POLITIK LEITARTIKEL
Fortbildung
Von der ethischen Pflicht zum formalen Nachweis
Die „Europäische Akademie für medizinische Fortbildung" hat am pa. Neben Fortbildungsgewohnheiten und -methoden ging es um 4. und 5. März in Köln getagt. 150 Teilnehmer aus 20 Ländern in- die Finanzierung („Sponsoring") und nicht zuletzt um das altbe- formierten sich über die organisierte Fortbildung der Ärzte in Euro- kannte Problem des Fortbildungsnachweises.
In Norwegen bekommen Prakti- sche Ärzte, die sich regelmäßig fort- bilden und das alle 5 Jahre auch for- mal nachweisen, einen Honorarzu- schlag. Das norwegische Beispiel fand bei einer Tagung der „Europäi- schen Akademie für ärztliche Fort- bildung" in Köln das Wohlwollen der Teilnehmer. Professor Dr. Manuel Eugenio Machado Macedo (Portu- gal), der Präsident des Ständigen Ausschusses der Ärzte der EG, sprach von einer neuen Betrach- tungsweise des alten Problems, wie Ärzte zur Fortbildung motiviert wer- den können.
Förmliche Verpflichtungen zur Teilnahme an Fortbildungsveranstal- tungen begegnete der Kölner Kon- greß eher skeptisch. Solche Ver- pflichtungen gab und gibt es zum Teil noch in den früheren Ostblocklän- dern. Der Präsident der Akademie für ärztliche Fortbildung, Dr. Kar- sten Vilmar, der zugleich auch Präsi- dent der (deutschen) Bundesärzte- kammer ist, hielt von solchen zwangs- weisen Abordnungen zur Fortbil- dung überhaupt nichts. Man könne zwar „die Leute in die Säle zwingen, damit sie dort ihre Zeit absitzen", ob das Ergebnis aber sinnvoll sei, müsse stark bezweifelt werden. Vilmar setzte sich statt dessen für ein vielfältiges, zielgruppengerechtes Angebot ein.
Aus juristischer Sicht wurde dar- auf hingewiesen, daß die Ärzte (nicht nur in Deutschland, sondern allge- mein) von ihrer Berufsordnung zur Fortbildung verpflichtet sind. Das sei keine bloße Deklaration einer be- rufsethischen Pflicht; bei Rechtsaus- einandersetzungen darüber, ob ein Patient nach den Regeln der Kunst behandelt worden sei, müsse der Arzt damit rechnen, nachzuweisen, daß er sich fortgebildet hat.
Gleichwohl — auch bei dieser Tagung in Köln kam die Frage auch nach förmlichen Fortbildungsnach- weisen immer wieder hoch. In einer Abschlußdeklaration der Kölner Ta- gung wurden schließlich, wenn auch in vorsichtigen Wendungen, Nach- weise gefordert (siehe Kasten).
Offensichtlich sind solche Fort- bildungsveranstaltungen für Ärzte reizvoll, die einen unmittelbaren Nutzen für den beruflichen Alltag bringen. Ein Trend scheint zu Veran- staltungen, die mit einem Zertifikat abschließen, zu gehen. Wenn solche Zertifikate den Inhaber berechtigen, entweder diskret mit seinem Fortbil- dungserfolg zu werben oder wenn die Zertifikate gar Voraussetzung sind, um bestimmte Leistungen erbringen zu dürfen oder honoriert zu bekom- men — dann, ja dann sind auch „for- male Nachweise" heiß begehrt.
Das Fortbildungsangebot und die Methoden sind in Europa bunt und vielfältig. So soll es bleiben. Vorschrif- ten aus Brüssel gar will niemand, allen- falls könnten die Ärzteschaften der EU-Länder dereinst Empfehlungen beschließen, hieß es in Köln.
Idealerweise sollten die Teilneh- mer an Fortbildungen, ihre Fortbil- dung selbst bezahlen. Jedermann weiß, daß das häufig nicht so ist, son- dern daß das Sponsoring in der Fort- bildung weit verbreitet ist. Spätestens seit der Kölner Tagung weiß man auch, daß das allenthalben in Europa so ist. Der Kongreß hatte gegen das verbreitete Industrie-Sponsoring grundsätzlich keine Einwände. Abge- lehnt wurde indes jeglicher Finanzie- rungsmodus, „der die sachbezogene, inhaltliche und formale Gestaltung der Fortbildung in wesentlichem Ma- ße beeinträchtigt." NJ
Formaler Nachweis
Aus der Deklaration zur ärztlichen Fortbildung:
„Patienten und eine breitere Öffentlichkeit gehen davon aus, daß Ärzte sich entsprechend fortbilden. Von Kostenträgern und Gesundheitspolitikern wird erwartet, daß die Ärzteschaft sich auch zu einer formalen Verpflichtung zur Fortbildung bekennt. Wenn schon kein verantwortungsbewußter Arzt die ethi- sche Verpflichtung je verneinen wird, so bestehen kaum rationale Gründe, sich einer formalen Verpflichtung zu widersetzen. Immer wieder erlebte Ablehnun- gen sind offensichtlich emotional bedingt.
Die Erfüllung einer formalen Verpflichtung setzt voraus:
• Vorhandensein und Zugang zu einem entsprechenden und angemessenen Angebot, das in den meisten Ländern Europas gegeben ist.
• Den Nachweis der Absolvierung einer quantitativ definierten Fortbil- dung, der in sehr unterschiedlicher Weise geschehen kann, von der bloßen Te- stierung eines Besuches bis zur Überprüfung des Fortbildungserfolges durch Testfragen, Bestätigungsexamina oder Analyse der Praxistätigkeit und anderes mehr.
• Diesen Nachweis muß der Arzt zunächst gegenüber der in seinem Lande zuständigen Instanz im Rahmen der ärztlichen Standesorganisationen erbrin- gen.
• Positive Auswirkungen für die sich Fortbildenden beziehungsweise
• negative Auswirkungen für jene, die sich nicht fortbilden."
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 11, 18. März 1994 (17) A-717