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Ziel der Studie ist die Erfassung der gesundheitlichen Situation und des gesundheitlichen Erlebens der Medizinstudierenden in Greifswald in den ersten vier Studienjahren. Anhand der erhobenen Daten untersucht die vorliegende Arbeit die Burnout-Gefährdung der Studierenden in Abhängigkeit von der Motivation zum und im Studium sowie den Einfluss des Typ-A-Verhaltens auf die Burnout-Gefährdung.

Burnout-Gefährdung

Bereits im Medizinstudium liegt eine hohe Burnout-Gefährdung vor (IsHak, 2013; Santen et al., 2010; Dyrbye et al., 2006-2010). Auf Grundlage der multifaktoriellen Theorie von Maslach et al. (2001) wurden sowohl Faktoren der Umwelt als auch der Person beschrieben, die die Entwicklung eines Burnout-Syndroms begünstigen und jeweils mit Beispielen aus dem Medizinstudium illustriert. Daran anknüpfend untersucht die vorliegende Studie inwieweit die Studierenden der Universitätsmedizin Greifswald Burnout-gefährdet sind. Dazu soll zunächst die Burnout-Gefährdung getrennt für die Dimensionen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation/Zynismus und verminderte Leistungsfähigkeit im zeitlichen Verlauf beschrieben werden, um folgende Hypothese zu prüfen:

H1: Es besteht eine Burnout-Gefährdung im Medizinstudium, die im zeitlichen Verlauf variiert.

Es wird vermutet, dass auch Studierende der Universitätsmedizin Greifswald eine Burnout-Gefährdung aufweisen, die je nach den Anforderungen der Semester variiert.

So scheint bereits das erste Semester als Übergangs- und Anpassungsphase an sich verändernde Lebensumstände ein möglicher Stressor und eine mögliche Erklärung für die bei Santen et al. (2010) beschriebene Burnout-Gefährdung zu Studienbeginn. Das dritte Semester wird durch hohe Anforderungen auf Grund von zahlreichen Klausuren und Testaten charakterisiert. Eine weitere Zunahme der Burnout-Gefährdung ist durch die hohe Arbeitsbelastung und Zeitdruck (Jennings, 2009; Radcliffe, 2003) anzunehmen. Das fünfte Semester spiegelt den durch das Physikum empfundenen Stress wider, sodass auch hier eine Erhöhung der Burnout-Gefährdung zu erwarten ist. Nach einer Erholungsphase durch Freisemester und erste klinische Erfahrungen ist eine Stabilisierung oder sogar Abnahme der Burnout-Gefährdung im siebten Semester zu

vermuten. Eine weitere Zunahme ist ebenfalls denkbar, da chronische Stressoren bestehen bleiben.

Des Weiteren werden soziodemographische Variablen der Medizinstudierenden auf ihren Einfluss auf die individuelle Burnout-Gefährdung überprüft.

H2: Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Burnout-Gefährdung.

Bei Maslach et al. (2001) haben unter anderem Alter und Bildungsstand einen Einfluss, nicht aber das Geschlecht. Allerdings lässt sich die Richtung des Einflusses nicht sicher theoretisch belegen und bleibt zu untersuchen. Ein Einfluss des Geschlechts erscheint zumindest denkbar und wird kontrolliert, auch in Hinblick auf zu erwartende geschlechtsspezifische Unterschiede der unabhängigen Variablen Motivation und Typ-A-Verhalten.

Einfluss der Motivation

Aus den beschriebenen Theorien (insbesondere Bergner, 2010; Sobral, 2004) lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Motivation und einer Burnout-Gefährdung folgern, welcher mit Hilfe der vorliegenden Daten für Studierende der Universitätsmedizin Greifswald auch empirisch aufgezeigt werden soll. Dazu wird zunächst eine Deskription der Motivation im Medizinstudium, unterschieden nach Qualität (intrinsische/extrinsische Studienmotive) und Quantität (Höhe der Motivation) sowie deren Entwicklung im zeitlichen Verlauf vorgenommen. Die zugehörigen Hypothesen lauten:

H3a: Die Höhe der Motivation zum Medizinstudium (Quantität) nimmt im zeitlichen Verlauf ab.

Entsprechend der Ergebnisse von Fabry und Giesler (2007) wird eine hohe Motivation zum Anfang des Medizinstudiums erwartet. Sie beschreiben eine kleine Gruppe von Studierenden, die einen deutlichen Motivationsverlust im zeitlichen Verlauf aufweisen.

Es ist anzunehmen, dass die Motivation im Verlauf der Semester abnimmt, insbesondere dann, wenn eine hohe Anfangsmotivation vorlag. Auch hier sind ausbleibender Erfolg und fehlende Unterstützung mögliche Ursachen.

H3b: Die Art der Motivation zum Medizinstudium (Qualität) verändert sich im zeitlichen Verlauf.

Motivation kann keinesfalls als statisches Konstrukt angesehen werden (Deci und Ryan, 1985 und 2000; Prenzel, 1997; Krapp, 1993), daher ist eine Veränderung der Motivation im zeitlichen Verlauf zu vermuten. Zu Beginn des Medizinstudiums wird eine hohe, intrinsische Motivation erwartet, wie auch Fabry und Giesler (2007) belegen. Auf eine Verschiebung der Studienmotive hin zu eher extrinsischen wie bei Strube et al. (2011) wird geprüft. Eine Abnahme der intrinsischen Motivation durch Stress, Zeitdruck und Konkurrenzkampf ist denkbar. Ausbleibender Erfolg und fehlendes Feedback können ebenfalls einen Verlust der intrinsischen Motivation bedingen (Jennings, 2009; Maslach et al., 2001).

Motivation und deren Entwicklung sind als individuell zu betrachten, daher wird zusätzlich auf Zusammenhänge mit den soziodemographischen Variablen der Medizinstudierenden überprüft.

H4: Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Motivation (Qualität und Quantität) im Medizinstudium.

Es wird ein Einfluss der soziodemographischen Variablen insbesondere auf die Studienmotive angenommen. Fabry und Giesler (2007) beschreiben eine Tendenz zu extrinsischen Motiven bei den männlichen Studierenden. McManus et al. (2006) stellen signifikante Geschlechtsunterschiede bei den Studienwahlmotiven fest. Das Vorhandensein einer Vorausbildung lässt eine stabile und hohe Motivation vermuten.

Auch das Alter imponiert als möglich stabilisierender Faktor auf Studienmotive und -motivation.

Letztlich soll der Einfluss der Motivation auf die Burnout-Gefährdung der Greifswalder Medizinstudierenden untersucht werden. Die oftmals idealistischen und realitätsfernen Motive der Studierenden können in den ersten Jahren des Studiums nicht erfüllt werden. Der erlebte Kontrollverlust und gegebenenfalls ausbleibende Unterstützung oder Anerkennung führen zu einem Motivationsverlust und erhöhen die Burnout-Gefährdung. Es lassen sich folgende Hypothesen formulieren:

H5: Mit abnehmender Höhe der Motivation (Quantität) steigt die Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden.

Zu Beginn des Studiums sind die Studierenden hoch motiviert (Fabry und Giesler, 2007). Frustration und Unzufriedenheit mit dem Studium werden bereits in den ersten Semestern beschrieben (Hiemisch et al., 2005). Nach Maslach et al. (2001) sind vor allem Personen mit einer anfangs hohen Motivation Burnout-gefährdet, da sie einen Motivationsverlust erleiden. Dieser kann entsprechend der SDT aus fehlender Sinnhaftigkeit, dem fehlenden Glauben an ein positives Ergebnis und die Bewältigbarkeit einer Aufgabe entstehen. Diese Faktoren werden neben hohem Leistungsdruck und fehlender Unterstützung von Jennings (2009) als Stressoren des Medizinstudiums beschrieben. Demnach ist mit abnehmender Motivation eine höhere Burnout-Gefährdung zu erwarten, insbesondere bezogen auf die persönliche Leistungsfähigkeit.

H6: Es existiert ein Zusammenhang zwischen Burnout-Gefährdung und den Studienmotiven (Qualität).

Es wird angenommen, dass Studierende mit vorrangig extrinsischen Studienmotiven eine höhere Burnout-Gefährdung aufweisen. Je stärker die Motivation extrinsisch ist, desto schlechter sind die Copingmechanismen bei Stress und Misserfolg (Deci und Ryan, 2000). Allerdings lässt sich diskutieren, ob auch Studierende mit zunächst idealistischen, intrinsischen Studienmotiven ebenfalls stärker Burnout-gefährdet sind, wenn diese im Verlauf des Studiums nicht erfüllt werden können. Personen mit hohen, teils idealistischen Zielen und großem Engagement erleiden häufiger ein Burnout-Syndrom, wenn ihre Ziele nicht erreicht werden (können). Bei Verfehlung der Ziele stellen sich emotionale Erschöpfung und eventuell Depersonalisation/Zynismus ein, sodass die Entwicklung eines Burnout-Syndroms möglich ist.

Typ-A-Verhalten

Zunächst ist zu klären, ob Medizinstudierende ein Typ-A-Verhalten aufweisen und ob ein Zusammenhang mit den soziodemographischen Variablen existiert.

H7: Medizinstudierende weisen ein Verhalten von Typ-A auf.

H8: Alter, Geschlecht und Vorausbildung beeinflussen das Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden.

Das Typ-A-Verhalten wurde ursprünglich eher dem männlichen Geschlecht zugesprochen. Dies bleibt zu überprüfen.

Das Typ-A-Verhalten wird klar als Risikofaktor eines Burnout-Syndroms beschrieben (Maslach et al., 2001). Dazu lässt sich die folgende Hypothese formulieren:

H9: Das Typ-A-Verhalten erhöht das Risiko für ein Burnout-Syndrom.

Dies lässt sich außerdem vermuten, da gerade Studierende mit einem hochgradig erfolgsabhängigen Selbstwertgefühl (wie auch typisch für Typ-A-Verhalten) für psychische Morbidität gefährdet erscheinen (Dahlin et al., 2007).

In Tabelle 1 werden die zuvor erläuterten Hypothesen zusammengefasst.

Tabelle 1: Zusammenfassung der Hypothesen

Tabelle 1: Zusammenfassung der Hypothesen

H1 Es besteht eine Burnout-Gefährdung im Medizinstudium, die im zeitlichen Verlauf variiert.

H2 Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Burnout-Gefährdung.

H3a Die Höhe der Motivation zum Medizinstudium (Quantität) nimmt im zeitlichen Verlauf ab.

H3b Die Art der Motivation zum Medizinstudium (Qualität) verändert sich im zeitlichen Verlauf.

H4 Alter, Geschlecht und Vorausbildung haben einen Einfluss auf die Motivation (Qualität und Quantität) im Medizinstudium.

H5 Mit abnehmender Höhe der Motivation (Quantität) steigt die Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden.

H6 Es existiert ein Zusammenhang zwischen Burnout-Gefährdung und den Studienmotiven (Qualität).

H7 Medizinstudierende weisen ein Verhalten vom Typ-A auf.

H8 Alter, Geschlecht und Vorausbildung beeinflussen das Typ-A-Verhalten der Medizinstudierenden.

H9 Das Typ-A-Verhalten erhöht das Risiko für ein Burnout-Syndrom.

Ziel der Studie: Erfassung der Burnout-Gefährdung der Medizinstudierenden in Greifswald in Abhängigkeit von der Motivation zum und im Studium sowie des Typ-A-Verhaltens.