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Archiv "Der Verdacht erhärtet sich: Politischer Daten - Skandal: EDV-Aktionen der Allgemeinen Ortskrankenkassen weiterhin im Kreuzfeuer der Pressekritik" (30.09.1976)

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Academic year: 2022

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Die Information:

Bericht und Meinung

NACHRICHTEN

Der Verdacht eines großangeleg- ten Vertrauensbruches, eines sy- stematischen Verstoßes gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze des Datenschutzes verdichtet sich, wenn man den Presseberichten folgt, die Mitte September nach der Enthüllung der von bayerischen Allgemeinen Ortskrankenkassen in Verbindung mit dem Bundesge- sundheitsministerium unternomme- nen „Datenverarbeitungs"-Aktio- nen erschienen sind.

Zwar haben Sprecher des bayeri- schen Landesverbandes der Allge- meinen Ortskrankenkassen und der AOK Lindau versucht, in einer Pres- sekonferenz und in Interviews die Vorwürfe gegen sie bzw. ihre Ak- tionen herunterzuspielen, doch sind ihre Darstellungen in der Presse weitgehend auf Unglauben gestoßen. Noch vor der ausstehen- den offiziellen Stellungnahme des für die Aufsicht über die AOKen in Bayern zuständigen Arbeits- und Sozialministeriums, die für Mitt- woch, 22. September, erwartet wur- de, zeichnet sich bis zum Redak- tionsschluß dieser Ausgabe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES das folgende, aus Presseberichten und -kommentaren zusammengestellte Bild ab (eine erste Veröffentlichung ist bereits in unserem Heft 39, Sei- ten 2417/2418, erfolgt).

Der Kolumnist der „Passauer Neu- en Presse", Oskar Hatz, der am 11.

September die eigenartigen „Aktio- nen" in Lindau aufgedeckt hatte (s.

auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 39, Seite 2417 f.), beurteilt in seiner Zeitung vom 18. September die bis dahin bekanntgewordenen Details der AOK-Aktionen wie nachfolgend auszugsweise wieder- gegeben:

„Die Enthüllungen im letzten ,Kulissen- geflüster' über die ohne Wissen der Aufsichtsbehörde (wie das bayerische Sozialministerium ausdrücklich fest- stellte) und ohne Wissen des Vertrags- partners (wie die Kassenärztliche Verei- nigung Bayerns ebenfalls dokumentier- te) gemachten Auswertungen von fast 400 000 Krankenbelegen bei der Allge- meinen Ortskrankenkasse Lindau ha- ben einen Wirbel ausgelöst, an dem auch die Verantwortlichen nicht vorbei- gehen konnten. Das um so weniger, als

‚Bild am Sonntag' dann einen Tag spä- ter ebenfalls aufdeckte, unter welch un- glaublichen Umständen man im Zusam- menspiel mit Bundesbehörden durch die Ortskrankenkassen, angestiftet durch den Landesverband der Orts- krankenkassen Bayerns, in die Intim- sphäre der bei ihr Versicherten ein- dringt...

Daß der bayerische Sozialminister Dr.

Fritz Pirkl, nach Informierung über die Veröffentlichung in unserer Zeitung, die Aktion der Ortskrankenkassen ,ein un- mögliches Vorgehen, das keinesfalls akzeptiert werden kann', bezeichnete und den Verdacht äußerte, daß da ,et- was Ungeheuerliches' im Gange sei, ist der Beweis, daß die aufsichtsführende bayerische Behörde ausgespielt wurde, während das SPD-geführte Bundesge- sundheitsministerium informiert war.

Auch wenn die Verantwortlichen der Ortskrankenkasse dies bei einer Pres- sekonferenz abzuleugnen versuchten, muß darauf hingewiesen werden, daß der zuständige Chef der AOK Lindau der dortigen Heimatzeitung in den er- sten Augusttagen mitteilte, die Auswer- tung der rund 400 000 Verordnungs- und Abrechnungsbelege der Ärzte die- ses Gebietes würden ,nach dem Durch- lauf in der elektronischen Datenverar- beitung ... im Auftrag des Bundesge- sundheitsministeriums an einer Univer- sität ausgewertet'. ..

AOK wälzt Vorwürfe auf Helfer ab Raffiniert ist die Verteidigungstaktik der Ortskrankenkassen. Sie versuchen, die

Skandal-Vorwürfe auf ihre Laienhelfer abzuschieben, die da die Krankenbe- lege auszuwerten haben. Mit einer An- zeige gegen ‚Unbekannt', aber dem gleichzeitigen Verdacht gegen einen Mitarbeiter, der aus Gewissensgründen von sich aus diese Arbeiten aufgekün- digt hat, soll von der Hauptsache abge- lenkt werden...

Die eigene sogenannte ,Projektbe- schreibung' des Landesverbandes der Ortskrankenkassen vom März dieses Jahres — die dem bayerischen Sozial- ministerium ebenfalls nicht bekannt war

— beweist, daß neben der patientenbe- zogenen Speicherung auch persönliche Daten aus der Intimsphäre der Versi- cherten nicht nur über Behandlungs- maßnahmen ,personenbezogen gespei- chert werden', sondern daß sogar ge- plant ist, solche Daten, wie Schulbil- dung, Berufsbildung usw. aus dem Be- reich der Rentenversicherungsträger in diese Datenbank zu überspielen.

Und damit ist man beim Kernstück die- ses Datenskandals, der nicht in der In- formation eines einzelnen — angebli- chen ,Verräters' — zu suchen ist, son- dern in der bewußt hingenommenen Verletzung der Grundsätze des Daten- schutzes. Einen Gesetzesbruch, der nicht nur durch die Möglichkeit der Einsichtnahme von vorübergehend Be- schäftigten, sondern insbesondere in der geplanten Weitergabe dieses ge- speichterten Materials an Dritte zu se- hen ist..."

In der Tat können die aufgezeigten Zusammenhänge als bewiesen gel- ten, wenn man die erst jetzt be- kanntgewordene Veröffentlichung betrachtet, wie sie in der lokalen

„Lindauer Zeitung" bereits am 7.

August aufgrund von Auskünften der AOK Lindau erschienen ist:

„Wichtige Rückschlüsse auf die Wirk- samkeit des Gesundheitswesens im Landkreis Lindau, die auch für die Ge- setzgebung wertvoll sein können, sind aus aufwendigen Modell-Untersuchun- gen zu erwarten, die von der AOK Lin- dau im Einvernehmen mit dem Verband der bayerischen Ortskrankenkassen und mit Unterstützung der Bundesan- stalt für Arbeit angestellt werden. Seit Jahresanfang werden die bei der AOK Lindau 1975 angefallenen rund 400 000 Verordnungs- und Abrechnungsbelege aller Art unter wissenschaftlichen Ge- sichtspunkten für die EDV aufbereitet und gespeichert. Nach dem Durchlauf

Der Verdacht erhärtet sich:

Politischer Daten - Skandal

EDV-Aktionen der Allgemeinen Ortskrankenkassen weiterhin im Kreuzfeuer der Pressekritik

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 30. September 1976

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Die Information:

Bericht und Meinung

Skandalöse AOK-„Datenverarbeitung"

in der elektronischen Datenverarbei- tung soll das Material im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums an ei- ner Universität ausgewertet werden.

Dafür sind etwa 500 000 DM erforder- lich. Die Vorarbeiten in Lindau werden ungefähr drei Millionen DM kosten.

Auf Initiative des Lindauer AOK-Direk- tors Erich Gradek hatten Mitte Januar 20 vom Arbeitsamt zugewiesene ar- beitslose Bürokräfte in gemieteten Räu- men am Langenweg mit der Aufberei- tung des AOK-Papierberges von 1975 begonnen. Im März wurde die Arbeits- gruppe, wieder mit Vermittlung und fi- nanzieller Förderung durch die Arbeits- verwaltung, auf 27 Personen vergrö- ßert. Dazu kommen einige Stamm-Mit- arbeiter der AOK Lindau zur fachlichen Koordination. Alle vorjährigen AOK-Lei- stungen werden detailliert ausgewertet

— bezogen auf die Verordner, die Ver- sicherten, auf Apotheken, Krankenhäu- ser, Kurheime und andere Einrichtun- gen zur Heilbehandlung...

Bis zum Jahresende werden alle Unter- lagen verfügbar sein, die auch die vom Bundesgesundheitsministerium zu be- auftragenden Wissenschaftler brau- chen, um nach ‚Hochrechnungen' auf das Bundesgebiet zu einer aufschluß- reichen Bestandsaufnahme des Ge- sundheitswesens und zu Entwicklungs- prognosen für die Sozialgesetzgebung zu kommen. Darüber hinaus haben namhafte Fachleute aus der Pharmazie und dem Krankenhauswesen für die wissenschaftliche Weiterverwertung der Lindauer Modell-Untersuchungen Inter- esse bekundet..."

Im Gegensatz zur „Lindauer Zei- tung", die lediglich einen Bericht über Verlautbarungen des Lindauer AOK-Direktors veröffentlicht und nicht erfaßt hatte, was dahinter- steckt, kritisierte „Der neue Tag"

in Weiden am 14. September die AOK-Aktionen auf das heftigste und bedauerte, daß auch die AOK Wei- den „Einblick in Intimsphäre geben muß." In dieser Zeitung schreibt Horst Homberg:

„Schuld an dem Skandal ist das Bun- desgesundheitsministerium. Weil man in Bonn die Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen analysieren möchte, gab dar Bund Order, bei den dafür aus- gesuchten acht Kassen die Patienten- karteien auszuwerten und alle Fakten zu erfassen. So werden z. B. seit Mitte Januar bei der AOK Lindau rund 40 000

ärztliche Belege, Verordnungen und Bescheinigungen ,nicht nur', wie ein Münchener Journalist schockiert fest- stellte, mit allen Leistungsdaten der Ärzte und der jeweiligen Diagnosen über die Erkrankung des Patienten, sondern sogar mit dem vollen Namen und Adressen der Kranken erfaßt ,Eine Ungeheuerlichkeit' kommentiert ein bekannter Weidner Arzt die Bun- desmaßnahme, und fährt fort: ,Damit wird die ganze ärztliche Schweige- pflicht ad absurdum geführt'. Denn wenngleich z. B. die Weidner AOK-Leu- te mit gutem Beispiel vorangingen, und ihre vom Arbeitsamt zugewiesenen Hilfskräfte unter Eid nahmen, ändert dies nichts an der Tatsache, daß es an- derswo nicht so gehandhabt wird. Au- ßerdem', argwöhnt hier ein anderer Weidner Mediziner, wie ernst ist eine solche Schweigeverpflichtung bei be-

Der Staatsanwalt ermittelt • Anzeige gegen den AOK-Chef •

Es hagelt Proteste

Überschriften v. „BILD am SONNTAG"

rufsfremdem Personal zu nehmen, das ja nur vorübergehend die ihm zugewie- sene Arbeit erledigen muß, und dann wieder weg vom Fenster ist.' Und der Doktor zieht daraus die Folgerung: ,Ge- nausogut und sicher könnte der Bund seinen Geheimdiensten vorübergehen- de Arbeitslose als Agenten zuweisen und darauf vertrauen, daß dadurch die Staatssicherheit gewahrt bleibt!'

Unsinn mit Millionenaufwand

Was der Bund mit Millionenaufwand in den Patientenkarteien ,enttarnt', ver- dammt aber auch auf andere Weise die beabsichtigte Kostenexplosions- Analyse von vornherein zur Unglaub- würdigkeit. Mit geradezu fahrlässi- ger, wenn nicht gewollter Naivität läßt Bonn die medizinischen Patientenbö- gen durch Laien auswerten. Und das geschieht dergestalt, daß ohne ärztli- ches Beisein oder medizinische Über- prüfung die in den Karteien aufgeführ- ten Krankheiten der jeweiligen Kassen- patienten auf einen Vordruckbogen übertragen und dort die entsprechen-

den Krankheitsrubriken angekreuzt werden. Und da die den acht vom Bund auserwählten Krankenkassen zugewiesenen Hilfskräfte medizinische Laien sind, kommen die kuriosesten Eintragungen zustande...

Doch todernst ist, was hier auf dem Rücken von Hunderttausenden von Pa- tienten ausgetragen wird. Und ebenso todernst ist, wie hier durch die Preisga- be aller Intimdaten nicht nur die ärztli- che Schweigepflicht umgangen wird, sondern auch der durch den Rechts- ausschuß des Bundestags am 25. Mai abgelehnte Plan der Bundesregierung zur Einführung eines Personenkennzei- chens. Was dem Rechtsausschuß un- vereinbar mit den Persönlichkeitsrech- ten der Bürger erschien, wird nun auf andem Wege millionenfach in ' Groß- computern abrufbereit gespeichert.

Zum rechten Skandal aber wird die ganze Sache erst, wenn man weiß, daß die Allgemeinen Ortskrankenkassen ge- gen das Bonner Ansinnen durchaus keinen Protest erhoben. Ganz im Ge- genteil: die Ortskrankenkassen-Daten sollen laut einem PNP-Bericht künftig kassenübergreifend zusammengeführt und damit sämtliche medizinischen Da- ten von über 90 Prozent unserer Bürger auf Knopfdruck zugriffsbereit gespei- chert werden! Womit man der berüch- tigten H. G. Wellsschen 1984er Zu- kunftsvision vom ,großen Bruder', der alles mithört, ein beträchtliches Stück näher käme."

Die jüngste Veröffentlichung stammt aus „BILD am SONNTAG"

vom 19. September:

„Der AOK-Skandal schlägt neue Wellen"

„Aufgrund der BILD am SONNTAG- Enthüllungen läßt jetzt die AOK Lindau, die umstrittene Computer- Auswertung von mehreren hundert- tausend vertraulichen Arztbelegen statt- finden soll, nach der ,undichten Stelle' fahnden, aus der die Geheiminforma- tionen an die Öffentlichkeit gesickert sind. Gleichzeitig erstattete ein ehema- liger Mitarbeiter der Kasse Anzeige ge- gen AOK-Chef Gradek. Er wirft dem Kassenleiter Verleumdung vor, miß- bräuchliche Durchführung einer soge- nannten streng wissenschaftlichen Aus- wertung`, Betrug an verschiedenen Apo- thekern' und unzulässige Weitergabe persönlicher Daten an Dritte. Zusätzlich zu den staatsanwaltschaftlichen Ermitt- lungen hagelte es in dieser Woche Pro- teste:

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Heft 40 vom 30. September 1976 DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

• Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns: ,Die Schweigepflicht, auf wel- che sich die Versicherten der gesetzli- chen Krankenkassen bisher verlassen konnten, wird schlechthin in Frage ge- stellt...'

• Der bayerische FDP-Landtagsabge- ordnete Winfried Wachter will in einer Anfrage klären, ob die bayerische Staatsregierung eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Versicherten sieht, ob sichergestellt ist, daß die um- strittenen Methoden nicht weiter fortge- setzt werden.

• Der Datenschutzbeauftragte des Landes Hessen, Spiros Simitis, sieht in den Vorgängen von Lindau einen Be- weis, daß ein Datenschutzgesetz längst überfällig war'. Persönliche Daten wie ärztliche Befunde sollen erst gar nicht gespeichert werden..."

Was schließlich die Auswertbarkeit der ominösen „Datenverarbeitung"

anbelangt, spricht die Presse ein recht vernichtendes Urteil. Selbst die „Nürnberger Nachrichten", welche die Bundesregierung — die gar nicht in toto beschuldigt wor- den war — heftig in Schutz nimmt, gibt zu:

„Tatsächlich hatte es in Lindau Pannen gegeben. So wurden etwa Stimmband- erkrankungen von Kleinkindern zu Asthma oder Ausschabung der Gebär- mutter zu einer ,Abschabung der Zäh- ne' gezählt. Dazu Gradek: Man habe ständig Stichproben gemacht und im April Mitarbeiter, die sich nicht als ge- eignet erwiesen, ausgeschieden und ihre Arbeit total überprüft."

Dazu bemerkt aber die „Passauer Neue Presse":

„Was hilft eine noch so viele Millionen kostende Speicherung dieser Kranken- unterlagen und ihre Auswertung, wenn die auswertenden Laien aus einer Ge- bärmutter-Ausschabung eine Zahn-Ab- schabung machten und dies derart falsch eintrugen? Ist es auch ‚problem- los', wenn man Patienten schon als ge- storben führte und dann festgestellt werden mußte, daß für diese angeblich Toten im nächsten Quartal wieder

Krankenscheine auftauchten?

Die Häufigkeit dieser Fehlzuordnungen macht allein schon das ganze Material wertlos. Endgültig wertlos aber ist es, wenn — wie die AOK-Chefs bei ihrer Pressekonferenz sogar zugaben — nur

höchstens fünf Diagnosen von einem Krankenbeleg in den Computer gefüt- tert werden dürfen. Konnte einer der Laien-Auswerter unter den ersten fünf Diagnosen eine nicht erkennen, weil der Arzt vielleicht schlecht geschrieben hatte oder der Fachausdruck dem Laien- Auswerter unbekannt war, so durften diese Laien die sechste oder vielleicht die siebte Diagnose nach Belieben zur

ECHO

Zu: „Versichertenausweis — technische Neuerung oder politi- sches Instrument?" in Heft 37/

1976, Seite 2287 ff.

Skepsis gegen

„Versichertenausweis"

„Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesver- einigung haben im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT erneut Bedenken gegen den geplan- ten ,Versichertenausweis' vorgebracht. Dabei haben sie nicht nur auf die Gefahr hin- gewiesen, daß ein solcher Versichertenausweis Mehr- ausgaben mit sich bringen dürfte, sondern auch darauf, daß das politische Ziel die Zentralisierung aller Ver- sicherungsdaten in einer So- zialversicherungsdatei sei, und zwar sowohl medizini- scher Leistungsdaten als auch personenbezogener Diagnosen wie von Daten aus der Rentenversicherung und Arbeitsverwaltung. Es wird die Ansicht vertreten, daß die Frage möglicher Ge- fahren dieser Planungen bis- lang noch nicht offen und ausreichend diskutiert wor- den ist, und darauf hingewie- sen, daß der Rechtsausschuß des Bundestages die Ver- wendung von Numerierungs- systemen, die eine einheitli- che Numerierung der Bevöl- kerung ermöglichen, für un- zulässig hält." (Dienst für Ge- sellschaftspolitik, Köln)

Einspeicherung in den Computer her- anziehen. Die Ausrede, daß laufend Stichproben gemacht worden seien, ist deshalb nichtig, weil diese Stichproben ja ebenfalls wieder von Laien gemacht wurden und dabei nachweislich erneut Fehlzuordnungen vorgenommen sind."

Und Oskar Hatz weiter in der „Pas- sauer Neuen Presse":

„Der Geschäftsführer des Landesver- bandes der Ortskrankenkassen meinte bei der Pressekonferenz immer wieder, alle Vorwürfe könnten als ‚unwahr' ent- kräftet werden. Die Tatsache des Da- tenskandals konnte jedoch bis heute nicht entkräftet werden. Aber trotz der Aufdeckung dieser Mißstände laufen die Auswertungen weiter.

Hans Sitzmann [das ist der Vorsitzende des bayerischen AOK-Verbandes — DÄ] bezichtigt unsere Zeitung auch der

‚Lüge', weil es in der Kolumne vom ver- gangenen Samstag hieß, daß bereits re- nommierte Wissenschaftler abgewun- ken haben, denen die Verwendung die- ser laienhaft zusammengestellten Daten angeboten wurde. Der AOK-Vertreter Sitzmann nannte dabei sogar den Na- men eines Wissenschaftlers als Ver- dächtigen. Wir aber stellen noch einmal fest, daß unserer Redaktion nicht nur ein Wissenschaftler bekannt ist, der mit diesem ebenso datenschutzfeindlichen wie dilettantisch aufgezogenen Projekt nichts zu tun haben wollte. Interessant ist in diesem Zusammenhang im übri- gen, daß einer der uns bekannten Wis- senschaftler das Angebot über eine der SPD, dem DGB und dem Bundes- gesundheitsamt angehörende, bezie- hungsweise verbundene Persönlichkeit erhalten haben soll — und das bereits im Mai dieses Jahres!"

Dem abschließenden Kommentar des Journalisten Oskar Hatz ist nichts hinzuzufügen:

„Die Datenerfassung ohne Wissen des einzelnen Staatsbürgers bringt die Ge- fahr für noch mehr Indiskretionen. ,Wir alle werden da noch unsere Überra- schungen erleben. Sie werden um so häufiger sein, wenn so fahrlässig wie in Lindau gehandelt wird. Der Preis für die dort in einem Modellversuch ange- strebten Erkenntnisse ist jedenfalls zu hoch', — schrieb eine im Lindauer Ge- biet erscheinende Zeitung nach der Aufdeckung des Skandals. Es ist höch- ste Zeit, diese Art einer Datenerfassung sofort abzubrechen!"

DÄ-Dokumentation

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 30. September 1976

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Referenzen

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