• Keine Ergebnisse gefunden

Chronic Fatigue Syndrome

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Chronic Fatigue Syndrome"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ARS MEDICI 20 2006

975

F O R T B I L D U N G

Über kaum eine Erkrankung wurde in den letzten 20 Jahren so viel und so kontrovers diskutiert wie über das Chronic Fatigue Syndrom (CFS).

Forscher von der Universität Nijmegen fassen im Lancet zusammen, was derzeit über das

chronische Erschöpfungssyndrom bekannt ist.

T H E L A N C E T

Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Myalgic Encephalomyelitis (ME), chronisches Erschöpfungssyndrom, chronisches Müdig- keitssyndrom – es gibt viele Bezeichnungen für die Erkrankung, über die in den letzten Jahren heftig diskutiert und viel geschrieben wurde. Die meistakzeptierte wissenschaftliche Definition des Krankheitsbildes ist diejenige des US-amerikani- schen Center for Disease Control and Prevention aus dem Jahr 1994 (sieheKasten).

Hauptproblem für den Praktiker ist der deskriptive Charakter der CFS-Definition, schreiben Dr. Judith B. Prins vom Radboud University Nijmegen Medical Center und Kollegen im Lancet.

Es gibt keine körperlichen Befunde und auch keine auffälligen Laborwerte, welche die Diagnose CFS untermauern, vielmehr wird die Erkrankung nach Ausschluss anderer Erkrankungen sowie aufgrund der Symptome und Beeinträchtigungen der Betroffenen diagnostiziert.

Epidemiologie

In zwei amerikanischen Studien wird die Prävalenz des CFS bei Erwachsenen mit 0,23 beziehungsweise 0,42 angegeben. Bei Kindern und Jugendlichen scheint das CFS wesentlich seltener vorzukommen. In den meisten CFS-Studien sind mindestens 75 Prozent der Patienten weiblich. Das Durchschnittsalter zu Be- ginn der Erkrankung liegt zwischen 29 und 35 Jahren, die mitt- lere Krankheitsdauer variiert zwischen 3 und 9 Jahren. Ohne Be- handlung bildet sich das CFS nur selten vollständig zurück.

Klinisches Erscheinungsbild

Im Vordergrund der CFS-Beschwerden steht die persistierende, schwere Müdigkeit/Erschöpfung. Doch die meisten Patienten klagen über zahlreiche Begleitsymptome wie Myalgie, gastro- intestinale Beschwerden, Gelenkschmerzen, Schwindel, Übel- keit und Nachtschweiss. Manche Patienten leiden genauso stark an Schmerzen oder an kognitiven Störungen wie an Müdigkeit. Viele Betroffene berichten, dass die Symptomatik nach einer Infektionskrankheit akut begonnen habe. In fast allen Fällen führt die CFS-Symptomatik zu einer wesentlichen Einschränkung der beruflichen, schulischen, sozialen und persönlichen Aktivitäten.

Ätiologie und Pathophysiologie

Über die Entstehung des CFS wurden viele somatische sowie psychosoziale Hypothesen aufgestellt. Heute geht man von einer multifaktoriellen Genese des CFS aus. So nimmt man an, dass Persönlichkeit und Lebensstil die Vulnerabilität für ein CFS beeinflussen (prädisponierende Faktoren).

Chronic Fatigue Syndrome

Ständig müde und erschöpft, was steckt dahinter?

■■

■ Beim Chronic Fatigue Syndrome (CFS) kommt es aus unbekannter Ursache zu einer schweren anhaltenden oder rezidivierenden Erschöpfung.

■■

■ Betroffen sind oft junge Erwachsene, Frauen deutlich häufiger als Männer.

■ Viele Patienten berichten, dass dem CFS ein akuter Infekt vorausging.

■■

■ In der Behandlung haben sich die kognitive Verhal- tenstherapie (Cognitive Behaviour Therapy, CBT) und ein auf die individuelle Belastbarkeit angepasstes Trainingsprogramm (Graded Exercise Therapy) als hilfreich erwiesen.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

(2)

Akute körperliche und seelische Belastungen können den Be- ginn eines CFS triggern (precipitating factors), beispielsweise berichten drei Viertel der Patienten, dass ihrem CFS eine akute Infektion wie etwa eine grippeartige Erkrankung oder eine Mononucleosis infectiosa vorausgegangen sei.

Nachdem sich ein CFS entwickelt hat, können psychologische Prozesse zur Aufrechterhaltung der CFS-Beschwerden beitra- gen (perpetuating factors). Viele CFS-Patienten sind fest von einer körperlichen Ursache ihrer Beschwerden überzeugt und schenken körperlichen Empfindungen sehr viel Aufmerksam- keit, haben aber das Gefühl, ihre Beschwerden nicht kontrollie- ren zu können. Dies verstärkt den Grad der Erschöpfung und die funktionelle Beeinträchtigung. Auch das Verhalten von Part- ner und Familie kann das Krankheitsverhalten des CFS-Betrof- fenen verstärken.

Die Pathomechanismen beim CFS sind unklar. Es gibt jedoch Hinweise, dass komplexe Interaktionen zwischen verschiede- nen Regelungssystemen an der Entstehung des CFS beteiligt sind (ZNS, Immun- und hormonelles Regulationssystem).

Diagnostik

Es ist nicht immer leicht, ein CFS zu diagnostizieren, da die Patienten ihre Beschwerden auf sehr unterschiedliche Weise

vortragen können. Die Autoren betonen, wie wichtig es ist, von Anfang an Einblick in die Vorstellungen und Erwartungen des Patienten zu bekommen. Manche Patienten fragen sich, was mit ihnen los ist, andere kommen bereits mit der Eigendiagnose CFS zum Arzt.

Für die Diagnostik eines CFS sind eine ausführliche Anamnese, eine gründliche körperliche Untersuchung sowie die Untersu- chung des mentalen Status erforderlich. Dazu kommt ein Mini- mum an Laboruntersuchungen zum Ausschluss anderer Erkrankungen.

Es genügt nicht, die Diagnose CFS zu stellen. Vielmehr muss der Patient über das Krankheitsmodell und die Behandlungs- optionen aufgeklärt und für die Therapie motiviert werden.

Therapie

Die Wirksamkeit pharmakologischer, komplementärmedizi- nischer und anderer Interventionen beim CFS ist noch nicht ausreichend belegt. Jedoch haben sich in der Behandlung des CFS zwei Ansätze als hilfreich erwiesen, nämlich die kognitive Verhaltenstherapie (Cognitive Behaviour Therapy, CBT) und ein der individuellen Belastbarkeit angepasstes Training (Gra- ded Exercise Therapy, GET).

Wichtige Komponenten der kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) sind die Erklärung des ätiologischen Modells, die Moti- vation zur Verhaltenstherapie, die Erkennung und Veränderung von Kognitionen, die mit der Müdigkeit in Zusammenhang stehen, die Aufnahme und Aufrechterhaltung eines gewissen Masses an körperlicher Aktivität sowie die Planung der beruf- lichen Rehabilitation. Mithilfe der CBT lernen die Patienten, ihre Symptome zu kontrollieren.

Die kognitive Verhaltenstherapie bei CFS basiert auf einem Ver- haltensmodell der Vermeidung und beinhaltet immer ein ab- gestuftes Trainingsprogramm. Die GET basiert auf einem physiologischen Modell der Dekonditionierung und zielt nicht explizit darauf ab, Kognitionen zu behandeln. Die CBT ist im Allgemeinen ein umfassenderer Therapieansatz, was vielleicht erklärt, warum die CBT häufiger zu einer Besserung führt (in etwa 70%) als die GET (in etwa 55%). Es reicht nicht, lediglich die Rehabilitation des CFS-Betroffenen anzustreben. Die Thera- peuten sollten die Vision des Patienten, in Zukunft als gesunder Mensch zu leben, unterstützen.

Ein besseres Verständnis der neurobiologischen Vorgänge beim CFS dürfte in Zukunft zur Entwicklung moderner Medikamente beitragen, die als Monotherapie oder in Kombination mit der kognitiven Verhaltenstherapie eingesetzt werden könnten,

hoffen die Autoren.

Judith B. Prins (Department of Medical Psychology, Radboud University Nijmegen, Medical Centre, Nijmegen, Netherlands) et al.: Chronic fatigue syndrome. The Lancet 2006; 367: 346–355 (28. Januar 2006).

Andrea Wülker

Interessenkonflikte: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

F O R T B I L D U N G F O R T B I L D U N G

976

ARS MEDICI 20 2006

Vorliegen einer persistierenden oder rezidivierenden chronischen Müdigkeit/Erschöpfung unbekannter Ursache

■ Die Müdigkeit besteht seit mindestens 6 Monaten.

■ Die Müdigkeit ist neu oder mit zeitlich bestimmbarem Beginn aufgetreten.

■ Die Müdigkeit ist nicht Folge einer organischen Erkrankung oder einer anhaltenden Überlastung.

■ Ruhe bringt keine spürbare Besserung.

■ Berufliche, schulische, soziale und persönliche Aktivitäten sind durch die Erschöpfung erheblich beeinträchtigt.

Gleichzeitig bestehen seit mindestens 6 Monaten 4 oder mehr der folgenden Symptome:

■ Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen

■ Halsschmerzen

■ druckschmerzhafte Hals- oder Achsellymphknoten

■ Muskelschmerzen

■ Gelenkschmerzen

■ neu aufgetretene Kopfschmerzen

■ nicht erholsamer Schlaf

■ Zustandsverschlechterung nach Belastung.

Ausschlusskriterien:internistische Erkrankung, welche die Müdigkeit erklärt, Major Depression, bipolare Störung, Schi- zophrenie, Demenz, paranoide Syndrome, Anorexia nervosa, Bulimia nervosa, Alkohol- oder Substanzmissbrauch, schwere Adipositas.

CFS-Definition des Center for Disease Control and Prevention (1994)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Das Verständnis und die Dia- gnostik des CFS bereiten bis zum heutigen Tag erhebliche Schwierig- keiten, da es sich bei den krankhaf- ten Störungen offenbar nicht um ei-

Black asterisks show significant differences between male and female ME/CFS patients and controls (p < 0.05) and red asterisks show significant differences between males and

L’utilisation du mécanisme est possible avec un smartphone (Bluetooth ® et application ABUS HomeTec Pro), mais aussi avec ce scanner d‘empreintes digitales et d’autres

Long COVID Deutschland und die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS fordern die kurzfristige Ermöglichung dieser und weiterer gezielter Vorhaben zur Therapieentwicklung unter

Auch bei der Tumorfatigue, die bei etwa 30 Prozent aller erwachsenen Patienten nach Ab ­ schluss der Behandlung chronisch wird, scheint eine entzündliche Genese eine wichtige

Es handelt sich um ein rätselhaftes und in großen Teilen noch unverstandenes Krankheitsbild, das viele Facetten im klinischen Verlauf aufweist. Trotz intensiver Forschungen

Wer sich in dieses komplexe Krankheitsbild einarbeiten möchte, dem wird dieses Kompendium eine wertvolle Hilfe sein.. Hans­Egbert Schröder Vorsitzender

Eine postinfektiöse Fatigue tritt häufig nach einer späten symptomatischen Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), der Infektiösen Mononukleose (syn.