1. Pathogenese
Befragt man den „Kollegen" Com- puter Internist-I (4)*), dann lassen sich etwa 230 Krankheiten — mehr als ein Drittel aller gespeicherten Diagnosen — mit dem Symptom Erbrechen in Verbindung bringen.
Die Krankheitsäußerung „Erbre- chen" gewinnt im allgemeinen erst in Verbindung mit anderen, mehr oder weniger organspezifi- schen Begleitsymptomen diagno- stischen Wert. In Darstellung 1 sind solche Symptomenkombina- tionen aufgeführt, die auf gastro- enterologische, endokrinologisch- metabolische, kardiologisch-pul- monologische, gynäkologische, ophthalmologische, otologische und neurologisch-psychiatrische Ursachen hinweisen, und entspre- chende Spezialdiagnostik nahele- gen. Gelegentlich schwierig zu diagnostizieren ist das sogenann- te psychoneurotische Erbrechen:
Daran sollte gedacht werden, wenn selbst bei jahrelanger Ver- laufsbeobachtung Begleitsympto- me fehlen und das Erbrechen ent- weder frühmorgens oder unmittel- bar postprandial auftritt, vom Pa- tienten jederzeit unterdrückt wer- den kann, in der Regel nie in der Öffentlichkeit auftritt, also keinen imperativen Charakter hat.
Als häufigste Ursachen des Erbre- chens sollten differentialdiagno- stisch bedacht werden: Gravidität bei Frauen im gebärfähigen Alter;
ansonsten Krankheiten mit Fieber
und akuten Schmerzzuständen, Intoxikationen durch Medikamen- te (vor allem durch Digitalispräpa- rate, Antirheumatika, Sulfonyl- harnstoffe usw.), Genuß- (Alkohol, Nikotin) und Gewerbegifte (blei- haltige Farben, Lösungsmittel, Pflanzenschutzmittel, z. B. E 605) und Magen-Darmerkrankungen.
Die folgende Darstellung konzen- triert sich auf gastroenterologi- sche Ursachen des Erbrechens.
2. Klassifikation
Aus praktischer Sicht ist es sinn- voll, Zustände von Erbrechen mit einem den Patienten vital gefähr- denden klinischen Gesamtbild ge- genüber solchen abzugrenzen, die nicht lebensbedrohlich sind. Im ersten Fall müssen umgehend Krankenhauseinweisung und not- fallmäßige Diagnostik erfolgen, im letzteren sind viele Ursachen be- reits vorklinisch zu klären.
2.1. Erbrechen mit akutem Vitalrisiko
• Hämatemesis bei massiver oberer Gastrointestinalblu- tung,
Q Erbrechen bei akutem Abdo- men und
• Folgen des Erbrechens.
Am häufigsten finden sich bedroh- liche Elektrolytverluste, insbeson-
Die vieldeutigen Symptome
„Übelkeit" und „Erbrechen"
erlauben meist erst in Verbin- dung mit Begleitsymptomen die gerichtete klinische, labor- chemische und apparative Dif- ferentialdiagnostik. Aus ga- stroenterologischer Sicht ist bei der Kombination „Erbre- chen und Blutung" bzw. „Er- brechen und akutes Abdo- men" die umgehende Einwei- sung in eine Klinik angezeigt.
dere von Natrium, Kalium und Chlorid, eine metabolische Alkalo- se, Dehydratation und prärenales Nierenversagen. Bei bewußtseins- eingeschränkten Patienten ist die Aspiration von Mageninhalt ge- fürchtet (Säureaspirationssyn- drom). Wiederholtes schwallarti- ges Erbrechen führt relativ häufig zu Schleimhauteinrissen am ga- stroösophagealen Übergang (Mal- lory-Weiss-Lazerationen), nur in seltenen Fällen zur Ösophagus-
ruptur (Boerhaave-Syndrom).
2.2. Erbrechen
ohne aktuelles Vitalrisiko
Zustände von Erbrechen, vorwie- gend assoziiert mit
O Zeichen einer gastrointestina- len Wegsamkeitsstörung,
• Abdominalschmerz und
• Diarrhoe.
Naturgemäß können die genann- ten Zustände auch lebensbedroh- lich verlaufen mit der zwingenden Konsequenz notfallmäßiger Dia- gnostik und Therapie.
3. Praktische Diagnostik Das Symptom „Erbrechen" weist im Verbund mit anderen, beglei-
*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.
LEITSYMPTOME
Übelkeit und Erbrechen
Wolfram Domschke
Aus der Medizinischen Klinik mit Poliklinik (Direktor: Professor Dr. med. Ludwig Demling) der Universität Erlangen—Nürnberg
't ren1 gr
Druckerhöhung I e p s Migräne i
Ametropie.
Glaukom
Sehstörungen Augenschmerzen
Kopfschmerz Schwindel Meningismus Stauungspapille
Hypotension Fieber, Sepsis Akute Schmerzzustände,
Radiotherapie
Reisekrankheit
Psychoneurosen Anorexia nervosa — (Gewichtsabnahme)
Schwerhörigkeit Schwindel Nystagmus Ohrensausen
Amenorrhoe
Angina pectoris Thoraxschmerz Dyspnoe Kopfschmerz
Gravidität
Myokardinfarkt 1. Herzinsuffizienz
Lungenembolie Hypertensive Krise Unterschiedliche
zugrundeliegende Krankheiten
Hyperglykämie Azidose Adynamie
Urämie Hamatemesis
Wegsamkeitsstörung Abdominaischmerz
Diarrhöe Symptome
je nach Noxe2
Intoxikationen Medikamente Genuß- und Gewerbegifte
D Aiatztdische Ketoazidose Hyperthyreose Hyperparathyreoidismus Niereninsuffizienz
GI-Trakt- Krankheiten
Übelkeit und Erbrechen
tenden Krankheitszeichen dem Kliniker die Richtung seiner dia- gnostischen Bemühungen. Im fol- genden soll die diagnostische Strategie bei typischen Sympto- menkonstellationen dargelegt wer- den.
3.1. Bluterbrechen
Die Erhebung von Kurzanamnese und Kurzbefund und die Entnah- me von Blutproben für die labor- chemische Analyse sollen ohne Verzug überleiten zum Kernstück notfalldiagnostischer Maßnah- men, der oberen Panendoskopie (2). Läßt sich die Blutungsquelle endoskopisch nicht lokalisieren, hängt das weitere Vorgehen von der Blutungsintensität ab. Bei massiver arterieller Blutung muß der Patient ohne weitere Diagno- stik umgehend operiert werden.
Bei geringerer Blutungsintensität ist — speziell zur Diagnostik patho- logischer Gefäßbefunde — der Ein- satz der Angiographie zu erwägen, ebenso bei endoskopisch nachge- wiesener Hämobilie.
3.2. Erbrechen und akutes Abdomen
Dem akuten Abdomen liegt eine chirurgische oder — seltener — nichtchirurgische Peritonitis zu- grunde. Die chirurgische Peritoni- tis erfordert in der Regel operati- ve, die nichtchirurgische Peritoni- tis konservative Therapie. Als Ur- sachen der chirurgischen Perito- nitis sind präoperativ vor allem zu erwägen: akute Stadien einer Ap- pendizitis bzw. Cholezystitis bzw.
Pankreatitis, mechanischer Ileus, Perforation, Mesenterialinfarkt und toxisches Megakolon. In der postoperativen Phase kommen vornehmlich in Frage: Nahtinsuffi- zienz, infiziertes Hämatom, Ab- szeß, Durchwanderungs- und Per- forationsperitonitiden. Die nicht- chirurgische Peritonitis ist — vor allem bei Zirrhotikern — häufig Fol- ge einer primären Infektion des Aszites und Peritoneums mit z. B.
E. coli bzw. Aerobacter; Gonokok- ken-, tuberkulöse und Amöben- Peritonitiden sind selten. Außer- dem ist an das mögliche Vorlie-
gen einer Kollagenosenperitonitis oder Pseudoperitonitis (bei diabe- tischer Ketoazidose, akuter inter- mittierender Porphyrie, akuter Bleivergiftung, hämolytischer Kri- se) zu denken und entsprechende Diagnostik zu veranlassen.
Als diagnostisches Minimalpro- gramm sind die klinische Untersu- chung einschließlich der Bestim- mung der Kreislaufparameter (Blutdruck, Pulsfrequenz, zentral- venöser Druck) und die Anferti- gung eines EKG anzusehen, au- ßerdem die rektale und axillare Temperaturmessung. Folgende la- borchemische Untersuchungen sollten veranlaßt werden: Hämo- globin, Hämatokrit, Leukozyten, Amylase, Elektrolyte, Kreatinin, Blutzucker, Blutgasanalyse, glo- bale Gerinnungstests, Blutgruppe, Schwartz-Watson-Test und even- tuell mikroskopische Analyse von Aszites- bzw. Peritonealspülflüs- sigkeit. Eine weitergehende Klä- rung der abdominellen Situation ist durch Einsatz bildgebender Verfahren möglich (6).
Darstellung 1: Leitsymptom „Erbrechen" plus Begleitsymptome — mögliche Pathoge- nese. Die schwarzen Pfeile weisen auf häufige Zusammenhänge hin. GI-Trakt = Gastrointestinaltrakt
3.3. Erbrechen und gastro- intestinale Wegsamkeitsstörung Auf Erbrechen infolge einer ga- strointestinalen Wegsamkeitsstö- rung weisen zwei klinische Zei- chen hin, die — wenn vorhanden — pathognomonisch sind. Bei Ma- genstase infolge Gastroparese (diabetisch oder als Vagotomiefol- ge) ist das Plätscherzeichen (Cla- potage) charakteristisch: bei Er- schüttern der Bauchwand wird ein plätscherndes Geräusch hörbar.
Stenoseperistaltik (sicht- und pal- pierbare Peristaltik) ist ein wesent- liches klinisches Zeichen bei me- chanischem Ileus. Bei Magenaus- gangsstenose können Plätscher- zeichen und Stenoseperistaltik gleichzeitig nachweisbar sein.
Bei klinischem Verdacht auf Vor- liegen eines Stenoseerbrechens erlaubt häufig das gezielte Fragen nach dem „Zeitpunkt des Erbre- chens" und dem „Aussehen und Geruch des Erbrochenen" eine
Zeitpunkt des Erbrechens
Erbrechen und Wegsamkeitsstörung
Aussehen und Geruch des Erbrochenen
bei Nahrungs- aufnahme
während bzw.
rasch nach Mahlzeiten
Ösophaguskarzinom Peptische Ösophagusstriktur Achalasie
Ulcus ad pylorum DD
Psychoneurose
unverdaute Nahrung, alkalisch
angedaute Nahrung,
sauer
Intervalle bis etwa 12 Stunden
Intervalle
> 12 Stunden
Postvagotomiestase Magenszirrhus
Stenosierendes Magen-Ca.
A.-mesenterica-sup.- Syndrom
Magenausgangsstenose Diabet. Gastroparese Dünndarmileus
angedaute Nahrung, gallig-faulig
alte Nahrungsreste,
faulig-fäkulent bis etwa 1 Stunde
postprandial
Syndrome der
„zuführenden" und
„abführenden" Schlinge
angedaute Nahrung,
gallig
Darstellung 2: Stenoseerbrechen — klinische Charakteristika bei unterschiedlicher Lokalisation des Passagehindernisses
weitere pathogenetische Abklä- rung. Darstellung 2 gibt auf diese Fragen charakteristische Antwor- ten für Passagehindernisse in den verschiedenen Etagen des oberen Gastrointestinaltraktes. Unter den aufgeführten Stenoseursachen kommt das Arteria-mesenterica- superior-Syndrom am seltensten vor; man versteht darunter die Ste- nosierung der Pars ascendens duodeni durch eine extrem spitz- winklig von der Aorta abgehende A. mesenterica superior.
Beim Stenoseerbrechen stehen röntgenologische Untersuchun- gen meist am Anfang der appara- tiv-diagnostischen Sequenz. Mit ihrer Hilfe lassen sich stenosieren- de Hindernisse lokalisieren und Funktionsabläufe beurteilen. Als Kontrastmittel werden wasserlösli- che Präparationen (z. B. Gastro- grafin) oder verdünnte Bariumsus- pensionen verwendet. Als näch- ster diagnostischer Schritt schließt sich in der Regel die Öso- phago-Gastro-Duodenoskopie an, was durch direkte Inspektion und bioptische Gewebsentnahme die Dignität der die Wegsamkeitsstö- rung verursachenden Läsion klä- ren läßt. Der Befund einer Magen- stase bei Gastroparese kann durch fakultativen Einsatz szinti- graphischer Verfahren (Registrie- rung der Magenentleerung von
99mTc-markierter Festnahrung) er- gänzend gesichert werden. Mano- metrische Untersuchungen sind im Rahmen der Routinediagnostik nicht obligatorisch und dienen vor allem der ergänzenden Diagnose- sicherung funktioneller Ösopha- guserkrankungen.
3.4. Erbrechen
und Abdominalschmerz
Bei der sorgfältigen Anamneseer- hebung ist besonders nach durch- gemachten Operationen zu fra- gen, vor allem Magenresektionen und Cholezystektomien. Leber- und Gallenwegserkrankungen weisen häufig durch das zusätzli- che Symptom „Ikterus" die dia- gnostische Richtung. Erbringt die
epidemiologische Exploration, daß mehrere Personen in der Um- gebung des Patienten mit gleicher Symptomatik erkrankt sind, so werden Ursachen wie Nahrungs-
mittelintoxikationen, infektiöse Gastroenteritiden oder Hepatiti- den wahrscheinlich.
Der Zeitpunkt des Erbrechens er- laubt in gewissem Maße Rück- schlüsse auf zugrundeliegende Ursachen: Erbrechen morgens vor dem Frühstück tritt typischerwei- se häufig auf bei alkoholischer Gastritis, Gallen refluxgastritis, Schwangerschaft und Psychoneu- rosen; bei akuter Gastroenteritis oder Hepatitis setzt Erbrechen meist unmittelbar postprandial ein; nächtliches Erbrechen findet
sich bevorzugt bei Gallenwegser- krankungen.
Differentialdiagnostisch hilfreich ist gelegentlich die klinische Er- fahrung, daß Erbrechen zur Er- leichterung der Beschwerden (Übelkeit, Abdominalschmerz) des Patienten führt bei Gallenrefluxga- stritis, peptischem Ulkus und Ma- genausgangsstenose, nicht aber bei Pankreas- und Gallenerkran- kungen.
Diagnostisches Procedere
Bereits durch den klinischen und laborchemischen diagnostischen Zugang läßt sich die Symptomen- kombination „Erbrechen und Ab-
Entzündungszeichen nicht magenoperiert
Klinik
—Pankreatitis
—Hepatitis
—Pyelonephritis
—Nahrungsmittelintoxikation Labor
i. v. Urographie Sonographie
--I i. v. Cholegraphie
magenoperiert
keine Entzündungszeichen
Endoskopie
evtl. Bestimmung des N üc hte rn-G a 1 le n ref I u x (normal < 120 jumol/Std.) ERC
bzw.
PTC
Darstellung 3: Erbrechen und Abdominalschmerz — diagnostische Sequenz.
ERC = endoskopisch-retrograde Cholangiographie, PTC = perkutane transhepati- sche Cholangiographie
Übelkeit und Erbrechen
dominalschmerz" auf verschiede- ne zugrundeliegende Krankheiten zurückführen (Darstellung 3).
Das weitere Vorgehen wird sich nach dem vorliegenden klinischen Bild richten: Stehen Entzündungs- zeichen (Fieber, Leukozytose, Senkungsbeschleunigung) im Vordergrund, bietet sich als näch- ster diagnostischer Schritt die so- nographische Untersuchung des Abdomens an.
Bei der sonographischen Explora- tion des harn- und gallenableiten- den Systems lassen sich Uro- und Cholelithiasis sowie Gangdilata- tionen infolge eines Abflußhinder- nisses zuverlässig diagnostizie- ren. Ein Gallenblasenhydrops wird im Ultraschallbild in Form einer vergrößerten, flüssig keitsgefü II- ten, im allgemeinen schmerzfreien Gallenblase wiedergegeben.
Finden sich in einer vergrößerten Gallenblase dichte Binnenechos, und läßt sich bei gezielter, auf dem Bildschirm kontrollierter Palpa- tion der Schmerz genau in der Gallenblasenregion lokalisieren, so sind das wichtige Indizien für das Vorliegen einer akuten Chole- zystitis bzw. eines Gallenblasen- empyems.
Als weiterführende diagnostische Maßnahme wird im Bereich des uropoetischen und harnableiten- den Systems die intravenöse Uro- graphie eingesetzt; in der weiteren Diagnostik des Gallenwegssy- stems folgt üblicherweise bei Se- rumbilirubinwerten unter 4 mg%
die lnfusionscholangiographie, bei stärkerem Ikterus wird zur de- finitiven Klärung der Situation so- fort die endoskopisch-retrograde Cholangiographie (ERC) bzw. die perkutane transhepatische Chol- angiographie (PTC) durchgeführt, wobei die ERC bei nachgewiese- ner Choledocholithiasis in geeig- neten Fällen die endoskopische Papillotomie (EPT) mit konsekuti- ver Steinextraktion einschließt.
Die Symptomenkombination „Er- brechen und Abdominalschmerz"
wird bei magenoperierten Patien- ten ohne systemische Entzün- dungszeichen zuerst die obere Panendoskopie veranlassen. Da- mit werden möglicherweise zu- grundeliegende pathologische Veränderungen (z. B. Anastomo- senstenose, ulzeröse und neopla- stische Läsionen) am zuverlässig- sten erfaßt. Häufiger endoskopi- scher Befund bei Patienten nach distaler Magenresektion ist die in Form eines Magenerythems auf- fallende Gastritis, die Folge eines postoperativ ungebremsten ente- rogastralen Refluxes von Gallen- säuren sein soll. Jedenfalls hat sich zeigen lassen, daß galliges Erbrechen und epigastrische Schmerzen fast ausschließlich bei den distal magenresezierten Pa- tienten auftraten, deren Nüchtern- gallenreflux mehr als 120 j,i,rnol Gallensäuren/Stunde betrug (1).
3.5. Erbrechen und Durchfall Treten Erbrechen und Durchfall gemeinsam akut auf, ist in erster Linie an das Vorliegen einer infek- tiösen Gastroenteritis oder einer Nahrungsmittelintoxikation zu denken, zumal wenn auch Perso- nen aus der Umgebung des Pa- tienten unter gleicher Symptoma- tik erkranken. Bei Nahrungsmittel- allergien ist das gleichzeitige Auf- treten gastrointestinaler (Erbre- chen, Durchfall, Bauchkrämpfe), respiratorischer (asthmoide Bron- chitis) und kutaner (Ekzeme, Urti- karia) Symptome typisch. Diese Krankheitsäußerungen treten je- desmal akut auf, wenn der Patient mit der zu inkriminierenden Noxe in Kontakt kommt. Die häufigsten Nahrungsmittelallergene sind Kuhmilch, Eiklar, Fisch, Nüsse, Schokolade, Obst und Gemüse.>
Beim Zollinger-Ellison-Syndrom (gastrinproduzierender Pankreas- tumor) ergeben sich die klinischen Symptome aus der exzessiven Überproduktion an Magensäure:
Erbrechen infolge der großen Ma- gensaftvolumina, wäßrige Diar- rhoen und Steatorrhoe infolge di- rekter Gastrinwirkung auf intesti- nale Absorptionsvorgänge und be- dingt durch irreversible Inaktivie- rung der pankreatischen Lipase im stark sauren Duodenalmilieu, außerdem Abdominalschmerzen und ausgedehnte, meist multipel auftretende Gastroduodenalulzera mit häufig atypischer Lokalisation (distaler Ösophagus, postbulbäres Duodenum und oberes Jejunum).
Differentialdiagnostik
Bei Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis kommen als Erre- ger Bakterien, Viren und Protozoen in Betracht. Fiebertritt üblicherwei- se bei Bakterien- bzw. Virusbefall des Gastrointestinaltrakts auf (Aus- nahme: Untertemperaturen bei Cholera!), während bei protozoen- bedingten Erkrankungen das Sym- ptom „Fieber" in der Regel fehlt (Ausnahme: Amöbenkolitis mit bakterieller Superinfektion bzw.
Abszedierung!). Die Diagnose wird durch Keimnachweis im Stuhl bzw.
geeignete serologische Untersu- chungen gesichert (3).
Akute Nahrungsmittelintoxikatio- nen können infolge Aufnahme von Lebensmitteln und Getränken, die mit pathogenen Bakterien oder deren Toxinen kontaminiert sind, entstehen. Als Verursacher kom- men in erster Linie Staphylokok- kenenterotoxine und Streptokok- ken in Frage, daneben Clostridium perfringens (meist kein Erbre- chen!) und Clostridium botulinum.
Außerdem spielen immer wieder Pilzintoxikationen, speziell durch Amanitaarten, eine Rolle. Bei klini- scher Vermutungsdiagnose ist ge- gebenenfalls der Erreger- bzw. To- xinnachweis in Serum, Stuhl, Er- brochenem und/oder Nahrungsre- sten möglich und eventuell nötig (Botulismus, Amanitinvergiftung).
Der Verdacht auf das Vorliegen ei- ner Nahrungsmittelallergie läßt sich im Reexpositionsversuch und durch Intrakutantestung des inkri- minierten Allergens verstärken. Ei- ne definitive Klärung der klini- schen Symptomatik ist mit Hilfe des Rad io-Al lergo-So rbent-Tests (RAST) möglich; damit lassen sich zuverlässig Antikörper der IgE- Klasse gegen Nahrungsmittel nachweisen.
Die Diagnose „Gastrinom" wird durch folgende Untersuchungen gesichert:
• Nachweis einer gastralen Hy- persekretion (basale Säuresekre- tion über 15 mmol/Stunde),
• radioimmunologischer Nach- weis einer Nüchternhypergastrin- ämie (Normalwerte 20 bis 50 ng/l) trotz Hyperchlorhydrie — beim Zol- linger-Ellison-Syndrom können Werte bis zum 20 000fachen der Norm vorkommen —, und
Q bei grenzwertig oder mäßig- gradig erhöhten Serumgastrin- spiegeln (unter 500 ng/l) und kli- nisch nicht eindeutiger Situation muß zur Sicherung der Diagnose ein Provokationstest durchgeführt werden: Als zuverlässigstes Ver- fahren hat sich dabei die i. v. Injek- tion von zwei Klinischen Einheiten Sekretin/kg Körpergewicht erwie- sen; typischerweise steigt beim Zollinger-Ellison-Syndrom das Serumgastrin in einer paradoxen Reaktion innerhalb der ersten Mi- nuten p. i. deutlich (um mehr als 100 Prozent des Basalwertes) an, während es bei anderen Zustän- den von Hypergastrinämie entwe- der wenig ausgiebig reagiert oder abfällt.
Literatur im Sonderdruck (über den Verfasser)
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. W. Domschke Leitender Oberarzt
Medizinische Universitätsklinik Krankenhausstraße 12
8520 Erlangen
Thrombangiitis obliterans — Eine
Autoimmunerkrankung?
Die Thrombangiitis obliterans oder Morbus Buerger wurde bis- her als eine entzündliche System- erkrankung der mittleren und klei- nen sowie auch der großen Gefäße als Folge einer Reaktion auf ver- schiedene Noxen angesehen.
Bevorzugt sind starke Raucher in der 3. und 4. Dekade betroffen.
Als auslösende Mechanismen wurden insbesondere der Nikotin- abusus, allergische Reaktionen und chronische Infekte diskutiert.
In einer neueren Arbeit haben Adar (1) und Mitarb. 39 Patienten mit Thrombangiitis obliterans aus- gedehnten immunologischen Un- tersuchungen unterzogen.
20 gesunde Gleichaltrige dienten als Kontrollgruppe.
Dabei konnten bei 17 der 39 Pa- tienten mit Thrombangiitis oblite- rans eindeutig Antikörper gegen Collagen vom Typ I und III nachge- wiesen werden, während bei den Patienten der Kontrollgruppe kei- ne derartigen Immunphänomene beobachtet wurden.
Damit böten sich Möglichkeiten an, mit Hilfe immunologischer Tests in Zukunft zwischen einer Thrombangiitis obliterans und ei-
ner obliterierenden Arteriosklero- se unterscheiden zu können.
Möglicherweise könnten ähnliche Immunphänomene auch bei ande- ren Typen von Arteriitiden wie zum Beispiel Takayasu-Syndrom, Lu- pus erythematodes, Riesenzellar- teriitis und Periarteriitis nodosa von ätiologischer Bedeutung sein.
zme
(1) Adar, R.; Papa, Z.; Halpern, M. Z.; Mozes, M.; Shoshan, S.; Sofer, D.; Zinger, H.; Dayan, M.; Mozes, E.: Cellular sensitivity to collagen in the thromboangiitis obliterans, New Engl.
Journal of Med. 308 (1983) 1113-1116 — (2) Spittel, J. A.: Thrombangiitis Obliterans-An Autoimmune Disorder?, New Engl. Journal of Med. 308 (1983) 1157-1158