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Die Besteuerung nach dem Aufwand führt zu unterschiedlichen Steuerbelastungen von Schweizerinnen und Ausländer

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M 085/2009 FIN 16. September 2009 GEF C Motion

1603 Marti Anliker, Bern (SP-JUSO)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 16.02.2009

Standesinitiative zur Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand (Pauschalbesteuerung)

Gleichbehandlung von schweizerischen und ausländischen Steuerpflichtigen

Der Regierungsrat des Kantons Bern wird beauftragt, beim Bund eine Standesinitiative einzureichen mit dem Ziel der schweizweiten Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand.

Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung sowie Artikel 79 Absatz 1 b der Kantonsverfassung wird die Bundesversammlung ersucht:

das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer und das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden dahingehend zu ändern, dass die Besteuerung nach dem Aufwand (Pauschalbesteuerung) aufgehoben wird.

Begründung

Die Besteuerung nach dem Aufwand verletzt verschiedene schweizerische Besteuerungsgrundsätze und Grundrechte, nämlich die

• Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit

• Die Gleichmässigkeit der Besteuerung

• Die Rechtsgleichheit

• Das Willkürverbot.

Die Besteuerung nach dem Aufwand führt zu unterschiedlichen Steuerbelastungen von Schweizerinnen und Ausländer. Die Besteuerung ist völlig intransparent und bringt keinen Nutzen für die Volkswirtschaft. Inzwischen zeigt sich auch immer klarer, dass entgegen den gesetzlichen Vorgaben auch reiche erwerbstätige Ausländer (bsp. Victor Vekselberg) davon profitieren.

Die Stimmbevölkerung des Kantons Zürich hat sich bereits für die Aufhebung der Pauschalbesteuerung ausgesprochen. Ebenfalls setzt sich der Kanton St. Gallen mit einer Standesinitiative für die Abschaffung ein. Das sind klare Signale dafür, dass die Bevölkerung diese Ungerechtigkeit nicht länger toleriert.

Es gilt nun, in der ganzen Schweiz für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Die Besteuerung nach dem Aufwand gehört gesamtschweizerisch abgeschafft.

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Antwort des Regierungsrates

Die Motion ersucht den Regierungsrat, beim Bund eine Standesinitiative einzureichen, welche die schweizweite Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand zum Ziel hat.

Die Besteuerung nach dem Aufwand verletze verschiedene schweizerische Besteuerungsgrundsätze und Grundrechte. Die Abschaffung der Pauschalbesteuerung im Kanton Zürich zeige, dass die Bevölkerung die mit der Pauschalbesteuerung verbundene Ungerechtigkeit nicht mehr länger toleriere.

1. Gesetzliche Regelung

Die Besteuerung nach dem Aufwand ist in Artikel 14 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) und in Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14) geregelt. Die Kantone können entsprechende Bestimmungen in ihren Gesetzen vorsehen. Im Kanton Bern sieht die in Artikel 16 des Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG; BSG 661.11) festgeschriebene Bestimmung was folgt vor:

Natürliche Personen, die erstmals oder nach mindestens zehnjähriger Landesabwesenheit in der Schweiz steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt nehmen und hier keine Erwerbstätigkeit ausüben, haben das Recht, bis zum Ende der laufenden Steuerperiode an Stelle der Einkommens- und Vermögenssteuer eine Pauschalsteuer nach dem Aufwand zu entrichten. Sind diese Personen nicht Schweizer Bürgerinnen und Bürger, so steht ihnen das Recht auf Entrichtung der Steuer nach dem Aufwand auch weiterhin zu.

Bei der Besteuerung nach dem Aufwand kommen die ordentlichen Tarife der Einkommens- und Vermögenssteuer zur Anwendung. Als Bemessungsgrundlage werden aber nicht die tatsächlichen Einkünfte und das effektive Vermögen der steuerpflichtigen Person herangezogen, sondern ein Betrag, der sich an den Lebenshaltungskosten der steuerpflichtigen Person und seiner Familie orientiert. Dabei gilt als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung des steuerbaren Einkommens als Minimum immer das Fünffache des jährlichen Mietzinses oder des Eigenmietwertes der Wohnung. Für die Vermögenssteuern wird als Minimum der amtliche Wert (ohne Schuldenabzug) herangezogen.

Die nach dem Aufwand bemessene Steuer muss zudem immer mindestens so hoch sein wie die nach den ordentlichen Tarifen ermittelte Steuer auf allfälligen schweizerischen Einkünften und Vermögen. Berücksichtigt werden dabei:

• in der Schweiz gelegene Liegenschaften und Fahrnis,

• in der Schweiz angelegtes bewegliches Kapitalvermögen,

• in der Schweiz verwertete Urheberrechte, Patente und ähnliche Rechte,

• Ruhegehälter, Renten und Pensionen, die aus schweizerischen Quellen fliessen, und

• Einkünfte, für welche die steuerpflichtige Person aufgrund eines von der Schweiz abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine gänzliche oder teilweise Entlastung von ausländischen Steuern beansprucht.

2. Haltung des Bundesrates

Die bisher auf Bundesebene eingereichten parlamentarischen Vorstösse, welche eine Abschaffung oder Anpassung der Besteuerung nach dem Aufwand verlangten, wurden alle abgelehnt. Zur Zeit hängig ist unter anderem die am 11. Juni 2009 eingereichte parlamentarische Initiative 09.455 „Pauschalbesteuerung. Ermessen einschränken“ von Susanne Leutenegger Oberholzer. Die Besteuerung nach dem Aufwand führt nach Auffassung des Bundesrates bei korrekter Anwendung zu einer angemessenen Festsetzung der Steuer. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass bei den betreffenden

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Personen eine Ermittlung des weltweiten Einkommens und Vermögens mit grossen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist1.

3. Haltung der Finanzdirektorenkonferenz

Die Finanzdirektorenkonferenz (FDK) spricht sich für die Beibehaltung der Aufwandbesteuerung aus2. Sie sei ein volks- und regionalwirtschaftlich nützliches Instrument der Steuerpolitik und Ausdruck der kantonalen Steuerhoheit. Die FDK führt aus:

• Die Aufwandbesteuerung stimmt mit dem internationalen Recht zur Vermeidung der Doppelbesteuerung überein.

• Einkünfte von Aufwandbesteuerten, die im Ausland erzielt werden, werden in der Regel auch dort versteuert (Quellensteuer auf Dividenden, Zinsen, Sportler- und ähnlichen Honoraren).

• Aufwandbesteuerte sind ein erheblicher Wirtschaftsfaktor: sie lösen hohe Investitionen aus, tätigen in der Regel hohe Konsumausgaben und sichern Arbeitsplätze. Dadurch werden indirekt und direkt weitere Einnahmen generiert (z.B. Mehrwertsteuer und Grundstückgewinnsteuern).

• Die Besteuerung nach dem Aufwand ist ein Instrument zur Förderung des Steuerstandortes Schweiz. Auch das Ausland kennt ähnliche und zum Teil weitergehende Regelungen (z.B. Österreich, Grossbritannien, Belgien, Luxemburg, Malta, Zypern, Liechtenstein, Monaco und Andorra).

• Mit der Aufwandbesteuerung können Steuersubjekte und -objekte erfasst werden, die ansonsten in der Schweiz steuerlich nicht belangt würden.

Die FDK hat die Kommission für die Harmonisierung der direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden beauftragt, in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 Vorschläge zur verbesserten Anwendung der Aufwandbesteuerung, zur allfälligen Änderung der Voraussetzungen für die Besteuerung nach Aufwand und für allfällige Übergangsbestimmungen zu unterbreiten.

4. Haltung des Regierungsrates

Die Regierung schliesst sich der Auffassung der FDK grundsätzlich an, ist sich aber auch bewusst, dass in der Bevölkerung Vorbehalte und Unverständnis über dieses Instrument weit verbreitet sind. Der Einkommenssteuer unterliegt nach dem oben Gesagten immer mindestens das Fünffache des Mietzinses oder des Eigenmietwertes oder die allenfalls höheren Werte der erwähnten schweizerischen Einkommensbestandteile. Der Vermögenssteuer unterliegt immer mindestens der amtliche Wert der bernischen Grundstücke oder der allenfalls höhere Wert der erwähnten schweizerischen Vermögensbestandteile.

Im Jahr 2008 haben im Kanton Bern insgesamt rund 200 nach Aufwand besteuerte Personen Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern in der Höhe von insgesamt CHF 20 Millionen geleistet. Das entspricht einem durchschnittlichen Steuerbetrag von CHF 100'000 pro Person. Weil die Aufwandbesteuerten einen erheblichen Wirtschaftsfaktor darstellen, darf davon ausgegangen werden, dass Investition und Konsum zu weiteren Abgaben in der gleichen Grössenordnung führen (Mehrwertsteuer, Grundstückgewinnsteuer, Handänderungssteuer, Steuern Arbeitnehmende, Konsumation, Wohltätigkeiten etc.). Die nach Aufwand besteuerten Personen leisten somit einen vergleichsweise hohen Beitrag an die Steuereinnahmen.

Bei einer Besteuerung im ordentlichen Verfahren wären die in der Schweiz geschuldeten Steuern insgesamt kaum viel höher: Zu beachten ist nämlich, dass gewisse ausländische

1 Faktenblatt EFD zur Besteuerung nach dem Aufwand:

http://www.efd.admin.ch/dokumentation/zahlen/00579/00608/00720/index.html?lang=de

2 Jahresversammlung vom 28./29. Mai 2009 in Delémont:

http://www.fdk-cdf.ch/090529_mm_aufwbest__def_d-3.pdf

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Einkünfte auch bei einer Veranlagung im ordentlichen Verfahren gar nicht besteuert werden dürften (z.B. Erträge aus ausländischen Liegenschaften und Geschäftsbetrieben).

Bei anderen ausländischen Einkünften müsste sich die Schweiz entsprechend dem massgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen die Besteuerungsbefugnis mit dem Ausland teilen (z.B. die an der Quelle besteuerten Dividenden und Zinsen).

Als Folge der Besteuerung nach dem Aufwand sowohl in der Schweiz als auch im Ausland bleibt heute somit in erster Linie das im Ausland angelegte bewegliche Kapitalvermögen unbesteuert. Hierbei ist allerdings festzustellen, dass diese Vermögenswerte bereits vor dem Zuzug in die Schweiz in der Regel so organisiert sind, dass die Vermögenssteuerbelastung minim ist (Trust etc.).

Mit der Aufwandbesteuerung werden zusammengefasst zwei Ziele erreicht:

• Ausländerinnen und Ausländer mit komplexen internationalen, oft nicht kontrollierbaren finanziellen Verhältnissen können in einfacher Form veranlagt werden.

• Mit der Aufwandbesteuerung können Personen steuerlich erfasst werden, welche ohne die administrativen Vereinfachungen wahrscheinlich gar nicht in die Schweiz umziehen würden.

Auf der anderen Seite muss in Rechnung gestellt werden, dass die Ungleichbehandlung zwischen Pauschalbesteuerten und inländischen Steuerpflichtigen mit gleicher oder wesentlich tieferer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit – ungeachtet dessen, dass in anderen Staaten vergleichbare Instrumente im Steuerwettbewerb eingesetzt werden – immer weniger verstanden wird. Der Regierungsrat hat dafür Verständnis. Er ist sich bewusst, dass eine in weiten Kreisen empfundene Steuerungerechtigkeit zu Gunsten einiger Weniger die Steuermoral der breiten Mehrheit unterhöhlen kann. Dies wäre staatspolitisch unerwünscht und finanzpolitisch fatal, da der Grossteil der Steuerlast vom Mittelstand getragen wird. Daraus ergibt sich für die politischen Behörden ein Handlungsbedarf. Eine Überprüfung der Situation drängt sich auch deshalb auf, weil im Kanton Zürich die Pauschalbesteuerung per Volksabstimmung abgeschafft worden ist.

Allerdings kann im Kanton Bern ein allgemeiner Trend zur Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand nicht festgestellt werden. Im Rahmen der Teilrevision des Steuergesetzes, welche vom 19. Dezember 2008 bis 19. März 2009 in der Vernehmlassung war, gab es zwar Stimmen, die sich für eine Abschaffung ausgesprochen haben, aber ebenso viele Stimmen, welche die Beibehaltung klar befürworteten. Die Novembersession 2009 wird zu diesem Punkt Klarheit bringen. Die Vorstösse, die auf Bundesebene eine Abschaffung bzw. Anpassung fordern, sind in den Räten noch nicht behandelt worden.

5. Schlussfolgerungen

Die Methode der Besteuerung nach dem Aufwand wird – wie oben erwähnt – zur Zeit von der FDK überprüft. Dabei sind nebst einer möglichen Abschaffung ebenso die Varianten einer Beibehaltung oder einer Modifizierung der geltenden Regelung in Betracht zu ziehen.

Es ist davon auszugehen, dass bei einer Abschaffung der Besteuerung nach dem Aufwand die Zahl der bis dahin nach Aufwand veranlagten Ausländerinnen und Ausländer abnehmen wird, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Zudem könnten weniger Neuzuzüge zu verzeichnen sein. Welches Ausmass diese Entwicklung annehmen könnte, ist angesichts der vergleichsweise tiefen Steuerbelastung in der Schweiz und der unbekannten internationalen Entwicklung im Steuerbereich völlig offen.

Der Regierungsrat spricht sich deshalb gegen eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung und somit gegen die Einreichung einer Standesinitiative aus. Abzuwarten bleiben die Ergebnisse der Abklärungen der FDK, die Anlass sein können, auch die bernische Regelung der Aufwandbesteuerung anzupassen oder diese abzuschaffen. Der Regierungsrat beantragt deshalb, die vorliegende Motion in diesem Sinne als Postulat anzunehmen.

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Antrag: Annahme als Postulat An den Grossen Rat

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