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Archiv "Der Arbeitsmarkt für Ärzte: Größere Arbeitslosigkeit bei Berufsanfängern" (01.03.1996)

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T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Medizinische Assistenzberufe

Arzthelferinnen fühlen sich „ausgebrannt“

Der Berufsverband der Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelferin- nen machte kürzlich auf eine Studie über das „Burnout“-Syn- drom bei Arzthelferinnen aufmerksam. Während die Ärzte- kammer Hessen gemeinsam mit dem Landesarbeitsamt für das Jahr 1995 eine positive Ausbildungsbilanz zog, „birgt auch dieser Beruf das Risiko, mit der Zeit auszubrennen und ernsthafte gesundheitliche Folgen davonzutragen“, zieht die

Psychologin Birgit Reime das Fazit aus ihrer Untersuchung.

Zufriedenheit und Harmonie am Arbeitsplatz: „viel Sprengstoff im kollegialen

Bereich“ Foto: Dieter Klein/medizin heute

D

er Beruf Arzthelferin ist einer der Wunschberufe junger Mädchen und Frauen. Im Jahr 1995 suchten insgesamt 2 150 Bewerberinnen einen Ausbildungs- platz über die Berufsberatung der hes- sischen Arbeitsämter. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsver- träge lag Ende September vergange- nen Jahres mit 1 342 um 11,5 Prozent höher als im Vorjahr. Bernd Wildgru- be vom Landesarbeitsamt Hessen und der Hauptgeschäftsführer der Ärztekammer Hessen, Dr.

Michael Popovi´c, nahmen diese positive Ausbil- dungsbilanz in Hessen zum Anlaß, an Ärzte zu ap- pellieren, verstärkt auszu- bilden. Nur ein ausreichen- des Angebot an Ausbil- dungsplätzen für die moti- vierten Bewerberinnen könne den Bedarf an quali- fiziertem Nachwuchs si- chern. Wildgrube und Po- povi´c sind sich einig, daß sowohl neue Ausbildungs- stellen geschaffen als auch die Begleitung der Ausbil- dung verbessert werden müßten.

Demgegenüber macht eine psychosoziale Berufs- krankheit, die als Burnout- Phänomen Bekanntheits- grad erlangt hat, Arzthel- ferinnen zu schaffen, die

schon länger im Berufsleben stehen.

Burnout „umschreibt die Erfahrung, nach anfänglicher Begeisterung für den Beruf schleichend desinteressiert und gleichgültig zu werden. Dies pas- siert aufgrund vieler frustrierender und belastender Erfahrungen und äußert sich schließlich durch Rückzug aus dem Kollegen- und Freundes- kreis“, schildert die Diplompsycholo- gin Birgit Reime von der Universität Marburg. Sie initiierte die erste wis- senschaftlich fundierte psychologi-

sche Studie, bei der Arzthelferinnen zu diesem Themenkomplex befragt wurden. Insgesamt konnten die Daten von 229 Teilnehmerinnen in die Aus- wertung einbezogen werden.

Im Vergleich mit anderen medizi- nischen Berufsgruppen liegt die Aus- prägung des „Ausbrennens“ bei den Arzthelferinnen am höchsten; sie wurde anhand des subjektiven Ge- fühls der emotionalen Erschöpfung, der Entfremdung und der subjektiven Leistungseinschätzung gemessen.

Arzthelferinnen fühlen sich demzufolge in hohem Maße niedergeschlagen und hoffnungslos, sind ne- gativ eingestellt, und ihr Vertrauen in eigene Fähig- keiten schwindet. Gesund- heitsschädliches Verhalten ist nach ersten Ergebnissen die Folge dieses Ausbren- nens: um die negativen Symptome zu kompensie- ren, steigt der Konsum an Alkohol, Zigaretten, Beru- higungsmitteln und Anal- getika.

Auf der Suche nach den Ursachen des Ausbren- nens stellte sich heraus, daß enttäuschte Erwartun- gen eine wesentliche Rolle spielen. Der Motivation, diesen Beruf zu ergreifen, wurde die Einschätzung der Berufsrealität gegen- Tabelle

Erwartungen an den Beruf versus Einschätzung der Berufsrealität

Berufliche Berufliche Motivation Realität

(Prozent (Prozent

der der Nennungen) Zustimmungen)

Hohe Verantwortung 52 96,5

Interessante Tätigkeit 63,6 94,5

Viel Kontakt zu Menschen 78 98

Helfen 69,4 95,7

Sinnvolle Tätigkeit 45,1 83,1

Nützlich für die Gesellschaft 12,1 78,1 Selbständiges

Arbeiten 45,7 81,2

Anerkannter Beruf 20,2 34,7

Sicherer Arbeitsplatz 13,9 56,9

Frauen geschätzt 19,1 52,2

Sichere und gesunde

Arbeitsbedingungen 6,9 22

Viel Freizeit 3,5 13,4

Aufstiegschancen 4,6 0,9

Hohes Einkommen 2,3 8,7

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A

us der Sicht der Ergebnisse der Arbeitslosenstatistik sind von Arbeitslosigkeit bei Akademi- kern vor allem Berufsanfänger betroffen. Diese Erkenntnis trifft in besonderem Maß auch auf Ärzte zu.

Entsprechende Untersuchungsergeb- nisse weisen mit wachsendem zeitli- chen Abstand zum Studienabschluß deutlich degressive Arbeitslosenkur- ven auf.

Die in diesem Artikel von der Arbeitsmarktinformationsstelle der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung verwendeten Zahlen stammen über- wiegend aus dem Jahr 1994, da die Da- ten für 1995 noch nicht vorliegen.

Assistenzärzte

Bewerber- und Stellenbestände anläßlich der jeweiligen Stichtagser- hebungen spiegeln die Berufslage von Assistenzärzten wider. Ende der 70er Jahre gab es jeweils um die 500 Be- werber, denen ein Vier- bis Fünffaches an offenen Stellen gegenüberstand.

Zum damaligen Zeitpunkt konnten aufgrund eines tendenziellen Bewer- bermangels nicht annähernd alle an die Arbeitsverwaltung herangetra- genen Besetzungswünsche befriedigt werden. Ende 1982 überstieg am Ende eines Berichtsjahres erstmals die Be- werberzahl diejenige der offenen Stel- len. In der Folge sank das Stellenauf- kommen kontinuierlich weiter ab bis

auf einen Tiefststand von 157 im Jahr 1986. Gleichzeitig wurde ein starkes Anwachsen der Bewerberzahl regi- striert, die bis 1988 auf 6 400 an- schwoll, bei einem Frauenanteil von deutlich über 50 Prozent. Der Rück- gang der Bewerberzahlen in den fol- genden Jahren hängt eng mit der Einführung der Arzt-im-Praktikum- (AiP-)Regelung zusammen.

Bei der letzten Erhebung Ende 1994 gab es 6 338 Bewerber (Frau- enanteil: 55 Prozent), denen 719 offe- ne Stellen gegenüberstanden. Im Lau- fe des Jahre 1994 konnten 1 732 ver- mittelt werden, etwa die Hälfte davon Frauen. Insgesamt zeichnet sich ab, daß der Arbeitsmarkt für Ärzte ohne Gebietsbezeichnung problematischer wird. Der Übergang aus der Arzt- im-Praktikum-Zeit in entsprechende Weiterbildungsstellen wird dabei im- mer mehr zum Nadelöhr für Assi- stenzärzte.

Aufgrund der Tatsache, daß bei der Suche nach Weiterbildungsstellen regionale Veränderungen in Kauf ge- nommen werden mußten, ergaben sich besondere Nachteile für Assi- stenzärztinnen. Karriere und Familie ließen sich gerade in der Phase der Weiterbildung, die häufig mit Bereit- schaftsdiensten, Nachtdiensten und Überstunden verbunden war, für sie besonders schwer miteinander verbin- den. Nachdem im Vorjahr im An- schluß an die durch das Gesundheits- strukturgesetz hervorgerufene Nie-

Der Arbeitsmarkt für Ärzte

Größere Arbeitslosigkeit bei Berufsanfängern

Während die Suche nach Weiterbildungsstellen – vor allem für Frauen – im- mer schwieriger wird, gab es bei den Fachärzten im vergangenen Jahr nur rund 1 300 Arbeitslose. In den neuen Bundesländern ist die Zahl der arbeits- losen Ärzte in den letzten Jahren deutlich gesunken. Beim aktuellen Vergleich der Arbeitslosenstruktur aller Universitätsabsolventen mit der der arbeitslo- sen Ärzte erweist sich insgesamt die Situation der Mediziner als günstiger. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer von der Bundesanstalt für Arbeit vorge- legten Statistik für das Jahr 1994, die im folgenden Artikel vorgestellt wird.

übergestellt. Reime spricht von ei- nem „eher weiblichen Motivations- profil“, das Erwartungen wie „Kon- takt zu Menschen“, „interessante Tätigkeit“ und „helfen können“ auf- wies; ein „hohes Einkommen“ oder

„Aufstiegschancen“ waren hingegen für die Berufswahl nicht entschei- dend. Obwohl sich die meisten dieser Vorstellungen im Berufsalltag erfüll- ten, gaben fast zwei Drittel der Arzt- helferinnen an, keine Anerkennung zu finden. Etwa die Hälfte fühlte sich als Frau in ihrem Beruf nicht ge- schätzt. „Daß es sich hierbei um über- zogene Erwartungen handelt, ist energisch zu bestreiten. Das Bedürf- nis nach Anerkennung ist ein menschliches Grundmotiv und muß gerade im Arbeitsvollzug berücksich- tigt werden“, bewertete Reime das Ergebnis. Emotionale Erschöpfung stellte sich auch bei denjenigen Arzt- helferinnen ein, die ihre Tätigkeit als nicht sinnvoll erlebten, wenig soziale Unterstützung bekamen oder viele Überstunden absolvierten.

Soziale Aspekte am Arbeitsplatz

Einen wesentlichen Einfluß auf die Ausprägung des Ausbrennens hatte zudem das Betriebsklima. Ent- gegen allen Erwartungen zeige sich eindeutig, daß die sozialen Aspekte am Arbeitsplatz eine weitaus größere Wirkung haben als die fachlichen, gab Reime zu verstehen. Die Psycho- login mißt diesem „extrem brisan- ten“ Ergebnis eine große Bedeutung zu: „Die Auswertungen haben offen- gelegt, daß die beruflichen Belastun- gen nicht nur von außen kommen, denn im kollegialen Bereich liegt sehr viel Sprengstoff verborgen. Der geringe Einfluß auf die Zusammen- setzung des Teams und die Arbeits- verteilung untereinander sind eng mit dem Auftreten von Burnout ver- knüpft.“ Um diese Problematik an- zugehen, schlägt die Wissenschaftle- rin den Betroffenen vor, nach Streß- bewältigungsmöglichkeiten zu su- chen. In Workshops und Seminaren beispielsweise ließen sich Kommuni- kationsstrategien zur besseren Be- wältigung von beruflichen Belastun- gen erlernen. Dr. Sabine Glöser

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derlassungswelle zunächst gewisse Entlastungseffekte auf dem Teilar- beitsmarkt für Assistenzärzte zu spüren waren, gab es im Zuge der Be- setzung frei gewordener Klinikstellen zunächst eine gewisse Nachfragebele- bung, die sich 1994/95 nicht mehr fort- gesetzt hat. Auch im Bereich der Assi- stenzärzte hatte die strenge Budgetie- rung der Haushalte in den Kranken- häusern eher negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

Der Anteil zeitlich befristeter Ar- beitsverträge bei Weiterbildungsstel- len hat sich deutlich erhöht; die Lauf- zeiten dieser Verträge sind kürzer ge- worden. Deshalb gelang es nur weni- gen Assistenzärzten, die Facharztwei- terbildung en bloque zu absolvieren.

Die oft mehrmalige Suche nach ent- sprechenden Anschlußstellen verlän- gerte notwendigerweise auch die Ge- samtdauer der Facharztausbildung.

Die meisten angebotenen Weiter- bildungsmöglichkeiten, die den Fach- vermittlungsdiensten vorlagen, betra- fen die Gebiete Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Chirurgie, Orthopä- die und Anästhesiologie. Dagegen wurden kaum Angebote in den Berei- chen Pädiatrie oder Augenheilkunde unterbreitet, die bei den Bewerbern besonders gefragt waren. Zu beobach- ten ist, daß Stellen, mit denen eine volle Weiterbildungszeit verbunden war, vorzugsweise mit solchen Bewer- bern besetzt wurden, die bereits als AiP in den betreffenden Krankenhäu- sern und Kliniken Erfahrungen ge- sammelt hatten. Daneben gab es für Assistenzärzte wiederum – wenn auch in reduziertem Umfang – eine Reihe von Offerten aus Kur-, Reha- und Fachkliniken, die aber in der Regel nicht mit Weiterbildungsmöglichkei- ten verbunden waren. Angebote zur Praxisvertretung konnten von Assi- stenzärzten kaum noch wahrgenom- men werden, da nach den neuen ge- setzlichen Bestimmungen die fachli- che Qualifikation der Bewerber mit dem Fachgebiet der zu vertretenden Praxis übereinstimmen muß.

Die Nachfrage aus der pharma- zeutischen und chemischen Industrie war zwar wieder etwas höher, blieb aber, verglichen mit der Situation vor der Rezession, auf einem niedrigen Niveau. Wenn aus diesem Sektor An- gebote kamen, bezogen sie sich vor al-

lem auf Aufgaben in Marketing und Vertrieb.

Im öffentlichen Gesundheitswe- sen hatten Ärzte ohne Gebietsbe- zeichnung, die keine vertieften Fach- kenntnisse mitbrachten, zunehmend ungünstigere Einstellungschancen.

Da darüber hinaus auch für die Nie- derlassung seit 1994 eine volle Weiter- bildung nachgewiesen werden muß, wird die Berufslage für Ärzte, die kei- nen Facharztabschluß anstreben oder innehaben, zusätzlich eingeengt. Eini- ge Angebote für Assistenzärzte lagen den Vermittlern der Bundesanstalt neuerdings aus dem Bereich der Pfle- geversicherung vor. Dabei ging es vor

allem um die Erstellung von Gutach- ten zur Feststellung der Pflegestufen.

Es handelte sich hierbei jedoch über- wiegend um Honorartätigkeiten.

Auch Tätigkeiten an Krankenpflege- schulen und vergleichbaren Bildungs- stätten wurden etwas häufiger ange- boten.

Die Entwicklung der Arbeitslo- sigkeit bei Ärzten (für die alten Län- der) zeigt im Zehnjahresvergleich zur allgemeinen Akademikerarbeitslosig- keit deutlich günstigere Tendenzen auf. So sind die Spitzenwerte von 1988 – bezogen auf alle arbeitslosen Uni- Absolventen – bereits seit 1993 über- schritten, während sie bei den arbeits- losen Ärzten noch bei weitem nicht er- reicht sind. Überdies ist die jährliche Steigerungsrate bei den arbeitslosen Ärzten in den letzten Jahren deutlich

geringer als beim Durchschnitt der Akademiker (Grafik 1).

Beim aktuellen Vergleich der Ar- beitslosenstruktur aller Universitäts- absolventen mit der der arbeitslosen Ärzte erweist sich abermals die Situa- tion der Mediziner als deutlich günsti- ger. Zwei Drittel der in der Stichtags- erhebung zum 30. September 1994 er- mittelten Arbeitslosen in den alten Bundesländern waren bis zu sechs Monaten arbeitslos, während beim Durchschnitt aller Absolventen von wissenschaftlichen Hochschulen die- ser Wert nur etwas mehr als die Hälfte betrug. Das bedeutet im Umkehr- schluß: Der Anteil derjenigen, die län-

gerfristig von Arbeitslosigkeit betrof- fen waren, war bei den Medizinern er- heblich geringer.

Beim Altersvergleich fällt auf, daß der Anteil der älteren Arbeitslo- sen bei den Ärzten deutlich unter dem Durchschnitt aller Universitätsabsol- venten liegt – auch dies ein Verweis auf die etwas günstigere Arbeitslosen- struktur, die sich für Mediziner mit den Stichworten zusammenfassen läßt: weniger Langzeitarbeitslose und weniger ältere Arbeitslose.

Auch bei der Betrachtung der Arbeitslosigkeit von Assistenzärzten zeigt sich, daß die Entwicklung trotz einiger ungünstiger Einflußfaktoren in den letzten Jahren weniger negativ verlaufen ist als die Akademikerar- beitslosigkeit insgesamt. Allerdings ist der Verlauf der Kurve bei den Frauen

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Grafik 1

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ein deutlicher Beleg dafür, daß vor al- lem Assistenzärztinnen wachsende Probleme bei der Stellensuche haben.

Dennoch: Auch hier ist die Entwick- lung weniger ungünstig als im Durch- schnitt aller Hochschulabsolventen und -absolventinnen.

Seit Beginn der 80er Jahre wird der Wandel von einem nachfrageori- entierten hin zu einem angebotsorien- tierten Arbeitsmarkt deutlich.

Während 1982 in den alten Bundes- ländern nur 1 308 Ärzte ohne Gebiets- bezeichnung arbeitslos gemeldet (Frauenanteil: 46 Prozent) waren, wa- ren es 1988 über 7 000 (Frauenanteil:

51 Prozent). In den Folgejahren sank die Arbeitslosigkeit wieder ab und be- traf bei der jüngsten Zählung im Sep- tember 1994 rund 5 600 Personen bei einem inzwischen auf 56 Prozent an- gestiegenen Frauenanteil. Gemessen an der Relation bei den neu erteilten Approbationen, wo Frauen 1993 nur mit 37,4 Prozent beteiligt waren, sind sie bei der Arbeitslosigkeit in den al- ten Bundesländern ohnehin schon deutlich überrepräsentiert. Hier wer- den die bereits erwähnten üblichen frauenspezifischen Probleme deutlich.

Frauen sind durch familiäre Bindun- gen in der Regel regional stärker ein- geengt als ihre männlichen Kollegen.

Die Suche nach einer passenden (Wei- terbildungs-)Stelle ist deshalb für sie oft mit einem größeren zeitlichen Auf- wand verbunden.

Fachärzte

Bei den Fachärzten (Ärzte mit Gebietsbezeichnung) gab es bis Mitte der 80er Jahre so gut wie keine Ar- beitsmarktprobleme. Noch im Juni 1982 war der Bestand an offenen Stel- len größer als die Bewerberzahl.

Selbst die jüngsten Erhebungen im al- ten Bundesgebiet vom Dezember 1994 deuten auf einen zwar schwieri- ger gewordenen, aber noch vergleichs- weise günstigen Arbeitsmarkt für ab- hängig beschäftigte Fachärzte hin.

Wegen der Budgetierung der Kli- nikhaushalte nahm die Nachfrage nach Fachärzten ab. Die Arbeitslosen- zahl war dennoch Ende September 1994 mit 1 315 um 96 (minus sieben Prozent) niedriger als zum gleichen Vorjahreszeitpunkt. Der Frauenanteil

betrug 57 Prozent und war damit um vier Prozentpunkte höher als 1993.

Die neuen restriktiven Niederlas- sungsbedingungen haben dazu ge- führt, daß die Bewegungvorgänge auf diesem Teilarbeitsmarkt deutlich zurückgingen. So waren der Fachver- mittlung am Jahresende 1994 nur noch 610 offene Stellen gemeldet; dies be- deutet gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang um 210 (minus 25 Prozent).

Parallel zur Abnahme der Vakanzen aus dem Kliniksektor wurden in den verbliebenen Angeboten die Anfor- derungen noch höher geschraubt. Be- obachtet wurde auch die Tendenz, klassische Oberarztpositionen auf Facharztniveau herunterzustufen.

Wie bereits in den vorangegange- nen Jahren kamen die meisten Offer- ten aus der Inneren Medizin, der Chir- urgie, der Psychiatrie und der Neuro- logie, der Gynäkologie, der Orthopä- die, der Radiologie und der Anästhe- siologie. Die meisten Angebote bezo- gen sich auf Tätigkeiten in Akutklini- ken. Nur selten wurde die Fachver- mittlung von den Bereichen Öffentli- ches Gesundheitswesen und Pharma- zeutische Industrie mit der Besetzung entsprechender Positionen beauf- tragt.

Die größten Gruppen unter den Bewerbern waren Chirurgen, Anäs- thesisten, Gynäkologen und Pädiater.

Besonders die Letztgenannten trafen auf eine schwache Nachfrage. Ver- gleichsweise günstig war die Lage für Orthopäden.

Im Laufe des Jahres 1994 konn- ten 210 Fachärzte mit Hilfe der Fach- vermittlung eine neue Stelle antreten, das waren 38 (minus 15 Prozent) weni- ger als im Vorjahr. Der Vermittlungs- anteil, der sich auf Frauen bezog, lag bei 27 Prozent (Vorjahr: 21 Prozent).

Der Verlauf der Vermittlungszah- len zeigt in den vergangenen Jahren keinerlei spektakuläre Tendenzen. Im Schnitt kamen pro Jahr jeweils etwa 250 Vermittlungen zustande. Auch die Entwicklung der Arbeitslosigkeit zeigt in den letzten zehn Jahren einen stetigen Verlauf auf etwa gleichblei- bendem Niveau. 1982 wurden 1 244 arbeitslose Fachärzte gezählt, zehn Jahre später waren es 1 315. Auffällig ist allerdings der hohe Frauenanteil, der im vergangenen Jahr bei 57 Pro- zent lag – und zwar seit Jahren mit

steigender Tendenz. In einem krassen Gegensatz dazu steht der nur knapp halb so hohe Anteil an den Vermitt- lungen. Der Anteil der Medizinerin- nen an der Berufstätigkeit von Ärzten beträgt gut ein Drittel, bei Fachärzten liegt er noch darunter; die bereits bei den Assistenzärztinnen genannten frauenspezifischen Probleme bei der Arbeitsplatzsuche scheinen damit im Facharztbereich noch größeres Ge- wicht zu besitzen.

Neue Bundesländer

In den neuen Bundesländern ist die Zahl der arbeitslosen Humanärzte weiter deutlich gesunken. Bei der letz- ten verfügbaren Erhebung waren 910 Ärzte bei den Dienststellen der Bun- desanstalt in den neuen Ländern ar- beitslos gemeldet, das waren 110 weni- ger als ein Jahr zuvor(Grafik 2).

Wegen der Neuorganisation des Gesundheitswesens auf der einen Sei- te und den Strukturveränderungen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auf der anderen Seite konnten Friktio- nen in den neuen Ländern auch auf diesem Teilarbeitsmarkt nicht vermie- den werden. Ein großer Teil der bei den Fachvermittlungsdiensten gemel- deten Ärzte strebte – trotz der durch das Gesundheitsstrukturgesetz errich- teten Hürden – die Niederlassung an.

Die verbesserten finanziellen Hilfen der Bundesanstalt für den Weg in die Selbständigkeit wurden dabei gerade von Ärzten gern in Anspruch genom- men. Beschäftigungsmöglichkeiten im Klinikbereich gab es im Berichtsjahr vor allem für die Facharztgruppen der Orthopäden, Chirurgen und Neurolo- gen.

Drang zur Niederlassung

Kinderärzte und Allgemeinmedi- ziner hatten dagegen nur geringe Chancen auf Anstellungen in Kran- kenhäusern und Kliniken. Um die Vermittlungsmöglichkeiten zu verbes- sern, wurden unter anderem Fortbil- dungen in Suchtberatung oder medizi- nischer Dokumentation angeboten.

Da jedoch die Landesärztekammern der neuen Länder ein reichhaltiges

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Weiterbildungsangebot vorhielten, war das Interesse an den Maßnahmen der Fachvermittlung eher verhalten.

Im Laufe des Jahres 1994 wurden 300 Humanärzte vermittelt, 110 (plus 59 Prozent) mehr als 1993. Dieses Er- gebnis ist ein deutlicher Verweis auf den gestiegenen Einschaltungsgrad des Fachvermittlungsdienstes in die- sem Arbeitsmarktsegment. Mit 59 Prozent war der Anteil der Frauen bei den Vermittlungen etwas niedriger als ihr Arbeitslosenanteil.

Gut zwei Fünftel der arbeitslosen Ärzte waren entweder Ärzte ohne Gebietsbezeichnung (Assistenzärzte) oder Ärzte im Praktikum. Hier betrug der Frauenanteil 60 Prozent. Die Zahl der offenen Stellen war Ende 1994 mit 61 gemeldeten Vakanzen fast doppelt so hoch wie im Vorjahr.

Die Beobachtungen der Fachvermittlung des vergangenen Jahres, daß fachlich und regional kom- promißbereite Nachwuchs- ärzte, die entweder eine AiP-Stelle oder im An- schluß an die AiP-Zeit eine Weiterbildungsstelle such- ten, durchaus Vermitt- lungschancen hatten, be- stätigten sich auch im Be- richtsjahr. Dabei wurde al- lerdings eine im Durch- schnitt leichte Verlängerung der Sucharbeitslosigkeit

nach Abschluß der Praxisphase festge- stellt; die Dauer hing stark von der ge- wünschten Weiterbildungsrichtung ab.

Bewerberinnen und Bewerber, die re- gional gebunden waren, hatten es bei der Stellensuche besonders schwer.

Nur wenige Ärzte im Praktikum hatten die Möglichkeit der Weiterbil- dung zum Facharzt beim bisherigen Arbeitgeber. Wie in den alten Bundes- ländern waren sie in der Regel ge- zwungen, den Arbeitgeber zu wech- seln. Die Innere Medizin stand wieder an der Spitze der gewünschten Weiter- bildungsfachrichtungen junger Assi- stenzärzte; hier entsprach das Ange- bot an offenen Stellen bei weitem nicht der großen Nachfrage. Die mei- sten der Vakanzen für Assistenzärzte, die der Fachvermittlung vorlagen, be- zogen sich auf Tätigkeiten in der Or- thopädie oder der Neurologie und ka- men besonders häufig aus medizini-

schen Rehabilitationseinrichtungen.

Nur sehr wenige Angebote wurden von den Akutkrankenhäusern, die von den Bewerbern besonders stark nachgefragt waren, unterbreitet.

Auch von niedergelassenen Ärzten wurden kaum Weiterbildungsmög- lichkeiten gemeldet.

Ausländische oder auch ausgesie- delte Ärzte, die im Berichtsjahr vor al- lem aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion kamen, waren besonders schwer in den Arbeitsmarkt einzuglie- dern. Ausgesiedelte Ärzte mußten in der Regel ein Anpassungsjahr ablei- sten, bevor eine Approbation erteilt werden konnte.

Im Berichtsjahr wurden 180 Ärz- te im Praktikum und Ärzte ohne Ge- bietsbezeichnung vermittelt. Der

Frauenanteil betrug 58 Prozent. Etwa ein Drittel dieser Vermittlungen wur- de durch von den Fachvermittlungs- diensten der neuen Länder eingerich- tete Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erzielt.

Ende September 1994 waren bei den Arbeitsämtern der neuen Bun- desländer 560 Fachärzte arbeitslos ge- meldet. Fachärzte haben nach wie vor deutlich geringere Arbeitsmarktpro- bleme als die meisten anderen Berufs- gruppen. 62 Prozent der arbeitslosen Ärzte mit Gebietsbezeichnung waren Frauen. Am Jahresende waren 82 of- fene Stellen für diesen Personenkreis gemeldet, 21 mehr als zum gleichen Vorjahreszeitpunkt.

Für Kinderärzte lagen der Fach- vermittlung so gut wie keine Stellen- angebote vor. Nur vereinzelt wurden Allgemeinmediziner von Rehabilitati- onseinrichtungen gesucht. Viele An-

gehörige dieser beiden Facharztgrup- pen waren gezwungen, sich beruflich neu zu orientieren, etwa im Bereich der Pharmaberatung. Die Offerten für Internisten, die den Fachvermittlungs- diensten etwas häufiger unterbreitet wurden als im vorangegangenen Jahr, bezogen sich oft auf hochspezialisierte Tätigkeiten, wie zum Beispiel in der Kardiologie, der Immunologie oder der Pulmologie. Nur wenige der bei den Fachvermittlungsdiensten gemel- deten Internisten verfügten jedoch über derartige Subspezialisierungen.

Geringe Arbeitsmarktprobleme hatten, wie bereits im Vorjahr, vor al- lem Ärzte mit den Gebietsbezeich- nungen Neurologie, Psychiatrie, Or- thopädie und Chirurgie. Auch HNO-, Frauen- und Augenärzte waren nur vereinzelt arbeitslos gemel- det. Für ausgeschriebene Positionen – selbst im Ober- und Chefarztbereich – stan- den der Fachvermittlung mitunter keine geeigneten Bewerber zur Verfügung.

Trotz der schwieriger ge- wordenen Rahmenbedin- gungen blieb der Drang zur Niederlassung allgemein groß. Die Ärzte dieser Fach- richtungen, die der Fachver- mittlung als Bewerber zur Verfügung standen, wiesen oft vermittlungshemmende Merkmale auf, die im Alter, im Gesundheitszustand oder in der politischen Vergangenheit lagen.

1994 konnten 120 Ärzte mit Ge- bietsbezeichnung vermittelt werden, 31 mehr als im entsprechenden Vor- jahreszeitraum. Unter den Vermittel- ten waren 75 Frauen. Arbeitsbeschaf- fungsmaßnahmen hatten einen Anteil von 45 Prozent.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-524–527 [Heft 9]

Anschrift des Verfassers:

Manfred Bausch

Fachbereichsleiter in der Arbeitsmarktinformationsstelle der Zentralstelle für

Arbeitsvermittlung Postfach 17 05 45 60079 Frankfurt

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