• Keine Ergebnisse gefunden

Die in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer verstehen das Abstimmungsergebnis nicht

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer verstehen das Abstimmungsergebnis nicht"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

# 219 379

I 300/2004 GEF 5. April 2005 44C

Interpellation

1097 Gagnebin, Tramelan (SP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 24.11.2004

Integrationspolitik

Die Abstimmungen vom 26. September 2004 haben klar zum Ausdruck gebracht, dass ein Teil der Schweizerinnen und Schweizer der ausländischen Bevölkerung mit Misstrauen oder gar Ablehnung begegnet. Dies war ein negatives Signal gegenüber diesen Frauen und Männern, denen wir täglich begegnen und die viel zu unserem Wohlstand beigetragen haben. Die in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer verstehen das Abstimmungsergebnis nicht. Vor allem die Ausländerinnen und Ausländer der zweiten und dritten Generation können dieses Ergebnis nicht nachvollziehen. Sie kennen unser Land und seine Institutionen genauso gut wie die meisten Schweizerinnen und Schweizer und können sich oft mit unserem Land identifizieren, ohne dabei ihre Herkunft zu vergessen.

Abgesehen von den philosophischen Fragen, die mit der Ablehnung der beiden Vorlagen zur erleichterten Einbürgerung aufgeworfen wurden, muss festgestellt werden, dass die Schweiz Gefahr läuft, auf die Mitwirkung und die Kreativität von Personen zu verzichten, die bekanntlich sehr oft über eine höhere Bildung verfügen und sich beispielsweise im Bereich der Unternehmensgründung als äusserst dynamisch erweisen. Dies ist zu bedauern, vor allem in einer Zeit, in der die meisten Gemeinwesen Mühe bekunden, Leute für öffentliche Ämter zu gewinnen.

Die erleichterte oder gar automatische Einbürgerung von in der Schweiz geborenen Ausländerinnen und Ausländern wäre zweifellos eine ausgezeichnete Integrationsmassnahme gewesen. Die Abstimmungskampagnen gewisser Kreise spielten mit Stimmungsmache, Verallgemeinerungen, Übertreibungen und eindeutig fremdenfeindlichen Parolen. Leider könnte dies zur Bildung von Gettos führen, die bekanntlich ein idealer Nährboden für Gewalt sind.

Es scheint im Übrigen, dass die Abstimmungsvorlagen vor allem in den Vororts-, Rand- und Landgemeinden der Deutschschweiz, wo der ausländische Bevölkerungsanteil in der Regel niedriger ist als in den Städten, abgelehnt wurden. Die Massnahmen der Integrationspolitik konzentrieren sich aber vor allem auf die grossen Zentren — anscheinend mit Erfolg. Es wird somit deutlich, dass auch in den anderen Regionen entsprechende Anstrengungen unternommen werden müssen.

Ganz allgemein sollte ein ehrlicher, offener, konstruktiver und verantwortungsbewusster Dialog über die Erwartungen und Werte beider Seiten gefördert werden.

In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie viele Einbürgerungsgesuche von Personen, die alle gesetzlichen Anforderungen erfüllten, wurden in den vergangenen Jahren auf kommunaler Ebene abgelehnt, und zwar

(2)

2

a) von den kommunalen Exekutivbehörden?

b) von den kommunalen Parlamenten?

c) von den Gemeindeversammlungen?

2. Ist der Regierungsrat bereit, zusätzliche Massnahmen zu prüfen, mit denen die Attraktivität sowie der rasche und erleichterte Erhalt des Schweizerbürgerrechts verstärkt werden kann? Wenn ja, welche?

3. Ist der Regierungsrat bereit, in den verschiedenen Regionen des Kantons die Bildung von geeigneten Strukturen anzuregen und zu unterstützen, damit es zu einem echten Dialog zwischen der einheimischen und der ausländischen Bevölkerung kommt, so dass bestehende Probleme offen diskutiert und überwunden werden können?

4. Ist der Regierungsrat dafür, dass die Imame unserer muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Schweiz ausgebildet werden?

5. Wie gedenkt der Regierungsrat ganz allgemein die Integration der im Kanton Bern lebenden ausländischen Bevölkerung zu verbessern?

Antwort des Regierungsrates

Zu Frage 1:

Der Kanton führt keine Statistik über abgewiesene oder sistierte Gesuche um Zusicherung des Gemeindebürgerrechts, weil für die Gemeinden keine Meldepflicht über den Stand der Einbürgerungsverfahren besteht. Der Kanton erhält das Einbürgerungsgesuch zur Weiterbehandlung nur, wenn das Gemeindebürgerrecht durch das zuständige Gemeindeorgan definitiv zugesichert worden ist. Eine Meldepflicht betreffend abgewiesene Gesuche wurde von der parlamentarischen Kommission anlässlich der Beratung des Gesetzes vom 9. September 1996 über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (KBüG) abgelehnt.

Zu Frage 2:

Die Voraussetzungen für die Einbürgerung im Kanton Bern richten sich nach dem Bundesrecht, wobei bezüglich des insgesamt zwölfjährigen Aufenthalts in der Schweiz entsprechend den seit über achtzig Jahren geltenden bernischen Bestimmungen bloss zwei Jahre Wohnsitz in der Einbürgerungsgemeinde nachzuweisen sind. Es trifft aber zu, dass das Verfahren im administrativen Bereich eher schwerfällig und lang erscheint. Der Regierungsrat schlägt deshalb eine Teilrevision der Kantonsverfassung (KV) und des Gesetzes über das Kantons- und Gemeindebürgerrechts (KBüG) vor mit dem Ziel, den Ablauf des Einbürgerungsverfahrens auf der Verwaltungsebene zu vereinfachen, ohne dass dieses an Qualität verliert. Die Vorlage wurde am 12. Januar 2005 dem Grossen Rat weitergeleitet.

Zu Frage 3:

Aufgrund verschiedener politischer Vorstösse und dem Expertinnenbericht „Migrantinnen im Kanton Bern“, der gestützt auf das vom Grossen Rat überwiesene Postulat Gurtner erarbeitet wurde, hat der Regierungsrat auf Vorschlag der Gesundheits- und Fürsorgedirektion im Mai 2003 die 1. Etappe zur Realisierung einer zentralen Fachstelle Integration beschlossen. Die Fachstelle hat im Oktober 2003 die Arbeit aufgenommen. Ihr Auftrag ist es unter anderem, die Koordination in Sachen Integration zwischen den kantonalen Direktionen und den Städten und Gemeinden aufzubauen und sicherzustellen.

Im letzten Jahr fanden zwei kantonale Integrationskonferenzen mit Vertreterinnen und Vertretern vieler Gemeinden und Städte statt. In den ersten beiden Konferenzen ging es vor allem um die Erfassung der konkreten Bedürfnisse und Anliegen in den Gemeinden.

(3)

3

Im Oktober wurde für die weitere Arbeit eine Umfrage zur Situation der Migrantinnen und Migranten in den Gemeinden durchgeführt. In vielen Gemeinden leben nur wenige Ausländerinnen und Ausländer. Hier wird in der Regel auch kein Bedarf für Massnahmen gesehen. Anders ist die Situation in den Städten und Agglomerationen. Hier liegt der Anteil der Ausländerinnen und Ausländer zum Teil deutlich über dem kantonalen Durchschnitt.

Die Städte Bern, Biel und Thun verfügen über professionelle Strukturen. In diesem Jahr sind wiederum zwei kantonale Konferenzen geplant, in welchen die Arbeit an einzelnen Themen aufgenommen wird, wie zum Beispiel die Begrüssung neu in die Gemeinde zuziehende Ausländerinnen und Ausländer, die Einrichtung von interkulturellen Treffpunkten oder die Vernetzung der Angebote für den Spracherwerb unserer Standardsprachen Deutsch und Französisch.

Die vom Interpellanten angeregten Strukturen für den Dialog zwischen einheimischer und zugewanderter Bevölkerung sind also im Aufbau begriffen und finden bei vielen Gemeinden Beachtung.

Zu Frage 4:

Die Frage der Ausbildung der Imame ist ein Thema, das die ganze Schweiz betrifft.

Der Bundesrat hat sich dazu anlässlich einer Anfrage von Nationalrat Mario Fehr (SP) auch bereits geäussert.

In der Antwort hält der Bundesrat fest, dass die Bereitstellung eines Ausbildungs- programmes oder eines universitären Studienganges grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich und die Kompetenz der muselmanischen Gemeinschaften falle. Der Bund subventioniere die Universitätskantone aufgrund des Bundesgesetzes über die Förderung der Universitäten und über die Zusammenarbeit im Hochschulbereich.

Spezialfinanzierungen für einzelne spezielle Studiengänge seien darin nicht vorgesehen.

Der Regierungsrat hat keine Einwände gegen eine Ausbildung der Imame an der Universität Bern, vorausgesetzt, die Bestrebungen sind gesamtschweizerisch koordiniert;

d.h. eine deutschsprachige Universität ist für das Angebot verantwortlich.

Zu Frage 5:

Wie in der Antwort zu Frage 3 ausgeführt, ist in einer 1. Etappe die zentrale Fachstelle Integration eingerichtet worden. Die Schwerpunkte sind neben der bereits dargestellten Koordination zwischen den kantonalen Direktionen und den Gemeinden und Städten, die optimale Positionierung des Kantons Bern beim Förderprogramm der Eidg.

Ausländerkommission. Projekte zur Förderung der Integration der Ausländerinnen und Ausländer werden durch Gelder des Bundes finanziell unterstützt. Weiter ist die Fachstelle beauftragt, die Grundlagen und Ziele einer kantonalen Integrationspolitik zu formulieren.

Die Integration der ausländischen Bevölkerung ist eine Querschnittaufgabe von Bund, Kanton und Gemeinden. Heute ist das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung ANAG die rechtliche Grundlage. Es soll demnächst durch das neue Ausländergesetz abgelöst werden, welches zurzeit in den eidgenössischen Räten in Arbeit ist. Auf der Grundlage dieser Gesetze unterstützt der Bund finanziell die Integrationsleistungen in den Kantonen und Gemeinden.

Der Regierungsrat sieht die Hauptaufgabe des Kantons in der Zielvorgabe für die Aufgaben und Massnahmen im Kanton sowie der Koordination und Abstimmung aller Massnahmen zur Integration der ausländischen Bevölkerung im Kanton. Er sieht aber auch eine wichtige Aufgabe in der Information der Öffentlichkeit über die Situation der Migrantinnen und Migranten im Kanton. Überhaupt ist zu beachten, dass die Integration auf Gegenseitigkeit angelegt ist. Auch die ausländische Bevölkerung muss Schritte auf die Einheimischen machen und die Angebote zur Integration nutzen, wie zum Beispiel die Sprachkurse.

(4)

4

In den Bereichen Bildung und Arbeit obliegt dem Kanton die Federführung. Er plant, organisiert und setzt die Massnahmen um. Bei Massnahmen zur sozialen Integration, wie zum Beispiel die Familienergänzende Betreuung oder die Jugendarbeit, steuert der Kanton das Angebot und teilt sich mit den Gemeinden in die Finanzierung. Der Kanton ist auch zuständig für eine optimale Vernetzung mit den Bundesstellen. Er stimmt die Aufgaben innerhalb der kantonalen Verwaltung aufeinander ab und bietet den Städten und Gemeinden eine Plattform zum Austausch von Informationen und Erfahrungen über Programme und Projekte.

Die wichtigen Schritte zur Integration der Ausländerinnen und Ausländer erfolgen jedoch in den Gemeinden. Die Integration am Wohnort, im Quartier ist entscheidend. Daher planen und realisieren Gemeinden bedarfsgerechte Massnahmen für die ausländische Wohnbevölkerung und tragen insbesondere den Anliegen von Familien, Kindern und Jugendlichen Rechnung. Sie fördern den Spracherwerb, das berufliche Fortkommen, die Gesundheitsvorsorge sowie Massnahmen, welche das gegenseitige Verständnis zwischen Einheimischen und ausländischer Bevölkerung verbessern. Sie orientieren sich dazu an Vorgaben von Bund und Kanton. Die Gemeinden initiieren und unterstützen Programme und Projekte zur Integration der ausländischen Wohnbevölkerung. Sie nutzen die subsidiären Mitfinanzierungsmöglichkeiten im Rahmen des Förderprogramms der Eidg.

Ausländerkommission oder kantonaler Gesetzgebung (z.B. Erwachsenenbildung).

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Während traditionsorientierte Kreise die seit Langem vernachlässigte und daher dringend notwendige moralische Festigung des Kindes als schulischen Hauptbeitrag zur

Vorstellungen von Kindheit und vom Kind sind soziale Konstruktionen und als solche eng mit den Werten und Normen einer Gesellschaft ver- knüpft, so die Prämisse

Hier wird der Konflikt zwi- schen den Fächern Soziologie und Erziehungs- wissenschaft als Ausgangspunkt genommen, um die Grundthesen von Klassikern und zeit- genössischen

Die Bundesrepublik Deutschland hat für Leistungen nach dem SGB II einen Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) erklärt (s. auch auf Angehörige

Die Einführung von Quoten für verschiedene Was- sernutzergruppen in RB-MSPs und die Verabschiedung des Gesetzes über Wasserverschmutzungsgebühren stellen erste Schritte dar, um

3 Um in den Entwicklungsländern ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern, haben die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und das Staats- sekretariat

August 2015 zum Postulat der APK-N 15.3798 "Internationale Klimafinanzierung" hervorgeht, ist die Schweiz bereit, einen fairen Anteil an die von den

Die für das Jahr 2014 vorgesehe- nen Veränderungen in den Gremien weisen darauf hin, dass sich die Situation weiter verbessern und alle bundesnahen Unter- nehmen Frauen in