DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
rung von Sonderentgelten verursa- che ohnehin eine Menge Verwal- tungs- und Verhandlungsaufwand.
Kämen Abteilungspflegesätze zum Zuge, müßte Jahr für Jahr die vier- bis fünffache Zahl von Pflegesätzen als bisher üblich ausgehandelt wer- den.
Für Kollegialverfassung
Um die Versorgung von Notfall- Patienten rund um die Uhr sicherzu- stellen, fordert der Marburger Bund:
—Die Landesregierungen sollen unverzüglich Schritte unternehmen, um die Aufnahme von Notfallpatien- ten sicherzustellen.
—Die Krankenhausträger sollten apparative und personelle Engpässe beseitigen, um vor allem die Inten- sivbehandlung der Patienten zu er- weitern und eine qualitativ hochste- hende Notfallversorgung zu garan- tieren.
Nachdrücklich spricht sich der Marburger Bund für eine möglichst zügige und flächendeckende Reali- sierung des Kollegialsystems in den Krankenhäusern aus. Kollegial- und Department-Verfassungen an den Kliniken und Krankenhäusern ver- besserten nicht nur die Wirtschaft- lichkeit der stationären Versorgung, sondern seien für Klinikärztinnen und -ärzte attraktiver, um das Kran- kenhaus als Arbeitsstätte und als Le- bensaufgabe frei zu wählen. Vor al- lem bei der Neubesetzung von Lei- tungsfunktionen im ärztlichen Dienst müsse darauf geachtet wer- den, daß das tradierte hierarchische System durch moderne kollegiale Klinikstrukturen ersetzt wird.
Der Marburger Bund bekräftig- te seine bereits früher erhobene For- derung, ärztliche Gutachten weiter- hin auch von qualifizierten Ärzten der Gesundheitsämter erstellen zu lassen. Ausgliederungstendenzen wird eine Absage erteilt.
Im Zuge der anstehenden Neu- ordnung des Grundgesetzes müsse klargestellt werden, daß der Staat verpflichtet sei, Frauen und Männer in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichzustellen und die Vorausset- zungen dafür auch im Berufsleben zu schaffen. Dr. Harald Clade
Klinikfinanzierung
Auf Sparkurs trimmen!
Zweigleisig fährt die Fachabtei- lung „Gesundheitsversorgung, Kran- kenversicherung" des Bundesmini- steriums für Gesundheit, was die po- litische Beratung zur Weiterentwick- lung des Krankenhausfinanzierungs- rechtes betrifft. Hatte der Sachver- ständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in sei- nem Anfang April 1992 vorgelegten Jahresgutachten ein fülliges Maß- nahmenbündel zur Reform der Kli- nikfinanzierung, zur Krankenhaus- bedarfsplanung und vor allem zur Renovierung der inneren Strukturen der Krankenhäuser (Management) formuliert und fast lehrartig unter der Ägide des Krankenhausspeziali- sten Prof. Dr. rer. pol. Günter Neu- bauer, Neubiberg/München, publik gemacht, so hat sich das Gesund- heitsressort in Sachen Klinikreform des Sachverstandes eines sechsköpfi- gen Expertengremiums versichert.
Noch unter der Bundesgesundheits- ministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) nahm eine interdisziplinär zusam- mengesetzte Beratergruppe unter Vorsitz von Prof. Dr. Günter Neu- bauer, Ordinarius für Nationalöko- nomie an der Universität der Bun- deswehr, im verborgenen das Brain- storming auf — ganz unter der vom dirigierenden Bundesministerium vorgegebenen Devise, die 3450 Krankenhäuser in West und Ost auf mehr Rationalität und Wirtschaft- lichkeit zu trimmen Diese Initiative ebenso wie intensive Vorarbeiten auf der Ebene der Referenten und der Verbände deuten darauf hin, daß die Bonner Koalition tatsächlich ihre be- reits vor Jahresfrist verkündeten Ab- sichten konkretisieren will, noch in dieser Legislaturperiode einen Ver- such zur Reform der Krankenhausfi- nanzierung und des Pflegesatzrech- tes zu unternehmen.
Das auf die neuralgischen Punk- te der Reform konzentrierte Bear- beitungsraster der Expertenkommis- sion Neubauer liegt ganz auf der Li- nie der vom Bundesministerium vor- gegebenen Direktiven. Analog zu den Empfehlungen des Sachverstän-
digenrates wird eine schrittweise Differenzierung der derzeit gelten- den pauschalen Pflegesatzregelung empfohlen. So soll ein verbindlicher Katalog von 180 bis 220 Sonderent- gelten für medizinische Leistungen zunächst im chirurgischen Bereich bundesweit vorgegeben werden. Be- wertungsrelationen (Punktzahlen) und Preisvereinbarungen sollen vor Ort oder zumindest auf Landesebe- ne getroffen werden. Sodann soll der allgemeine Pflegesatz — nach Abzug des Sonderentgelt-Volumens — durch Abteilungspflegesätze ersetzt werden. Darin sollen die „medizini- schen Kosten", das heißt die Kosten der ärztlich veranlaßten und pflege- rischen Leistungen eingehen. Venti- liert werden soll ebenso die Möglich- keit der Realisierung von Basispfle- gesätzen, die die nicht-medizini- schen Klinikkosten umfassen sollen (auch Frage der Abgrenzung der Hotelkosten).
Die Einführung einer begrenz- ten Zahl von Fallpauschalen steht ebenfalls auf der Agenda, ein Ver- suchsballon, der von Gesundheitspo- litikern aus den Kreisen der FDP fa- vorisiert wird. Allerdings dürfte der Widerstand gegen solche Regelun- gen von seiten der Krankenhausträ- ger und vor allem der Länder kom- men.
Die Beraterkommission hat den Ehrgeiz, das leidige Problem der dualen Finanzierung und der Schnittstellenproblematik zwischen Investitions- und Betriebskostenbe- reich pragmatisch zu lösen. Die Dua- listik soll auf Teilmonistik umgestellt werden. Dies ist allerdings leichter gesagt als getan. Bisher haben die Kassen die als Selbstläufer in der Krankenhausfinanzierungsmechanik gedachten Passus (§ 18 b KHG) stets boykottiert. Grund: Kassen und Kli- nikträger mußten befürchten, daß ein schlechter Finanzier (Länder) durch einen noch schlechteren (Krankenkassen) ersetzt wird. Dies kann schließlich keine zukunftswei- sende Lösung für die Konsolidierung der Klinikfinanzen sein! HC A1-2112 (32) Dt. Ärztebl. 89, Heft 23, 5. Juni 1992