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Archiv "Qualitätsmanagement im ambulanten Bereich: „Der Sinn erschließt sich erst mit dem Praktizieren“" (15.06.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 24⏐⏐15. Juni 2007 A1711

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er erste Eindruck zählt, heißt es oft. In der Kreuzberger Gynäkologiepraxis von Dr. med.

Ansgar Pett und Dr. med. Sohela Jan- di ist dieser erste Eindruck ein positi- ver: Die Räume des Altbaus sind lichtdurchflutet, auf dem Anmeldetre- sen liegen mehrere Informationsfalt- blätter für die Patienten. Dahinter – scheinbar schwebend – steht ein Computer, auf dessen Bildschirm- fläche sich im Sekundentakt Infor- mationen zum Qualitätsmanagement (QM) in der Praxis und aktuelle Impf- hinweise abwechseln. Im Warteraum,

ebenso wie im Behandlungsraum von Pett, hängen und liegen weitere Pati- entenbroschüren, übersichtlich und farblich ansprechend sortiert. Von den Medizinischen Fachangestellten, die durch die Praxisräume laufen, scheint jede genau zu wissen, warum sie welchen Schritt tut. Diesen Ein- druck zu erwecken, erzählt Pett, habe

„irre viel Arbeit“ gekostet. Denn er ist das Ergebnis eines Qualitätsmanage- ments, das die 18-köpfige Gynäkolo- giepraxis 2005 durchführte.

Die Praxis von Pett und Jandi war die erste in Berlin, die nach QEP

(Qualität und Entwicklung in Pra- xen) zertifiziert worden ist. Dieses QM-System hat eine interdiszipli- när zusammengesetzte Arbeitsgrup- pe aus niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten sowie aus Mit- arbeitern verschiedener KVen im Auftrag der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung (KBV) entwickelt.

Ziel sollte es sein, ein System zu ent- werfen, das auf die Bedürfnisse ei- ner vertragsärztlichen Praxis zuge- schnitten ist. Die Kreuzberger war eine von bundesweit 60 Pilotpraxen, die die Einführung von QEP testete.

Pilotpraxis war auch die der In- ternistin Dr. med. Sabine Roelcke aus Reutlingen. Ihr Praxisteam be- teiligte sich 2004 neben 14 weiteren niedergelassenen Ärzten an einer Testphase für ein Zertifizierungs- verfahren nach KTQ. An der Ent- wicklung von KTQ – Kooperation für Transparenz und Qualität – ha- ben die Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der gesetzli- chen Krankenkassen, der Hartmann- bund und der Deutsche Pflegerat mitgearbeitet. Es ist das einzige QM, das die Bereiche Krankenhaus, Re- habilitation, Arztpraxen und Me- dizinische Versorgungszentren ab- deckt. Heute sagt Roelcke wie aus der Pistole geschossen: „Wir arbei- ten jetzt zeitsparender, weil sich un- sere Abläufe vereinfacht haben.“

Sinnvolles Dokumentieren Die einzelnen Schritte, die Arbeits- abläufe erleichtert haben, klingen selbstverständlich: So begannen die Praxisteams von Pett und Roelcke zunächst damit, die üblichen Ar- beitsabläufe zu dokumentieren und Kernziele zu bestimmen. Außer- QUALITÄTSMANAGEMENT IM AMBULANTEN BEREICH

„Der Sinn erschließt sich erst mit dem Praktizieren“

Von „Quatsch“ bis „nützlich“ – Qualitätsmanagement-Systeme erfreuen sich nach wie vor unterschiedlicher Beliebtheit. Bis Ende des Jahres müssen die niedergelassenen Ärzte erste Schritte in Richtung Qualitätsmanagement unternommen haben.

Foto:laif

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dem entstanden Checklisten, bei- spielsweise rund um das ambulante Operieren, zu Sprechstunden- und Urlaubszeiten oder zu den Postein- gängen. „Anfangs erschien alles wie ein großes Durcheinander“, er- zählt Melanie Schmidt, die in Petts Praxis als Medizinische Fachange- stellte arbeitet. Doch der Sinn des Dokumentierten habe sich nach und nach erschlossen. Außerdem, er- gänzt Roelcke, habe die kontinuier- liche, gemeinsame Arbeit an einem Projekt ihrem Praxisteam gutgetan, teilweise herrschte sogar „kreative Stimmung“. Schließlich hatte jede Mitarbeiterin sechs Monate lang die Gelegenheit, eigene Ideen ein- zubringen und Bestehendes zu kri- tisieren. Pett sieht noch einen weite- ren Vorteil, insbesondere in einer Praxis wie seiner, in der nicht sel- ten Medizinische Fachangestellte schwangerschaftsbedingt ihre Tätig- keit unterbrechen: „Das QM-Hand- buch bringt Anhaltspunkte für neue Mitarbeiterinnen.“

Richtlinien weisen den Weg Unter Qualitätsmanagement im Ge- sundheitswesen lassen sich allge- mein diejenigen Schritte und Maß- nahmen subsumieren, die sowohl die Patientenversorgung als auch die Praxisorganisation systematisch hin- terfragen und kontinuierlich verbes- sern. QM soll helfen, relevante und kritische Vorgänge in einer Arztpra- xis zu identifizieren, zu strukturieren und zu dokumentieren. Die Gesund- heitspolitik zeigte allerdings wenig Vertrauen in die Bereitschaft der nie- dergelassenen Ärzte, sich freiwillig mit dem Qualitätsmanagement in ihren Praxen zu befassen. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz wur- den die Ärzte 2004 verpflichtet, ein praxisinternes QM einzuführen und weiterzuentwickeln. Die Regierung beauftragte den Gemeinsamen Bun- desausschuss (G-BA) damit, eine konkrete Richtlinie zu formulieren.

Die Richtlinie „über grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungs- internes Qualitätsmanagement für die an der vertragsärztlichen Versor- gung teilnehmenden Ärzte, Psycho- therapeuten und Medizinischen Ver- sorgungszentren“ trat zum 1. Januar 2006 in Kraft.

Hierin werden sowohl die QM- Grundelemente und die QM-Instru- mente präzisiert (Kästen) als auch genaue Vorgaben für die Umsetzung der Maßnahmen und deren Über- prüfung gemacht. So werden die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie niedergelassenen Ver- tragsärzte verpflichtet, innerhalb von vier Jahren ein einrichtungsinter- nes Qualitätsmanagement vollstän- dig umzusetzen. Binnen maximal zwei Jahren, also bis Ende des Jah- res 2007, sollen die Ärzte die QM- Planung abgeschlossen haben. Die-

se beinhaltet der Richtlinie zufolge mindestens eine schriftliche Selbst- bewertung des Istzustands der Pra- xis hinsichtlich der QM-Ziele und -inhalte. Außerdem sollen die Pra- xen Ziele festlegen, wie ein QM auf- zubauen ist. Daran anschließend sollen – wiederum innerhalb zwei Jahren – die konkreten Umset- zungsmaßnahmen erfolgen, das heißt die Einführung der QM-Grund- elemente (Kasten 1) mithilfe des in Kasten 2 aufgeführten QM-Instru- mentariums. In dem darauffolgen- den Jahr sind die Ärzte angehalten, die Prozess- und Ergebnisqualität ihrer bisherigen Bemühungen zu überprüfen.

Anders als bei der Pflicht zur Fortbildung sieht die QM-Richtlinie noch keine Sanktionen für säumige oder sich verweigernde Ärzte vor.

Vorgeschrieben ist jedoch, Quali- tätsmanagement-Kommissionen bei den Kassenärztlichen Vereinigun- gen einzurichten. Diese sollen beur- teilen, wie es um den Stand der Einführung und Entwicklung des QM steht. Dafür müssen sie jährlich mindestens 2,5 Prozent aller Kas- senärzte auffordern, das Erreichte schriftlich darzulegen. Ist die Kom- mission damit nicht zufrieden, kann sie den Arzt auffordern, seine QM- Bemühungen mündlich vorzutra- gen. Oder sie berät ihn, wie er das vorgeschriebene Ziel doch noch er- reichen kann. Fünf Jahre nach In- krafttreten der Richtlinie – also 2011 – überprüft der G-BA erneut, wie weit die Umsetzung des ein- richtungsinternen Qualitätsmanage-

QM-RICHTLINIE DES G-BA

Grundelemente eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements:

1. im Bereich „Patientenversorgung“

>Ausrichtung der Versorgung an fachlichen Standards und Leitlinien entsprechend dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse,

>Patientenorientierung, Patientensicherheit, Patien- tenmitwirkung, Patienteninformation und -beratung,

>Strukturierung von Behandlungsabläufen;

2. im Bereich „Praxisführung/Mitarbeiter/Organisation

>Regelung von Verantwortlichkeiten,

>Mitarbeiterorientierung (zum Beispiel Arbeitsschutz, Weiter- und Fortbildung),

>Praxismanagement (zum Beispiel Terminplanung, Datenschutz, Hygiene, Fluchtplan),

>Gestaltung von Kommunikationsprozessen (intern/extern) und Informationsmanagement,

>Kooperation und Management der Nahtstellen der Versorgung,

>Integration bestehender Qualitätssicherungsmaß- nahmen in das interne Qualitätsmanagement.

QM-RICHTLINIE DES G-BA

Instrumente eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements:

>Festlegung von konkreten Qualitätszielen für die einzelne Praxis, Ergreifen von Umset- zungsmaßnahmen, systematische Überprü- fung von Zielerreichung und erforderlichen- falls Anpassung der Maßnahmen,

>regelmäßige strukturierte Teambesprechun- gen,

>Prozess- und Ablaufbeschreibungen, Durch- führungsanleitungen,

>Patientenbefragungen, nach Möglichkeit mit validierten Instrumenten,

>Beschwerdemanagement,

>Organigramm, Checklisten,

>Erkennen und Nutzen von Fehlern und Beinahefehlern zur Einleitung von Verbesse- rungsprozessen,

>Notfallmanagement,

>Dokumentation der Behandlungsabläufe und der Beratung,

>Dokumentation der Qualitätsziele und der er- griffenen Umsetzungsmaßnahmen,

>Dokumentation der systematischen Überprü- fung der Zielerreichung und der erforderlichen Anpassung der Maßnahmen.

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ments gediehen ist. Ob ein bestimm- tes System bevorzugt zu nutzen ist, entscheidet der G-BA auf der Grund- lage von bis dahin vorliegenden Wirksamkeits- und Nutzennachwei- sen. Außerdem steht dann die Frage an, ob Sanktionen für Ärzte sinnvoll sind, die QM halbherzig einführen.

Psychotherapeuten noch wenig engagiert

Auch die Vertragspsychotherapeu- ten müssen bis 2009 ein einrich- tungsinternes Qualitätsmanagement eingeführt haben. „Die Vorbehalte sind denen der Ärzte sehr ähnlich“, erzählt Beatrice Piechotta, „nur ein wenig ausgesprägter.“ Piechotta ist QEP-Trainerin, Visitorin und Audi- torin für DIN ISO 9001. Sie hat an der Entwicklung von QEP mitgear- beitet. Die meisten Psychotherapeu- ten arbeiten der Psychoanalytikerin zufolge als 1-Mann/Frau-Praxis, QEP einzuführen bringe daher keine Effizienzgewinne. Und doch gebe es sie, glaubt Piechotta. In den QM- Seminaren beispielsweise tausche man sich mit anderen Psychothera- peuten aus, rede darüber, wie Pati- enten aufgeklärt oder Praxisabläufe gestaltet werden. „Das schriftliche Formulieren trägt außerdem dazu bei, sich selbst zu überprüfen und die Alltagsroutine zu reflektieren“, ergänzt die QM-Trainerin. Nicht zu- letzt biete QM einen Weg, die häu- fig schwer vermittelbare Qualität der psychotherapeutischen Arbeit nach außen darzustellen.

Dass die Nachfrage gering ist, kann Ulla Dick bestätigen. Die Psy- chologin arbeitet für die DEKRA Certification GmbH, ein internatio- nales Zertifizierungsunternehmen, auch für den Gesundheitsbereich.

„Ich würde mich wundern, wenn deutschlandweit mehr als 100 Psy- chotherapiepraxen ein QM durch- geführt haben“, beschreibt die Audi- torin für QEP, DIN ISO 9001 und EPA ihren bisherigen Eindruck. Am Institut für Therapieforschung in München beispielsweise hätten vie- le QM-Seminare nicht stattfinden können, weil nicht ausreichend Psy- chotherapeuten Interesse zeigten.

Piechotta sind drei Praxen bekannt, die sich nach QEP haben zertifizie- ren lassen, nach KTQ bislang keine.

Der Druck des Gesetzgebers und die G-BA-Richtlinie haben nichts daran geändert, dass sich vielen Ärzten – anders als Roelcke und Pett – der Nutzen eines QM nach wie vor nicht erschließt. „Oft ge- nug bekomme ich zu hören: ,Die- sen Quatsch machen wir nicht mit‘“, erzählt Bernhard Blümm.

Der Wirtschaftsjurist arbeitet in der KTQ-Geschäftsstelle und ist An- sprechpartner für Niedergelassene, Krankenhäuser, Rehabilitations- einrichtungen und Medizinische Versorgungszentren, die sich für ein QM interessieren. Blümm weiß: „Es herrscht noch immer sehr viel Unklarheit darüber, was sich durch ein QM verbessern soll.“ Diese Unklarheit spiegelt

sich in der Akzeptanz von KTQ wi- der. Einer Fremdbewertung haben sich nach Angaben von Blümm bis- lang nur 16 Praxen bundesweit un- terzogen. Allerdings seien derzeit etwa 1 800 Praxen damit beschäf- tigt, ein QM nach KTQ einzu- führen. Zudem biete der Hartmann- bund, der an der Entwicklung von KTQ mitgearbeitet habe, regelmäßig Seminare zu KTQ an.

Auch QEP bietet mit einem eige- nen Zertifizierungsverfahren Nut- zern die Möglichkeit, die QM- Bemühungen der eigenen Praxis

nach außen hin deutlich sichtbar zu machen. Auf einer Liste aller nach QEP zertifizierten Vertragsärzte sind aktuell bundesweit 26 Pra- xen verzeichnet. Diese Zertifizie- rung eines erfolgreich eingeführten Qualitätsmanagements ist nach der QM-Richtlinie des G-BA nicht vor- geschrieben. Dieser abschließende Schritt kann aber in Zeiten eines sich auch in der vertragsärztlichen Versorgung verstärkenden Wettbe- werbs durchaus von Vorteil sein.

Bei QEP erfolgt die Zertifizierung durch eine von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung akkreditierte Zertifizierungsstelle. Deren Visito- ren überprüfen vor Ort den erfolg- reichen Abschluss der QM-Maß- nahme. Der vom Arzt dafür aufzu-

bringende Kostenbeitrag hängt von der Größe der Praxis ab und reicht von 1 200 Euro für eine Einzelpra- xis ohne Mitarbeiter (Dauer zwei bis vier Stunden) bis 2 000 Euro für eine größere Gemeinschaftspraxis (Dauer sechs bis acht Stunden). Zu diesen Fixkosten zuzüglich Mehr- wertsteuer kommen noch die Reise- kosten für die Visitoren.

Wie viele Praxen insgesamt bis- lang ein einrichtungsinternes Qua- litätsmanagement eingeführt haben, ist kaum belegt. Zumal es neben QEP und KTQ noch eine Reihe

Zeitaufwendig:

Für die Einführung eines QM-Systems muss man mehrere Stunden Arbeitszeit pro Woche inves- tieren.

Foto:fotlia/Michael Pemberton

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anderer QM-Systeme auf dem Markt gibt. Daten über die von den Kas- senärztlichen Vereinigungen durch- zuführenden Stichprobenüberprü- fungen liegen derzeit lediglich aus der KV Westfalen-Lippe vor. Hier konnte die Qualitätsmanagement- Kommission bereits 71 Rückmel- dungen aus der ersten Stichprobe auswerten. Von den angeschriebe- nen Arzt- und Psychotherapiepra- xen hatte sich bis Mai 2007 nur eine Minderheit von zehn Praxen noch gar nicht mit dem Thema Quali- tätsmanagement auseinandergesetzt.

Dagegen befinden sich 18 Praxen (25,3 %) in der Planungsphase und 26 Praxen (36,6 %) in der konkreten Umsetzungsphase; zwei Praxen sind in der abschließenden Überprü- fungs- und Selbstbewertungsphase;

15 Praxen (21,1 %) ha- ben bereits die Phase der „fortlaufenden Wei- terentwicklung“ erreicht.

Obwohl in der QM- Richtlinie nicht vorge- schrieben, haben neun der 71 in Westfalen-Lip- pe ausgewerteten Pra- xen eine Zertifizierung ihres Qualitätsmanage- ments erlangt.

Aufschluss über die Verbreitung unterschied- licher QM-Systeme gibt eine Befragung nieder- gelassener Ärzte von

2006. Durchgeführt hat sie die Ge- sellschaft für Gesundheitsmarktana- lyse, Auftraggeber war die Stiftung Gesundheit. Aus einer geschichte- ten Zufallsstichprobe von 15 383 Befragten beantworteten 787 Ärzte und Zahnärzte einen Fragenkatalog zum Qualitätsmanagement in der ärztlichen Praxis. Auf die Frage nach dem Bekanntsheitsgrad von QM-Systemen wurde am häufigsten (86 %) ISO (International Organiza- tion for Standardization – Normen- familie DIN EN ISO 9001) benannt, gefolgt von QEP (30 %), EFQM (European Foundation for Quality Management, 28 %), KTQ (27 %), EPA (European Practice Assess- ment, 15 %) und Stiftung Praxissie- gel (8 %). Zum Zeitpunkt der Befra- gung hatten sich allerdings zwei Drittel der Befragten noch für kein

bestimmtes System entschieden.

Bei denen, die sich bereits festgelegt hatten, lag das ISO-QM-System deutlich vorne. Von denjenigen Ärz- ten, die sich noch nicht mit dem Thema Qualitätsmanagement be- schäftigt hatten, kamen als häufigste Begründungen: „Halte QM für Geldschneiderei“ oder „Fürchte mich vor Bürokratie“.

Am Ende optimistisch

Es komme jedoch nicht selten vor, dass Ärzte ihre Meinung im Nach- hinein revidierten, berichtet Dr. med.

Franziska Diel. Diel leitet die Abtei- lung Qualitätsmanagement bei der KBV und ist seit Jahren mit Ärzten in Kontakt, die sich für QM interes- sieren. „Die Rückmeldung, die wir von den Praxen bekommen, ist meis-

tens positiv“, sagt Diel. Häufig sei von einem verbesserten Teamgeist die Rede, von geregelteren Abläu- fen oder einer geringeren Fluktua- tion seit Einführung des QM. Die QM-Expertin betrachtet die Thema- tik ohnehin mit einem gewissen Pragmatismus: „Qualitätsmanage- ment ist schließlich nichts anderes als die strukturierte Anwendung dessen, was wir ohnehin tun“, glaubt Diel. Nur zielgerichteter, vorausschauender und verlässlicher.

Außerdem müssten Praxen in Zei- ten einer sich verändernden Versor- gungslandschaft lernen, unterneh- merisch zu denken.

Ein wenig Zeit muss sein Ein Hindernis gesteht jedoch auch die bekennende QM-Befürworterin ein: Man benötigt Zeit für die Ein-

führung eines QM. Dass die Praxen dafür bereit sein müssen, zeigt auch die Studie der Stiftung Gesundheit.

Der Arbeitsaufwand bei der Imple- mentierung von QM-Systemen be- trug hiernach über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr für den Arzt selbst durchschnittlich 5,7 Stunden und für die Mitarbeiter 7,8 Stunden pro Woche. Nach der Implementierung ging der Zeitauf- wand auf durchschnittlich 1,6 res- pektive 3,3 Stunden zurück. Be- rücksichtigt wurden bei der Be- fragung auch die Kosten, die den Ärzten bei der QM-Umsetzung ent- standen. Genannt wird hier eine Summe von durchschnittlich 5 960 Euro in der Implementierungspha- se. Dieser stolze Preis sei vor allem auf die recht hohen Kosten in den Jahren vor 2002 zurück- zuführen, heißt es in der Studie. Mittlerweile sei- en die Kosten sehr viel geringer – so etwa bei dem speziell für die Kas- senarztpraxis entwickel- ten QEP.

Diesen Kosten steht der konkrete Nutzen ge- genüber, den die nieder- gelassenen Ärzte von ei- nem QM-System in ihrer Praxis erwarten. Auf die Frage nach den Haupt- funktionen von Quali- tätsmanagement in der Praxis verwiesen 85 Prozent der Ärz- te auf eine effizientere Gestaltung der Arbeitsabläufe, 71 Prozent auf ei- ne Orientierungshilfe für Mitarbei- ter(innen), 53 Prozent auf Kosten- senkung und 51 Prozent auf die Ver- besserung der Behandlungsqualität.

Beim Kreuzberger Praxisteam um die Gynäkologen Pett und Jandi dauerte der Gesamtprozess an die zwei Jahre; Roelcke spricht von ei- nem Jahr, das sie und ihre Reutlin- ger Kollegen investieren mussten.

Ihrer positiven Grundeinstellung gegenüber einem QM hat jedoch auch der zeitliche Aufwand keinen Abbruch getan. „Vieles, was man für ein QM braucht, ist ohnehin in jeder Praxis vorhanden. Jegliche Befürchtungen sind daher überflüs-

sig.“ I

Martina Merten, Thomas Gerst

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