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Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

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Academic year: 2022

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Deutscher

Gewerkschaftsbund

Bundesvorstand

Abteilung

Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Stellungnahme des

Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen (Referat IV A 4) zur

Einordnung in Größenklassen gem. § 3 BpO 2000 (GZ: IV A 4 –S 1450/09/10001; DOK: 2011/0915980 vom 16. November 2011)

Berlin, 08.03.2012

Herausgeber:

DGB-Bundesvorstand Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Verantwortlich:

Claus Matecki Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

Fragen an:

Raoul Didier Tel.: 0 30/2 40 60-308 Fax: 0 30/2 40 60-218 E-Mail: Raoul.Didier@dgb.de

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1. Vorbemerkung

Die Einordnung von Unternehmen in die Größenklassen Groß-, Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe nach § 3 der Betriebsprüfungsordnung (BpO) ergibt sich aus dem un- terschiedlichen Umfang der Außenprüfung, wie er durch § 4 Absatz 2 für Großbetriebe und durch Absatz 3 für die anderen Betriebe bestimmt wird. Hiernach sollen Großbe- triebe so geprüft werden, dass ein Prüfungszeitraum an den vorhergehenden Prü- fungszeitraum anschließt. Dies ist für die anderen Betriebe nicht zwingend vorge- schrieben. Für sie gilt lediglich, dass der Prüfungszeitraum i. d. R. drei aufeinander folgende Besteuerungszeiträume nicht übersteigen soll. Ferner ist die Einordnung in die Größenklassen noch für die Aufzeichnungspflichten der Finanzverwaltung von Be- deutung, da nach § 32 (1) über Groß-, Mittel- und Kleinbetriebe, nicht aber über Kleinstbetriebe, eine Betriebskartei zu führen ist.

Im Grundsatz ist gegen eine Bestimmung des Umfangs der Prüfung bzw. der Prü- fungsdichte nach Größenklassen nichts einzuwenden, da die Ziele, einerseits die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu erreichen und andererseits bei der Betriebsprü- fung auf eine Verhältnismäßigkeit der Mittel zu achten, durchaus miteinander konfligie- ren. Allerdings gilt es, darauf zu achten, dass eine Neubestimmung der Größenklassen nicht dazu missbraucht wird, die ungenügende Ausstattung mit Personal und Ressour- cen in der Finanzverwaltung, konkret im Bereich der Betriebsprüfung, nachträglich da- durch zu legitimieren bzw. zu relativieren, dass der erforderliche Prüfungsumfang klein gerechnet wird.

Da die Größenklassendefinition nach § 3 BpO zwar eine wichtige, aber nur eine von mehreren Stellgrößen ist, die Einfluss auf die Gleichmäßigkeit des Steuervollzugs ha- ben, ist eine von anderen wichtigen Einflussgrößen unabhängige Fokussierung allein auf die Definition der Größenklassen nur eingeschränkt sinnvoll. Ausgehend von empi- rischen Erkenntnissen zur Prüfungsintensität in den einzelnen Größenklassen, soll daher im Folgenden der Frage nachgegangen werden, ob im Allgemeinen wie auch in den einzelnen Größenklassen eher Indizien für eine unverhältnismäßig intensive Prü- fungsdichte festzustellen sind oder ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine Anhe- bung der Klassengrenzen die grundgesetzlich gebotene Gleichmäßigkeit der Besteue- rung in noch weitere Ferne rücken lassen würden.

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2. Erkenntnisse auf der Basis von Zahlen des BMF1

Das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat im Januar 2011 auf seiner Internetseite eine Studie der FU Berlin auf der Grundlage von Daten des BMF veröf- fentlicht. Darin wird festgestellt, dass in den Jahren von 2006 bis 2009 das auf Be- triebsprüfungen zurückzuführende Mehrergebnis stetig und mit zum Teil beträchtlichen Zuwachsraten angestiegen ist. Von rund 15,9 Mrd. Euro im Jahre 2006 nahm das Mehrergebnis bis 2009 auf rund 18,3 Mrd. Euro zu. Gemessen an der Anzahl der Be- triebsprüfer kann dabei nicht unterstellt werden, dass die jährlichen Mehrergebnisse durch einen verstärkten Prüfungsdruck zu Stande gekommen wären: Im gleichen Zeit- raum verringerte sich kontinuierlich die Anzahl der Prüfer um insgesamt 2,74 Prozent.

Der Autor der Studie resümiert in diesem Zusammenhang: „Unter mikroökonomischen Gesichtspunkten übersteigt jedenfalls der Grenzertrag eines Betriebsprüfers die Grenzkosten um ein Vielfaches, so dass eine Ausweitung der Anzahl von Betriebsprü- fern verbunden mit einer weiteren Steigerung der Prüfungsintensität sinnvoll er- scheint.“2

Ausgehend von dieser Globalbetrachtung kann aber auch bei einer differenzierteren Betrachtung nach Größenklassen in keinerlei Hinsicht eine Unverhältnismäßigkeit der Mittel von Seiten der Betriebsprüfung festgestellt werden. Im Zeitraum 2004-2009 sind für Groß- und Mittelbetriebe die durchschnittlichen Jahre bis zur Wiederholung der Prü- fung eher gleich geblieben, bei den Kleinbetrieben leicht und bei den Kleinstbetrieben mit einer Erhöhung von 75 auf 91 Jahre sogar sehr stark angestiegen.

Offenbar ist das Bewusstsein über die geringe Kontrolldichte recht verbreitet. Kaum anders dürfte zu erklären sein, dass in den Jahren 2006, 2008 und 2009 das durch Betriebsprüfungen erzielte durchschnittliche Mehrergebnis pro Kleinstbetrieb um bis zu 20 Prozent über dem bei den Kleinbetrieben erzielten Durchschnittsergebnis lag.

Im Vergleich mit den Mittelbetrieben wiederum kann aber auch für die Kleinbetriebe in diesem Zeitraum keine überzogene Prüfungsintensität konstatiert werden. So wurde bei den Mittelbetrieben zwar eine Mehreinnahme erzielt, die im Vergleich mit den Kleinbetrieben durchschnittlich um 7.443 Euro höher lag, jedoch in keinem Verhältnis zu den Breiten dieser beiden Klassen steht. So bestimmt sich beispielsweise die am steuerlichen Gewinn orientierte Untergrenze der Klasse „Kleinbetriebe“ für die meisten

1Vgl.: http://www.fm.nrw.de/presse/2011_01_04_Mehr_Betriebspruefer.php

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Betriebe und Betriebsarten danach, dass sie über 34 Tsd. Euro jährlich erzielen. Die Obergrenze liegt zwischen 53 Tsd. Euro für Handels- und Fertigungsbetriebe und 180 Tsd. Euro für Kreditinstitute. Die sich daran anschließende Klasse der Mittelbetriebe endet hingegen erst bei Obergrenzen zwischen 265 und 530 Tsd. Euro je nach Be- triebsart. Und schließlich kann im Lichte der drastisch gestiegenen durchschnittlichen Mehrergebnisse bei den Großbetrieben (von rund 328 Tsd. Euro in 2006 auf 387 Tsd.

Euro in 2009) auch kein Anhaltspunkt dafür gefunden werden, durch eine Anhebung der Klassenuntergrenze künftig weniger Betriebe in der für Großbetriebe vorgeschrie- benen Intensität zu prüfen.

3. Fazit

Steigerungen bei den durch Betriebsprüfungen erzielten Mehrergebnissen können grundsätzlich auf zweierlei Art erklärt werden: Zum einen kann eine gesteigerte Prü- fungsintensität dazu führen, bisher unentdeckt gebliebenes Steuersubstrat zu heben.

Würden trotz einer gesteigerten Prüfungsintensität, die ihrerseits verschiedene Ursa- chen haben kann (mehr Personaleinsatz, effizientere Risikoidentifizierung, bessere Ausbildung u. v. a.), nur noch geringfügig höhere, gleichbleibende oder gar sinkende Mehrergebnisse erzielt werden, so bestünde ein berechtigter Anlass, die Frage zu erör- tern, ob die Finanzverwaltung bei Wahl und Einsatz der Mittel die Verhältnismäßigkeit wahrt. Von einer solchen Situation sind wir aber in Deutschland weit entfernt. Selbst für die Klasse der Großbetriebe, für die es gar keine prüfungsfreien Zeiträume gibt, sind beträchtliche Steigerungen bei den Mehrergebnissen feststellbar.

Zum anderen können sich zunehmende durchschnittliche Mehrergebnisse pro Betrieb und Jahr aber auch daraus erklären, dass die Steuerpflichtigen das Entdeckungsrisiko zunehmend geringer einschätzen. Werden dann, gewissermaßen wider Erwarten, Prü- fungen durchgeführt so liegt es auf der Hand, dass das zu erwartende Mehrergebnis höher ist, als in einer Situation in der das Entdeckungsrisiko höher eingeschätzt und mithin der Steuerpflicht sorgfältiger nachgekommen wird. Offenbar ist ein großer Teil der Mehrergebnisse in den Klassen der Klein- und Kleinstbetriebe auf diese Weise zu erklären.

Vor dem Hintergrund einer eingehenden Abwägung, ob die Betriebsprüfung in Deutschland eher unverhältnismäßig stark zur Anwendung gebracht wird oder ob ihr Beitrag zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung eher als defizitär einzu- schätzen ist, ist eindeutig letzteres zu bejahen. Daher gibt es nach Auffassung des

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DGB keinen Anlass eine Anhebung der Klassengrenzen zu befürworten. Eine Anhe- bung, die sich alleine an der allgemeinen Preisentwicklung orientiert, wäre angesichts der eklatanten Defizite beim Vollzug der Steuergesetze sachfremd und auch vor dem Hintergrund einer insgesamt moderaten Preisentwicklung auch nicht dringend geboten.

Daneben ist auch kein Grund ersichtlich, warum die freien Berufe gegenüber der Mehrzahl der Betriebe der gewerblichen Wirtschaft einer geringeren Kontrolldichte un- terliegen sollten. Insofern erscheint hier eine Ausrichtung der Klassengrenzen für Frei- berufler an denen der Fertigungsbetriebe geboten.

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