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Archiv "Arzneimittel gegen Husten (Antitussiva)" (09.10.1975)

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Zur Fbrtbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSÄTZE

Husten ist ein wichtiger physiologi- scher Mechanismus, durch den die Atemwege von übermäßig gebilde- ten Sekreten oder auch von Fremd- körpern befreit werden sollen. Hu- sten darf nicht in jedem Falle durch Pharmaka kritiklos beseitigt werden; denn gerade durch ihn kann in den genannten Fällen die Entstehung oder Verschlimmerung von Krankheiten verhindert wer- den.

Es gibt aber Krankheitszustände, bei denen Husten nicht den oben angeführten Zweck erfüllt, weil kein Sekret vorhanden ist. Dieser trockene „Reizhusten" ist nicht nur lästig, sondern er kann auch durch die häufige Erhöhung des Druckes im Brustraum ein bereits vorge- schädigtes kardiovaskuläres Sy- stem weiter beeinträchtigen.

In derartigen Fällen, in denen der Husten nutzlos oder überschießend ist, sind hustenstillende Mittel (An- titussiva) angezeigt. Sie sollen Zahl und Intensität der Hustenstöße ver- mindern.

Husten kann durch Arzneimittel mit verschiedenen Angriffspunkten un- terdrückt werden. Wir unterschei- den deshalb

O Antitussiva mit peripherem An- griff

Antitussiva mit zentralem An- griff

Sekretverflüssigende Mittel.

Antitussiva mit peripherem Angriff Husten wird in den meisten Fällen reflektorisch von verschiedenen Körperstellen aus hervorgerufen.

Die Wege dieser Reflexe laufen über die Äste des Vagus, Trigemi- nus oder Glossopharyngeus. Re- flexogene Zonen befinden sich be- sonders im Bereich des Rachens, des Kehlkopfes, an der Hinterwand der Trachea und an den Teilungs- stellen der größeren Bronchien. So ist es verständlich, daß Applikation von Lokalanästhetika auf die letzt- genannten Bezirke bei einer Bron- choskopie den sonst zu erwarten- den Husten verhindern kann.

Diese Art der Hustenunterdrückung kommt sonst nicht in Betracht, aber es sollte bedacht werden, daß die obengenannten reflexogenen Zonen durch Rauchen erregt wer- den.

Oberste Regel bei Husten: Das Rauchen einstellen.

Unterdrückung des Hustenreflexes durch Schlucken

Atmung und Schlucken sind phy- siologisch so geschaltet, daß wäh- rend des Schluckvorganges nor- malerweise nicht geatmet werden kann. In diesen Mechanismus ist auch der in den Bereich der At- mung gehörende Hustenreflex ein- bezogen. Die Folge:

Schlucken behindert das Hu- sten.

Husten ist ein wichtiger phy- siologischer Mechanismus, der nicht unkritisch in jedem Falle unterdrückt werden darf. Wenn trockener „Reiz- husten" Wohlbefinden und Schlaf des Patienten beein- trächtigt, soll er beseitigt werden. Dies kann durch Pharmaka mit verschiedenem Angriffspunkt geschehen. Es gibt Antitussiva mit periphe- rem Angriff, solche mit zen- tralem Angriff und sekre- tionsverflüssigende Mittel. Zu diesen wiederum werden die Expektorantien und die Mu- kolytika gerechnet. Die Phar- maka der einzelnen Gruppen werden in ihrer Bedeutung einander gegenübergestellt und jeweils die wichtigsten hervorgehoben.

Durch häufige kleine Schlucke wird dieser Effekt verstärkt. Dabei ist es zunächst völlig gleichgültig, was geschluckt wird. Es könnte Wasser sein. Bei. bestehender Bronchitis wirkt das Trinken von kalter Flüssigkeit wiederum hu- stenfördernd. Warme Flüssigkeit steht nicht immer bereit. Deshalb wird das Schlucken auf einfachem Wege durch Gabe von ätherischen Ölen angeregt.

Ätherische öle als Antitussiva

In den üblichen Hustenbonbons, Pastillen und Elixieren sind ätheri- sche Öle, zum Beispiel Eukalyptus- öl, Anisöl, Menthol, enthalten. Da- durch wird die Speichelsekretion beträchtlich angeregt und die Häu- figkeit der Schluckvorgänge ver- mehrt. Auf diese Weise kommt es häufig innerhalb von einer Minute zu einem Sistieren des Hustens.

In der Roten Liste finden sich fol- gende einschlägigen Pastillen oder Tabletten mit Gemischen aus äthe- rischen Ölen: Antussan®, Ipalat®, Risinetten®, Tussipect®. 1>

Arzneimittel gegen Husten (Antitussiva)

Gustav Kuschinsky

Aus dem Pharmakologischen Institut der Universität Mainz

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 41 vom 9. Oktober 1975 2833

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Antitussiva

Ob die ätherischen Öle dabei auch über eine lokal aus der Atemluft ausgelöste vermehrte Bronchial- schleimsekretion zusätzlich wirk- sam sind, ist nicht bekannt.

Ob der früher oft verordnete Lakrit- zensaft, Succus Liquiritiae, hier einzuordnen wäre, ist schwer zu entscheiden.

Inhalationen

Bei hartnäckigem Husten, beson- ders mit zähem Schleim, sind Inha- lationen von Aerosolen mit Wasser unter Zusatz von zum Beispiel Eu- kalyptusöl, ein Tropfen für eine Sit- zung, brauchbar. Statt Wasser wer- den auch Kochsalzlösungen be- sonders in einschlägigen Kuror- ten verwendet. Vorsicht ist bei Pa- tienten geboten, denen Kochsalz- zufuhr schädlich sein könnte. Son- stige Maßnahmen zur Verflüssi- gung des zähen Bronchialschlei- mes werden weiter unten bespro- chen.

Antitussiva

mit zentralem Angriff

Die wirksamsten Antitussiva sind die Opiate (Opioide). Sie greifen direkt am Hustenzentrum im Be- reich der Medulla oblongata an.

Morphin wirkt dabei qualitativ ebenso wie die halbsynthetischen und vollsynthetischen Opioide.

Wenn auch die absoluten Dosen bei diesen Opioiden von denen des Morphins differieren, sollten doch alle stark analgetisch wirkenden Opioide nur in Ausnahmefällen als Hustenmittel eingesetzt werden.

Diese Mittel kommen nur in Be- tracht bei besonderen Situationen der Lungentuberkulose, zum Bei- spiel Hämoptoe, oder bei Lungen- tumoren.

~ Die sehr eingeschränkte Indika- tion zur Hustenstillung gilt also für alle Opiate mit stark analgetischer Wirkung.

Dazu gehören Morphin, Hydroco- don (Dicodid®), Oxycodon (Euko-

dal®) und die vollsynthetischen Mit- tel Pethidin (Dolantin®) und Me- thadon (1-Polamidon®).

Codein

(Methylmorphin)

Die analgetische Wirkung von Co- dein ist im Vergleich zu Morphin verhältnismäßig schwach. Sie be-

ruht wohl teilweise darauf, daß ein Teil des Codeins im Körper durch Demethylierung in Morphin um- gewandelt wird. Die Gefahr der Suchtentstehung ist bei oraler Zu- fuhr praktisch nicht vorhanden. Als Codeinphosphat in Dosen von 0,03 bis 0,05 per os gegeben, ist die hu- stenstillende Wirkung fast immer ausreichend. Codein führt zu Ob- stipation und nach höheren Dosen zu einer Beeinträchtigung der At- mung, manchesmal auch zu Nau- sea. Das mitunter an Stelle von Codein verwendete Dihydrocodein (Paracodin®) wirkt wie Codein.

Narkotin (Noscapin)

Dieses Opiumalkaloid wirkt nicht analgetisch. Es erzeugt weder Ab- hängigkeit noch Sucht. Bemer- kenswert und bisher nicht genü- gend beachtet ist seine gute anti- tussive Wirkung. Die Dosierung liegt etwas höher als bei Codein.

~ Narkotin ist dem Codein als An- titussivum gleichwertig. Es erzeugt weder Obstipation noch Atemhem- mung. Selten führt es zu Nausea.

Eine leichte broncholytische Wir- kung ist bei asthmoiden Zustän- den erwünscht.

Als Präparate mit lang anhaltender Wirkung sind Lyobex® retard in Dragees mit

75

Milligramm oder Capval® Dragees mit 25 Milli- gramm zu empfehlen. Mit wohl schnellerem Wirkungseintritt, aber kürzerer Wirkungsdauer wären Capvai®-Tropfen zu verordnen.

Einzeldosis zum Beispiel 30 bis 40 Tropfen. Capvai®-Sirup sollte nicht verschrieben werden; denn er ent- hält Chloroform.

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41

vom

9.

Oktober

1975 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

~ ln em1gen altmodischen Präpa- raten ist noch das früher oft ver- wendete Chloroform enthalten. Die Gefahr einer Leberschädigung ist nicht auszuschließen. Dasselbe gilt für das ebenfalls überflüssige und potentiell schädliche Bromoform, das bei Kindern auch zu ernsten zentralen Störungen geführt hat.

Ein weiteres gutes Antitussivum mit zentralem Angriff ohne atemde- pressiven Effekt ist Clobutinol (Silo- mat®). Die Dosierung ist zum Bei- spiel dreimal täglich 40 Milli- gramm per os. Bei schweren Hu- stenanfällen, zum Beispiel nach Bronchoskopie, sind 20 Milligramm intramuskulär oder intravenös wirksam.

~ Alle anderen zentral angreifen- den Antitussiva sind überflüssig, zumal es sich manchmal um Place- bos handelt.

Sekretverflüssigende Mittel

Viele Patienten haben beträchtli- che Schwierigkeiten, den in den Atemwegen befindlichen zähen Schleim abzuhusten. Dabei wäre es völlig verkehrt, ein hustenstillen- des Mittel zu geben. Andererseits wird durch eine Verflüssigung des Schleimes erreicht, daß dieser mit Ziliarbewegung, Atmung und Abhu- sten herausbefördert werden kann. Es gibt eine Reihe von Mitteln, mit denen der Bronchialschleim ver- mehrt beziehungsweise verflüssigt werden kann. Dazu gehören zwei Gruppen von Substanzen:

<D

Expektorantien

@ Mukolytika.

Expektorantien

Zu den Expektorantien gehört von alters her eine große Zahl von Sub- stanzen, deren Angriffspunkt in der Magenschleimhaut liegt. Durch eine Reizung dieser Schleimhaut wird reflektorisch die wäßrigE.

Bronchialsekretion erhöht.

(3)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ANTITUSSIVA

Die Gruppe umfaßt verschiedene Salze wie Kochsalz, Natriumbikar- bonat, Ammoniumchlorid, vor allem Jodide. Da die Jodide auf der Bronchialschleimhaut ausgeschie- den werden, spielt hier wohl noch eine zusätzliche lokale Wirkung eine wichtige Rolle.

Auch die mitunter noch verschrie- bene Brechwurzel, Radix Ipecacu- anhae wäre hier zu erwähnen, die in großen Dosen Erbrechen auslöst und in kleinen Dosen als Expekto- rans wirkt. Schon vor langer Zeit ist die Wirksamkeit der hier aufge- führten Expektorantien angezwei- felt worden. Der Grund für diese negativen Ergebnisse war folgen- der:

le• Expektorantien wirken nur bei

„gewässerten" Patienten. Reichli- che Flüssigkeitszufuhr ist notwen- dig.

Es ist durchaus möglich, daß in vielen Fällen die Zufuhr von am be- sten heißer Flüssigkeit allein schon ausreicht. Wegen des Geschmacks ist heißes Wasser dann durch Zu- satz eines „Phytotherapeutikums"

z. B. Brusttee (Species pectorales) anzureichern oder auch durch ge- wöhnlichen Tee zu ersetzen.

Mukolytika

Schleim kann auch bei direktem Kontakt mit einem Aerosol von N- Acetylcystein (10 bis 20 Prozent) verflüssigt werden. Hierbei wer- den wahrscheinlich die großen Schleimstoffmoleküle durch Spal- tung von Disulfidbrücken verklei- nert. Dadurch wird die Viskosität des Bronchialschleimes verringert.

Ein Handelspräparat ist Mukolyti- kum Lappe®.

Gleichfalls schleimlösend nach In- halation wirkt Bromhexin (Bisol- von®); auch nach hohen oralen Gaben von dreimal täglich 16 Mil- ligramm läßt sich eine schleimlö- sende Wirkung feststellen. Auch in diesem Falle sollte der Patient „ge- wässert" sein.

Bronchospasmus

als hustenförderndes Symptom Hier soll nicht über Asthma bron- chiale gesprochen werden. Aber auch sonst kann ein Bronchospas- mus zum Beispiel bei einer Bron- chitis Husten auslösen oder ver- stärken. Deshalb ist es oft zweck- mäßig, eine Broncholyse anzustre- ben.

Das weiter oben als Antitussivum empfohlene Narkotin (Noscapin) wirkt leicht broncholytisch. Stärke- re broncholytische Effekte, aller- dings ohne zentrale hustenstillende Wirkung, hat Ephedrin per os in ei- ner Dosis von 25 bis 50 Milligramm, möglichst morgens eine Stunde vor dem Aufstehen. Die Wirkung hält etwa sieben Stunden an. Mehr als zwei Dosen täglich sind wegen der Gefahr der Abschwächung des Ef- fektes (Tachyphylaxie) nicht zu empfehlen. Bei Tachykardie und lä- stiger zentraler Erregung sind die Dosen zu reduzieren. Ephedrin sollte nicht gegen Abend gegeben werden,

Schlußbetrachtung

Husten läßt sich oft schon durch Anregung häufigen Schluckens oder besser durch Anregung der Speichelsekretion unterdrücken, wenn diese zu häufigem Schlucken führt. Ätherische Öle wie Eukalyp- tusöl sind zum Beispiel in Form von Hustenbonbons dafür oft ge- eignet.

Eine wichtige Möglichkeit ist durch die Therapie mit Mitteln gegeben, die am Hustenzentrum angreifen.

Opioide sind fast immer zu entbeh- ren. Codeinphosphat in Dosen von 30 bis 50 Milligramm per os ist meistens ausreichend. Empfehlens- wert ist die Behandlung mit dem im Gegensatz zu Codein nicht obsti- pierenden und leicht broncholyti- schen Narkotin (Noscapin), das in den Präparaten Lyobex® retard und Capvai © Dragees enthalten ist. Dosierung vom ersten ein Dra- gee mit 75 Milligramm vom zweiten

zwei Dragees mit je 25 Milligramm.

Capval®-Sirup sollte wegen des Chloroformgehaltes nicht verord- net werden.

Narkotin ist als Antitussivum dem Codein gleichwertig.

Expektorantien wirken reflekto- risch vom Magen aus schleimlö- send nur bei „gewässerten" Pa- tienten. Oft reicht die Zufuhr größe- rer Mengen warmer Flüssigkeit al- lein aus. Tee in irgendeiner Form schmeckt besser als reines Was- ser.

Das einzige wohl spezifisch in der Bronchialschleimhaut wirkende Mittel ist Kaliumjodid. Wenn keine Bedenken von seiten der Schild- drüse bestehen, sind Tagesdosen von drei bis fünf Gramm, für einige Tage gegeben, oft gut wirksam in bezug auf Schleimlösung und Hu- stenstillung.

Auch durch Inhalation von Aeroso- len von Wasser, Salzlösungen und Mukolytika läßt sich zäher Bron- chialschleim verflüssigen.

Therapie der Bronchitis

Es ist selbstverständlich, daß eine Bronchitis nicht durch Antitussiva allein behandelt wird. Eine Be- schreibung der Pharmakotherapie dieser und anderer Lungenerkran- kungen war jedoch nicht das The- ma dieser Arbeit.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Gustav Kuschinsky

Pharmakologisches Institut der Universität

65 Mainz

Obere Zahlbacher Straße 67 (Hochhaus)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 41 vom 9. Oktober 1975 2835

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