[88] Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 5|
3. Februar 2012S C H L U S S P U N K T
Lösung:
Nach dem kecken Sprung 1. . . . Se5! mit Ang
riff auf die weiße Dame kann diese sich drehen und wenden wie sie will:
Ma terieller Ve
rlust ist unvermeidlich, weil sie auch die Deckung
ihres Springers e2 im Auge behalten muss. So scheitert 2. Dc3 an 2. . . . Sxe2+
oder 2. Dd2 an
2. . . . Sf3+
mit Damengewinn oder 2. De3 an 2. . . . Sc4,
wonach obendrein noch der Läufer b2 hängt, oder schließlich
2. De4 an 2. . . . d5!, und in allen Va
rianten behält Schwarz
entscheidendes materielles Übergewicht.
Foto: Dagobert Kohlmeyer
SCHACH
Todesküsse am Brett
Dr. med. Helmut Pfleger
maliger Livekommentator voller Schrecken miterle- ben musste.
Nun sind Sie vielleicht für den „Todeskuss“ von Dr.
med. Matias Jolowicz gerüstet.
Als Weißer hatte Dr. med. Wolfhard Trebbin zuletzt Sc3-e2 gezogen. Strategisch wohlbegründet, um den im Zentrum thronenden, schwarzen Springer d4 abzu- tauschen. Doch diese Rechnung hatte er ohne den ob seines Erfindungsreichtums gefürchteten Dr. Jolowicz gemacht. Mit welchem Todeskuss kam dieser als Schwarzer nun überraschend in entscheidenden Vor- teil? (Wenigstens war es kein einzügiges Matt.)
W
enn man beim Ärzteschachturnier, im Gegen- satz zu den fiebrig unter dem unerbittlichen Diktat der Schachuhr brütenden Kollegen, durch die Reihen schlendert und sich an deren schlauen Zügen (ganz selten einmal auch weniger schlauen) erfreut, aber doch alles als Kiebitz aus der Vogelperspektive sine ira et studio betrachten kann, fallen einem natür- lich auch gewisse Paraphernalia auf. Zum einen die atemlose, nur durch das Klicken der Schachuhren unterbrochene Stille, dann aber auch die Vielfalt der Körperhaltungen und -sprachen.Nervös wippende Füße, die gelegentlich zur Unter- stützung des beim Schach so unentbehrlichen Sitz- fleischs sogar auf dem Stuhl landen können, ein dro- hend weit über das Brett gebeugter Oberkörper, der dem Gegner unmissverständlich andeuten soll, dass bald sein letztes Stündlein geschlagen haben wird, aber auch ein schreckhaftes Im-Stuhl-versinken-Wollen, das schier alle Hoffnung schon hat fahren lassen, unruhig kreisende Augenbewegungen, die trotz der Zeitnot die so ominöse „Wahrheit“ der Stellung erfassen wollen, aber auch der scheinbare Gleichmut, der mit noncha- lanten Blicken den Figurentanz auf dem Brett begut- achtet. Bunt wie das Leben gemischt.
Und zuweilen sind vielleicht auch Accessoires nicht ganz zufällig.
Da liegt doch bei Dr. med. Heinrich Fasshauer, des- sen Händedruck auch einem Oliver Kahn alle Ehre machen würde, das Buch „Titan“ neben dem Schach- brett. Dummerweise für seine Gegner spielt er auch (meist) so. Und was sucht das Buch „Todesküsse am Schachbrett“ am Brett von Dr. med. Viktor Heim- buch? Der Titel bezieht sich auf eine Überschrift in der „Süddeutschen Zeitung“, als beim Duell „Mensch gegen Maschine“ 2006 in der Bundeskunsthalle in Bonn der russische Weltmeister Wladimir Kramnik ein einzügiges Matt gegen das Schachcomputerpro- gramm „Fritz“ übersah. Ein unerhörtes, noch nie da- gewesenes Geschehen, welches der Chronist als da-