Vortrag des Regierungsrates an den Grossen Rat betreffend
Äufnung des Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen mit CHF 100 Millionen zulasten der Rechnung 2009
1. Ausgangslage
Mit der Einführung der Schuldenbremse für die Investitionsrechnung im Jahr 2008 wurden in Bezug auf die Finanzierung der Investitionen klare Schranken gesetzt: Die Investitionen müssen mittelfristig zu 100 Prozent aus eigenen Mitteln finanziert werden. Der Mechanismus der Schuldenbremse wirkt nur zukunftsgerichtet und erlaubt kein «Vorsparen» von bedeutenden Investitionen; positive
Rechnungsergebnisse werden der Schuldenbremse nicht angerechnet, sondern verfallen.
In den vergangenen Jahren musste ein erhöhter Investitionsbedarf festgestellt werden, namentlich in den Bereichen Verkehr (u.a. Umfahrung Saanen,
Wankdorfplatz, Tram Bern West, etc.), Hochwasserschutz (u.a. Lyssbachstollen, Gletschersee Grindelwald, etc.) und Energie (Energiebeiträge). Mit einer weiteren erheblichen Erhöhung des Investitionsbedarfs ist in den kommenden Jahren zu rechnen (u.a. Zukunft Bahnhof Bern, Regio Tram Biel, Autobahnzbringer
Oberaargau, Erschliessung Emmental, «Insel Nord», Polizeizentrum, etc.),
Vor diesem Hintergrund hat der Grosse Rat am 2. September 2009 das Gesetz über den Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen (Investitionsfondsgesetz, InvG) verabschiedet. Bereits am 8. Juni 2009 beschloss er, dass ein Teil des
Rechnungsüberschusses 2008 im Umfang von CHF 250 Millionen dem Investitionsspitzenfonds zuzuführen ist.
2. Festlegung erster Projekte zur Finanzierung aus dem Fonds im Rahmen des Massnahmenpaketes zur Verhinderung einer Neuverschuldung im Jahr 2010
Im Rahmen des Massnahmenpaketes zur Verhinderung einer Neuverschuldung im Jahr 2010 legte der Regierungsrat im Voranschlag 2010 und Aufgaben-/Finanzplan 2011-2013 erste Projekte fest, bei welchen er eine Finanzierung mittels Entnahmen aus dem Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen als sinnvoll erachtet. Es handelt sich dabei um die folgenden Projekte:
2101.03.00/09.000180/49321/10000385/Lr 2
in Millionen CHF Voranschlag Budget
2010 2011 2012 2013
Autobahnzubringer / Erschliessung Emmental (Planung)
1 4 3 6
Autobahnzubringer Oberaargau (Planung)
1 1 1 1
Bypass Thun Nord (Planung) 2 2 16 14
Lyssbachstollen 22 1 -7 -9
Überbauung des von Roll Areals Bern 28 53 57 33
Total Entnahmen Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen
53 61 70 46
Finanzplan Plan financier
Gemäss der vorstehenden Tabelle plant der Regierungsrat bis im Jahr 2013
Entnahmen aus dem Investitionsfonds im Umfang von insgesamt CHF 230 Millionen.
Ohne eine weitere Äufnung verbleiben damit CHF 20 Millionen für die Finanzierung von weiteren Projekten aus dem Investitionsfonds.
Über die definitive Verwendung der Fondsmittel sowie deren finanziellen Umfang zu Gunsten der vorstehenden Projekte wird gemäss InvFG Art. 3 der Grosse Rat anhand jedes Einzelprojektes und seiner dazugehörigen Ausgabenbewilligung entscheiden. Der Regierungsrat wird dem Grossen Rat zu gegebener Zeit die entsprechenden Beschlüsse vorlegen.
3. Positives Rechnungsergebnis 2009, aber düstere Perspektiven für die kommenden Jahre
Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise und dem damit verbundenen weiteren
Rückgang des Steuerertragswachstums konnte der Regierungsrat der Öffentlichkeit und den Medien Anfang März 2010 einen positiven Rechnungsabschluss für das Jahr 2009 präsentieren. Der Ertragsüberschuss der Laufenden Rechnung liegt mit CHF 368 Millionen rund CHF 100 Millionen über dem Voranschlag. Der
Finanzierungssaldo beträgt knapp CHF 230 Millionen. Das Gesamtergebnis 2009 fällt damit um rund CHF 170 Millionen besser aus als erwartet.
Der Regierungsrat hat im Februar 2010 gestützt auf aktualisierte Zahlen im Rahmen des Rechnungsabschlusses eine erneute umfassende finanzpolitische Lagebeurteilung vorgenommen. Da die Steuereinnahmen jeweils verzögert auf den Gang der Wirtschaft reagieren, werden die Folgen der Wirtschaftskrise in den kommenden Jahren weitere tiefe Spuren im Kantonshaushalt hinterlassen. Während die Steuerertragsprognosen im abgelaufenen Jahr 2009 noch um CHF 210 Millionen unterschritten wurden, müssen die Steuererträge im laufenden Jahr 2010 gegenüber den Planzahlen seit dem Ausbruch der Krise im Herbst 2008 bereits um gegen CHF 400 Millionen und für 2011 um rund CHF 500 Millionen nach unten korrigiert werden.
Bis ins Jahr 2013 fehlen in der Planung gegen CHF 600 Millionen.
Neben dieser massiven Korrektur der prognostizierten Steuereinnahmen sowie der Mindereinnahmen aufgrund der laufenden Steuergesetzrevision 2011 zeichnen sich für die kommenden Jahre erhebliche Zusatzbelastungen ab, welche durch den Kanton nicht direkt beeinflusst werden können: Die Revision des
Krankenversicherungsgesetzes (KVG) sowie die Neuordnung der Pflegefinanzierung
2101.03.00/09.000180/49321/10000385/Lr 3
führen für den Kanton Bern zu Mehrkosten von rund 300 Mio. Franken. Weitere Kostensteigerungen gegenüber der Rechnung 2009 von rund 140 Millionen werden bei den Sozialversicherungen und im Sozialbereich erwartet.
Aufgrund dieser Perspektiven muss davon ausgegangen werden, dass der
Spielraum für weitere Einlagen in den Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen über mehrere Jahre hinweg nicht mehr gegeben sein wird. Deshalb sieht der Regierungsrat vor, einen Teil des positiven Rechnungsergebnisses für den bereits heute absehbaren weiteren Handlungsbedarf im Investitionsbereich «vorzusparen».
Der Regierungsrat hat vor diesem Hintergrund beschlossen, der Rechnung 2009 unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Grossen Rat eine Äufnung des im letzten Jahr geschaffenen Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen im Umfang von CHF 100 Millionen zu belasten. Diese Äufnung soll dazu beitragen, dass der Kanton das hohe Investitionsvolumen auch in den nächsten schwierigen Jahren wenn möglich beibehalten kann.
4. Fondsäufnung im Umfang von CHF 100 Millionen als Beitrag zur Verstetigung der Investitionen und Reduktion der absehbarenr Neuverschuldung in den kommenden Jahren
In den vergangenen Jahren wurde das Investitionsniveau in der Planung deutlich erhöht. Die in der aktuellen Planung berücksichtigten Nettoinvestitionen von rund CHF 700 Millionen pro Jahr liegen rund CHF 200 Millionen oder 40 Prozent über den Werten der Jahre 2006 bis 2009. Dem erhöhten Investitionsniveau liegen u.a. ein ausgewiesener Nachholbedarf, der Wille zur Vermeidung eines Substanzverlusts bei der Infrastruktur sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung derselben zwecks Erhöhung der Standortattraktivität des Kantons Bern (vgl. mit den genannten Investitionsvorhaben gemäss Ziffer 1) zu Grunde. Der Regierungsrat hat bei
verschiedenen Gelegenheiten zum Ausdruck gebracht, dass er wenn irgend möglich an diesem deutlich erhöhten Investitionsniveau festhalten und damit einen Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur leisten möchte.
Die vom Regierungsrat beantragte Äufnung des Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen trägt zur Erreichung dieser Zielsetzung bei. Die
finanzhaushaltrechtlichen Instrumente – wie namentlich die Schuldenbremse – werden dabei finanzpolitisch sinnvoll angewandt und nicht unterlaufen.
3. Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat, dem beiliegenden Beschlussesentwurf zuzustimmen.
Sollte der Grosse Rat dem vorliegenden Beschluss nicht zustimmen, werden die für die Fondsäufnung reservierten CHF 100 Millionen nicht erfolgswirksam direkt zu Gunsten des Bilanzfehlbetrags der Rechnung 2010 verbucht, d.h. dieser reduziert sich um CHF 100 Millionen.
2101.03.00/09.000180/49321/10000385/Lr 4
Bern, 3. März 2010 Im Namen des Regierungsrates:
Die Präsident: Käser
Der Staatsschreiber: Nuspliger Beschlussesentwurf