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Aus dem Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie (Direktor Univ.-Prof. Dr. med. Norbert Hosten) der Universitätsmedizin Greifswald

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Aus dem Institut für Diagnostische Radiologie und Neuroradiologie (Direktor Univ.-Prof. Dr. med. Norbert Hosten)

der Universitätsmedizin Greifswald

Burnout bei Medizinstudierenden

- Längsschnittstudie zum Einfluss von Motivation und Typ-A-Verhalten auf die Burnout-Gefährdung

Inaugural - Dissertation zur

Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Medizin (Dr. med.)

der

Universitätsmedzin der

Universität Greifswald 2020

vorgelegt von:

Anika Pusch

geboren am 06.11.1989 in Eberswalde-Finow

(2)

Dekan: Prof. Dr. med. Karlhans Endlich 1. Gutachter: Prof. Dr. med. Norbert Hosten 2. Gutachter: Prof. Dr. med. Karl-Titus Hoffmann Tag der Disputation: 15.06.2021 (via Zoom-Meeting)

(3)

I

NHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung ... 5

2. Theoretische Vorbetrachtung ... 8

2.1. Burnout im Medizinstudium ... 8

Allgemeine Definition nach Maslach et al.... 8

Theorie zur Entstehung des Burnout-Syndroms ... 10

Prävalenz von Burnout im Medizinstudium ... 12

2.2. Einfluss der Motivation auf die Burnout-Gefährdung ... 15

Die Self-Determination-Theory der Motivation ... 15

Studienwahlmotive der Medizinstudierenden ... 17

Prozessmodell der Studienmotivation ... 19

Zusammenhang zwischen Motivation und Verhalten ... 20

Studienlage zur Motivation deutschsprachiger Medizinstudierender ... 20

Motivation im Medizinstudium und Burnout ... 21

2.3. Typ-A-Verhalten ... 23

Definition nach Friedman und Roseman ... 23

Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden ... 23

3. Ziel der Studie und Ableitung der Hypothesen ... 24

4. Methoden ... 30

4.1. Datenerhebung und Stichprobe ... 30

Ethik und Datenschutz ... 30

Auswahl Erhebungszeitpunkte ... 31

Auswahl Stichprobe ... 31

4.2. Messinstrumente/Operationalisierung ... 32

Soziodemographische Variablen ... 32

Maslach Burnout Inventory – Student Survey (MBI-SS) ... 32

Höhe der Motivation ... 36

Studienmotive ... 36

Bortner Scale ... 38

4.3. Statistische Auswertung ... 41

5. Ergebnisse ... 42

5.1. Deskriptive Statistiken ... 42

Soziodemographische Variablen ... 42

(4)

Burnout ... 42

Motivation ... 47

Typ-A-Verhalten ... 51

5.2. Regressionen/Modelle ... 53

Einfluss der Motivation auf das Burnout-Erleben ... 53

Einfluss des Typ-A-Verhaltens auf die Burnout-Gefährdung ... 56

Kontrollvariablen ... 56

Erklärungskraft der Modelle ... 57

6. Diskussion ... 62

6.1. Burnout ... 62

Emotionale Erschöpfung ... 62

Zynismus... 63

Persönliche Leistungsfähigkeit ... 64

6.2. Motivation ... 65

6.3. Typ-A-Verhalten ... 67

6.4. Limitationen ... 68

6.5. Stärken ... 69

6.6. Ausblick ... 70

6.7. Relevanz der Ergebnisse ... 70

7. Schlussbetrachtung ... 72

8. Zusammenfassung ... 73

9. Literaturverzeichnis ... 74

10. Anhang ... 80

10.1. Abkürzungsverzeichnis ... 80

10.2. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ... 81

10.3. Ergänzende Tabellen ... 83

11. Eidesstattliche Erklärung ... 91

12. Danksagung...92

(5)

1. Einleitung

Internationale Studien berichten, dass über 50 % der Medizinstudierenden im Verlauf ihres Studiums Symptome eines Burnout-Syndroms aufweisen (vgl. IsHak et al., 2013; Santen et al., 2010; Dyrbye et al., 2006 und 2009). Das heißt, mehr als die Hälfte der angehenden Ärzte und Ärztinnen durchlebt bereits im Medizinstudium eine starke psychische Belastung, welche sich oft bis in die klinische Tätigkeit fortsetzt. Da der Arztberuf neben umfangreichen Kenntnissen und Fähigkeiten ein starkes Durchhaltevermögen und psychische Belastbarkeit erfordert, birgt dies in der Folge auch Risiken für die Versorgung von Patient*innen (Scholz et al., 2018).

Besorgnis erregt zudem, dass das Burnout-Syndrom bei Medizinstudierenden mit psychischen Erkrankungen, Substanzmissbrauch und Selbstmordgedanken assoziiert ist (Dyrbye et al., 2006 und 2008; Dahlin und Runeson, 2007; Guthrie et al., 1998). Die psychische Gesundheit von Medizinstudierenden und deren Konsequenzen erhält in den letzten Jahren zumindest in Studien eine höhere Aufmerksamkeit. Um die Situation für die Studierenden nachhaltig zu verbessern, ist die Identifikation und das Verständnis der Einflussfaktoren auf die Entwicklung eines Burnout-Syndroms von Bedeutung.

Burnout wird nach Maslach et al. (2001) als langfristige Antwort auf chronische emotionale Stressoren verstanden und führt zu emotionaler Erschöpfung, Zynismus und einer Verminderung der persönlichen Leistungsfähigkeit. Besonders Personen mit hohen, idealistischen Zielen sind gefährdet. Medizinstudierende sind zu Beginn ihres Studiums hoch motiviert (Fabry und Giesler, 2007). Die Motive der Studienanfänger sind oft idealistisch, zum Teil aber unerreichbar und realitätsfern (Bergner, 2010). Die hohe Arbeitsbelastung im Studium kann zu emotionaler Erschöpfung führen, wenn die eigenen Ziele nicht erreicht werden können oder Anerkennung ausbleibt. In der Folge entsteht eine Distanz zu den Studieninhalten und die persönliche Leistungsfähigkeit sinkt – ein Burnout-Syndrom kann die Folge sein. Dabei spielt die Motivation eine zentrale Rolle.

Entsprechend der Self-Determination-Theory (Deci und Ryan, 1985) weisen Individuen eine unterschiedlich hohe und gerichtete Motivation auf, eine Handlung wie z. B. Lernen im Medizinstudium durchzuführen. Unterschieden wird in intrinsische und extrinsische Motive.

An sich Spaß bringende und interessante, also intrinsisch motivierte Handlungen haben einen positiven Effekt auf den Lernerfolg und können die Burnout-Gefährdung reduzieren. Neben der Motivation nehmen Faktoren der Person und der Lernumgebung Einfluss auf die Entwicklung eines Burnout-Syndroms. Maslach et al. (2001) beschreiben das Typ-A-Verhalten, gekennzeichnet unter anderem durch einen hohen Grad an Ehrgeiz, starkes Konkurrenzdenken

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und die Neigung zum Wetteifer als möglichen Risikofaktor. Diese Eigenschaften werden Medizinstudierenden oft zugesprochen (Jennings, 2009).

Ziel der vorliegenden Studie ist die längsschnittliche Erfassung der gesundheitlichen Situation und des gesundheitlichen Erlebens der Medizinstudierenden an der Universitätsmedizin Greifswald. Konkret wird die Burnout-Gefährdung der Studierenden in Abhängigkeit von der Motivation im Studium sowie der Einfluss des Typ-A-Verhaltens auf die Burnout-Gefährdung untersucht. Es wird geklärt, ob eine Burnout-Gefährdung der Studierenden vorliegt und beschrieben, wie diese sich im Verlauf des Studiums verändert. Die Entwicklung der Motivation (Höhe und Qualität) sowie das Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden werden dargelegt, um den Einfluss dieser auf die Burnout-Gefährdung zu verstehen.

Die Erhebung des Burnout-Erlebens, der Studienmotivation und des Typ-A-Verhaltens erfolgt als Selbsteinschätzung durch die etablierten Fragebögen Maslach Burnout Inventory (Schaufeli et al., 2002a; Maslach et al., 1997), Fragebogen zum Studieninteresse (Schiefele et al., 1993) und die Bortner-Scale (Bortner, 1969) bzw. Auszügen daraus. Mit Studienbeginn im Wintersemester 2009/10 wurden die Medizinstudierenden der Universitätsmedizin Greifswald jeweils am Anfang der folgenden Semester zur ihrer gesundheitlichen Situation befragt. Für eine repräsentative Stichprobe von 51 Studierenden konnten kontinuierlich Daten über die ersten vier Studienjahre erhoben werden. Diese werden mit Hilfe deskriptiver Statistiken und Regressionen in Form einer Time-Series Cross-Section Analyse ausgewertet.

Erwartungsgemäß weisen auch die Studierenden der Universitätsmedizin Greifswald eine Burnout-Gefährdung auf, welche im Verlauf des Studiums zunimmt. Die Motivation zum Studium, insbesondere die intrinsische, verringert sich. Es kann ein signifikanter Zusammenhang zwischen abnehmender Motivation und steigender Burnout-Gefährdung beschrieben werden. Ein Großteil der Studierenden zeigt ein Typ-A-Verhalten, welches das Burnout-Risiko in der Stichprobe ebenfalls signifikant erhöht.

Zunächst erfolgt eine theoretische Vorbetrachtung mit Definition und Erklärung des Burnout- Syndroms nach Maslach et al. (2001), des Einflusses der Motivation auf die Burnout- Gefährdung anhand der Self-Determination-Theory (Deci und Ryan, 1985) sowie des Typ-A- Verhaltens nach Friedman und Roseman (1959). Es schließt sich jeweils eine kurze Übersicht der bisherigen Studienlage bezogen auf Medizinstudierende an. Daraus werden die Hypothesen

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abgeleitet und erörtert. Im Abschnitt Methoden werden die Datenerhebung, die Auswahl der Zeitpunkte und die Stichprobe ausführlich beschrieben. Außerdem wird die Operationalisierung der Variablen anhand der eingesetzten Messinstrumente erläutert. Die Ergebnisse werden getrennt nach deskriptiven Statistiken und Inferenzstatistik jeweils für die Burnout-Gefährdung, Höhe und Qualität der Motivation sowie für das Typ-A-Verhalten präsentiert. Anschließend erfolgt die Diskussion der Ergebnisse unter Einordung in das theoretische Konzept und unter Berücksichtigung vergleichbarer Studien mit Ableitung von Vorschlägen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Medizinstudierenden.

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2. Theoretische Vorbetrachtung

2.1. Burnout im Medizinstudium

Allgemeine Definition nach Maslach et al.

Der Begriff Burnout wird im Alltag beinahe schon inflationär genutzt. Oftmals ist sogar von einer Modediagnose die Rede (z. B. Kaschka et al., 2011). Dennoch gibt es keine einheitlich gültige Begriffsdefinition. Weder im Statistischen Handbuch der Psychischen Störungen noch in der ICD 10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision)1 stellt Burnout eine eigenständige Diagnose dar (IsHak et al., 2013; Korczak et al., 2010).

Als Begründer der Burnout-Forschung gilt Herbert J. Freudenberger, der 1974 erstmals die emotionale und physische Erschöpfung in Pflegeberufen mit ihren Symptomen charakterisierte.

Es handelt sich um ein vielschichtiges psychologisches Syndrom, also einen Symptomenkomplex, der mit Ängstlichkeit und Depression in Zusammenhang steht. Die Abgrenzung der Dimensionen voneinander ist dabei schwierig. Ein anerkanntes Konzept zur Beschreibung des Burnout-Syndroms liefern Maslach et al. (2001). Dies soll hier als theoretische Grundlage dienen.

Maslach et al. (2001) definieren Burnout als langfristige Antwort auf chronische emotionale und zwischenmenschlichen Stressoren. Ursprünglich war dieses Konzept ausschließlich auf Stressoren des Berufes bezogen und vor allem dem Gesundheitswesen vorbehalten (Schaufeli et al., 2002b). Seit einigen Jahren wird aber deutlich, dass eine Erweiterung auf andere Berufsgruppen und auch auf außerberufliche Betätigungsfelder nötig ist. Gerade Studierende scheinen häufig betroffen zu sein, wie Schaufeli et al. (2002a) herausstellen.

Ganz allgemein beschreiben Maslach et al. (2001) in ihrer Theorie drei Dimensionen des Burnouts (Abbildung 1):

- Exhaustion (erdrückende emotionale Erschöpfung)

- Cynicism (Zynismus/Depersonalisation/Distanziertheit) und - Inefficacy (verminderte Leistungsfähigkeit).

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Die emotionale Erschöpfung ist das zentrale und offensichtlichste Symptom. Alleinige Erschöpfung reicht zwar nicht zur Diagnose eines Burnouts, ist aber notwendiges Kriterium.

Sie spiegelt die individuelle Stressdimension wider. Betroffene haben das Gefühl, alle emotionalen und physischen Ressourcen aufgebraucht zu haben. Es folgen Handlungen, die zur emotionalen und kognitiven Distanzierung von der Arbeit führen. Dies ist ein Copingmechanismus gegen Überbelastung. Er gipfelt in einer sehr negativen und abgestumpften oder extrem distanzierten Haltung vor allem gegenüber den zwischenmenschlichen Aspekten der Arbeit. Diese Indifferenz/Gleichgültigkeit wird unter der Dimension Zynismus zusammengefasst. Der Leistungsverlust steht in komplexem Zusammenhang mit den genannten Dimensionen. Er stellt die selbstbewertende Komponente dar und ist gekennzeichnet durch das Gefühl der eigenen Unfähigkeit/Inkompetenz und folglich fehlenden Erfolg durch reduzierte Produktivität (Maslach et al., 2001). In Bezug auf das Studium bedeutet dies, sich auf Grund der hohen Ansprüche emotional erschöpft zu fühlen, eine zynisch-distanzierte Haltung zu den Studieninhalten einzunehmen und das Gefühl zu haben, ein(e) inkompetente(r) oder unfähige(r) Student*in zu sein (Schaufeli et al., 2002b).

Es lassen sich Auswirkungen des Burnout-Syndroms sowohl auf den Beruf als auch die Gesundheit beschreiben. Burnout im Beruf ist assoziiert mit Rückzug aus der sozialen Situation, also Abwesenheit vom Arbeitsplatz. Weiterhin zeigt sich die Absicht die Arbeitsstelle aufzugeben, eine geringe Produktivität und Effektivität sowie verminderte Zufriedenheit und fehlendes Engagement. Eine Gefahr besteht in der „Ansteckung“ der Kolleg*innen. Gesundheitlich kann sich ein Burnout-Syndrom durch Substanzmissbrauch

Emotionale Erschöpfung

Verminderte Leistungsfähigkeit

Zynismus/

Depersonalisation

Abbildung 1: Dimensionen des Burnout-Syndroms nach Maslach et al. (2001).

Veranschaulicht werden die miteinander interagierenden Dimensionen des Burnout-Syndroms.

Emotionale Erschöpfung (z. B. durch eine hohe Arbeitsbelastung im Medizinstudium) als zentrales Symptom bedingt eine distanzierte Haltung gegenüber der Arbeit und kann zu Zynismus führen. Beides bedingt eine Abnahme der persönlichen Leistungsfähigkeit. In der Folge wird die emotionale Erschöpfung durch ausbleibenden Erfolg verstärkt.

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äußern, eine mentale Dysfunktion bedingen und eine vorbestehende Neigung zu Depression und Ängstlichkeit verschlechtern. Insgesamt ist auch ein geringeres Selbstwertgefühl/Selbstbewusstsein zu erwarten (Maslach et al., 2001). Zudem wird eine Reihe von unspezifischen, körperlichen Symptomen beschrieben (vgl. Bergner, 2010).

Theorie zur Entstehung des Burnout-Syndroms

Wie in der Definition deutlich wird, ist das Burnout-Syndrom als Antwort auf chronische Stressoren zu verstehen. Die einzelnen Dimensionen entwickeln sich sukzessive, werden die Auslöser nicht erkannt und ausgeschaltet. Über die Entstehung des Burnouts existieren verschiedene Modelle. Entsprechend der multifaktoriellen Theorie von Maslach et al. (2001) steht folgender Leitsatz im Mittelpunkt:

„You have to have been on fire in order to burn out.“

Das heißt, vor allem Personen mit hohen, teils idealistischen Zielen und großem Engagement erleiden häufig ein Burnout-Syndrom, wenn ihre Ziele nicht erreicht werden. Sie sind anfangs hoch motiviert, ebenso investieren sie viel Zeit und Kraft in die Erfüllung ihrer Ziele. Bleiben jedoch langfristig Erfolg oder Anerkennung aus, kommt es zu einer beruflichen Gratifikationskrise. Andererseits kann auch eine Unterforderung mit Monotonie und Langeweile in einer Erschöpfung münden (Maslach et al., 2001).

Um die Ätiologie eines Burnout-Syndroms zu verstehen, müssen zwei interagierende Faktoren betrachtet werden: Faktoren der Situation (Beruf, Studium, etc.) stehen den Faktoren der Person gegenüber. Im Folgenden sollen mit Hilfe des theoretischen Modells von Maslach et al. (2001) und einer Studie von Radcliffe et al. (2003) sowie Jennings´ Analyse (2009) die Risikofaktoren für ein Burnout-Syndrom am Beispiel von Medizinstudierenden erläutert werden. Die Untersuchung von Radcliffe et al. (2003) bezieht sich vor allem auf die Stressoren im Medizinstudium, also Faktoren der Situation. Diese wurden in strukturierten Interviews mit britischen Medizinstudierenden herausgearbeitet. Laut Maslach et al. (2001) tragen hauptsächlich die nachstehenden Faktoren der Situation zum Erkrankungsrisiko bei und werden durch Beispiele aus dem Medizinstudium nach Radcliffe et al. (2003) illustriert:

- Hohe Arbeitsbelastung: Die Studierenden erleben ein hohes Arbeitspensum durch Stofffülle und Zeitdruck zu Prüfungen sowie einen großen Leistungsdruck durch die Notwendigkeit schneller, eigenständiger Aneignung von Fähigkeiten und Fertigkeiten.

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- Rollenkonflikte: Studierende beschreiben ein Gefühl der Nutzlosigkeit in der Klinik durch fehlendes Wissen/Können; bei Jennings (2009) zusätzlich konkret, das Gefühl verantwortlich für Patient*innen zu sein, ohne etwas tun zu können oder zu dürfen.

- Mangelnde Informationen: Zum Beispiel über Studienabläufe, Rechte und Pflichten.

- Fehlende soziale Unterstützung: Hier wird bei Radcliffe et al. (2003) eine Isolation von

„Nicht-Mediziner*innen“ und ein hoher Sozialisationsdruck beklagt. Das Konkurrenzdenken unter Medizinstudierenden kommt laut Jennings (2009) als belastender Faktor zum Ausdruck. Beide Arbeiten betonen eine gewisse Anonymität im Studium.

- Fehlendes Feedback: Wiederum ist unter anderem die Anonymität z. B. durch Multiple- Choice-Klausuren, hohe Fluktuation und Fehlen direkter Ansprechpartner*innen in der Lehre ursächlich.

- Mangel an Autonomie: Studierende haben neben den Lehrveranstaltungen kaum Freizeit zur individuellen Lebensgestaltung und sind nicht in der Lage, selbstständig über die Behandlung von Patient*innen zu entscheiden.

- Emotionale Belastung: Es wird angesprochen, dass vor allem die Übergangszeiten von Schule zu Studium und von Vorklinik zu Klinik vermehrter Unterstützung der Institution bedürften. Auch in Hinblick auf den ersten Patientenkontakt, Umgang mit Krankheit und Tod oder Prüfungsangst/-versagen empfinden die Medizinstudierenden vermehrt emotionalen Stress.

- Hierarchie: Studierende nehmen eine untergeordnete Rolle in der Klinik ein, sodass sie sich überflüssig fühlen.

Die Faktoren der Person haben Maslach et al. (2001) neben den überdauernden Eigenschaften der Persönlichkeit in sechs Punkten zusammengefasst, wobei alle eine chronische Diskrepanz zwischen Person und Beruf beschreiben. Nachgestellt sind Faktoren der Medizinstudierenden nach Jennings (2009):

- Workload: Zu viel oder falsche Arbeit für das Individuum. Studierende müssen große Stoffmengen und scheinbar sinnlose Details lernen, oftmals sind mehr als zehn Stunden Arbeit am Tag nötig.

- Control: Fehlende Anerkennung und mangelnde Kontrolle/Autonomie bei großer Verantwortung. Studierende sind ohne Entscheidungskompetenz oder Mitspracherecht in der Klinik. Sie haben das Gefühl verantwortlich zu sein, ohne etwas tun zu können.

Weiterhin ist kein Einfluss auf den Zeitplan (z. B. Urlaub) möglich.

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- Reward: Unangemessen geringe Bezahlung oder Anerkennung oder fehlende intrinsische Motivation. Es gilt, Studienkredite zu bezahlen. Ausbleibender Erfolg und fehlendes Feedback können den Verlust der intrinsischen Motivation bedingen.

- Community (siehe oben soziale Unterstützung)

- Fairness: Oft werden Studierende mit zynischem Pflegepersonal und Ärzt*innen konfrontiert, die keinen Respekt vor Studierenden zeigen.

- Values: Diskrepanz zwischen den Werten des Individuums und denen des Arbeitsumfeldes. Studierende beobachten falsche Behandlungsmethoden, Minimalisierung und einen zynischen Umgang mit Patient*innen.

Darüber hinaus betonen Maslach et al. (2001) den Zusammenhang von Persönlichkeit/Verhaltensweisen und der möglichen Entwicklung eines Burnout-Syndroms.

Zum einen nehmen demographische Variablen wie Alter, Bildungsstand und Kultur Einfluss.

Für das Geschlecht wird kein Einfluss auf die Burnout-Gefährdung beschrieben. Andererseits gelten einige Persönlichkeitsmerkmale als Risikofaktoren. Dazu gehören eine geringe Ausdauer/Widerstandskraft (Resilienz), eine externe Kontrollüberzeugung, ein passiver Copingstil, geringe Selbstbewertung und Neurotizismus mit seinen Dimensionen Ängstlichkeit, Feindseligkeit, Depression, Verletzlichkeit, emotionale Instabilität. Weiterhin wird dem Typ- A-Verhalten, gekennzeichnet durch Drang zu Wetteifer, Hektik, Feindseligkeit sowie exzessivem Verlangen nach Kontrolle, eine besondere Rolle zugesprochen (Maslach et al., 2001). Auch Dahlin et al. (2007) betonen den Einfluss der Persönlichkeit auf die Stresswahrnehmung in ihrer Erhebung bei schwedischen Medizinstudierenden. Ein hohes Burnout-Risiko ist demnach assoziiert mit Impulsivität und depressiven Symptomen (siehe auch Maslach et al., 2001). Ferner wird deutlich, dass gerade Studierende mit einem hochgradig erfolgsabhängigen Selbstwertgefühl und abnehmendem Engagement gefährdet für psychische Morbidität erscheinen (Dahlin et al., 2007).

Prävalenz von Burnout im Medizinstudium

Aus Erhebungen an amerikanischen Medizinstudierenden geht eindrücklich hervor, dass eine Burnout-Gefährdung bereits in den ersten Jahren des Medizinstudiums besteht und im Studienverlauf weiter zunimmt. Santen et al. (2010) beschreiben bei etwa einem Drittel der befragten Medizinstudierenden ein Burnout-Syndrom. 21 % der Studierenden weisen im ersten Studienjahr eine moderate oder hohe Burnout-Gefährdung auf, welche sich im zweiten Studienjahr nahezu verdoppelt (Abbildung 2).

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Bis zu 88 % der Studierenden fühlen sich emotional erschöpft. Als Auslöser werden unter anderem hohe Lernanforderungen, Prüfungen, Stress und fehlende Kontrolle angegeben. Eine zu hohe Arbeitsbelastung, fehlende Unterstützung und Kontrollverlust tragen signifikant zu emotionaler Erschöpfung bei. Zu wenig erfahrene Anerkennung, Überarbeitung und emotionales Engagement führen zur Depersonalisation. Auch Dyrbye et al. (2006) beschreiben in ihrer Untersuchung der Prävalenz von Burnout an 545 Medizinstudierenden aller Studienjahre vergleichbare Ergebnisse. Insgesamt 45 % der Studierenden zeigen hier ein hohes Risiko für Burnout. Dabei nimmt die Prävalenz mit fortschreitenden Studienjahren zu. Neben den bereits genannten Faktoren des Studiums untersuchten Dyrbye et al. (2006) vorrangig auch den Einfluss von Personal-life-events. Negative Lebensereignisse (wie Tod eines nahen Angehörigen u. ä.) korrelieren signifikant mit dem Burnout-Risiko; positive Lebensereignisse (z. B. Hochzeit, Geburt eines Kindes usw.) hingegen haben kaum einen protektiven Einfluss.

Relevante Einflüsse soziodemographischer Variablen werden nicht beschrieben.

Abbildung 2: Burnout-Gefährdung amerikanischer Medizinstudierender (aus Santen et al., 2010).

Abgebildet ist die Prävalenz von Burnout bei amerikanischen Medizinstudierenden (N = 249) in Prozent insgesamt und getrennt nach den Dimensionen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und verminderte Leistungsfähigkeit für die ersten vier Studienjahre. Bereits vom ersten zum zweiten Studienjahr steigt die Burnout-Gefährdung stark an. Im dritten Studienjahr ist etwa die Hälfte der Studierenden hoch oder moderat gefährdet. Im Verlauf sind bis zu 88 % der Studierenden emotional erschöpft oder schätzen ihre Leistungsfähigkeit als vermindert ein.

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Santen et al. (2010) folgern, dass das Burnout-Risiko bereits im Studium ein ernst zu nehmendes Problem ist, insbesondere auch mit Hinblick auf die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit im späteren Berufsleben.

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2.2. Einfluss der Motivation auf die Burnout-Gefährdung

„You have to have been on fire in order to burn out2.“

Die Self-Determination-Theory der Motivation

Den Begriff Motivation treffend zu definieren, ist weniger trivial als es zuerst erscheinen mag.

Der Pschyrembel zum Beispiel bezeichnet Motivation als die „Gesamtheit subjektiver Beweggründe im Sinne der Handlungsbereitschaft“. Dabei wird er aber weder der Vielschichtigkeit noch der Dynamik dieses psychologischen Konstrukts gerecht. Motiviert sein heißt nach Deci und Ryan (2000), bewegt sein oder werden etwas zu tun. Laut den Begründern der Self-Determination-Theory (SDT, Deci und Ryan, 1985) kann nur bei ausreichender Motivation die nötige Energie aufgebracht werden, um eine Handlung zu beginnen und damit ein Ziel zu erreichen. Somit lässt sich schließen, dass die Motivation zum und im Studium von zentraler Bedeutung ist. Gemeint ist die Studienmotivation zum einen im Sinne der Motivation zum Studium und zum anderen die Motivation zum Fach und dessen Inhalten (Fabry und Giesler, 2007).

Weiterhin beschreibt die Self-Determination-Theory Motivation als ein sehr uneinheitliches Phänomen. So zeigen Individuen verschieden hohe Motivationen sowie Motivationen ungleicher Natur mit unterschiedlichem Fokus. Die Einteilung nach Zielen und Gründen sowie dem erlebten Maß an Selbstbestimmung/Kontrolliertheit in intrinsische und extrinsische Motivationsformen scheint unerlässlich, da die Qualität von Erfahrung und Leistung letztlich vom Typ der Motivation bestimmt wird (Deci und Ryan, 1993). Der Self-Determination- Theory zufolge zeigt die intrinsische Motivation den größten Effekt auf Lernbereitschaft und - erfolg. Intrinsisch motivierte Handlungen werden ausgeführt, da sie an sich interessant, Spaß bringend, befriedigend oder herausfordernd sind. Sie spiegeln die natürliche Neigung/Bereitschaft zu lernen und Wissen aufzunehmen wider. Eine Notwendigkeit dieser Handlungen ist nicht ersichtlich, auch das Fehlen von Erwartungs- oder Drucksituationen ist kennzeichnend (Deci und Ryan, 2000). Demnach existiert hier ein großes Maß an Autonomie, welches die interindividuellen Motivationsunterschiede und auf lange Sicht Erfolge/Misserfolge erklärt.

Eine Studie ergab, dass Medizinstudierende ein hohes Maß an intrinsischer Motivation aufweisen (Sobral, 2004), wohl begründet in dem robusten Wunsch Arzt zu werden (Fabry und Giesler, 2007). Statistisch wird dies durch Zahlen aus dem Studierendensurvey (Kolbert- Ramm, 2011) bestätigt. Es wird berichtet, dass Medizinstudierende ihre Fachwahl zumeist

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eindeutig und ohne Alternativen treffen. Sie zeigen folglich eine starke Fachidentifikation.

Allerdings darf diese intrinsische Motivation nicht als statisch oder gar dauerhaft gegeben angesehen werden. Die Beeinflussung von außen, vor allem durch soziales Erleben, kann sowohl positive als auch negative Effekte hervorbringen (Deci und Ryan, 2000). Soziale Unterstützung führt demnach zu einer Verstärkung der intrinsischen Motivation, wohingegen eine Motivationsabnahme aus Stress, Zeitdruck, Konkurrenzkampf und Ähnlichem resultieren kann.

Der intrinsischen steht in der Self-Determination-Theory die extrinsische Motivation gegenüber. Eine Handlung wird ohne Interesse an der Tätigkeit als solcher ausgeführt und zwar mit dem Wissen um den Sinn und Zweck der Aufgabe. Etwas wird also getan, da es zu einem bestimmten, von der Handlung abgegrenzten Ziel führt. Dabei kann es sich um einen Antrieb aus einer externen Kontrollsituation (z. B. Lernen für eine Prüfung) oder aber auch um einen Selbstregulationsmechanismus (z. B. Prüfung bestehen wollen, um Arzt zu werden) handeln.

Sinnvoll ist dies, da der Großteil der zu erfüllenden Aufgaben im Leben nicht spannend, meist aber zielführend ist. Zudem wird die Freiheit nach Interesse zu handeln u. a. durch soziale Rollen massiv beschränkt. Trotzdem ist auch die extrinsische Motivation als sehr variabel und zu großen Teilen als autonom zu bezeichnen.

Deci und Ryan weisen darauf hin, dass eine Interaktion zwischen den beiden Motivationstypen besteht. So kann eine zuerst subjektiv sinnlos erscheinende Aufgabe, z. B. durch soziale Anerkennung, zu einer persönlichen Lebensaufgabe integriert werden. Ein Mechanismus, der gerade bei Medizinstudierenden, in Abhängigkeit von Kompetenz und Unterstützung der Lehrenden häufig beobachtet werde (Deci und Ryan, 2000). Die Qualität der Lernmotivation kann sich in beide Richtungen ändern. Die Self-Determination-Theory schlägt dazu ein hierarchisches Konzept vor, in dem je nach Maß der Selbstbestimmung und des tatsächlichen Anreizes eine Motivationsstufe erreicht wird (Prenzel 1997, Abbildung 3).

Prenzel beschreibt, dass bei einem Motivationsverlust (z. B. durch negative Lernumgebungsfaktoren) die nächst weniger autonome Stufe greift, um den Antrieb aufrecht zu erhalten (Motivationskontinuum). Eventuelle Auswirkungen sind somit oft erst später ersichtlich. Demotivation im Sinne von Motivationsverlust bis zur Amotivation entsteht laut SDT aus fehlender Sinnhaftigkeit, dem fehlenden Glauben an ein positives Ergebnis und die Bewältigbarkeit einer Aufgabe, das heißt fehlendem Kohärenzsinn.

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Zusätzlich negativ einwirkende Faktoren sind Kontrollentzug, schlechte soziale Bedingungen und oft unbewusste Fehler der Lehrenden (Prenzel, 1997). Demzufolge ist es nachvollziehbar, dass intrinsisch motivierte Handlungen oftmals zu positiveren Effekten führen. Bewiesen ist auch, dass sowohl intrinsische als auch extrinsische Anteile zum akademischen Erfolg von Medizinstudierenden beitragen (Sobral, 2004). Je stärker die Motivation jedoch extrinsisch ist, desto schlechter sind die Copingmechanismen bei Stress und Misserfolg (Deci und Ryan, 2000).

Studienwahlmotive der Medizinstudierenden

Wie bereits erwähnt, wird in einigen Studien (Kolbert-Ramm, 2011; Strube et al., 2011; Willich et al., 2011; Fabry und Giesler, 2007; Sobral, 2004) deutlich, dass Medizinstudierende eine vorrangig intrinsische Motivation aufweisen. Diese starke berufsbezogene Motivation ist bedingt durch ein klares Berufsbild sowie genaue Vorstellungen zu Studieninhalten und - anforderungen. Charakteristisch sei dieser feste Berufswunsch bei 72 % (Heublein et al., 2010) bzw. 59 % (Fabry und Giesler, 2007) der Medizinstudierenden. Zusätzlich bestätigen unterschiedliche Erhebungen, dass der Wunsch Medizin, zu studieren oft über viele Jahre hinweg besteht (Fabry und Giesler, 2007). Neben dem festen Berufswunsch spielt auch das spezielle Fachinteresse eine entscheidende Rolle bei den Studienwahlmotiven (Motiv hier definiert als subjektiver Beweggrund). Dieses geben 93 % (Heublein et al., 2010) bzw. 81 % Abbildung 3: Qualitäten der Lernmotivation (modifiziert nach Prenzel, 1997).

Die Abbildung zeigt die Veränderung der Qualität der Motivation auf dem Kontinuum von amotiviert bis intrinsisch motiviert entsprechend des Maßes der Selbstbestimmung und des wahrgenommenen Anreizes. Ein Verlust der intrinsischen Motivation kann durch eine geringe Selbstbestimmung und eine Abnahme des wahrgenommenen Anreizes entstehen.

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(Fabry und Giesler, 2007) der Studierenden an. Auch den eigenen Begabungen und Fähigkeiten messen die meisten Studierenden Bedeutung in Bezug auf die Fachwahl bei (87 % bzw. 49 %) bei. Das etwas stereotyp anmutende Motiv „helfen wollen“ geben 78 % (Heublein et al., 2010) an, bei Kolbert-Ramm (2011) sind es sogar 83 %. Allerdings wird letzteres Motiv in der Literatur kontrovers behandelt, da es nicht eindeutig als intrinsisch bezeichnet werden kann (Effekt der sozialen Erwünschtheit). Überzeugender ist der Wunsch nach persönlicher Entfaltung (74 % bei Heublein et al., 2010) und nach einem interessanten Beruf (90 % laut Kolbert-Ramm, 2011) sowie die Hoffnung auf einen positiven Einfluss auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung (41 % bei Kolbert-Ramm, 2011). Unter alleiniger Berücksichtigung der genannten intrinsischen Motive sowie des positiven Einflusses dieser auf den Studienerfolg scheint es nicht verwunderlich, dass gerade das Medizinstudium eine anhaltend geringe Abbruchquote vorzuweisen hat. Dem Studienabbrecherbericht zufolge beenden 96 % der Medizinstudierenden ihr Studium erfolgreich. Zum Vergleich: In den Sprach- und Kulturwissenschaften schaffen dies nur 27 %. Abbruchgründe der Medizinstudierenden seien überproportional häufig ein zu hohes Anforderungsempfinden und bei 74 % Leistungsprobleme. 27 % fühlen sich mit Stofffülle und Studieninhalten überfordert (Heublein et al., 2012).

Auch wenn es bisher keinen gesicherten Zusammenhang zwischen extrinsischen Motiven und Erfolg bzw. Misserfolg im Medizinstudium gibt, dürfen diese in der Betrachtung nicht außen vor bleiben. Zunehmend zeigt sich ein Trend zu eher statusbezogenen Motiven der Studienwahl. So wünschen sich 68 % vorrangig einen sicheren Arbeitsplatz, 28 % ein gutes Einkommen, 12 % streben nach einer Führungsposition (Kolbert-Ramm, 2011). Offenbar ist der Einfluss der Eltern, selbst wenn diese Ärzte sind, relativ gering (Heublein et al., 2012;

McManus, 2006) und eher bei männlichen Studenten zu beobachten (Fabry und Giesler, 2007).

Dass Motivation keinesfalls als statisch oder gegeben angesehen werden darf (Krapp, 1993), wurde bereits betont. Anschauliche Ergebnisse zur Veränderung der Motivation im Verlauf des Medizinstudiums wurden von Strube et al. (2011) publiziert. Sie erhoben zu vier Zeitpunkten im Studium (1./3./8. Semester und Praktisches Jahr) die momentanen Motive der Studierenden.

Die Abbildung 4 verdeutlicht ihre Resultate: Auffällig ist die Verminderung der intrinsischen Motive (z. B. „helfen wollen“, „Forscher werden“). Die extrinsischen Motive (z. B. „sicherer Beruf“, „angesehener Beruf“) nehmen zu. Es konnten allerdings keine Zusammenhänge mit anderen Variablen der Studierenden (Alter, Geschlecht, etc.) beobachtet werden.

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Prozessmodell der Studienmotivation

Einen Erklärungsansatz für diese Dynamik liefert das Prozessmodell der Studienmotivation nach Krapp (1993). Im Mittelpunkt seiner Theorie steht eine sich ständig, unter Einbeziehung wechselnder Einflüsse, aktualisierende Lernmotivation. Diese besitzt eine dynamische sowie eine Zielkomponente und hat direkten Einfluss auf die laufende Handlung, beispielsweise die Quantität und Qualität der Auseinandersetzung mit dem Lernstoff. So ergibt sich ein Effekt auf die unmittelbaren (Erkenntnis gewinnen, Fähigkeit erleben) sowie die späteren Folgen (entspricht Zielkomponente, z. B. Anerkennung oder Berufswunsch). Die Einflussfaktoren gliedert Krapp in drei Gruppen:

- Bedingungen der Person (z. B. Motive, Werte, Ziele, Einstellungen und damit Einfluss der Persönlichkeitsstruktur)

- Umfeldbedingungen (z. B. soziale Unterstützung durch Lehrende, Kommiliton*innen, Familie und Freund*innen)

- Bedingungen der Lernumgebung (z. B. Größe der Seminargruppen, individuelle Förderung) und der Lerninhalte (z. B. Stoffmenge und Verständnis)

Dabei stehen diese wiederum unter Einfluss früherer Entwicklungsbedingungen. Somit kann grundsätzlich die Persönlichkeit als Quelle der Motivation angesehen werden (entwicklungstheoretischer Ansatz), wobei diese zeit- und situationskonstant ist. Bei der Beobachtung des Lernverhaltens in Gruppen fielen Krapp individuelle Lern- und Abbildung 4: Veränderung der Studienmotive im Verlauf des Medizinstudiums (Strube et al., 2011).

Im Laufe des Medizinstudiums nimmt die Motivation „Menschen helfen“ und „Forscher werden“ ab, bleibt aber bei einem Großteil der Studierenden erhalten. Die eher extrinsischen Motivationen „sicherer Beruf“ und „angesehener Beruf“ nehmen leicht zu.

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Leistungsunterschiede auf, die er als häufig persönlichkeitsbedingt einordnet. Die Persönlichkeit hat also Einfluss auf die Lernmotivation und umgekehrt (Prenzel, 1997).

Allerdings traten während der Begutachtung von einzelnen Individuen auch starke intraindividuelle Unterschiede der Lernbereitschaft auf, je nach erlebter Konsequenz einer Handlung (verhaltenstheoretischer Ansatz). Demnach ist Motivation keine stabile Eigenschaft der Person, auch nicht die intrinsische (Krapp, 1993).

Zusammenhang zwischen Motivation und Verhalten

Motivation muss folglich als Personen- und Prozessmerkmal betrachtet werden, eine deutliche Abgrenzung der Komponenten ist nicht möglich (Prenzel, 1997). Eine Untersuchung mittels des „Temperament and Character Inventory“ nach Cloninger an japanischen Medizinstudierenden ergab einen klaren Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und intrinsischer Motivation (Tanaka et al., 2009). Bei den Medizinstudierenden wurde die primär intrinsische akademische Motivation mit einer starken Ausdauer in Bezug auf Lern- und Studienhandlungen positiv korreliert. Tanaka et al. folgern, dass eine gut gereifte Persönlichkeit eine Voraussetzung der intrinsischen akademischen Motivation im Medizinstudium ist. Ein Zusammenhang zwischen verschiedenen Motiven und den „Big Five3“ der Persönlichkeit wird von McManus et al. (2006) bestätigt. Sie beschreiben vier grundlegende Motivklassen (Indispensability, Helping People, Respect, Science), denen jeweils Faktoren der Persönlichkeit zugeordnet werden können. So ist beispielsweise „helfen wollen“ an ein hohes Maß an Verträglichkeit geknüpft und das Motiv „Forschung/Naturwissenschaft“ spiegelt Offenheit wider. Weiterhin sind Neurotizismus und der Wunsch nach Respekt positiv korreliert.

Zusätzlich stellten McManus et al. (2006) signifikante Geschlechtsunterschiede bei den Studienwahlmotiven fest, wiederum ein starker Indikator für eine Interaktion mit Persönlichkeitsmerkmalen. Auch eine niederländische Studie (Kusurkar et al., 2010) erbrachte ähnliche Resultate. In Bezug auf die Höhe der Motivation beobachtete man hier einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Motivation, dem Alter und dem Geschlecht (Bedingungen der Person).

Studienlage zur Motivation deutschsprachiger Medizinstudierender

Im deutschsprachigen Raum existiert eine Reihe an Studien zur Motivation im Medizinstudium, allerdings werden zumeist ausschließlich die Motive (u. a. Kolbert-Ramm, 2011; Strube et al., 2011; Heublein et al., 2010) der Studienwahl untersucht. Fabry und Giesler (2007) hingegen

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konzentrieren sich auf die Höhe der Motivation und deren Entwicklung während des Studiums.

Sie und auch Hiemisch et al. (2005) beschreiben, dass Medizinstudierende ihr Studium hochmotiviert und zufrieden beginnen. Es wird aber darauf hingewiesen, dass dieser Umstand kritisch zu bewerten ist. Eine euphorisierende Komponente durch den Erhalt eines Studienplatzes kann nicht ausgeschlossen werden (Hiemisch et al., 2005), weshalb die Vergleichbarkeit eingeschränkt ist. Zusätzlich sind die Studierenden sich anfangs relativ sicher, ihr Studium erfolgreich abzuschließen (Fabry und Giesler, 2007). Diese anfängliche Zufriedenheit nimmt im Verlauf der ersten Semester signifikant ab (Hiemisch et al., 2005).

Demnach liegt die Vermutung nahe, dass sich auch die Motivation vermindert. Diese These untersuchten Fabry und Giesler (2007) an 320 Studienanfängern zu drei Erhebungszeitpunkten (Beginn und Ende des ersten Semesters, Ende des zweiten Semesters) im Längsschnitt mit folgendem Ergebnis: Insgesamt nimmt die Motivation im Verlauf der ersten Semester nicht übermäßig ab. Nur eine umschriebene Randgruppe zeigte einen bedeutsamen Motivationsverlust. Diese Gruppe konnte einzig durch signifikant schlechtere Noten im Abitur (wahrscheinlich also andere Lernstrategien) von den übrigen Studierenden abgegrenzt werden.

Weiterhin nehmen sie die Lernumgebung negativer war, erachten die Studieninhalte als wenig interessant und berichten über ein höheres Arbeitspensum. Zusammenhänge mit Motiven und persönlichkeitsbezogene Unterschiede konnten Fabry und Giesler (2007) nicht nachweisen.

Motivation im Medizinstudium und Burnout

Aussagen über die Bedeutung der Motivation (Quantität und Qualität) in Bezug auf eine Burnout-Gefährdung im Medizinstudium wurden nach Kenntnisstand der Autorin dieser Arbeit bisher in keiner Veröffentlichung getätigt, obwohl die beschriebenen Theorien einen Zusammenhang nicht ausschließen. Ein Medizinstudium wird schließlich nicht zufällig ausgewählt, eine tiefe eigene Motivation ist nötig, um sich den Belastungen zu stellen (Bergner, 2010). Es besteht eine enge Verknüpfung zwischen Motivation, Erwartungen und der Persönlichkeit/Verhaltensmuster. Diese Faktoren beeinflussen ebenfalls die Entwicklung eines Burnout-Syndroms. Motive der Studienanfänger*innen sind oftmals idealistisch und somit überzogen und realitätsfern (Bergner, 2010). Zu Beginn des Studiums dominieren die o. g.

Motive wie z. B. Menschen helfen wollen. Bergner (2010) jedoch weist daraufhin, dass es oftmals im Grunde um die Überwindung eigener Schwächen und Unzulänglichkeiten oder gar die Beendigung erlebter Unterlegenheit geht. Es geht darum, sich selbst zu helfen, Macht und Kontrolle zu erleben, sich selbst zu finden und letztlich darum, erfolgreich zu sein (McManus, 2006; Sobral, 2004). Den Studierenden sei dies nur selten bewusst. Dass die idealistisch-

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überzogenen und auch die verborgenen Motive durch das Studium nicht erfüllt werden können, liegt auf der Hand (Bergner, 2010). Frustration und Unzufriedenheit mit dem Studium werden bereits in den ersten Semestern deutlich (Hiemisch et al., 2005). Beide sind bedeutsame Faktoren auf dem Weg zum Burnout (Bergner, 2010). Auch Maslach et al. (2001) betonen, dass überzogene Ziele oder auch Erwartungen als ein Risikofaktor für Burnout anzusehen sind.

Gerade idealistische Motive wie das Heilen von Patient*innen könnten ihnen zufolge zu einer überhöhten Einsatzbereitschaft führen. Bei Verfehlung der Ziele stellen sich emotionale Erschöpfung und eventuell Depersonalisation/Zynismus ein. Damit sind zwei der drei Burnout- Kriterien erfüllt (Maslach et al., 2001).

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Motivation zum Medizinstudium eine enge Verknüpfung mit der Persönlichkeit des Studierenden aufweist (z. B. Bergner, 2010; Tanaka et al., 2009; McManus et al., 2006). Eine Betrachtung beider Faktoren als mögliche Indikatoren der Burnout-Gefährdung erscheint demnach sinnvoll.

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2.3. Typ-A-Verhalten

Definition nach Friedman und Roseman

Unter dem Typ-A-Verhalten versteht man bestimmte Verhaltensmuster einer Person geprägt durch einen hohen Grad an Ehrgeiz, starkes Konkurrenzdenken und die Neigung zum Wetteifer bis hin zur Feindseligkeit sowie Ungeduld und Ruhelosigkeit. Begründet wurde dieses Konzept von Friedman und Roseman (1959), die bei Personen mit diesen Verhaltensmustern eine erhöhte Inzidenz und Prävalenz von u. a. der koronaren Herzkrankheit beobachteten. Es handelt sich somit nicht um ein klassisches Persönlichkeitsmodell, sondern um einen emotionalen Komplex zur Deskription von Verhalten, der in dieser Studie zur Beschreibung der Faktoren der Person herangezogen wird. Entsprechend veranlagte Personen zeigen insbesondere dann, wenn sie durch Faktoren der Umwelt (wie zum Beispiel hohe Anforderungen im Medizinstudium) gefordert werden, einen intensiven Drang, selbstgewählte Ziele zu erreichen.

Dazu werden häufig viele Aufgaben zeitgleich und unter Zeitdruck bearbeitet. Die Genauigkeit und Konzentration auf eine Aufgabe wird der schnellen Ausführung geopfert. Im Mittelpunkt steht dabei aber nicht nur die Erfüllung der Aufgaben, sondern auch die Suche nach Anerkennung und Perfektionismus. Auch das Empfinden von emotionalem und physischem Stress wird bei Personen mit Typ-A-Verhalten als höher beschrieben. Ein gegenteiliges Verhalten, geprägt durch Ruhe und Gelassenheit, wird als Typ-B-Verhalten bezeichnet. Bortner et al. (1967) beobachteten eine zeitliche Stabilität dieser Verhaltensweisen.

Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden

Es liegen keine Studien vor, die sicher belegen, dass Medizinstudierende häufiger ein Typ-A- Verhalten zeigen. Es lässt sich allerdings vermuten, dass Medizinstudierende mit einer hohen Motivation zum Studium alles daransetzen, ihr selbstgewähltes Ziel auch zu erreichen und zumindest ein starker Ehrgeiz besteht. Eine hohe Arbeitsbelastung im Studium macht das zeitgleiche Bearbeiten verschiedener Aufgaben unter enormem Zeitdruck nötig. Jennings (2009) beschreibt zudem ein starkes Konkurrenzdenken unter den Studierenden. So kann zumindest vermutet werden, dass Medizinstudierende Verhaltensmuster vom Typ-A zeigen.

Wie bereits zuvor erwähnt, ist das Typ-A-Verhalten ein Risikofaktor für die Entstehung eines Burnout-Syndroms (Maslach et al., 2001) insbesondere dann, wenn selbstgesetzte Ziele nicht erreicht werden können und trotz großer Anstrengungen ein Gefühl der fehlenden Leistungsfähigkeit entsteht. Personen mit einem hohen Anspruch an das eigene Handeln und dem Streben nach Perfektionismus erscheinen somit gefährdet.

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3. Ziel der Studie und Ableitung der Hypothesen

Ziel der Studie ist die Erfassung der gesundheitlichen Situation und des gesundheitlichen Erlebens der Medizinstudierenden in Greifswald in den ersten vier Studienjahren. Anhand der erhobenen Daten untersucht die vorliegende Arbeit die Burnout-Gefährdung der Studierenden in Abhängigkeit von der Motivation zum und im Studium sowie den Einfluss des Typ-A- Verhaltens auf die Burnout-Gefährdung.

Burnout-Gefährdung

Bereits im Medizinstudium liegt eine hohe Burnout-Gefährdung vor (IsHak, 2013; Santen et al., 2010; Dyrbye et al., 2006-2010). Auf Grundlage der multifaktoriellen Theorie von Maslach et al. (2001) wurden sowohl Faktoren der Umwelt als auch der Person beschrieben, die die Entwicklung eines Burnout-Syndroms begünstigen und jeweils mit Beispielen aus dem Medizinstudium illustriert. Daran anknüpfend untersucht die vorliegende Studie inwieweit die Studierenden der Universitätsmedizin Greifswald Burnout-gefährdet sind. Dazu soll zunächst die Burnout-Gefährdung getrennt für die Dimensionen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation/Zynismus und verminderte Leistungsfähigkeit im zeitlichen Verlauf beschrieben werden, um folgende Hypothese zu prüfen:

H1: Es besteht eine Burnout-Gefährdung im Medizinstudium, die im zeitlichen Verlauf variiert.

Es wird vermutet, dass auch Studierende der Universitätsmedizin Greifswald eine Burnout-Gefährdung aufweisen, die je nach den Anforderungen der Semester variiert.

So scheint bereits das erste Semester als Übergangs- und Anpassungsphase an sich verändernde Lebensumstände ein möglicher Stressor und eine mögliche Erklärung für die bei Santen et al. (2010) beschriebene Burnout-Gefährdung zu Studienbeginn. Das dritte Semester wird durch hohe Anforderungen auf Grund von zahlreichen Klausuren und Testaten charakterisiert. Eine weitere Zunahme der Burnout-Gefährdung ist durch die hohe Arbeitsbelastung und Zeitdruck (Jennings, 2009; Radcliffe, 2003) anzunehmen. Das fünfte Semester spiegelt den durch das Physikum empfundenen Stress wider, sodass auch hier eine Erhöhung der Burnout-Gefährdung zu erwarten ist. Nach einer Erholungsphase durch Freisemester und erste klinische Erfahrungen ist eine Stabilisierung oder sogar Abnahme der Burnout-Gefährdung im siebten Semester zu

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vermuten. Eine weitere Zunahme ist ebenfalls denkbar, da chronische Stressoren bestehen bleiben.

Des Weiteren werden soziodemographische Variablen der Medizinstudierenden auf ihren Einfluss auf die individuelle Burnout-Gefährdung überprüft.

H2: Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Burnout-Gefährdung.

Bei Maslach et al. (2001) haben unter anderem Alter und Bildungsstand einen Einfluss, nicht aber das Geschlecht. Allerdings lässt sich die Richtung des Einflusses nicht sicher theoretisch belegen und bleibt zu untersuchen. Ein Einfluss des Geschlechts erscheint zumindest denkbar und wird kontrolliert, auch in Hinblick auf zu erwartende geschlechtsspezifische Unterschiede der unabhängigen Variablen Motivation und Typ- A-Verhalten.

Einfluss der Motivation

Aus den beschriebenen Theorien (insbesondere Bergner, 2010; Sobral, 2004) lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Motivation und einer Burnout-Gefährdung folgern, welcher mit Hilfe der vorliegenden Daten für Studierende der Universitätsmedizin Greifswald auch empirisch aufgezeigt werden soll. Dazu wird zunächst eine Deskription der Motivation im Medizinstudium, unterschieden nach Qualität (intrinsische/extrinsische Studienmotive) und Quantität (Höhe der Motivation) sowie deren Entwicklung im zeitlichen Verlauf vorgenommen. Die zugehörigen Hypothesen lauten:

H3a: Die Höhe der Motivation zum Medizinstudium (Quantität) nimmt im zeitlichen Verlauf ab.

Entsprechend der Ergebnisse von Fabry und Giesler (2007) wird eine hohe Motivation zum Anfang des Medizinstudiums erwartet. Sie beschreiben eine kleine Gruppe von Studierenden, die einen deutlichen Motivationsverlust im zeitlichen Verlauf aufweisen.

Es ist anzunehmen, dass die Motivation im Verlauf der Semester abnimmt, insbesondere dann, wenn eine hohe Anfangsmotivation vorlag. Auch hier sind ausbleibender Erfolg und fehlende Unterstützung mögliche Ursachen.

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H3b: Die Art der Motivation zum Medizinstudium (Qualität) verändert sich im zeitlichen Verlauf.

Motivation kann keinesfalls als statisches Konstrukt angesehen werden (Deci und Ryan, 1985 und 2000; Prenzel, 1997; Krapp, 1993), daher ist eine Veränderung der Motivation im zeitlichen Verlauf zu vermuten. Zu Beginn des Medizinstudiums wird eine hohe, intrinsische Motivation erwartet, wie auch Fabry und Giesler (2007) belegen. Auf eine Verschiebung der Studienmotive hin zu eher extrinsischen wie bei Strube et al. (2011) wird geprüft. Eine Abnahme der intrinsischen Motivation durch Stress, Zeitdruck und Konkurrenzkampf ist denkbar. Ausbleibender Erfolg und fehlendes Feedback können ebenfalls einen Verlust der intrinsischen Motivation bedingen (Jennings, 2009; Maslach et al., 2001).

Motivation und deren Entwicklung sind als individuell zu betrachten, daher wird zusätzlich auf Zusammenhänge mit den soziodemographischen Variablen der Medizinstudierenden überprüft.

H4: Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Motivation (Qualität und Quantität) im Medizinstudium.

Es wird ein Einfluss der soziodemographischen Variablen insbesondere auf die Studienmotive angenommen. Fabry und Giesler (2007) beschreiben eine Tendenz zu extrinsischen Motiven bei den männlichen Studierenden. McManus et al. (2006) stellen signifikante Geschlechtsunterschiede bei den Studienwahlmotiven fest. Das Vorhandensein einer Vorausbildung lässt eine stabile und hohe Motivation vermuten.

Auch das Alter imponiert als möglich stabilisierender Faktor auf Studienmotive und - motivation.

Letztlich soll der Einfluss der Motivation auf die Burnout-Gefährdung der Greifswalder Medizinstudierenden untersucht werden. Die oftmals idealistischen und realitätsfernen Motive der Studierenden können in den ersten Jahren des Studiums nicht erfüllt werden. Der erlebte Kontrollverlust und gegebenenfalls ausbleibende Unterstützung oder Anerkennung führen zu einem Motivationsverlust und erhöhen die Burnout-Gefährdung. Es lassen sich folgende Hypothesen formulieren:

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H5: Mit abnehmender Höhe der Motivation (Quantität) steigt die Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden.

Zu Beginn des Studiums sind die Studierenden hoch motiviert (Fabry und Giesler, 2007). Frustration und Unzufriedenheit mit dem Studium werden bereits in den ersten Semestern beschrieben (Hiemisch et al., 2005). Nach Maslach et al. (2001) sind vor allem Personen mit einer anfangs hohen Motivation Burnout-gefährdet, da sie einen Motivationsverlust erleiden. Dieser kann entsprechend der SDT aus fehlender Sinnhaftigkeit, dem fehlenden Glauben an ein positives Ergebnis und die Bewältigbarkeit einer Aufgabe entstehen. Diese Faktoren werden neben hohem Leistungsdruck und fehlender Unterstützung von Jennings (2009) als Stressoren des Medizinstudiums beschrieben. Demnach ist mit abnehmender Motivation eine höhere Burnout-Gefährdung zu erwarten, insbesondere bezogen auf die persönliche Leistungsfähigkeit.

H6: Es existiert ein Zusammenhang zwischen Burnout-Gefährdung und den Studienmotiven (Qualität).

Es wird angenommen, dass Studierende mit vorrangig extrinsischen Studienmotiven eine höhere Burnout-Gefährdung aufweisen. Je stärker die Motivation extrinsisch ist, desto schlechter sind die Copingmechanismen bei Stress und Misserfolg (Deci und Ryan, 2000). Allerdings lässt sich diskutieren, ob auch Studierende mit zunächst idealistischen, intrinsischen Studienmotiven ebenfalls stärker Burnout-gefährdet sind, wenn diese im Verlauf des Studiums nicht erfüllt werden können. Personen mit hohen, teils idealistischen Zielen und großem Engagement erleiden häufiger ein Burnout- Syndrom, wenn ihre Ziele nicht erreicht werden (können). Bei Verfehlung der Ziele stellen sich emotionale Erschöpfung und eventuell Depersonalisation/Zynismus ein, sodass die Entwicklung eines Burnout-Syndroms möglich ist.

Typ-A-Verhalten

Zunächst ist zu klären, ob Medizinstudierende ein Typ-A-Verhalten aufweisen und ob ein Zusammenhang mit den soziodemographischen Variablen existiert.

H7: Medizinstudierende weisen ein Verhalten von Typ-A auf.

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H8: Alter, Geschlecht und Vorausbildung beeinflussen das Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden.

Das Typ-A-Verhalten wurde ursprünglich eher dem männlichen Geschlecht zugesprochen. Dies bleibt zu überprüfen.

Das Typ-A-Verhalten wird klar als Risikofaktor eines Burnout-Syndroms beschrieben (Maslach et al., 2001). Dazu lässt sich die folgende Hypothese formulieren:

H9: Das Typ-A-Verhalten erhöht das Risiko für ein Burnout-Syndrom.

Dies lässt sich außerdem vermuten, da gerade Studierende mit einem hochgradig erfolgsabhängigen Selbstwertgefühl (wie auch typisch für Typ-A-Verhalten) für psychische Morbidität gefährdet erscheinen (Dahlin et al., 2007).

In Tabelle 1 werden die zuvor erläuterten Hypothesen zusammengefasst.

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Tabelle 1: Zusammenfassung der Hypothesen

Tabelle 1: Zusammenfassung der Hypothesen

H1 Es besteht eine Burnout-Gefährdung im Medizinstudium, die im zeitlichen Verlauf variiert.

H2 Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Burnout- Gefährdung.

H3a Die Höhe der Motivation zum Medizinstudium (Quantität) nimmt im zeitlichen Verlauf ab.

H3b Die Art der Motivation zum Medizinstudium (Qualität) verändert sich im zeitlichen Verlauf.

H4 Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Motivation (Qualität und Quantität) im Medizinstudium.

H5 Mit abnehmender Höhe der Motivation (Quantität) steigt die Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden.

H6 Es existiert ein Zusammenhang zwischen Burnout-Gefährdung und den Studienmotiven (Qualität).

H7 Medizinstudierende weisen ein Verhalten vom Typ-A auf.

H8 Alter, Geschlecht und Vorausbildung beeinflussen das Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden.

H9 Das Typ-A-Verhalten erhöht das Risiko für ein Burnout-Syndrom.

Ziel der Studie: Erfassung der Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden in Greifswald in Abhängigkeit von der Motivation zum und im Studium sowie des Typ-A- Verhaltens.

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4. Methoden

4.1. Datenerhebung und Stichprobe

Die Datenerhebung zur Erfassung der gesundheitlichen Situation und des gesundheitsbezogenen Erlebens der Greifswalder Medizinstudierenden erfolgte mit Hilfe eines anonymisierten Fragebogens. Der zehnteilige Fragebogen erhebt neben den soziodemographischen Variablen in 9 Kategorien eine umfassende Selbsteinschätzung der Studierenden bezogen auf ihre psychische und physische Verfassung. Die Zusammenstellung des Fragebogens und die Koordination der Datenerhebung erfolgte durch das Institut für Medizinische Psychologie der Universitätsmedizin Greifswald. Mit Beginn des Wintersemesters 2009/2010 wurde der Fragebogen im Rahmen von Pflichtveranstaltungen an alle immatrikulierten Medizinstudierenden des ersten Semesters ausgegeben. Diese bilden somit die Kohorte zur längsschnittlichen Untersuchung. In den folgenden Semestern wurde der Fragebogen wiederum jeweils zu Semesterbeginn im Rahmen von Pflichtveranstaltungen an alle Studierenden im entsprechenden Semester ausgegeben. Auf diese Weise wurde die ursprüngliche Kohorte über die ersten vier Studienjahre sowie ein repräsentativer Querschnitt der Studierenden des jeweiligen Semesters erfasst. Der Fragebogen wurde zunächst (1.-5.

Semester, 7. und 9. Semester) in Papierform bearbeitet und in der Folge mit Hilfe einer Datenmaske digitalisiert. Für die Semester ohne Pflichtveranstaltungen (6. und 8. Semester) wurde eine übereinstimmende Online-Version erstellt und per E-Mail-Abruf ausgegeben.

Ethik und Datenschutz

Die Datenerhebung erfolgte anonym und unter Beachtung des Datenschutzes. Die erhobenen Daten wurden in pseudonymisierter Form verarbeitet und ausgewertet. Für die längsschnittliche Zuordnung wurde ein lediglich durch die Studierenden reproduzierbarer Code verwendet. Die Fragebögen wurden von Mitgliedern der Arbeitsgruppe in eine Datenmaske übertragen und anschließend im Institut für Medizinische Psychologie verschlossen aufbewahrt. Die einzelnen Datensätze wurden zusätzlich mit einer laufenden Nummer gekennzeichnet. Eine Rückverfolgung zu den Studienteilnehmer*innen ist nicht möglich und der Datenschutz somit gewährleistet.

Ein Votum der Ethikkommission war nicht erforderlich, da keine Beeinträchtigung der Studienteilnehmer*innen zu erwarten ist. Weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen waren nicht geplant. Die Teilnahme war zu allen Zeitpunkten freiwillig.

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Auswahl Erhebungszeitpunkte

Für die empirische Auswertung werden die Daten herangezogen, die im 1., 3., 5. und 7.

Semester erhoben wurden. Diese Zeitpunkte werden ausgewählt, da sich das Maslach Burnout Inventory als retrospektive Einschätzung auf die letzten 6 Monate bezieht. Die gewählten Zeitpunkte repräsentieren jeweils im Studium erlebte Ereignisse (vgl. Chenot, 2009):

- Das erste Semester ist als Übergangsphase gekennzeichnet durch Umbrüche im Leben der Studierenden. Es gilt, sich an die neuen Herausforderungen des Studiums und veränderte Lebensumstände anzupassen. Für viele Studierende beginnt das Studium mit dem Umzug in eine andere Stadt. Das gewohnte soziale Umfeld und damit auch ein Teil der erlebten Unterstützung fällt weg.

- Das dritte Semester repräsentiert Stressoren des Studiums. Es gilt, viele Pflichtveranstaltungen zu besuchen und zahlreiche Testate zu bestehen. Es stellen sich erste Erfolgserlebnisse aber auch Misserfolge ein.

- Das fünfte Semester steht für den durch das Physikum empfundenen Stress. Das erste Staatsexamen gilt als größte Hürde im Medizinstudium. Es ist von einer hohen Arbeitsbelastung sowie Drucksituation in der Vorbereitung auf die Prüfung auszugehen.

- Das siebte Semester folgte an der Universitätsmedizin Greifswald auf ein Freisemester, welches zur Durchführung von Famulaturen oder für wissenschaftliches Arbeiten genutzt werden kann. Hier werden erste klinische Erfahrungen gesammelt und eine gewisse Entspannung der Studiensituation erlebt.

Auswahl Stichprobe

Der Fragebogen wurde mit Beginn des Wintersemesters 2009/2010 an die Medizinstudierenden des ersten Semesters ausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren 186 Studierende in der Zielgruppe immatrikuliert, davon haben im ersten Semester 162 (87 %) den Fragenbogen vollständig beantwortet. In den weiteren Erhebungen konnten im dritten Semester 160 Studierende, im fünften Semester 126 Studierende und im siebten Semester 89 Studierende erreicht werden. Auf Grund des Studienablaufes mit Verzögerungen durch nicht bestandene Prüfungen oder Freisemester handelt es sich dabei aber um einen inhomogenen Querschnitt der Studierenden, die an Lehrveranstaltungen der entsprechenden Semester teilnahmen. Für eine Gruppe von 51 Studierenden (27 % der initialen Zielgruppe) gelingt die längsschnittliche Erhebung zu allen gewählten Zeitpunkten. Diese Gruppe wird in der empirischen Analyse betrachtet.

(32)

4.2. Messinstrumente/Operationalisierung

Soziodemographische Variablen

Alle im ersten Abschnitt des Fragebogens abgefragten soziodemographischen Variablen sind in Tabelle 2 zusammengefasst. In die Analyse mit einbezogen werden Alter, Geschlecht, Vorausbildung sowie die Frage nach Ärzt*innen in der Familie. Diese Variablen wurden entsprechend der Hypothesen ausgewählt. Um Scheinkorrelationen mit dem zunehmenden Alter zu vermeiden, wird das Alter zu Studienbeginn für die weiteren Berechnungen verwendet.

Auch das Geschlecht wird am Zeitpunkt T1 festgehalten. Die Frage nach Ärzt*innen in der Familie dient später als Kontrollvariable für die extrinsische Motivation.

Tabelle 2: Abgefragte soziodemographische Variablen und Antwortmöglichkeiten.

Tabelle 2: Abgefragte soziodemographische Variablen und Antwortmöglichkeiten.

Semester

Alter in Jahren

Geschlecht männlich/weiblich

Jahr der Immatrikulation

Deutsch als Muttersprache ja/nein/welche?

Partnerschaft Single, feste Partnerschaft, verheiratet,

geschieden, verwitwet

Haben Sie Kinder? nein/ja/wie viele?

Haben sie schon mal studiert oder eine

Ausbildung absolviert? nein/ja

Gibt es Ärzte in ihrer Familie? nein/ja (Mutter, Vater, Geschwister, andere)

Maslach Burnout Inventory – Student Survey (MBI-SS)

Für die Messung und Operationalisierung des individuellen Burnout-Erlebens der Medizinstudierenden und damit indirekt der Burnout-Gefährdung wird das Maslach Burnout Inventory – Student Survey (MBI-SS) nach Schaufeli et al. (2002a) in der deutschen Übersetzung genutzt. Es handelt sich dabei um eine speziell für die Anwendung bei Studierenden adaptierte Variante des Maslach Burnout Inventory, welches in der Originalfassung (MBI – Human Service Survey) 1981 von Christina Maslach entwickelt wurde.

Das MBI wird in etwa 90 % aller Burnout-Forschungsstudien eingesetzt und ist Mittel der Wahl zur Erhebung des Burnout-Syndroms (IsHak et al., 2013; Gumz et al., 2012; Maslach et al.,

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sich mit seinen Varianten als angemessen für theoriegeleitete Untersuchungen erwiesen (Maslach et al., 1997). Ursprünglich formulierte Maslach 22 Items in Aussageform, die die persönliche Wahrnehmung zu verschiedenen Aspekten des Jobs im Sinne einer strukturierten Selbsteinschätzung abfragen. Die Items werden den Subskalen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und persönliche Leistungsfähigkeit zugewiesen, die den theoretischen Dimensionen des Burnouts entsprechen (Maslach et al., 1997). Auf dieser Grundlage entwickelten Schaufeli et al. (2002b) eine gekürzte Variante des Inventars (MBI – General Survey), die es möglich macht, Burnout auch außerhalb des sozialen Sektors zu untersuchen.

Im Mittelpunkt steht hierin die allgemeine Performance im Beruf, nicht speziell auf die zwischenmenschlichen Aspekte bezogen (Maslach et al., 1997). Das MBI – General Survey wurde von Schaufeli et al. (2002a) auch für die Anwendung bei Studierenden angepasst (MBI – Student Survey). Dazu wurden die Items entsprechend der Anforderungen im Studium umformuliert und auf 15 reduziert. In Tabelle 3 sind die Items in der deutschen Übersetzung einzusehen. Burnout wird als dreidimensionales Konstrukt mit folgenden Subskalen erfasst (Schaufeli et al., 2002a):

- Erschöpfung auf emotionaler und physischer Ebene (5 Items).

- Zynismus als Gleichgültigkeit gegenüber den Anforderungen des Studiums und Zweifel an der Sinnhaftigkeit (4 Items).

- Professionelle Effektivität als verminderte Leistungsfähigkeit bezogen auf Ziele und Anforderungen im Studium (6 Items).

Zu jedem Item wird die Häufigkeit des Erlebens auf einer 7-stufigen Likert-Skala mit fixen Endpunkten (0 = nie, 6 = täglich) erhoben. Hohe Werte auf den Skalen emotionale Erschöpfung und Zynismus sowie niedrige Werte auf der Skala persönliche Leistungsfähigkeit zeigen ein höheres Maß an erlebtem Burnout an (Maslach et al., 1997; Schaufeli et al., 2002b). Anhand eines im MBI Manual (Maslach et al., 1997) festgelegten Scorings wird für jede Subskala ein Summenscore oder Mittelwert gebildet und einzeln betrachtet.

Referenzen

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