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Archiv "Karotisstenose: Definitionschaos wurde beseitigt" (29.08.2011)

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A 1794 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 34–35

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29. August 2011

KAROTISSTENOSE

Definitionschaos wurde beseitigt

Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin hat die Kriterien

zur Graduierung von Karotisstenosen revidiert. Zahlreiche Fachgesellschaften schließen sich der Empfehlung für einen gemeinsamen Standard an.

D

er Stenosegrad ist ein Haupt- kriterium für die Entschei- dung über die Behandlungsbedürf- tigkeit von Karotisstenosen. Die Graduierung erfolgt allerdings sehr uneinheitlich. Zwei angiographi- sche Definitionen und zahlreiche sonographische Stenosegraduierun- gen existieren nebeneinander und haben zur Folge, dass an verschie- denen Orten erhobene Befunde oft nicht vergleichbar sind. Hieraus können, wie das BQS-Institut für Qualität und Patientensicherheit mitteilt, Fehler bei der Indikations- stellung zur Intervention bei Karo- tisstenosen resultieren.

Stenosegrad-Definition Hauptproblem ist die unterschied- liche radiologische Stenosegrad- Definition des European Carotid Surgery Trial (ECST) und des North American Symptomatik Carotid Endarterectomy Trial (NASCET):

Nach ECST wird der Stenosegrad in Relation zum ursprünglichen Lumen, nach NASCET in Relation zum distalen Lumen der Arteria carotis interna bestimmt (Grafik).

Für die angiographischen Verfah- ren einschließlich der Magnet - resonanzangiographie wird inzwi- schen na tional und international nahezu ausschließlich der NASCET- Stenosegrad angegeben.

Da sich die bisherigen Krite- rien der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) aber auf die lokale Durchmesser reduktion gemäß ECST bezogen, wurde beispielsweise ei- ne Stenose, die der Ultraschall - untersucher mit 70 Prozent (ent- sprechend ECST) bestimmt hatte, vom Radiologen völlig korrekt mit 50 Prozent (nach NASCET) gradu- iert. Daraus wird ersichtlich, dass eine einheitliche Stenosegrad-De-

finition für alle Methoden erfor- derlich ist.

Die der Sonographie häufig nach- gesagte Subjektivität ist wesentlich auf die Verwendung unterschiedli- cher Stenosekriterien zurückzufüh- ren. Folgende vier Methoden der Stenosegraduierung werden am häu- figsten eingesetzt:

1. DEGUM-Kriterien mit mehre- ren direkten und indirekten hämo-

dynamischen Parametern; diese ha- ben jedoch in ihrer ursprünglichen Fassung von 1986 die Farb-Duplex- Methode noch nicht berücksichtigt.

2. Nordamerikanische Empfeh- lungen, die allein mit einem Schwel- lenwert der systolischen Spitzen - geschwindigkeit mögliche hochgra-

dige Stenosen erfassen; indirekte hämodynamische Befunde werden ignoriert.

3. Graduierung unter Verwen- dung der Kontinuitätsgleichung aus der Strömungslehre: Danach kann die Abnahme des Gefäß - querschnitts in einem Rohrsystem über die an diesem Ort resultieren- de Zunahme der Strömungsge- schwindigkeit bestimmt werden.

Diese Art der Stenosegraduierung wird auch an peripheren Arterien eingesetzt.

4. Die vergleichende Messung der Querschnittsfläche von Restlu- men und ursprünglichem Lumen im Ultraschallbild (Planimetrie). Viele Ultraschallgeräte beinhalten ein Messprogramm für diese Methode.

Dabei ist zu beachten, dass die Gra- duierung durch Minderung des Ge- fäßquerschnitts auf einer anderen Stenosegrad-Definition beruht als die angiographisch bestimmte Durch- messerreduktion und regelmäßig zu höheren Werten bei der Stenosegra- duierung führt.

NASCET als Bezugsgröße Notwendig ist eine einheitliche Stenosegrad-Definition für alle Methoden. International erfolgt die Indikationsstellung zu gefäß - chirurgischen und endovaskulären Interventionen in der Praxis aus- schließlich nach NASCET-Defini - tion und auch die kurz vor dem Abschluss stehende S3-Leitlinie

„Karotisstenose“ verwendet diese Bezugsgröße. Für Ultraschallan- wender bedeutet dies, dass auch sie ihre Befunde künftig in ei- nem Stenosegrad entsprechend der NASCET-Definition angeben soll- ten. In der Umstellungsphase soll- te bei Stenosebefunden immer die Bezugsgröße („nach NASCET“) angegeben sein.

GRAFIK

Verschiedene Stenosegrad-Definitio- nen: Der lokale Stenosegrad (nach ECST) bezieht sich auf das ursprüngliche Lumen, der distale Stenosegrad (nach NASCET) auf das distale Lumen. D: distaler Gefäß- durchmesser, L: lokaler Gefäßdurchmesser, R: residualer Gefäßdurchmesser

Abbildung: Georg Thieme Verlag

M E D I Z I N R E P O R T

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 34–35

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29. August 2011 A 1795 Unabdingbar sind einheitliche,

standardisierte Kriterien, mit denen die Sonographie in der Lage ist, re- produzierbare Befunde zu liefern, unabhängig von Labor und Unter- sucher. Dazu schlägt die DEGUM revidierte Ultraschallkriterien vor, die jetzt in einen NASCET-Steno- segrad transferiert wurden.

NASCET ist hier (wie früher ECST) nur der methodenübergrei- fende Bezugsstandard. Die sono- graphische Graduierung erfolgt nicht durch Diametermessung der Stenose im Ultraschallbild, sondern primär anhand hämodynamischer Kriterien. Nur bei Verwendung ein- heitlicher sonographischer Krite- rien sind Ultraschall-Stenosebefun- de eindeutig und über Untersucher und Labore hinweg vergleichbar und reproduzierbar.

Die Quantifizierung allein an- hand der systolischen Spitzenge- schwindigkeit (Methode 2) hat als wesentliche Fehlerquellen die bio- logische Variabilität und die unter- sucherbedingte Fehlbestimmung:

Beide können ohne Heranziehen weiterer Parameter nicht erkannt und in ihrem Ausmaß beim einzel- nen Patienten nicht abgeschätzt werden. Dies trifft auch für die Stenosegradbestimmung anhand der Kontinuitätsgleichung zu (Metho -

de 3). Vom Ultraschaller falsch er - ho bene Strömungsgeschwindigkei- ten gehen dann ohne die Möglich- keit der Plausibilitätsprüfung in das Ergebnis ein. Plausibilitätsprüfung und konsekutiv unterschiedliche Gewichtung der Einzelkriterien bei der Bestimmung des Stenosierungs- grads sind die entscheidenden Vorteile des multiparametrischen DEGUM-Ansatzes (Tabelle).

Dieser erlaubt zudem die Unter- scheidung verschiedener hämody- namischer Zustände und damit eine Differenzierung im weiten Bereich hochgradiger Stenosen. So wird zum Beispiel mit 90 Prozent ein höchstgradiger Stenosebefund mit poststenotisch sehr ausgeprägt ver- minderter Strömung und verschluss- ähnlichen indirekten Befunden be- schrieben, der sich in seinen hämo- dynamischen Auswirkungen von einer 70- oder 80-Prozent-Stenose erheblich unterscheidet (1). Des- halb erlauben es die DEGUM-Kri- terien auch, die Progredienz einer Stenose innerhalb dieses Stenose - gradbereichs zu erkennen, was ein wichtiges prognostisches Kriterium asymptomatischer Karotisstenosen darstellt.

Der multiparametrische Ansatz macht die Sonographie zu einer hervorragenden Methode der Ste-

nosegraduierung, während Ultra- schall mit nur einem oder zwei Kri- terien (wie in Nordamerika prak - tiziert) ein Screeninginstrument bleibt. Durch konstruktive Zusam- menarbeit zahlreicher Fachgesell- schaften ist es gelungen, mit den DEGUM-Kriterien einen gemein- samen Standard zu definieren, der reproduzierbare Befunde unabhän- gig von Labor und Untersucher

liefert.

Prof. Dr. med. Christian Arning Priv.-Doz. Dr. med. Michael Görtler Prof. Dr. med. Gerhard-Michael von Reutern

Koautoren: Prof. Dr. Dr. med. Bernhard Widder, Dr.

med. Clemens Fahrig, Prof. Dr. med. Christof Klötzsch und Prof. Dr. med. Stefan Delorme (Deut- sche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin);

Dr. med. Hubert Stiegler und Prof. Dr. med. Malte Ludwig (Deutsche Gesellschaft für Angiologie), Dr.

med. Wilhelm Schäberle (Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin), Prof. Dr.

med. Manfred Kaps (Deutsche Gesellschaft für Kli- nische Neurophysiologie), Prof. Dr. med. Martin Grond (Deutsche Gesellschaft für Neurologie), Prof.

Dr. med. Olav Jansen (Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie), Prof. Dr. med. Walter Gross-Fen- gels (Deutsche Röntgengesellschaft), Prof. Dr.

med. Peter A. Ringleb und Prof. Dr. med. Joachim Röther (Deutsche Schlaganfallgesellschaft), Prof.

Dr. med. Andreas Hagendorff (Deutsche Gesell- schaft für Kardiologie).

LITERATUR

Arning C et al.: Ultraschallkriterien zur Gradu- ierung von Stenosen der A. carotis interna.

Revision der DEGUM-Kriterien und Transfer in NASCET-Stenosierungsgrade. Ultraschall in Med 2010; 31: 251–7.

TABELLE

Stenosegraduierung der A. carotis interna

Abkürzungen: ACA: A. cerebri anterior; ACC: A. carotis communis; ACI: A. carotis interna.

Stenosegrad (NASCET-Definition) (in %) Stenosegrad alt (ECST-Definition) (in %) Haupt -

kriterien

Zusatz - kriterien

1. B-Bild 2. Farbdoppler-Bild

3. Systolische Spitzengeschwindigkeit im Stenosemaximum (cm/s) ca.

4. Systolische Spitzengeschwindigkeit poststenotisch (cm/s)

5. Kollateralen und Vorstufen (Periorbitalarterien/ACA)

6. Diastolische Strömungsverlangsamung prästenotisch (ACC)

7. Strömungsstörungen poststenotisch 8. Enddiastolische Strömungsgeschwindigkeit

im Stenosemaximum (cm/s) ca.

9. Konfetti-Zeichen 10. Stenoseindex ACI/ACC

10 45 +++

+

20–40 50–60 + +++

50 70

+ 200

+ bis 100

≥ 2 60 75

+ 250

+ bis 100

(+)

≥ 2 70 80

+ 300

> 50

(+)

(+)

++

über 100

++

≥ 4 80 90

+ 350–400

< 50

++

++

+++

über 100

++

≥ 4 90 95

+ 100–500

< 30

+++

+++

(+)

Verschluss Verschluss

+++

+++

+++

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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