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Erschütterungsprognose für den geplanten Ausbau der Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße in Neckarsulm

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Academic year: 2022

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Akkreditiertes Prüflaboratorium nach ISO/IEC 17025:

Ermittlung von Geräuschen und Erschütterungen; Lärm am Arbeitsplatz; ausgewählte Verfahren zu Geräuschmessungen an Windenergieanlagen;

Schallabsorption; Maschinenakustik; Unterwasserschall; Modul Immissionsschutz

Erschütterungsprognose für den geplanten Ausbau der Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße in Neckarsulm

Beurteilung der Auswirkungen von Erschütterungen auf den Betrieb einer radio-onkologischen Praxis während des Ausbaus und der späteren Nutzung der Bundesstraße mit erhöhtem Verkehr

Projekt Nr.: 3410-19-bel Sachverständigengutachten

Oldenburg, den 24. Mai 2019 Version 1

Auftraggeber: Stadt Neckarsulm Tiefbauamt Postfach 1361 74150 Neckarsulm

Ausführung: Dr. Michael A. Bellmann

(ö. b. u. v. SV für Schwingungen, Erschütterungen und Vibrationen)

itap – Institut für technische und angewandte Physik GmbH Marie-Curie-Straße 8

26129 Oldenburg Tel. 0441-57061-28

Berichtsumfang: 29 Seiten Text, 8 Seiten Anhang

Messstelle nach §29b BImSchG für Geräusche und Erschütterungen

Sitz itap GmbH Marie-Curie-Straße 8 26129 Oldenburg

Amtsgericht Oldenburg HRB: 12 06 97

Kontakt

Telefon (0441) 570 61-0 Fax (0441) 570 61-10 Mail info@itap.de

Geschäftsführer

Dipl. Phys. Hermann Remmers Dr. Michael A. Bellmann

Bankverbindung Raiffeisenbank Oldenburg IBAN:

DE80 2806 0228 0080 0880 00 BIC: GENO DEF1 OL2

Commerzbank AG IBAN:

DE70 2804 0046 0405 6552 00 BIC: COBA DEFF XXX

USt.-ID.-Nr. DE 181 295 042

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24.05.2019 Version 1

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Aufgabenstellung ... 4

2. Verwendete Gesetze, Normen, Richtlinien und Hilfsmittel ... 5

3. Situation und örtliche Gegebenheiten ... 6

4. Bewertungsgrundlage ... 9

5. Durchführung der Messungen ... 11

5.1 Verwendete Messgeräte ... 11

5.2 Messzeitraum und Messorte ... 11

5.3 Durchführung der Messungen ... 12

5.4 Ergebnisse der Messungen ... 12

6. Ermittlung und Beurteilung der Erschütterungsimmissionen beim Ausbau der B27 Anschluss Neckarsulm ... 13

6.1 Allgemeines und Prognoseansatz ... 13

6.2 Prognoseansatz und -ergebnisse ... 15

6.2.1. Abwurf von Schutt aus einer Fallhöhe ... 16

6.2.2. Gründungsarbeiten am Widerlager der geplanten Brücke mittels Impulsrammverfahren ... 17

6.2.3. Bodenverdichtung mittels Vibrationswalze ... 18

6.3 Bewertung der prognostizierten Erschütterungsimmissionen ... 21

6.3.1. Kurzzeitige Erschütterungen ... 21

6.3.2. Dauererschütterungen ... 21

6.3.3. Qualität der Ermittlung der Erschütterungsimmissionen ... 22

7. Ermittlung und Beurteilung der Erschütterungsimmissionen nach dem Ausbau der B27 Anschluss Neckarsulm ... 23

7.1 Allgemeines und Prognoseansatz ... 23

7.2 Bewertung der zu erwartenden Erschütterungsimmissionen ... 24

8. Zusammenfassende Beurteilung ... 25

Anhang ... 30

A.1 Relevante Planungsunterlagen ... 30

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 3 von 37

24.05.2019 Version 1

A.2 Messergebnisse der Erschütterungsmessungen ... 33 A.3 Literaturdaten [10] ... 35 A.4 Überschlägige Abschätzungen der Erschütterungsimmissionen einer Vibrationswalze37

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24.05.2019 Version 1

1. Einleitung und Aufgabenstellung

Das Regierungspräsidium Stuttgart plant den Ausbau der bestehenden Bundesstraße B27 im Bereich Neckarsulm. In diesem Zuge soll zudem eine neue Anschlussstelle im Bereich der Binswanger Straße durch die Stadt Neckarsulm errichtet werden. Mit diesem Ausbauschritt der B27 soll der ansteigende Verkehrsstrom zu und von den südöstlichen Gewerbegebieten der Stadt Neckarsulm zukunftssicher geplant und gestaltet werden.

Am Mühlrain 2 Kreuzung zur Binswanger Straße in Neckarsulm ist die radio-onkologische Praxis der Radio-Onkologie Nordwürttemberg GbR ansässig. Im Rahmen ihrer Bestrahlungstherapien kommen erschütterungsempfindliche Bestrahlungsgeräte zur Anwendung, so dass im Vorfeld nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu Konflikten zwischen dem Ausbau/Betrieb der B27 und der radio-onkologischen Praxis kommen kann.

Die Stadt Neckarsulm hat den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (ö. b. u. v. SV) Dr. Michael A. Bellmann beauftragt, ein entsprechendes Erschütterungs- gutachten für den geplanten Ausbau (i) während der Bauphase und (ii) nach dem Ausbau (Betrieb) der B27 im Bereich der neuen Anschlussstelle Binswanger Straße durchzuführen.

Dabei sollen die direkten Auswirkungen auf die erschütterungsempfindlichen Bestrahlungsgeräte und indirekt die Auswirkungen auf die Patienten erschütterungstechnisch untersucht werden. Zudem sollen, falls notwendig, schwingungstechnische Maßnahmen vorgeschlagen werden, um den laufenden Betrieb der radio-onkologischen Praxis (i) während der Bauarbeiten und (ii) dem späteren Betrieb der ausgebauten B27 zu gewährleisten.

Laut BImSchG [1] in Verbindung mit der Normenreihe DIN 4150 [3, 4, 5] und der Erschütterungsrichtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz [2] besteht ein Schutzanspruch auf die Unversehrtheit von Gebäuden bei Erschütterungseinwirkungen sowie der Schutzanspruch auf keine erhebliche Belästigung von Menschen in Gebäuden durch Erschütterungen. Diese verbindlichen und anerkannten Regelungen nach Stand der Technik können allerdings im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen, da die zum Einsatz kommenden Bestrahlungsgeräte laut Hersteller schon bereits bei geringeren Erschütterungsimmissionen nicht mehr zielgerichtet und dosiert bei Patienten angewendet werden können, ohne negative Auswirkungen auf Leib und Leben der Patienten ausschließen zu können. Aus diesem Grund wird im nachfolgenden Gutachten in Abstimmung mit der Stadt Neckarsulm und der Radio-Onkologie Nordwürttemberg GbR eine überschlägige Prognose der (i) während des Baus und (ii) der nachfolgenden Nutzung der ausgebauten B27 durchgeführt und die Erschütterungsprognoseergebnisse mit den zulässigen Richtwerten bzw. Geräte-Spezifikationen des Herstellers der Bestrahlungsgeräte verglichen.

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 5 von 37

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2. Verwendete Gesetze, Normen, Richtlinien und Hilfsmittel

BImSchG: „Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch

Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge“ (Bundes- Immissionsschutzgesetz – BImSchG), aktuelle Fassung

Erschütterungsrichtlinie Hinweise zur Messung, Beurteilung und Verminderung von Erschütterungsimmissionen. Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI), aktueller Stand

DIN 4150-1 Erschütterungen im Bauwesen – Teil 1: Vorermittlung von Schwingungsgrößen (2001)

DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen – Teil 2: Einwirkungen auf Menschen in Gebäuden (06/1999)

DIN 4150-3 Erschütterungen im Bauwesen – Teil 3: Einwirkungen auf bauliche Anlagen (12/2016)

Planungsunterlagen zum geplanten Ausbau der B27, übermittelt am Ortstermin am 27. Februar 2018 und per Mail vom Tiefbauamt der Stadt Neckarsulm

Unterlagen zu den erschütterungsempfindlichen Strahlengeräten in der Radio- Onkologie Praxis, Email von Herrn Dr. Jörg Aßmann vom 26. Februar 2019 Diverse Gutachten und Messberichte der itap GmbH

Achmus, M. „Bauschäden im Hoch- und Tiefbau - Band 1: Tiefbau“, Fraunhofer IRB Verlag, 2007

Bundesanstalt für Wasserbau „Statistische Auswertungen von

Erschütterungsemissionen“, Abschlussbericht, Auftragsnummer A395 205 70002, 2015

Hindmarsh JJ & Smith WL (2018) Quantifying construction vibration effects on daily radiotherapy treatments, technical note in J. of App. Clin. Med Phys., 2018, 19:5, p 733 – 738

RASt Richtlinie für die Anlage von Straßen, Forschungsanstalt für Straßen und Verkehrswesen, 2006

RStO 12 Richtlinie für die Standardisierung des Oberbaues von Verkehrsflächen, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen

Amick H & Gendreau M (2000) Construction Vibrations and Their Impact on Vibration-Sensitive Facilities. In: ASCE Construction Congress, 2000 (6):1 - 10

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3. Situation und örtliche Gegebenheiten

Die Radio-Onkologische Praxis befindet sich Am Mühlrain 2 in 74172 Neckarsulm und ist mit dem rechtsgültigen Bebauungsplan „Pichterich“ (Nr. 04.02) der Stadt Neckarsulm überplant.

Die Bundesstraße B27 auf Höhe Binswanger Straße grenzt unmittelbar in ost-südöstlicher Richtung an das Grundstück der radio-onkologischen Praxis an; Abbildung 1. Es besteht in diesem Bereich derzeit keine direkte Zuwegung zwischen der Binswanger Straße und der Bundesstraße B27. Die Binswanger Straße überquert die B27 mittels einer bestehenden Brücke. Die Binswanger Straße ist auf Höhe der radio-onkologischen Praxis derzeitig 3-spurig (die 3. Spur ist eine Linksabbiegerspur in Richtung der Richard-Wagner-Straße). Die Bundesstraße B27 ist ebenfalls 3-spurig (2 Spuren in Richtung Bundesautobahn A6).

Zwischen dem Grundstück der radio-onkologischen Praxis und der B27 besteht ein Geländeversatz von ca. 8 m, d. h. die B27 liegt ca. 8 m unterhalb der Geländekante der radio-onkologischen Praxis. Aus diesem Grund besteht auch eine massive Stützwand.

Die radio-onkologische Praxis befindet sich in einem zweigeschossigen Gebäude (Baujahr 2013), wobei die Therapieräume inkl. Bestrahlungsgeräte sich im Erdgeschoss befinden und im 1. Obergeschoss zumeist Besprechungszimmer angesiedelt sind. Das Gebäude besitzt keinen Keller und das Gebäude sowie die Bestrahlungsgeräte sind nach Angaben der Stadt Neckarsulm und der Radio-Onkologie Nordwürttemberg GbR auch zusätzlich nicht schwingungsentkoppelt gegründet.

Es ist geplant, einen Anschluss B27/Binswanger Straße in Höhe der radio-onkologischen Praxis mit einer Auffahrt zur Binswanger Straße mit 3 Fahrspuren und einer Ausfahrt in Richtung südöstlich gelegene Gewerbegebiete zu errichten. Zudem soll die Bundesstraße B27 4-spurig und die Binswanger Straße 5-spurig in diesem Kreuzungsbereich ausgebaut werden. Somit wird die bestehende Brücke abgerissen und durch eine neue Brücke vollständig ersetzt. Die bestehende Stützwand zwischen der radio-onkologischen Praxis und der Bundesstraße B27 wird ebenfalls abgerissen und durch neue versetzte Stützwände ersetzt. Die geplante Ausfahrt zur Binswanger Straße wird vollständig neu hergestellt. Dabei ist der Höhenunterschied von fast 8 m mittels Bodenanhebung zu überwinden; Abbildung 2.

Durch den geplanten Ausbau und die Erstellung der Anschlussstelle wird der Abstand zwischen radio-onkologischer Praxis und Ausfahrt der B27 verringert. Zudem soll der ansteigende Fahrzeugverkehr auf der Bundesstraße B27 und der Binswanger Straße in Richtung südöstlicher Gewerbeschwerpunkt bewältigt werden und zeitgleich die Verkehrszahlen auf der Binswanger Straße in Richtung Innenstadt reduziert werden;

Anlage 1.

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 7 von 37

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Abbildung 1: Lageplan der bestehenden Bundesstraße B27 und der radio-onkologischen Praxis. (Quelle: GIS Datenbank der Stadt Neckarsulm)

Für den geplanten Ausbau der Bundesstraße B27 inkl. Herstellung des Anschluss B27/Binswanger Straße ist mit nachfolgenden erschütterungsintensiven Baumaßnahmen zu rechnen:

 Abbrucharbeiten der bestehenden Fahrbahnoberfläche und der bestehenden Stützwände,

 Abbruch der bestehenden Brücke Binswanger Straße,

 Abwurf von Bodenmaterial für die Herstellung der geplanten Ausfahrt und der erweiterten Fahrspuren,

 Verdichtungsmaßnahmen des angelieferten Bodenmaterials mittels Vibrationswalze oder Vergleichbares,

 ggfs. Herstellung von Widerlagern für die neue Brücke Binswanger Straße mittels Rammung von Fundamentstützen.

Aufgrund des derzeitigen Planungsstands liegt jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch kein detaillierter Bauablaufplan vor.

Radio-onkologische Praxis

Brücke über die B27

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Abbildung 2: Geplanter Ausbau der Bundesstraße B27 mit dem neuen Anschluss B27/

Binswanger Straße.

(Quelle: Stadt Neckarsulm)

Kommentar: Die Begriffe Schwingungen, Erschütterungen und Vibrationen werden im Gutachten synonym verwendet.

Radio-Onkologie Praxis geplante Anschlussstelle

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 9 von 37

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4. Bewertungsgrundlage

Die durch die in Kapitel 3 aufgelisteten, erschütterungsintensiven Baumaßnahmen zum Ausbau der bestehenden Bundesstraße B27 und zur Herstellung des Anschluss B27/Binswanger Straße verursachten Erschütterungsimmissionen sind im Rahmen der Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes [1] nach Vorgaben der Erschütterungsrichtlinie [2] in Verbindung mit der Normenreihe DIN 4150, Teil 3 [4] für Schäden an Gebäuden zu beurteilen.

Tabelle 1: Zulässige Immissionsrichtwerte gemäß Erschütterungsrichtlinie bzw. Anhaltswerte nach DIN 4150-3 für Dauererschütterungen und kurzzeitige Erschütterungen in mm/s für die Beurteilung von Schäden an Gebäuden durch Erschütterungen.

Gebäudeart Kurzzeitige Erschütterungen Dauererschütterungen

Fundament Oberste Decken- ebene, horizontal

Oberste Decken- ebene, vertikal*

Oberste Decken- ebene, horizontal

Oberste Decken- ebene, vertikal*

Frequenzen

<

10 Hz

10 - 50 Hz

50 - 100 Hz Gewerblich genutzte

Bauten,

Industriebauten und ähnlich strukturierte Bauten.

20 20 - 40 40 - 50 40 20 10 10

Wohngebäude und in ihrer Konstruktion und/oder Nutzung gleichartige Bauten.

5 5 - 15 15 - 20 15 20 5 10

Besonders erschütterungs- empfindliche Gebäude.

3 3 - 8 8 - 10 8 ** 2,5 **

*Vertikale Schwinggeschwindigkeiten führen in der Regel bzw. erfahrungsgemäß bei Geschossdecken nicht zu Schäden, selbst wenn die bei der statischen Bemessung zulässigen Spannungen voll in Anspruch genommen werden.

** Das Maß der noch unschädlichen Erschütterungseinwirkungen ist im Einzelfall festzulegen.

Insgesamt sind die unterschiedlichen, erschütterungsintensiven Baumaßnahmen

(i) als kurzzeitige Erschütterungsimmissionen für die Abbrucharbeiten an Stützwänden und der bestehenden Brücke, Rammung von Fundamentstützen für die Widerlager der neuen geplanten Brücke sowie dem Abwurf von Bodenmaterial,

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(ii) als Dauererschütterung für Verdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalze nach der Erschütterungsrichtlinie [2] und der Normenreihe DIN 4150-2/3 einzustufen.

Das Gebäude der radio-onkologischen Praxis ist von der Nutzungsart her eher einem Gebäude für vorwiegende bzw. ausschließliche Wohnnutzung nach Maßgabe der Erschütterungsrichtlinie [2] (Tabelle 2, Spalte 1, Zeile 2) und der DIN 4150-3 einzustufen.

Demzufolge wären bei einer Beurteilung von Schäden an Gebäuden, verursacht durch Erschütterungsimmissionen, die o. g. Regelwerke maßgeblich.

Jedoch gibt der Hersteller der Bestrahlungsgeräte für die Strahlentherapie nachfolgende Geräte-Spezifikationen hinsichtlich Erschütterungseinwirkungen für die Aufstellung der Geräte vor, um Schädigungen von Patienten durch fehlerhafte Bestrahlungen auszuschließen. Diese definierten Spezifikationen sind weitaus schärfer als die o. g.

Regelwerke hinsichtlich Schäden an Gebäuden. Für einen fehlerfreien und vollumfänglichen Betrieb der Geräte für die Strahlentherapie an Patienten sind nachfolgende Geräte- Spezifikationen seitens des Herstellers einzuhalten:

„[…] Das TrueBeam/VitalBeam-System ist anfällig für Vibrationen, mit einer Eigenresonanz in einem Bereich zwischen 2 und 10 Hertz. Die meisten Installationen liegen ebenerdig oder unterirdisch, so dass Vibrationen im Normalfall kein Problem darstellen. Folgendes sollte bei der Gesamtplanung in Bezug auf Gerätestandorte berücksichtigt werden: Große Kompressoren oder Generatoren, Aufzüge oder Zugtrassen. Der insgesamt zulässige Patientenfeld-Positionsfehler ist mit 0,1 mm (100 µm) für den Nullwert/Spitzenwert angegeben. […] [7]“

Dies entspricht den nachfolgenden max. Schwinggeschwindigkeiten:

Schwinggeschwindigkeit: für Frequenzen 2 Hz ≤ 1,26 mm/𝑠/√𝐻𝑧 für Frequenzen 10 Hz ≤ 6,28 mm/𝑠/√𝐻𝑧

Schwingungsamplitude: ≤ 100 µm (0,1 mm)

Kommentar: Diese Angaben beziehen sich auf die Positionsgenauigkeit auf den bestrahlten Patienten. In erster Näherung wird davon ausgegangen, dass die verwendeten Bestrahlungsgeräte biegesteif sind und somit die o. g. maximalen Schwingungsamplituden und -geschwindigkeiten auch am Aufstellungsort (hier Fußboden der radio-onkologischen Praxis) eingehalten werden müssen.

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 11 von 37

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5. Durchführung der Messungen

Basierend auf einem Abstimmungsgespräch zwischen der Stadt Neckarsulm und der radio- onkologischen Praxis sowie dem Sachverständigen am 28. Februar 2019 sollten die beauftragte Erschütterungsprognose zusätzlich mit orientierenden Erschütterungs- immissionsmessungen zum jetzigen Stand der B27 in den Praxisräumen der radio- onkologischen Praxis unterstützt werden. Ziel dieser Messungen ist es, die bestehenden Erschütterungsimmissionen durch den Straßenverkehr auf den angrenzenden Straßen Binswanger Straße und Bundesstraße B27 auf die aufgestellten Bestrahlungsgeräte abzuschätzen.

5.1 Verwendete Messgeräte

Das Aufzeichnungssystem bestand aus folgenden Komponenten des Beitzer-Systems 9800:

 Beitzer 9800U/16 Messsystem (SN 1274a81),

 Thinkpad Laptop (TYPE 2537; SN R8 – 1D1L6 10/05),

 2 Stk. triaxiales Geophon (SN ITAP-1-02, 03, 04, ITAP-2-06, 07, 08 als Ersatz),

 1 Stk. axiales Geophon (SN ITAP-1-01).

Das verwendete Messsystem für Messungen der Erschütterungsimmissionen erfüllt die Anforderungen der DIN 45669-1, der DIN 45669-2 und der DIN 45671. Zudem besitzt das Messsystem eine gültige DKD-Kalibrierung (bis einschließlich 9/2019).

Vor und nach dem Ortstermin wurde die Messkette einer Funktionsprüfung unterzogen. Es wurden keine unzulässigen Abweichungen festgestellt.

5.2 Messzeitraum und Messorte

Die Messungen erfolgten am 28. Februar 2019 zwischen 9:00 und 11:00 Uhr im Nebenraum des bestehenden Behandlungsraumes zur Strahlentherapie im Erdgeschoss der radio- onkologischen Praxis. Dieser Nebenraum befindet sich unmittelbar in Richtung der angrenzenden Bundesstraße B27 und der Binswanger Straße.

Gegenstand der schwingungstechnischen Untersuchung waren:

- Ermittlung der Hintergrunderschütterungsimmissionen ohne Straßenverkehr,

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- Ermittlung der Erschütterungsimmissionen durch die Befahrung der bestehenden Bundesstraße B27 und der angrenzenden Binswanger Straße.

Die Geophone des Beitzer-Messsystems wurden mittels Ankopplungsplatten normgerecht in Raummitte (nur vertikale Schwingungsrichtung) und in jeweils einer Raumecke (triaxial) aufgestellt; Anlage 2.

5.3 Durchführung der Messungen

Die Anregung erfolgte durch die Befahrung der angrenzenden Bundesstraße B27 und der Binswanger Straße mit Lkws und Pkws. Es ist anzumerken, dass das Verkehrsaufkommen zu Arbeitsbeginn und -ende im östlich angrenzenden Gewerbegebiet nach Auskunft der Stadt Neckarsulm sowohl auf der B27, als auch auf der Binswanger Straße i. d. R. höher ausfällt als während dieser Messungen (Berufspendlerverkehr), so dass diese Messungen lediglich Hinweise auf die Erschütterungsimmissionen der angrenzenden Straßen liefern kann.

5.4 Ergebnisse der Messungen

Hintergrunderschütterungen

Es wurden Hintergrund- bzw. Ruhemessungen im Nebenraum ohne Straßenverkehr auf den angrenzenden Straßen kurzzeitig durchgeführt.

Bei diesen „Hintergrundmessungen“, d. h. Messungen der Erschütterungsimmissionen ohne zusätzliche Erschütterungsanregungen, ergaben sich Werte (Einzahlwerte) im Bereich:

Schwinggeschwindigkeit (rms) ≤ 0,090 mm/s (keine dominante Frequenz).

Erschütterungen verursacht durch Befahrung der Bundesstraße B27 und der Binswanger Straße

Es wurden zudem Erschütterungsimmissionsmessungen normgerecht im Vorraum während der Befahrung durch Lkws und Pkws auf der Bundesstraße B27 und auf der Binswanger Straße durchgeführt. Dabei ergaben sich Werte (Einzahlwerte) im Bereich:

Schwinggeschwindigkeit (rms) ≤ 0,550 mm/s (< 20 Hz).

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Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 13 von 37

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6. Ermittlung und Beurteilung der Erschütterungsimmissionen beim Ausbau der B27 Anschluss Neckarsulm

6.1 Allgemeines und Prognoseansatz

Erschütterungen sind “mechanische Schwingungen fester Körper mit potentiell schädigender oder belästigender Wirkung” [4]. Mechanische Schwingungen von Festkörpern können durch die zeitlichen Verläufe der kinematischen Größen Schwingweg s(t), Schwing- geschwindigkeit v(t) und Schwingbeschleunigung a(t) beschrieben werden. Eine Umrechnung dieser Größen ist möglich.

Erschütterungen bei Baumaßnahmen, hier Erd- und Abrissarbeiten sowie Verdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalze, werden im Boden durch Krafteinwirkungen auf seine Oberfläche und/oder dem (Erd-) Boden hervorgerufen. Durch die Krafteinwirkungen breiten sich im Boden Raumwellen aus, die im Nahbereich (Nahfeld) dominierend sind.

Im Fernfeld wird der größte Teil der eingeleiteten Energie in Oberflächenwellen umgewandelt und nur ein kleiner Teil wird wieder in den Boden zurück reflektiert. Die Oberflächenwellen haben sowohl vertikale, als auch horizontale Ausrichtungskomponenten und breiten sich i. d. R. nahe an der Bodenoberfläche im Fernfeld aus. Durch geometrische Dämpfung nehmen die Oberflächenwellen i. d. R. mit zunehmendem Abstand zur Quelle stetig ab (siehe z. B. Bild 1 in der DIN 4150-1 [3]).

Kommentar: Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass sich das Gebäude der radio- onkologischen Praxis im Fernfeld zum geplanten Ausbau der Bundesstraße B27 inkl.

Anschlussstelle befindet.

Für die Ermittlung der Erschütterungsimmissionen sind für eine überschlägige Prognose Kenntnisse über

1) die Anregung / Quelle,

2) die Ausbreitung der Erschütterung im Boden,

3) die Ankopplung der Erschütterungen an das Gebäude und

4) die Übertragung der Erschütterungen vom Fundament bis zur obersten Geschossdecke notwendig.

I. d. R. liegen genaue Kenntnisse der Anregung (1) vor. Eine Unsicherheit ist allerdings zumeist die Ankopplung zwischen der Erschütterungsquelle und dem Boden.

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Die DIN 4150-3 [5] führt hierzu aus:

„Bei den Verdichtungsgeräten hängt die Größe der Erschütterungen im Wesentlichen von der Fliehkraft (Zentrifugalkraft) und den Bodeneigenschaften ab. Die Größe der Erschütterungen nimmt mit dem Verdichtungsgrad zu.“

Dies bedeutet, dass die Größe der eingetragenen Erschütterungen in den Boden abhängig davon ist, in welchem Maße sich die dynamische Energie der Vibrationswalze in Verformungsarbeiten des Bodens (z. B. Zerkleinerung von Schuttgut) und elastische Energie (Eintragung von Energie in den Boden) aufteilt. Somit ist i. d. R. von den höchsten Erschütterungsimmissionen in der Umgebung zum Ende der Verdichtungsarbeiten auszugehen.

Die DIN 4150-1 [3] führt für den Abwurf von Bauschutt die relevanten Parameter Fallhöhe und Masse der fallenden Bauschuttteile als relevante Einflussgrößen für die Erschütterungseinwirkung auf den Erdboden an.

Somit wird potenzielle Energie (Lageenergie) in kinetische Energie umgewandelt. Bei dem Einsatz eines Fallbettes werden die auftretenden Erschütterungsimmissionen i. d. R. um ca.

1/3 (33 %) gemindert [9]. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass durch die Abrissarbeiten bereits Schuttgut am Boden liegen wird und im günstigsten Fall dieser Schutt als Fallbett fungieren konnte. Dieser Ansatz wird jedoch nicht weiter berücksichtigt, um den erschütterungstechnisch „schlimmsten erschütterungstechnischen anzunehmenden Fall“ in diesem Sachverständigen-Gutachten zu betrachten.

I. d. R. ist die genaue Bodenzusammensetzung zwischen Quelle und Empfänger nicht vollständig bekannt, so dass für die Ausbreitungen der Erschütterungen zumeist Standardwerte angenommen werden. Lokal können allerdings erhebliche Abweichungen von Standardwerten bzw. Näherungen auftreten [3], wie z. B. bei

 starker Gliederung des Bodens (im vorliegenden Fall nicht relevant),

 vorhandene Bebauung,

 Geländesprünge (im vorliegenden Fall relevant),

 Zusammenwirken von mehreren Erschütterungsquellen.

Die Ankopplung von Erschütterungen im Boden an ein Gebäude hängt laut DIN 4150-1 [3]

wesentlich von der Frequenz und der Gebäudeart ab (Übertragungsfaktor).

(15)

Projekt Nr. 3410: Erschütterungsprognose Ausbau B27 Anschluss in Neckarsulm Seite 15 von 37

24.05.2019 Version 1

Für das vorliegende Gebäude kann die Eigenfrequenz laut DIN 4150-1 [3] grob mit ca. 15 Hz abgeschätzt werden. Bei der Eigenfrequenz der Gebäude ist der Übertragungsfaktor maximal.

Bei Erschütterungsfrequenzen oberhalb der Eigenfrequenz des Gebäudes nimmt der Übertragungsfaktor erheblich ab, d. h. Erschütterungen im Boden können nicht mehr verlustfrei in das Gebäude ankoppeln.

I. d. R. werden die meisten Vibrationswalzen deshalb mit Frequenzen > 30 Hz betrieben, um die Eigenfrequenzen der umliegenden Gebäude und damit die theoretisch maximalen Schwinggeschwindigkeiten zu vermeiden.

Bei Übertragung der Erschütterungen vom Fundament eines Gebäudes bis zur obersten Geschossdecke verstärken sich die Erschütterungen in vertikaler Richtung zumeist. Zudem treten die maximalen Schwinggeschwindigkeiten in der obersten Geschossdecke bei deren Eigenfrequenz auf. Die Eigenfrequenz der Geschossdecken hängt vom Aufbau ab und befindet sich zumeist im Frequenzbereich von 15 bis 35 Hz. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch als nicht relevant anzusehen, da die Geräte für die Strahlungstherapie im Erdgeschoss aufgebaut sind.

In horizontaler Richtung wird zumeist die Eigenfrequenz des Gebäudes maximal angeregt, die von der Geschosszahl des Gebäudes abhängig ist.

6.2 Prognoseansatz und -ergebnisse

Die geplanten Abbrucharbeiten und Baumaßnahmen können prinzipiell in drei unterschiedliche Varianten bzw. Szenarien unterteilt und beurteilt werden:

(i) Abwurf von (Bau-) Schutt oder Anlieferung von Bodenmaterial (fallende Masse aus einer definierten Fallhöhe),

(ii) Gründungsarbeiten am Widerlager der geplanten Brücke mittels Impulsramm- verfahren,

(iii) Verdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalze.

Zum derzeitigen Zeitpunkt liegt noch keine detaillierte Bauplanung vor, so dass im Folgenden Standardansätze [9] bzw. Ansätze aus vergleichbaren Bauvorhaben [8] eingesetzt werden. Eine ggfs. detailliertere Erschütterungsprognose kann erst zur Fertigstellung eines dezidierten Bauablaufes durchgeführt werden. Es kann somit zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Prognoseunsicherheit einen Wert von 20 % nicht deutlich überschreitet.

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24.05.2019 Version 1

6.2.1. Abwurf von Schutt aus einer Fallhöhe

Die durch den Abwurf von (Bau-) Schutt, z. B. Abbruch der vorhanden Stützwand mittels Baggereinsatz bzw. Sortiergreifer bzw. Abwurf von Bodenmaterial (z. B. Sand oder Schotter), verursachten Erschütterungsimmissionen können mit Immissionen durch fallende Massen nach DIN 4150-1 [2] verglichen werden. Die DIN 4150-1 gibt für diesen Fall eine Prognosemethode vor (DIN 4150-1, Gleichung 6):

m

R R E

k E v



 





 



0 5 , 0

0

max Gleichung 1

mit

vmax maximale Schwinggeschwindigkeit am Fundament des Immissionsortes, E Fallenergie in kJ,

E0 Bezugsgröße (= 1 kJ),

R Abstand zwischen Quelle und Immissionsort in m, R0 Bezugsgröße (= 1 m),

k Beiwert in mm/s,

m Kennzahl für Entfernung, h Fallhöhe,

M Masse des fallenden Körpers.

Kommentar: Der Beiwert [k] und die Kennzahl [m] lassen sich durch lokale Bedingungen, z. B. durch Vergleichsmessungen, empirisch bestimmen. Der dazu notwendige Aufwand ist jedoch erheblich und im vorliegenden Fall unverhältnismäßig. Aus diesem Grunde werden in der nachfolgenden Prognose Standardansätze verwendet [8, 9].

Einfluss auf die verursachten Erschütterungsimmissionen haben dabei die Masse des Schutts [M] und die Höhe [h] des fallenden Körpers sowie der Abstand [R] zwischen Quelle und Immissionsort.

In die Prognose gehen folgende Wert bzw. Ansätze ein:

h = 8 m (Oberkante der Stützwand),

R = 12 m (minimaler Abstand radio-onkologische Praxis zur bestehenden Stützwand), M = 1.400 kg (schlimmster anzunehmender Fall laut Herstellerangaben mit 1,4 m3-Schaufel,

Bsp.: https://www.volvoce.com/), k = 0,606 mm/s,

m = 1,01.

(17)

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Unter Verwendung der o. g. Werte ergibt sich für die maximale Schwinggeschwindigkeit am Fundament vmax = 0,56 mm/s.

Die Erschütterungsimmissionen in horizontaler Richtung in der obersten Geschossdecke können im ungünstigsten Fall einen um den Faktor 2 höheren Wert als die am Fundament annehmen [8, 9].

In vertikaler Richtung ist eine Vergrößerung um den Faktor 3 im ungünstigsten Fall möglich [6, 7]. Dies würde theoretisch Werte von bis zu vmax = 1,12 mm/s in horizontaler Richtung und vmax = 1,68 mm/s in vertikaler Richtung an der obersten Geschossebene bedeuten.

I. d. R. werden Brücken durch Sprengungen der Anschlusspunkte zur Straße abgerissen, so dass die Brücke aus einer definierten Höhe mit ihrem Eigengewicht auf den Boden fällt. Dies kann i. d. R. ähnlich wie der Abwurf von Bauschutt aus einer definierten Fallhöhe, wie in Kapitel 6.2.1, angesehen werden. Bei diesen Abbrucharbeiten wird jedoch immer ein definiertes Fallbett vorinstalliert, um den Aufschlag der Brücke auf den Boden zu dämpfen und die Erschütterungsemissionen zu minimieren.

Die minimale Entfernung zwischen der radio-onkologischen Praxis und der abzubrechenden Brücke beträgt 20 m.

Erfahrungen bei Brückenabsprengungen zeigen, dass i. d. R. keine Schäden an Gebäuden in einem Umkreis von ca. 20 bis 50 m durch kurzzeitige Erschütterungsimmissionen bei den Abrissarbeiten zu erwarten sind, wenn die Abrissarbeiten nach Stand der Technik (d. h. mit Fallbett) ausgeführt werden [8]. Zumeist werden auch die Anhaltswerte der DIN 4150-3 für besonders erschütterungsempfindliche Gebäude am Fundament eingehalten.

Erfahrungs- und Messwerte vergleichbarer Gutachten und Messprotokolle der itap GmbH [8]

und Literatur [9] bei Brückenabrissen zeigen Messwerte im Bereich von 1,0 bis 2,0 mm/s.

6.2.2. Gründungsarbeiten am Widerlager der geplanten Brücke mittels Impulsrammverfahren

Für die Rammungen von Fundamentstützen oder Pfählen für das Widerlager ist eine belastbare Prognose der Erschütterungsimmissionen in einer vorgegebenen Entfernung im vorliegenden Fall nicht ohne weiteres möglich. Der Grund liegt an vielen, nicht genau definierbaren Eingangsparametern, wie Dimension der Fundamentstützen, verwendeter Impulsrammhammer, Einbindetiefe in den Boden und notwendige Rammenergie.

Es wird aus diesem Grund auf Erfahrungs- und Messwerte vergleichbarer Gutachten und Messprotokolle der itap GmbH [8] und Literatur [9] zurückgegriffen.

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Bei Gründungsarbeiten von Fundamentstützen und Pfählen mittels Impulsrammverfahren in einer Entfernung von ca. 20 m konnten maximale Schwinggeschwindigkeiten von

 am Fundament bis 2,5 mm/s,

 an der obersten Geschossecke vertikal bis 4,0 mm/s,

 an der obersten Geschossecke horizontal bis 6,1 mm/s gemessen werden.

6.2.3. Bodenverdichtung mittels Vibrationswalze

Für den Einsatz einer Vibrationswalze sind nach anerkannten Regeln der Technik und nach der DIN 4150-1 keine belastbaren Prognosen der Erschütterungsimmissionen in einer vorgegebenen Entfernung zu ermitteln [3]. Der Grund liegt in der Vielzahl von nicht kontrollierbaren Einflussfaktoren.

Aus diesem Grund werden im Nachgang zwei Varianten für eine überschlägige Ermittlung der zu erwartenden Erschütterungsimmissionen dargestellt.

a) Variante 1:

Es wird auf Erfahrungs- und Messwerte vergleichbarer Gutachten und Messprotokolle der itap GmbH [8] und Literatur [9] zurückgegriffen. Bei dem Einsatz einer Vibrationswalze mit einer Masse von 13 to sind Erschütterungsimmissionen in einem 10 m entfernten Gebäude Schwinggeschwindigkeiten von

 am Fundament bis 1,4 bis 1,6 mm/s,

 an der obersten Geschossecke vertikal bis 3,8 mm/s,

 an der obersten Geschossecke horizontal bis 3,1 mm/s gemessen worden.

Nach der DIN 4150-1 [3] nimmt die Schwinggeschwindigkeit mit einem Faktor 0,5 bis 0,7 pro Abstandsverdopplung je nach Erschütterungsform und Bodenbeschaffenheit ab. Nach [9]

existiert eine Formel zur groben Abschätzung der maximalen Schwinggeschwindigkeit am Fundament durch Oberflächenvibrationsverdichtungen:

r k G r

vmax( )  Gleichung 2

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mit

k = Konstante = 4,31,

G = vibrierende Masse der Vibrationswalze (13 to und 19 to), r = Abstand zur Quelle (hier 12 m).

Aus dieser überschlägigen Rechnung ergeben sich maximale Schwinggeschwindigkeiten am Fundament von vmax = 1,3 mm/s bei Verwendung einer 13 to Vibrationswalze und vmax = 1,6 mm/s bei Verwendung einer 19 to Vibrationswalze in einer Entfernung von ca.

12 m.

b) Variante 2:

Die durch die Vibrationswalze verursachten Erschütterungsimmissionen während der Verdichtungsarbeiten werden mittels der nachfolgenden Gleichung (DIN 4150-1, Gleichung 2) abgeschätzt:

𝑣 = 𝑣1(𝑅

𝑅1)−𝑛𝑒(−𝛼(𝑅−𝑅1)) Gleichung 3 mit

v Amplitude der Schwinggeschwindigkeit in der Entfernung R in mm/s,

v1 Amplitude der Schwinggeschwindigkeit in der Entfernung R1 in mm/s (Bezugswert), R1 Bezugsabstand in m (hier: Abstand zur Quelle bei realen Messungen),

R Entfernung der zu ermittelnden Erschütterungsimmission zur Quelle in m, n Koeffizient der geometrischen Dämpfung,

α Koeffizient der Materialdämpfung in m-1, α = 2π D/λ, λ = c/f, λ Wellenlänge der maßgebenden Schwingung in m,

c Ausbreitungsgeschwindigkeit der betrachteten Welle in m/s, f Frequenz in Hz.

Aufgrund der fehlenden Bauüberwachung werden im Folgenden Standardwerte aus der DIN 4150-1 [3], Erfahrungswerte der itap GmbH [8] und aus der Literatur [9, 11] für die Anregung, die geometrische Ausbreitung und die Materialdämpfung herangezogen:

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n = 0,5 laut DIN 4150-1 [3] anzunehmender Wert ohne Nachweis für punktförmige, harmonische Oberflächenwellen,

α = 0,0278; empirisch ermittelter Wert [8] für die Bodeneinleitung und Ausbreitung bei Verwendung von Vibrationswalzen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 13 to,

α = 0,0305; empirisch ermittelter Wert [8] am Fundament eines Hauses bei Verwendung von Vibrationswalzen mit einem Gesamtgewicht von bis zu 13 to,

v1 = Werte bis 1,4 mm/s [6, 8, 11] für Messungen am Fundament, R = 12 m.

Die prognostizierten und empirisch ermittelten, maximalen Schwinggeschwindigkeiten für die Weiterleitung im Boden und am Fundament als Funktion des Abstandes zwischen Empfänger und Quelle sind im Anhang 3 aus [8] und eigenen Berechnungen mit maximalen Eingangsparametern im Anhang 4 graphisch dargestellt.

Unter Verwendung der o. g. Werte ergibt sich für die maximale Schwinggeschwindigkeit am Fundament vmax = 1,60 mm/s.

Die Erschütterungsimmissionen in horizontaler Richtung in der obersten Geschossdecke können im ungünstigsten Fall einen um den Faktor 2 höheren Wert als die am Fundament annehmen [9]. In vertikaler Richtung ist eine Vergrößerung um den Faktor 3 im ungünstigsten Fall möglich [9]. Dies würde theoretisch Werte von bis zu 3,2 mm/s in horizontaler Richtung und 4,8 mm/s in vertikaler Richtung an der obersten Geschossebene bedeuten.

Kommentar: Die Faktoren 2 und 3 für die Erhöhung der Schwinggeschwindigkeiten vom Fundament in die oberste Vollgeschossebene in vertikaler und horizontaler Ebene gelten allerdings nur für die Eigenfrequenz des Gebäudes. Aufgrund der Betriebsfrequenz von

> 30 Hz der Vibrationswalze und einer vermutlichen Eigenfrequenz < 30 Hz des Wohngebäudes des Klägers ist nur mit einer geringfügigen Verstärkung der Schwinggeschwindigkeiten zu rechnen.

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6.3 Bewertung der prognostizierten Erschütterungsimmissionen 6.3.1. Kurzzeitige Erschütterungen

Bei den kurzzeitigen Erschütterungen ergeben sich nachfolgende Ergebnisse für die beurteilungsrelevante max. Schwinggeschwindigkeit:

 Abwurf von Bodenmaterial und Bauschutt: vmax ≤ 0,56 mm/s,

 Abbruch der Brückenarbeit: vmax ≤ 2,00 mm/s,

 Gründung des Widerlagers (Impulsrammung) vmax ≤ 2,50 mm/s.

Die max. zulässige Schwingungsamplitude für die verwendeten Bestrahlungsgeräte beträgt 100 µm. Dies entspricht bei einer Frequenz von 2 Hz einer Schwinggeschwindigkeit von 1,26 mm/s.

Bei dem Abbruch der Brücke und bei den ggfs. notwendigen Gründungsarbeiten des Widerlagers für die geplante Brücke sollten vorsorglich Maßnahmen organisatorischer Art durchgeführt werden. Da diese erschütterungsintensiven Maßnahmen lediglich kurze Zeiträume beanspruchen, ist zu empfehlen, dass während dieser kurzzeitigen Arbeiten die Strahlentherapie an Patienten vorsorglich ausgesetzt wird.

Durch die Abbrucharbeiten der bestehenden Stützwand und bei der Anlieferung und dem Abwurf von Bodenmaterial für die Herstellung der Anschlussstelle werden vermutlich die Mindestanforderungen des Herstellers hinsichtlich Erschütterungseinwirkungen auf die Bestrahlungsgeräte unterschritten, so dass während dieser (Bau-) Arbeiten mit keinen negativen Auswirkungen auf die Strahlentherapie auszugehen ist.

6.3.2. Dauererschütterungen

Bei den Dauererschütterungen, verursacht durch Verdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalzen, ergeben sich nach (Mess-) Erfahrungen und überschlägigen Prognosen maximale Schwinggeschwindigkeiten im Bereich von 1,3 bis 1,6 mm/s.

Basierend auf Erfahrungen müssen diese Verdichtungsarbeiten über einen längeren Zeitraum immer wieder durchgeführt werden und dauern i. d. R. auch mehrere Minuten bis Stunden.

Hierbei ist nach den o. g. Erfahrungen nicht auszuschließen, dass sich die am Fundament verursachten Erschütterungsimmissionen im Bereich bzw. oberhalb der Geräte- Spezifikationen des Herstellers für die Bestrahlungsgeräte der Strahlentherapie befinden.

Der zulässige Patientenfeld-Positionsfehler von 0,1 mm (100 µm) für Spitzenwert und Nullwert kann somit deutlich überschritten werden. Schwingungstilgende Maßnahmen organisatorischer Art durch Aussetzungen der Strahlentherapie während der Verdichtungs-

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arbeiten ist vermutlich nicht realisierbar bzw. würde zu erheblichen Ausfallzeiten der Praxis führen.

6.3.3. Qualität der Ermittlung der Erschütterungsimmissionen

Aufgrund des bisherigen Planungsstandes liegt zum derzeitigen Zeitpunkt kein verlässlicher Bauablauf vor. Somit stehen die erschütterungsintensiven Baumaßnahmen und die dafür zum Einsatz kommenden Baugeräte noch nicht abschließend fest. Somit kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Prognoseunsicherheit allein aufgrund des fehlenden Bauablaufplans > 20 % betragen kann.

Eine weitere Unsicherheit birgt der Höhenversatz zwischen der bestehenden Bundesstraße B27 und der radio-onkologischen Praxis. Hiermit sind Unsicherheiten bei den angesetzten Werten für die Weiterleitung der Erschütterungen im Erdreich nicht vollständig auszuschließen.

Sollten die in diesem Sachverständigen-Gutachten angenommenen Eingangsparameter tatsächlich stimmen, so ist von einem konservativen, d. h. erschütterungstechnisch schlimmsten anzunehmenden Fall für die Erschütterungsimmissionen am Fundament der Praxis auszugehen, da die Eigenfrequenzen der Geräte der Strahlentherapie sich im Frequenzbereich bis 10 Hz befinden und nach Erfahrungswerten davon auszugehen ist, dass die Ankopplung derart tieffrequenter Erschütterungen an das Gebäude der Praxis nicht ohne weiteres möglich ist.

Unabhängig von den o. g. Unsicherheiten bei der Abschätzung der zu erwartenden Erschütterungsimmissionen am Fundament der radio-onkologischen Praxis ist das Schwingungsverhalten der Bestrahlungsgeräte für die Strahlentherapie derzeit vollkommen unbekannt bzw. wenig erforscht. Es ist somit nicht auszuschließen, dass bereits bei deutlich geringeren max. Schwinggeschwindigkeiten auf dem Fußboden der Praxis bzw. am Fuß der Bestrahlungsgeräte sich die jeweiligen Geräte in ihrem Eigenfrequenzbereich (bis 10 Hz) bei Vorliegen von Dauererschütterungen „aufschaukeln“ und somit die zulässige Positionsgenauigkeit von 0,1 mm am Patienten überschreiten. Dieser Umstand kann eine Unsicherheit von > 20 % betragen.

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7. Ermittlung und Beurteilung der Erschütterungsimmissionen nach dem Ausbau der B27 Anschluss Neckarsulm

7.1 Allgemeines und Prognoseansatz

Nach Stand der Technik kann eine Erschütterungsprognose nach DIN 4150-1 [3] und Stand der Technik für die Befahrung von Straßen durch Pkw- und Lkw-Verkehr nicht ohne weiteres erfolgen. Basierend auf Messerfahrungen vergleichbarer Bauvorhaben und der in Kapitel 5 dieses Gutachtens durchgeführten, orientierenden Erschütterungsmessungen in der radio- onkologischen Praxis ist davon auszugehen, dass die Geräte-Spezifikationen für die erschütterungsempfindlichen Bestrahlungsgeräte bei Befahrung der angrenzenden Bundes- straße B27 und Binswanger Straße deutlich unterschritten werden. Diese Annahme gilt aber nur, solange keine deutlichen Fahrbahnabsätze, Risse im Asphalt oder sogenannte

„Schlaglöcher“ auf den angrenzenden Straßen vorhanden sind.

Die Planung und die Ausführung der angrenzenden Straßen ist nach RSto 12 [13], die dimensionierungsrelevante Beanspruchung B durch die prognostizierten bzw. gezählten täglichen Fahrzeugbewegungen (DTV) zu ermitteln und die zugehörige Belastungsklasse Bk zu bestimmen. Maßgeblich entscheidend ist hier nicht nur die Anzahl der Gesamtverkehrszahlen, sondern insbesondere der Anteil des Schwerlastverkehrs. Hintergrund ist, dass durch Befahrung mittels Schwerlasttransporter (Achslast 10 to) die Fahrbahnoberfläche deutlich stärker beansprucht wird, als durch z. B. Pkw-Verkehr mit deutlich geringeren Achslasten.

In Verbindung mit der dimensionierungsrelevanten Beanspruchung B und der zugehörigen Belastungsklasse nach RStO 12 [13] sowie der RAS [12] ist die Auslegung und der Straßen- aufbau nach dem bestehenden oder prognostizierten Verkehrsaufkommen vorzunehmen.

Gemäß den Planungsunterlagen ist der B27 inkl. Anschlussstelle die Belastungsklasse Bk 100 und der Regelquerschnitt RQ 25 gemäß RAS zugewiesen. Grundlage für diese Berechnungen waren umfängliche Verkehrsgutachten der Fa. BS Ingenieure im Auftrag der Stadt Neckarsulm [6].

Basierend auf den vorliegenden Unterlagen ist die Auslegung des Ausbaus der B27 und des Anschluss B27/Binswanger Straße ausreichend, so dass durch die Nutzung mittels Pkw und Lkw keine Schädigung der Fahrbahnoberflächen zu erwarten sind. Dies gilt sowohl für den Ist-Zustand (Verkehrszählung 2017) als auch für den prädiktierten Zustand laut Verkehrsgutachten, siehe Anlage 1.

Sollten allerdings Fertigungsfehler bei der Asphaltdecke auftreten oder sich durch die Beanspruchung der Straßen zu einem späteren Zeitpunkt Risse und/oder Schlaglöcher (z. B.

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durch Frost) ausbilden, dann ist jede Achsüberfahrt dieser Bodenunebenheit als fallende Masse aus einer definierten Höhe schwingungstechnisch anzusehen. D. h. jeder Achsübergang wird eine kurzzeitige Erschütterung in Anlehnung an die Prognoseansätze aus Kapitel 6.2.1 verursachen. Im schlimmsten anzunehmenden Fall ist die fallende Masse 10 to (Achslast eines Schwerlasttransporters) und die Fallhöhe korreliert mit der Fahrbahnunebenheit.

7.2 Bewertung der zu erwartenden Erschütterungsimmissionen

Basierend auf den orientierenden Erschütterungsmessungen in der radio-onkologischen Praxis sowie Literaturdaten und Messdaten der itap GmbH [8, 9] sind i. d. R. bei ebenen Fahrbahnoberflächen keine Erschütterungsimmissionen in der radio-onkologischen Praxis zu erwarten, die die Spezifikationen des Herstellers für die erschütterungsempfindlichen Bestrahlungsgeräte überschreiten.

Jedoch unterliegt eine Straße / Fahrbahn ebenfalls einem Alterungsprozess, so dass langfristig Fahrbahnunebenheiten und -absätze zwangsläufig nicht auszuschließen sind. Bei Auftreten derartiger Absätze werden bei Überfahrungen von Fahrzeugen bei dem Achsübergang Erschütterungen produziert, die als kurzeitige, fallende Masse aus einer definierten Fallhöhe einzustufen sind. I. d. R. ist zu erwarten, das derartige Fahrbahnabsätze mit einem maximalem Höhenversatz von bis zu 1 cm zu einer Einhaltung der Mindestanforderungen des Herstellers für die erschütterungsempfindlichen Bestrahlungsgeräte führt.

Jedoch ist aus eigenen Messungen [8] bekannt, dass die Erschütterungsimmissionen von Schwerlastverkehr auf unebenen Straßen oftmals zu sehr deutlich spürbaren Erschütterungs- immissionen in den anliegenden Gebäuden führen, die oftmals von Anwohnern als störend empfunden werden, obwohl sie im Sinne des BImSchG [1] in Verbindung mit der Erschütterungsrichtlinie [2] keine erheblichen Belastungen durch Erschütterungen darstellen.

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8. Zusammenfassende Beurteilung

Die Stadt Neckarsulm plant beim Ausbau der bestehenden Bundesstraße B27 im Bereich Neckarsulm zudem eine neue Anschlussstelle im Bereich der Binswanger Straße. Mit diesen Baumaßnahmen soll der ansteigende Verkehrsstrom zu und von den südöstlichen Gewerbe- gebieten der Stadt Neckarsulm zukunftssicher geplant und gestaltet werden. Durch diese baulichen Maßnahmen kann es zu erschütterungsintensiven Bauphasen kommen, wie z. B.

der Abbruch von bestehenden Stützwänden, die Gründungsarbeiten an Widerlagern für eine neue geplante Brücke und die Bodenverdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalzen.

An der Kreuzung Am Mühlrain und der Binswanger Straße befindet sich eine radio- onkologische Praxis der Radio Onkologie Nordwürttemberg GbR, die mittels erschütterungs- empfindlicher Bestrahlungsgeräte Strahlentherapien an Patienten durchführt. Der Hersteller der Bestrahlungsgeräte weist explizit darauf hin, dass eine Positionsgenauigkeit von 100 µm (0,1 mm) beim Patienten eingehalten werden muss, um Schäden an Leib und Leben aus- schließen zu können.

Die Stadt Neckarsulm hat den ö. b. u. v. Sachverständigen Dr. Michael Bellmann beauftragt, die zu erwartenden Erschütterungsimmissionen an der radio-onkologischen Praxis (i) während der erschütterungsintensiven Baumaßnahmen, als auch (ii) während des späteren Betriebs der ausgebauten Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße zu untersuchen. Sollte es zu Konflikten zwischen den erschütterungsintensiven Bautätigkeiten oder dem Befahren der erweiterten Bundesstraße B27 mit dem parallelen Betrieb der radio- onkologischen Praxis geben, so sollen schwingungstechnische Maßnahmen vorgeschlagen werden.

Aufgrund der Tatsache, dass der o. g. Ausbau erst in der Planungsphase ist, besteht derzeit noch kein dezidierter Bauablaufplan inkl. Beteiligter, erschütterungsintensiver Baumaß- nahmen und Baumaschinen. Aus diesem Grund werden in diesem Gutachten Standardansätze für derartige Baumaßnahmen aus der Literatur und eigenen Messungen für die Erschütterungsprognose gewählt [8, 9]. Für den späteren Betrieb der ausgebauten Straße inkl. Anschlussstelle wurden Erschütterungsmessungen im Februar 2019 in der radio- onkologischen Praxis durchgeführt und für den Planfall weitergehende Prognosen durchgeführt.

Die Ergebnisse dieses Gutachtens können wie folgt zusammengefasst werden:

Ein paralleler Betrieb der radio-onkologischen Praxis zu bestimmten erschütterungs- intensiven Baumaßnahmen,

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 wie Abbruch der vorhandenen Brücke Binswanger Straße und Gründung der Widerlager für die neue Brücke Binswanger Straße, ist aus erschütterungstechnischer Sicht auszuschließen!

 wie Bodenverdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalze, erzeugen Erschütterungen in der radio-onkologischen Praxis, die im Bereich der zulässigen Erschütterungs- einwirkungen auf die Bestrahlungsgeräte laut Hersteller (100 µm) am Fußboden erzeugen, so dass vorsorglich auf einen Betrieb der Bestrahlungsbehandlung zugunsten der Unversehrtheit der Patienten verzichtet werden sollte.

 Durch die spätere Nutzung der ausgebauten Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße ist bei ebenen Fahrbahnen keine Einschränkung des Betriebes der radio-onkologischen Praxis zu erwarten. Allerdings ist dafür Sorge zu tragen, dass keine Fahrbahnunebenheiten oder -absätze entstehen, die insbesondere bei Lkws zu nicht unerheblichen Erschütterungen bei Überfahrung dieser Fahrbahnunebenheiten führen können. Dies gilt insbesondere für die Binswanger Straße und den Anschluss B27/Binswanger Straße.

 Zudem kann im Vorfeld ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass es bei eventuell später anfallenden Ausbesserungen oder Baumaßnahmen an der B27 und der Anschlussstelle zu Konflikten hinsichtlich Erschütterungsimmissionen mit der radio- onkologischen Praxis kommen kann.

Gutachterliche Empfehlung:

 Für temporär stark eingegrenzte Baumaßnahmen, wie z. B. der Abbruch der bestehenden Brücke und die Gründungsarbeiten am Widerlager der neuen Brücke Binswanger Straße, ist der Betrieb der radio-onkologischen Praxis auszuschließen.

Dies könnte u. U. durch eine temporäre Schließung der Praxis gewährleistet werden.

 Jedoch kann eine temporäre Schließung der Praxis für die geplanten Boden- verdichtungsarbeiten nicht zielführend sein, da sich diese Arbeiten über mehrere Tage und Wochen erstrecken kann. Bei Schließung der Praxis sind nicht unerhebliche Ausfallkosten seitens der Praxis zu erwarten. Für diese Art der erschütterungs- intensiven Baumaßnahmen ist eine Umsiedlung der radio-onkologischen Praxis weit entfernt von sehr befahrenen Straßen und erschütterungsintensivem Gewerbe ziel- führend.

 Eine Umsiedlung der Praxis ist für die spätere Nutzung der B27 inkl. Anschlussstelle nicht zwingend erforderlich, allerdings müsste der Träger der Straße einer besonderen Sorgfaltspflicht nachkommen, so dass keine Fahrbahnunebenheiten und -absätze entstehen, die zu nicht unerheblichen Erschütterungsimmissionen innerhalb

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der Praxis führen werden. Zudem sind geeignete, schwingungstilgende Maßnahmen während späterer Ausbesserungsarbeiten an den Straßen zu planen, die eigentlich nur durch temporäre Schließungen der Praxis gewährleistet werden können.

Begründung:

Der Hersteller der Bestrahlungsgeräte gibt einen Positionsfehler von 100 µm am Patienten an, der während der Behandlung mit Strahlen tolerierbar ist, damit Schäden an Leib und Leben ausgeschlossen werden können. In dieser Studie bin ich in erster Näherung davon ausgegangen, dass somit die maximale Schwingungsamplitude am Aufstellungsort (hier Praxisboden) den o. g. Wert von 100 µm nicht übersteigen darf. Da der Hersteller jedoch explizit auf Resonanzeffekte seines Bestrahlungsgerätes im sehr tieffrequenten Bereich (2 bis 10 Hz) hinweist, ist im Vorfeld nicht auszuschließen, dass die geforderten 100 µm Positionsgenauigkeit am Patienten nicht schon bei deutlich geringeren Schwingungsamplituden am Boden der Praxis erreicht werden können, da sich das Bestrahlungsgerät im Resonanzfall ggfs. „aufschwingen“ kann. Genauere Studien über das Schwingungsverhalten der Bestrahlungsgeräte liegen zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung nicht vor.

Schwingungstilgende Maßnahmen, wie z. B. die Aufstellung der Bestrahlungsgeräte auf Schwingungstilger erscheint mir aus technischer Sicht ebenfalls nicht als zielführend, da die Resonanzeffekte des Gerätes bis 2 Hz runter gehen. Unabhängig davon müsste durch ein geeignetes (online) Monitoring-Verfahren gewährleistet werden, dass die Positionstoleranz von 100 µm bei jeder Behandlung gewährleistet werden kann und zudem die Standsicherheit des Bestrahlungsgerätes gewährleistet ist.

Unabhängig davon wurden in einer Studie von Hindmarsh & Smith (2018) die Einwirkungen von Baumaßnahmen (hier Bodenverdichtungsmaßnahmen mittels Vibrationswalze) auf ver- gleichbare Bestrahlungsgeräte gemessen und untersucht. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es selbst bei deutlicher Unterschreitung der Mindestanforderungen von 100 µm Schwingamplitude / Positionsgenauigkeit der Bestrahlungsgeräte bei Patienten zu

„unsicheren Empfindungen“ oder zu „weniger Vertrauen in die Behandlungsmethode“

gekommen ist. Die behandelnden Ärzte habe in Abstimmung mit der Klinikleitung somit entschieden, dass eine parallele Behandlung mit vergleichbaren Bestrahlungsgeräten zu den Verdichtungsarbeiten nicht möglich ist. Daraufhin wurden die Verdichtungsarbeiten mittels Vibrationswalze eingestellt.

In einer Studie von Amick & Gendreau [14] wurde der Einwirkungsbereich von Vibrations- walzen auf derartige Bestrahlungsgeräte gemessen und modelliert. Die Autoren kommen zu

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dem Ergebnis, dass je nach Vibrationsfrequenz und Art der Vibrationswalze ein paralleler Betrieb der Bestrahlungsgeräte im Bereich zwischen 65 und 165 m nicht sicher gewährleistet werden kann. Die radio-onkologische Praxis befindet sich in weniger als 20 m Entfernung zur Binswanger Straße und zum Anschluss B27/Binswanger Straße der Bundesstraße B27.

Unabhängig aller o. g., technischen Argumente sollte im vorliegenden Fall sowohl eine Risikobewertung hinsichtlich Personenschaden, als auch eine wirtschaftliche Bewertung erfolgen. Sollte es durch Erschütterungsimmissionen zu einem Behandlungsfehler an einem Patienten kommen, so können die Folgen für Leib und Leben verheerend sein. Unabhängig von einem Behandlungsfehler verfolgt die Radio-Onkologie Nordwürttemberg GbR wirtschaftliche Interessen. Sollten sich kurzfristige Schließungen der Praxis durch die anliegenden Bauarbeiten ergeben oder sich die Patienten bei vorhandenen Erschütterungsimmissionen während der Behandlung „unsicher“ oder „unwohl“ fühlen, so sind die wirtschaftlichen Folgen für die Radio-Onkologie Nordwürttemberg GbR sehr hoch.

Fazit: Um planungssicher und langfristig einem Konflikt zwischen der ausgebauten Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße und der radio-onkologischen Praxis entgegen zu wirken, ist die Umsiedlung der Praxis aus gutachterlicher Sicht empfehlenswert und die einzige realisierbare Möglichkeit.

Bei einer Umsiedlung der radio-onkologischen Praxis sind keine zusätzlichen, schwingungstechnischen Maßnahmen, wie Schwingungstilger oder ein entkoppeltes Fundament zwingend erforderlich, um die Anforderungen des Herstellers hinsichtlich Erschütterungsimmissionen auf die Bestrahlungsgeräte zu gewährleisten. Es sollten aber den Empfehlungen des Herstellers Folge geleistet werden, dass sich die Praxis nicht in unmittelbarer Nähe zu erschütterungsintensivem Gewerbe, geplanten erschütterungs- intensiven Baumaßnahmen oder sehr stark befahrenen Straßen und Schienen befindet.

Zudem sollte die direkte Nähe zu Kompressoren und Fahrstühlen, etc. vermieden werden.

Sollte eine unmittelbare Nähe zu den o. g. Erschütterungsquellen nicht gänzlich vermieden werden, ist die Aufstellung der Bestrahlungsgeräte auf einem separaten, schwingungs- entkoppelten Fundament aus gutachterlicher Sicht zu empfehlen. D. h., dass das

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Bestrahlungsgerät sich auf einem schwingungsentkoppelten Fundament befindet und keinen direkten Kontakt zum restlichen Gebäude besitzt.

Oldenburg, den 15. Mai 2019

Dr. Michael A. Bellmann

von der Oldenburgischen IHK ö. b. u. v. Sachverständiger für Schwingungen, Erschütterungen und Vibrationen Sachstellenleiter der Messstelle nach §29b BImSchG für Schwingungen, Erschütterungen und Vibrationen

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Anhang

A.1 Relevante Planungsunterlagen

Abbildung A.1.1: Verkehrsgutachten basierend auf der Verkehrszählung 2017. (Quelle: Stadt Neckarsulm)

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Abbildung A.1.2: Verkehrsgutachten für den Planfall 2030. (Quelle: Stadt Neckarsulm)

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Abbildung A.1.3: Computersimulation der ausgebauten Bundesstraße B27 inkl. Anschluss B27/Binswanger Straße für das Jahr 2030. (Quelle: Stadt Neckarsulm)

Abbildung A.1.4: Computersimulation der ausgebauten Binswanger Straße für das Jahr 2030.

(Quelle: Stadt Neckarsulm)

Radio-onkologische Praxis

Anschlussstelle

Radio-onkologische Praxis

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A.2 Messergebnisse der Erschütterungsmessungen

Abbildung A.2.1: Hintergrunderschütterungsmessung vom 28. Februar 2019 ohne Befahrung der angrenzenden Straßen (Binswanger Straße und Bundesstraße B27).

z

z z

z x

x y y

Zeit / s Frequenz / Hz

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Abbildung A.2.2: Beispiel einer Erschütterungsmessung vom 28. Februar 2019 mit Befahrung der angrenzenden Straßen (Binswanger Straße und Bundesstraße B27).

Fahrzeugvorbeifahrten

z

z z

z x

x y y

Zeit / s Frequenz / Hz

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A.3 Literaturdaten [10]

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A.4 Überschlägige Abschätzungen der Erschütterungsimmissionen einer Vibrationswalze

Abbildung A.3: Prognostizierte Schwinggeschwindigkeiten am Fundament während des Einsatzes einer Vibrationswalze als Funktion des Abstandes (v1 entspricht der maximalen Schwinggeschwindigkeit bei Normalbetrieb der Vibrationswalze, entspricht Dauerschallerschütterungen, v1,95% entspricht theoretisch maximaler Schwinggeschwindigkeit beim An- und Abschalten der Vibrationswalze, entspricht kurzzeitigen Erschütterungen). Mit den vertikalen Linien sind die Abstände 16 m und 12 m gekennzeichnet.

Referenzen

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