments und Rates 2003/54/EG und 2003/55/EG vom 26. Juni 2003, für Elektrizität und Gas (sog. Beschleunigungsrichtlinien) umge- setzt werden.

Der DGB plädiert dafür, die nationale Umsetzung möglichst nahe an den Richtlinien selbst auszulegen. Wesentlicher Ausgangspunkt für den DGB ist die Überlegung, dass das EnWG neben anderen energiepolitischen Instrumenten dazu beitragen muss, eine jederzeit gesicherte, umwelt- schonende und preiswürdige Energieversorgung in dem relativ dicht besiedelten Deutschland mit seinen vergleichsweise energieintensiven Industrien sicherzustellen und weiterzuentwickeln. Für den DGB ist da- bei die Sicherung und der Ausbau eines ausgewogenen und wettbe- werbsfähigen Energiemixes mit dem dazugehörigen Infrastruktursystem von entscheidender Bedeutung. Zudem sind nach dem Einbruch der letzten Jahre Anreize für eine wieder regere Investitionstätigkeit not- wendig, um die Netz- und Versorgungsqualität langfristig zu sichern.

Wichtig ist auch zu sehen, dass die Energiewirtschaft wichtige Impuls- geberin für Kernbranchen der deutschen Industrie (Kraftwerksbau, An- lagenbau, Maschinenbau, Netztechnik) ist.

Übereinstimmend mit den vorliegenden Erkenntnissen der energiewirt- schaftlichen Institute ist zudem festzuhalten, dass die Ausfallzeiten im deutschen Netz zu den niedrigsten und die Qualitäts- und Umweltanfor- derungen (z. B. unterirdische Verkabelung etc.) zu den höchsten in Eu- ropa und auch weltweit gehören. Dies ist auch für die Zukunft sicher zu stellen, indem der Wettbewerb über Energieeffizienz und Qualität initi- iert wird – ein Kostensenkungswettlauf um Umwelt- und Sozialstan- dards steht dem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung zuwider und ist deshalb unbedingt zu vermeiden.

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Energiewirtschaftliches Umfeld

Mit der Umsetzung der europäischen Elektrizitätsrichtlinie in nationales Recht im Juni 1998 durch die damalige CDU/FDP-Bundesregierung und den in der Folge entstandenen Märkten für Elektrizität (hier Strombörse) und später Gas haben sich neue Modelle am Elektrizitäts- / Gasmarkt etabliert.

Bei der Diskussion um wettbewerbsfähige Preise für alle Endverbrau- cher ist zu differenzieren zwischen

· Wettbewerbs- und Marktentwicklungen

· Kosten respektive Gebühren im natürlichen Monopolbereich, Regula- tionsbereich des EnWG (Netze) sowie den

· Steuern und Abgaben.

Im Rahmen der 1998 durchgeführten Novelle des EnWG hat der DGB frühzeitig und umfassend auf die unkalkulierbaren Folgewirkungen einer sofortigen uneingeschränkten Marktöffnung hingewiesen und dafür plä- diert, die Übergangsoptionen der EU-Richtlinie zu nutzen, wie sie auch in anderen EU-Mitgliedstaaten praktiziert wurden.

Die damalige CDU/CSU/FDP-geführte Bundesregierung hat darauf ver- zichtet und sämtlichen Elektrizitätsabnehmergruppen den Zugang zum Markt und Wettbewerb eröffnet. In der Folge kam es einerseits zu teilweise deutlichen Strompreissenkungen in einigen Teilbereichen insbesondere der großen Industriekunden, die allerdings inzwischen weitgehend wieder auf- gezehrt wurden, vor allem durch die gestiegenen Brennstoffpreise. Auf der anderen Seite stehen signifikante Umstrukturierungen in der deutschen Energiewirtschaft, die in der Vorbereitung der Liberalisierung seit Beginn der 90er Jahre auch zu einem Verlust in einer Größenordnung von bis zu 80.000 Arbeitsplätzen geführt haben (Bundesamt für Statistik, Erhebungen von DGB und VDEW).

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Aufgrund dieser Erfahrungen weist der DGB auf die Risiken hin, die sich mit der Einführung von neuen Instrumenten und Regulierungssystemen ergeben können, wenn diese ohne ausreichende empirische Absiche- rung bzw. Beweis der Praxistauglichkeit und durch entsprechende be- gleitende wissenschaftliche Untersuchungen implementiert werden soll- ten. Die bisherigen empirischen Befunde zur Liberalisierung und Deregu- lierung in den EU-Elektrizitäts- und Gasmärkten geben keineswegs die ursprünglichen Ziele und Erwartungen wider, die den Energieverbrau- chern versprochen wurden.

Insofern macht der DGB auf die Tatsache aufmerksam, dass die teilwei- se in der Öffentlichkeit geäußerten Erwartungen auf einen drastischen Rückgang der Strompreise respektive der Netznutzungskosten bei Implementierung des neuen Regulationssystems überzogen sein dürften.

Die Preisspielräume bewegen sich in anderen Größenordnungen als im Telekommunikationsmarkt; entsprechend sind die realistisch zu erwar- tenden Preisrückgänge geringer. Dies zeigt eine Detailanalyse der Haus- haltsstrompreise. Der Haushaltsstrompreis besteht überwiegend aus Komponenten, die von einer Regulierung der Netze nicht direkt berührt werden: Rund 40 % des Preises erklären sich durch Steuern und Ab- gaben (Umsatzsteuer, Stromsteuer, Konzessionsabgaben sowie EEG und KWK-Förderung), rund 20 % durch die Stromproduktionskosten im engeren Sinne (Kraftwerke) zusammen. Die jetzt diskutierten Netznut- zungskosten machen beim Haushaltsstrom etwa ein Drittel bis 40 % der Kosten aus. Wenn die Netzkosten kurzfristig (um rund 20 Prozent) auf den EU-Durchschnitt sinken, geht die Gesamtrechnung entspre- chend des Anteiles der Netzkosten „nur“ um rund 10 Prozent zurück.

Diese Rechnung gilt im Wesentlichen auch für Abnehmer im Mittel- spannungsbereich.

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Anders verhält es sich aus der Perspektive eines industriellen Sonderab- nehmers, der Strom aus dem Höchst- bzw. Hochspannungsbereich be- zieht. Hier liegt der prozentuale Kostenanteil des Hoch- und Höchst- spannungsnetzes deutlich höher, weil diese Unternehmen zum großen Teil den Strom auf den Hoch- und Höchstspannungsebenen abnehmen und deshalb keine Verteilnetzkosten anfallen. Es bleibt aber festzustel- len, dass sich die Netznutzungsentgelte für industrielle Großabnehmer im Höchstspannungsbereich mit etwa 0,05 bis 0,15 ct/kWh in einer Größenordnung bewegen, die aus industriepolitischer Sicht zu relativie- ren ist.

Der DGB weist an dieser Stelle auch darauf hin, dass die in der Öffent- lichkeit zu findende Erwartungshaltung über drastisch sinkende Energie- preise (durch sinkende Netznutzungsentgelte) auch aus dem Grund kri- tisch zu hinterfragen ist, weil andere Effekte, wie z. B. steigende

Brennstoffkosten etc., zu einer gegenläufigen Entwicklung führen könn- ten.

Der DGB stellt darüber hinaus fest, dass im Höchstspannungsbereich – wie auch im Ferngasbereich – die Netznutzungsentgelte in Deutschland im europäischen Mittelfeld liegen. Zugleich muss aber auch konstatiert werden, dass insbesondere im Bereich Niederspannung und Mittelspan- nung die Netzkosten in Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegen (Anlage 1) – für KMU des verarbeitenden Gewerbes kann dies ein Wettbewerbsnachteil sein.

Aus Sicht des DGB ist für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Energie- und Industriestandortes Deutschland die Gewährleistung von wettbewerbskonformen Netzzugangsbedingungen und entspre- chenden Netznutzungsentgelten ein wesentliches Moment. Dabei ist sicherzustellen, dass neben angemessenen Entgelten die jederzeitige Sicherheit des Netzes auch über eine geeignete Bestimmung der Netz- nutzungsentgelte gewährleistet werden muss. Dazu gehören erhaltende

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und modernisierende Investitionen. Die Auswirkungen der Stromausfälle in den USA sowie einigen europäischen Nachbarländern haben auf die Bedeutung einer jederzeit sicheren Versorgung mit Energie unzweideutig hingewiesen.

In enger Anlehnung an den Themenkatalog des Ausschusses sind für den DGB folgende Inhalte bei der Novelle des EnWG von zentraler Be- deutung.

Transparenz und Vergleichbarkeit

Ein missbräuchliches Verhalten von Netzbetreibern, die nach wie vor im natürlichen Monopolbereich operieren, ist durch den Gesetzgeber aus- zuschließen. Der DGB geht davon aus, dass der durch die Bundesregie- rung vorgeschlagene Weg (§ 21 Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang und hier insbesondere Absatz 3 (Vergleichsverfahren / Ver- gleichsmarktprinzip)) grundsätzlich geeignet ist, zum einen Missbrauch des natürlichen Monopols im Sinne von überhöhten Netzentgelten aus- zuschließen und zum anderen sicherzustellen, dass die entsprechende und berechtigte Höhe der Netzentgelte die Finanzgrundlage für die not- wendigen und auch hinreichenden Investitionen zum sicheren Betrieb der Netze gewährleistet. Dies kann für die noch nicht ausgearbeiteten Methoden einer Anreizregulierung (gemäß § 24 Satz 2 Nr. 8) analog gelten.

Ein transparentes und in zeitlich definierten, relativ engen Abständen sich wiederholendes Prozedere stellt des Weiteren auch und vor allem sicher, dass der potentielle Vorwurf, Netzbetreiber nutzten ihre Mono- polstellung aus, vom Grundsatz her gegenstandslos wird.

Das Vergleichsmarktkonzept, das im Grundsatz schon in der Verbände- vereinbarung angelegt ist, stellt eine hohe Herausforderung an alle Be-

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teiligten dar. Dieses Verfahren kann nur dann akzeptiert werden, wenn alle Beteiligten die Gewissheit haben, dass hier mit größter Genauigkeit und absoluter Transparenz in einem jederzeit überprüfbaren und nach- vollziehbaren Verfahren die notwendigen und auch in sich sinnvollen Vergleiche durchgeführt werden.

Das Vergleichsmarktverfahren darf nicht dazu dienen, einseitig Druck auf die Kostenstruktur auszuüben, sondern muss im Sinne der zentralen Anforderungen des Gesetzes durchgeführt werden. Diese zentralen An- forderungen werden in § 1 Absatz 1 folgendermaßen definiert: „Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstigere, verbraucher- freundliche und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas“ (§ 1 Abs. 1). Bei der Durchfüh- rung des Vergleichsmarktverfahrens müssen folglich diese zentralen Ziele der Energiepolitik hinreichend berücksichtigt werden.

Dies vorausgeschickt, stellt der DGB fest: In der ersten Phase der Regu- lierung bis zum Erfahrungsbericht am 1.7.2007 sollte das Vergleichs- marktverfahren die Grundlage der Regulierung der Netzentgelte bilden.

Dabei sollten eindeutige, transparente und nachvollziehbare Kriterien definiert werden, die für den gesamten Zeitraum verbildlich gelten. Auf diese Weise kann Planungs- und Rechtssicherheit hergestellt werden.

Über Änderungen des Verfahrens wird nach Auswertung des Erfah- rungsberichtes entschieden.

Ex-ante / Ex-post Aufsicht

Der DGB nimmt die mit der Gegenäußerung der Bundesregierung erfolg- te Einigung mit dem Bundesrat in der Frage der anzustrebenden Ge- nehmigungspraxis, also der Einführung einer Vorab-Genehmigungspraxis für Erhöhungen der Netzentgelte, zustimmend zur Kenntnis. Allerdings wäre die sofortige Umsetzung einer solchen Ex-Ante Regelung vor dem Hintergrund der 1.700 existierenden EVU in Deutschland mit sehr ho-

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hem technisch-administrativem Aufwand verbunden. Nach Einschät- zung des DGB wird deshalb die Entgelteprüfung zu Beginn in einem Ex- Postverfahren im Sinne der Missbrauchsaufsicht (§ 21 Abs. 2 in Ver- bindung mit §§ 30, 31 EnWG-E und im Kontext des Vergleichsverfah- rens (§ 21 Abs. 3 EnWG-E) durchgeführt werden.

Wichtig ist, dass die Wirkung der Regulierung sofort greifen kann. Ein eventuell sinnvolles Umschalten auf eine Ex-Ante Regulierung sollte pragmatisch auch vor dem Hintergrund der Arbeitsfähigkeit der Regulie- rungsbehörde getroffen werden.

Ausgestaltung einer Anreizregulierung/

Garantie von Versorgungsqualität: Investitionen

Zur Diskussion um die Einführung einer Anreizregulierung stellt der DGB fest: Es existiert derzeit noch kein geeignetes Modell der Anreizregulie- rung, das in Deutschland eingeführt werden könnte. Der Bundesrat bes- tätigt dies in seiner Stellungnahme. Dies gilt aus Sicht des DGB insbe- sondere für die derzeit vorrangig diskutierten mehrjährigen strukturklas- senspezifischen festen Caps. Weil hierbei Reduzierung des Personals und Stop der notwendigen Investitionen 1:1 in Renditeerhöhung umge- setzt würden, hätte eine derartige Regulierung zur Folge, dass diejeni- gen, die ohne Rücksicht auf langfristige Versorgungssicherheit schnell Kosten minimieren, jahrelang Mitnahmeeffekte genießen würden. Dies ist aus Gründen der Versorgungssicherheit und der sozialen Verträglich- keit nicht akzeptabel.

Die Bundesregierung schlägt in der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates vor, die Regulierungsbehörde mit der Entwicklung ei- nes geeigneten Modells der „Anreizregulierung“ zu beauftragen. Dabei müssen nach Ansicht des DGB Fehlerdes Auslands – wie beispielswei- se die Anwendung nicht sachgerechter Vergleichsmethoden in Großbri- tannien und den Niederlanden – vermieden werden.

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Nach Ansicht des DGB muss die Zielvorgabe für das zu findende Modell der „Anreizregulierung“ neben der stärkeren Koppelung der Renditen der Netzbetreiber an die Kosteneffizienz des Netzbetriebs unverzichtbar fol- gende weiteren Teilziele enthalten: Es muss

- konsistent mit der Kalkulationsmethodik und dem Vergleichsmarkt- verfahren sein;

- den Kapitalstock sichern;

- getätigte Investitionen berücksichtigen und neue Investitionen auf Grundlage qualitativer Vorgaben „anreizen“;

- Wege eröffnen, die intendierte Steigerung der Kosteneffizienz des Netzbetriebes sozialpolitisch derart zu gestalten, dass Entlassungen vermieden werden und Tarifvereinbarungen, betriebliche Standards und Arbeitsbedingungen erhalten bleiben;

- Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz geben, insbes. im Netz;

- die Kapitalflüsse innerhalb vertikal integrierter EVU’s zwischen Netzbetreibern und Muttergesellschaften offenlegen.

Die weiteren Schritte zur Einführung einer Anreizregulierung sollten dar- an gekoppelt werden, ob es gelingt, ein diesen Zielvorstellungen genü- gendes Modell zu entwickeln. Der DGB und seine Gewerkschaften sind bereit, an der Entwicklung der Anreizregulierung mitzuwirken.

Kalkulationsprinzip

Der Regierungsentwurf basiert auf dem Prinzip des Nettosubstanzer- halts. Von Seiten der stromintensiven Industrien wird die Umstellung auf das Prinzip des sog. Realkapitalerhalts gefordert, mit der Begrün- dung dass die Kostenkalkulation nach Nettosubstanzerhalt u.U. über- höhte, weil technisch überholte Ansätze enthalten könnte. Der DGB unterstützt grundsätzlich das Prinzip des Nettosubstanzerhaltes als Kal- kulationsmethode zumindest bis zum ersten Erfahrungsbericht am

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1.7.2007. Für Neuinvestitionen erscheint die parallele Anwendung des Realkapital-Prinzips praktikabel.

Entflechtungsregelung / Unbundling

Im Teil 2 der EnWG-Novelle (§ 6 bis § 10) ist die Entflechtung des Netzbetriebs von den übrigen Teilen eines vertikal strukturieren Energie- versorgungsunternehmens geregelt. Diese Regelung muss nach EU- Richtlinien bis spätestens 01.07.2007 in nationales Recht umgesetzt werden. Der Vorschlag der Bundesregierung sieht hierzu vor, den Zeit- rahmen bis zum 01.07.2007 voll auszunutzen und zugleich kleinere EVU bis 100.000 Kunden im Sinne der in den EU-Richtlinien vorgese- henen sogenannten De-minimis-Regelung von der rechtlichen Entflech- tung dauerhaft auszunehmen.

Die Position der Bundesregierung wird an dieser Stelle durch der DGB ausdrücklich unterstrichen. Für kleine und mittlere EVU wäre die Ver- pflichtung zur rechtlichen Entflechtung mit unverhältnismäßig hohen Transaktionskosten verbunden, die ihre Stellung im Wettbewerb ge- fährden könnten. Diese Mehrkosten müssten an die Kunden weiterge- geben werden und erhöhten die Strompreise. Die auch in diesen Unter- nehmen vorzusehenden Maßnahmen der organisatorischen und informa- torischen Entflechtung des Netzbetriebs reichen hier aus, um die erfor- derliche Transparenz der Netznutzungsentgelte zu gewährleisten, so dass angesichts der zu befürchtenden ökonomischen Nachteile für diese Unternehmen eine Verpflichtung zu rechtlicher Entflechtung unverhält- nismäßig wäre.

Der DGB begrüßt die durch die Bundesregierung insbesondere im Be- gründungsteil dargelegten Ausführungen, die darauf abzielen, die be- triebsverfassungsrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen und die übri- gen arbeits- und sozialrechtlichen Auswirkungen auf die Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, so weit es möglich ist, zu

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begrenzen. Der DGB regt an dieser Stelle an, zu überprüfen, ob die Per- sonenkreise, die mit wesentlichen Tätigkeiten des Netzbetriebs und

„insbesondere der Vermarktung von Netzkapazität und der Steuerung des Netzes“ befasst sind (§ 8 Abs. 2), nicht enger und gleichzeitig kla- rer gefasst werden können – diese Definition hat bereits jetzt in zahlrei- chen EVU zu Unsicherheiten geführt, welcher Personenkreis in den Netzbetreiber überwechseln muss. Sollte eine Eingrenzung bzw. Klärung nicht möglich sein, ist nach Auffassung des DGB eine entsprechende Streichung des § 8, Abs. 2, aus Gründen der Rechtsklarheit und Si- cherheit vorzunehmen. Damit befände sich die deutsche Gesetzgebung im Einklang mit den EU-Richtlinien, die nur die Ausgliederung des Lei- tungspersonals des Netzbetriebes aus dem integrierten Unternehmen verpflichtend vorsehen. Es sollte in jedem Fall sicher gestellt werden, dass Personen, die aus dem integrierten Unternehmen in den Ge- schäftsbereich Netze überwechseln, kein materieller und beruflicher Nachteil entstehen darf.

Zu begrüßen ist, dass Personen, die „sonstige Tätigkeiten des Netzbe- triebs“ ausüben, im integrierten Unternehmen verbleiben können (§ 8 (2 Nr. 3)). Dies entspricht implizit den Vorgaben der Richtlinien. Diese Per- sonen sind allerdings „insoweit den fachlichen Weisungen des Leiters des Geschäftsbereiches Netzbetrieb zu unterstellen“. Hier ist nicht aus- geschlossen, dass es zu unklaren Weisungsstrukturen kommt, denn diese Personen unterstehen gleichzeitig natürlich weiterhin ihren direk- ten Vorgesetzten im integrierten Unternehmen. Eine arbeitsrechtliche Klärung ist bislang nicht erfolgt. Es ist vielmehr erforderlich, dass in klaren vertraglichen Vereinbarungen Art und Umfang der zu erbringen- den Dienstleistungen festgelegt werden. Dazu kann die zitierte Formu- lierung aber nicht. dienen Deshalb plädiert der DGB für eine Streichung dieser Formulierung.

Um Kostengünstigkeit und Transparenz zu erreichen, müssen Netz- betreiber und Regulierungsbehörde in einem engen Abstimmungspro-

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zess zusammenarbeiten. Organisatorische Auflagen der Regulierungs- behörde, namentlich die Verpflichtung zur Ausschreibung bestimmter Dienstleistungen , sind in den EU-Richtlinien wie im EnWG nicht vorge- sehen und zur Zielerreichung auch nicht notwendig. Sie würden viel- mehr den bilateralen Prozess des Zusammenwirkens nachhaltig stören.

Der DGB lehnt deshalb Ausschreibungsauflagen der Regulierungsbe- hörde als Methode der Regulierung gegenüber Netzbetreibern grund- sätzlich ab.

Tarifautonomie

Die Tarifautonomie ist ein in der Verfassung verankertes Gut und ele- mentares Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es wird er- wartet, dass im Rahmen der Arbeiten des Regulators im Sinne von Kos- tenkontrolle des Netzbetreibers (Kosten für energiewirtschaftlich ratio- nelle Betriebsführung) auch andere im vertikal integrierten EVU geführ- ten Unternehmen oder Unternehmensteile (z. B. Instandhaltungs GmbH u. ä.) indirekt erfasst werden. Deshalb ist sicherzustellen, dass durch die Aufsicht des Regulators die Tarifautonomie und die Tarifeinbindung der Beschäftigten grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden.

Energieeffizienz

Es sollte geprüft werden, an welchen Stellen die Energieeffizienz sinn- voll in das Gesetz und die Verordnungen integriert werden kann. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund sinnvoll, dass derzeit eine Richtli- nie der EU zur Energieeffizienz vorbereitet wird, die den Mitgliedsstaa- ten eine deutlich erhöhte Steigerungsrate der Energieeffizienz abverlan- gen wird.

Inhaltliche Aufteilung in Gesetz und Verordnungen

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Der Regulierungsbehörde kommt eine hohe Verantwortung zu. Deshalb hält es der DGB für unverzichtbar, den Regulierungsrahmen der Behörde grundsätzlich durch Gesetz bzw. durch Verordnungen mit Zustimmung durch den Bundestag zu definieren. Dabei sollte zu den wesentlichen Elementen des gesamten Regelwerkes eine weitere Anhörung erfolgen.

Diesen normativen Vorgaben durch das Parlament steht nicht entgegen, dass selbstverständlich die Regulierungsbehörde zeitnah und flexibel auf Marktentwicklung eingehen kann und somit selbstverständlich auch mit der entsprechenden Flexibilität auszustatten ist.

Dezentrale Einspeisung / Vermiedene Netznutzungsentgelte

Die Nachteile für dezentrale Einspeisung, die durch das transaktionsu- nabhängige Handelspunktkonzept entstehen, müssen ausgeglichen werden. Denn dezentrale Einspeisung wird danach mit den Netznut- zungsentgelten für sämtliche Netzebenen belastet, obwohl sie diese gar nicht in vollem Umfang in Anspruch nimmt. Stromproduktion in dezen- tralen Anlagen wird in der Regel auf der Niederspannungsebene verteilt.

Vorgelagerte Netzebenen werden allerdings benötigt, um die Versor- gungssicherheit aufrecht zu erhalten, insbesondere zur Vorhaltung von Regel- und Reservekapazitäten. Entsprechend sieht der Anhang VI der Verbändevereinbarung die Zahlung von vermiedenen Netznutzungsent- gelten an die Betreiber dezentraler Stromerzeugungsanlagen vor. Dieser Anspruch gilt für alle Betreiber dezentraler Anlagen außer nach dem EEG geförderter Anlagen, die mit einem festen Satz vergütet werden.

In § 18 des Entwurfs der Stromnetzentgeltverordnung der Bundesre- gierung wird dieser Anspruch dezentraler Einspeiser prinzipiell zugesi- chert, allerdings für Betreiber von KWK-Anlagen explizit nur dann, wenn sie nicht nach § 4 Abs.3 Satz 1 KWK-G vergütet werden. Für viele KWK-Anlagen gilt aber genau dies. Zwar ist in Anhang VI der VVIIplus

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auch für diese Anlagen vereinbart, dass im Rahmen der Preisvereinba- rung eine Zurechnung vermiedener Netznutzungsentgelte guter fachli- cher Praxis entspricht. Dies könnte durch die im Verordnungsentwurf gewählte missverständliche Formulierung in Zukunft jedoch in Frage gestellt werden. Damit könnten sie unwirtschaftlich werden, was die Ziele des KWK-G konterkarieren würde. Dies kann aber nicht Ziel der Novelle des EnWG sein. Aus diesem Grund fordert der DGB den Bun- destag auf, dafür Sorge zu tragen, dass der § 18 des Entwurfes der StromNEV dergestalt geändert wird, dass auch Betreiber von KWK- Anlagen, die nach § 4 Abs 3 Satz 1 KWK-G vergütet werden, Anspruch auf vermiedene Netznutzungsentgelte mindestens entsprechend Anhang VI der VVIIplus erhalten.

Geeignet hierzu wäre folgende Formulierung von § 18 Absatz 1 der Netznutzungsverordnung: „Betreiber von dezentralen Stromerzeugungs- anlagen erhalten vom Betreiber der Netz- oder Umspannebene, in wel- che sie elektrische Energie einspeisen, ein Entgelt für vermiedene Netz- nutzungsentgelte. Die Bestimmung des Entgeltes hat diskriminierungs- frei zu erfolgen und muss guter fachlicher Praxis auf der Grundlage der Anlage 6 der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13. 12. 2001 (BAnz. Nr. 85b vom 8.5.2002) ent- sprechen. Die Regelung in Satz 1 gilt nicht für die Betreiber von dezen- tralen Stromerzeugungsanlagen, deren Strom nach dem Erneuerbaren- Energien-Gesetz vergütet wird. Für die Ermittlung und Berechnung des Vergütungsabzuges gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 des Erneuerbaren-Energien- Gesetzes gilt Satz 2 entsprechend. Für KWK-Anlagenbetreiber, die gem.

§ 4 Abs. 3 Satz 2 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz ein Entgelt für dezen- trale Einspeisung beanspruchen, gilt zur Berechnung des Entgeltes die Anlage 6 der Verbändevereinbarung gem. Satz 2 als anerkannte Regel der Technik.“

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Arealnetze

In der vorliegenden Novelle des EnWG werden sogenannte Areal- und Werksnetze das erste Mal ausdrücklich erfasst und gegenüber den an- deren Netzen abgegrenzt. Eine weitergehende, ausführliche Definition von Areal-/Werksnetzen sieht das EnWG derzeit nicht vor.

Aus Sicht des DGB ist deshalb sicherzustellen, dass ein Herausbrechen eines hoch verdichteten, kostengünstig strukturierten Versorgungsrau- mes aus dem allgemeinen Versorgungsnetz zu Lasten der allgemeinen Versorgung unterbleibt.

Parallel dazu ist gesetzlich zu regeln, dass der unscharf definierte Status von Werksnetzen im Gesetz klar definiert wird.

Contracting

Durch die EEG-Novelle im August d. J. können Contracting-Modelle, die überwiegend KWK-Projekte realisieren, in den finanziellen Ausgleichs- mechanismus des EEG in der Art einbezogen werden, dass sich eine erweiterte industrielle Stromeigenproduktion respektive Stromversor- gung über Contracting-Modelle um rd. 0,5 ct/kWh verteuert.

Nach Einschätzung des DGB werden solche, grundsätzlich energiepoli- tisch und umweltpolitisch wünschenswerten Projekte damit wirtschaft- lich unmöglich.

Der DGB fordert deshalb dazu auf, im Rahmen der Novelle des EnWG die entsprechenden rechtlichen Klarstellungen herbeizuführen. Dieses bedeutet insbesondere eine im Gesetz enthaltene Definition bezüglich der Rechte und Pflichten von Arealnetzbetreibern und eine Gleichbe-

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handlung der Contracting-Stromerzeugung mit der Eigenstromversor- gung.

Zugang zu den Gasnetzen (Entry-Exit-Modell)

Mit der Einführung des transaktionsunabhängigen Entry-Exit-Modells bei Gaslieferungen wird ein völlig neues Verfahren eingeführt. Dabei ist besondere Sorgfalt notwendig. Das Gesamtsystem muss so ausgestal- tet werden, dass Netzsubstanz und Kapazitäten erhalten werden kön- nen. Dies bedingt auch, dass Sorge getragen wird, dass vorhandene Kapazitäten optimal ausgenutzt werden.

Teilnetze

Besondere Sorgfalt ist bei der Frage geboten, wie Gas-Netzbetreiber die Kapazitätszuteilung im Falle von Engpässen im Netz gestalten müssen.

Dies kann – so auch im § 5 Absatz 5 des Entwurfs der Netzzugangs- verordnung vorgesehen – die Bildung von Teilnetzen erforderlich ma- chen. Die Entscheidung über die Bildung von Teilnetzen und deren Zu- schnitt und Anzahl sollte den Netzbetreibern vorbehalten bleiben. Die Aufsicht der Regulierungsbehörde sollte Ex-Post erfolgen.

Rucksackproblem

Beim Gas-Lieferantenwechsel stellt sich das Problem des Übergangs der notwendigen Transportkapazitäten vom alten auf den neuen Lieferan- ten. Hier ist ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen herbeizufüh- ren, der einerseits sicher stellt, dass die neue Lieferanten-Kunden- Beziehung nicht behindert wird, der aber andererseits auch gewährleis- tet, dass der frühere Lieferant ausreichend Netzkapazitäten zugeteilt bekommt, die er zur Erfüllung vertraglicher Pflichten oder zur Aus- übung vertraglicher Rechte aus Gasimportverträgen benötigt. Entspre-

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chend sollte § 8 Absatz 7 Satz 2 des Regierungsentwurfes der Gas - Netznutzungsverordnung erhalten bleiben.

Bund / Länder Kompetenz

Der DGB setzt sich eindeutig für eine klar geregelte Bundeskompetenz im Rahmen der Regulierungsbehörde ein. Die bisherigen Erfahrungen mit der Preisgenehmigung durch die Länderbehörden weisen es als sehr wahrscheinlich aus, dass eine Zersplitterung der Regulierung durch zu starke Länderkompetenzen weder zweckdienlich noch sachorientiert sein dürfte.

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Anlage 1 - Netzkosten

Die Netzgebühren der verschiedenen Spannungsebenen betragen derzeit im Durchschnitt:

Höchstspannungsnetz: Netznutzungsentgelte in D im Mittelfeld

HÖCHSTSPANNUNGSNETZ (220-440 kV) BEI 5.000 VBH

0 2 4 6 8 10 12 14 16

nemark- Ost Polen nemark- West Italien Portugal Slowenien England Belgien Deutschland Österreich Frankreich Spanien Norwegen Niederlande Finnland Schweden

€/MWh

Große Entfernung Nord-Süd Geringe Entfernung Quelle: ETSO

Vergleich der Netznutzungsentgelte in Europa

Quelle: ETSO; EU-Kommission 0

10 20 30 40 50 60 70 80

Belgien Österreich Deutschland Irland Frankreich Dänemark Spanien Schweden Niederlande UK Finnland Italien Norwegen Luxemburg Griechenland Portugal

€/MWh

Niederspannung Mittelspannung Hoch-/Höchstspannung

Durchschnitt

k.A. k.A. k.A.k.A. k.A. k.A.

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5,5 ct / kWh Niederspannungsbereich 2,7 ct / kWh Mittelspannungsbereich 1,3 ct / kWh Hochspannungsbereich

Im Höchstspannungsbereich liegen diese Gebühren bei etwa 0,5 - 0,6 ct / kWh.

(Quelle: VIK, eigene Berechnungen)

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