• Keine Ergebnisse gefunden

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Ed.). (2009). Langzeitforschung für eine nachhaltige Waldnutzung. Forum für Wissen: Vol. 2009. Forum für Wissen 2009. Birmensdorf, Switzerland: Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Ed.). (2009). Langzeitforschung für eine nachhaltige Waldnutzung. Forum für Wissen: Vol. 2009. Forum für Wissen 2009. Birmensdorf, Switzerland: Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft."

Copied!
129
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Langzeitforschung für eine nachhaltige Waldnutzung

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL CH-8903 Birmensdorf

(2)

Forum für Wissen ist eine Veranstaltung, die von der Eidg . Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL durchgeführt wird. Aktuelle Themen aus den Arbeitsgebieten der F orschungsanstalt werden vorgestellt und diskutiert. Neben Referenten aus der WSL können auswärtige F achleute beigezogen werden.

Gleichzeitig zu jeder Veranstaltung «Forum für Wissen» erscheint eine auf das Thema bezogene Publikation.

Verantwortlich für die Herausgabe Prof. Dr. James Kirchner, Direktor WSL

Wir danken folgenden Personen, welche sich als Reviewer zur Verfügung stellten, für die kritische Durchsicht der Beiträge und die hilfreichen K ommentare: Kurt Bollmann, F elix Gugerli, Ruedi Häsler , Walter K eller, Werner Landolt, Peter Longatti, Andreas Rigling, Josef Senn, Beatrice Senn, Christoph Sperisen,Veronika Stöckli und Otto Wildi.

Managing Editor Ruth Landolt

Herstellung des Tagungsbandes Sandra Gurzeler

Druck

Druckzentrum AG Zitierung

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Hrsg.) 2009: Langzeitforschung für eine nachhaltige Waldnutzung. Forum für Wissen 2009: 129 S.

Bezugsadresse WSL Shop Zürcherstrasse 111 CH-8903 Birmensdorf E-Mail e-shop@wsl.ch http://www.wsl.ch/eshop/

ISSN 1021-2256

© Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Birmensdorf 2009

(3)

Der Begriff Nachhaltigkeit ist aus dem heutigen Sprachgebrauch kaum mehr weg- zudenken. Nur zu oft wird er als moderner Qualitätsstandard gefeiert, ohne die genaue Bedeutung und seinen Ursprung in der F orstwirtschaft zu kennen. Der Begriff wurde 1713 von Hanß Carl von Carlowitz (1645–1714) in seinem Buch

«Sylvicultura Oeconomica» folgendermassen verwendet und geprägt: Wo Scha- den aus unterbliebener Arbeit kommt, da wächst der Menschen Armuth und Dürfftigkeit. Es lässet sich auch der Anbau des Holzes nicht so schleunig wie der Acker-Bau tractiren; «… Wird derhalben die größte K unst, Wissenschaft, Fleiss, und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen,wie eine sothane Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, daß es eine continuirliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe , weiln es eine unentbehrliche Sache ist, ohnewelche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag.»

So vertraut uns der Begriff Nachhaltigkeit heute auch erscheinen mag , so schwierig erweist er sich in der Umsetzung von Massnahmen.Die ökologische, ge- sellschaftliche, technische und wirtschaftliche Entwicklung wird bei steigender Geschwindigkeit zunehmend komplexer . Die Rahmenbedingungen verändern sich stetig und die Unsicherheiten über zukünftige Entwicklungen lassen sich kaum verringern. Dies gilt insbesondere auch für die Bewirtschaftung und Nut- zung unserer Wälder. Ein wesentliches Merkmal der Forstwirtschaft sind die weit- reichenden Entscheidungshorizonte und die grosse zeitliche Distanz zwischen Ur- sache und Wirkung. Heute gefällte Entscheide werden den Wald und seine Wir- kungen über Jahrzehnte prägen. Entsprechend bedeutsam ist die Dokumentation von Veränderungen in Ökosystemen, die Bestimmung ihrer Ursachen und dieAb- schätzung der mit den Veränderungen verbundenen kurz- und langfristigen F ol- gen.

Wenn wir heute die Zukunft nicht nur (unbewusst) passiv , sondern (bewusst) aktiv gestalten wollen, sind wir auf lange Datenreihen angewiesen, denn F ehl- schlüsse aufgrund zu kurzer Zeitfenster dürfen wir uns – auch aus Sicht der Gene- rationenverantwortung – nicht erlauben. Ebenso dürfen wir vorhandene Datens(ch)ätze nicht mehr ungenutzt lassen.

Mit dem diesjährigen F orum für Wissen wollen wir anhand verschiedener Bei- spiele zeigen, weshalb Langzeitforschung in der Ökologie von unschätzbarer Be- deutung ist und eine wichtige Grundlage für die nachhaltige Waldnutzung dar- stellt. Gleichzeitig soll dargelegt werden, welches die Herausforderungen an eine zeitgemässe Langzeitforschung sind.

Birmensdorf, im August 2009 Norbert Kräuchi und James Kirchner

Vorwort

(4)
(5)

Inhalt Seite

Vorwort 3

Kronenverlichtung, Sterberaten und Waldwachstum in Langzeitstudien – 7 Welche Indikatoren beschreiben den Waldzustand am besten?

Matthias Dobbertin, Christian Hug und Peter Waldner

L’eau des sols forestiers: un milieu sensible aux changements 21 Elisabeth Graf Pannatier, Matthias Dobbertin, Maria Schmitt,

Anne Thimonier, Peter Waldner

Le futur des marais suisses: quelle place pour la forêt? 31 Elizabeth Feldmeyer-Christe, Ulrich Graf, Meinrad Küchler, Klaus Ecker, Helen Küchler et Angéline Bedolla

Flechten im Wald: Vielfalt, Monitoring und Erhaltung 39 Christoph Scheidegger und Silvia Stofer

Mykorrhizapilze auf dem Rückzug – was bedeutet das für den Wald? 51 Simon Egli

Indikatoren und Ergebnisse zur nachhaltigen Waldnutzung 59 im Landesforstinventar LFI

Urs-Beat Brändli und Philippe Duc

Was lehrt uns die Ertragskunde hinsichtlich nachhaltiger Ressourcennutzung 67 im Wald?

Andreas Zingg

Ertragskundliche Dauerversuche – Fragen, Wege, Antworten 77 Markus Neumann

Langfristige Waldgrenzen-Forschung am Stillberg – vor lauter Bäumen 87 den Wald noch sehen

Peter Bebi, Frank Hagedorn, Melissa Martin, Christian Rixen, Josef Senn und Ueli Wasem

Ausgewählte Ergebnisse aus fünfzig Jahren Forschung in Schweizer 93 Naturwaldreservaten

Harald Bugmann und Peter Brang

Können genetische Grundlagen zur nachhaltigen Waldnutzung beitragen? 103 Felix Gugerli

25 Jahre Walddauerbeobachtung in der Schweiz 111

Sabine Braun, Christian Schindler und Walter Flückiger

Stickstoffeintrag und Ozonbelastung im Schweizer Wald aus der Sicht 113 der Langfristigen Waldökosystem-Forschung

Peter Waldner, Maria Schmitt, Marcus Schaub, Elisabeth Graf Pannatier und Anne Thimonier

Plädoyer für Langzeitforschung 125

Norbert Kräuchi

Langzeitforschung für

eine nachhaltige Waldnutzung

(6)
(7)

Kronenverlichtung, Sterberaten und Waldwachstum in Langzeitstudien – Welche Indikatoren beschreiben den Waldzustand am besten?

Matthias Dobbertin, Christian Hug und Peter Waldner

WSL Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, Zürcherstrasse 111, CH-8903 Birmensdorf matthias.dobbertin@wsl.ch, christian.hug@wsl.ch, peter.waldner@wsl.ch

ob diese Schäden durch Luftschadstof- fe verursacht wurden. In vielen Län- dern Europas wurden deshalb Mitte der 1980er J ahre jährliche Inventuren zum Waldzustand, zumeist auf syste- matisch angelegten kleinen Stichpro- benflächen, eingeführt. Doch schon zu Beginn der 1990er Jahre wuchs die Er- kenntnis, dass zur Klärung möglicher durch Luftverschmutzung im Wald ab- laufender Prozesse , intensive F or- schung auf langfristig angelegten F or- schungsflächen nötig ist (DOBBERTINet al. 2009).

2 Daten und Methodik

2.1 Die Untersuchungsflächen Die Sanasilva-Inventur

Anders als in vielen europäischen Län- dern wurde die Sanasilva-Inventur von Beginn an auf den Flächen des Landes- forstinventars (LFI, BRÄNDLIund DUC

in diesem Band) durchgeführt. Zu Be- ginn der systematischen Sanasilva-In- ventur im Jahr 1985 wurde ein 4×4 km Unternetz des 1 × 1 km Rasters des

LFIs ausgewählt. In den J ahren 1993, 1994 und 1997 wurde die Sanasilva-In- ventur dann auf einem reduzierten 8 × 8 km Netz durchgeführt (Abb. 1), 1995, 1996 und seit 1998 wird nur noch das für das ICP F orests Programm vorge- schriebene 16×16 km Netz aufgenom- men. Anders als in den EU-Ländern werden alle Bäume , unabhängig ihrer sozialen Stellung im Bestand, ab einem Mindestdurchmesser in Brusthöhe (BHD) erhoben (in einem 200 Aren grossen inneren Probekreis ab 12 cm BHD, im einem 500 Aren grossen äusseren Probekreis ab 36 cm). Nur vom LFI als Wald definierte Flächen mit mindestens einem lebenden Baum werden aufgenommen. Nach jedem LFI (bisher alle 10 Jahre) wird die An- zahl Flächen der Sanasilva-Inventur angepasst, um neue Waldflächen zu er- fassen. Einwüchse , das heisst Bäume , welche neu den Mindestdurchmesser erreicht haben, werden jährlich aufge- nommen. Dadurch ist gewährleistet, dass die Sanasilva-Inventur immer re- präsentativ für den Schweizer Wald ist.

Die LWF-Flächen

Ab 1994 wurden in der Schweiz die LWF-Flächen, vergleichbar den Level II Flächen des ICP Forests (Internatio- nal Co-operative Programme on As- sessment and Monitoring of Air Pollu- tion Effects on F orests) eingerichtet.

Sie sollten alle Regionen der Schweiz und die verschiedenen Höhenstufen abdecken. Zudem sollten die typischen Waldgesellschaften, aber auch sensitive Standorte, enthalten sein. Heute sind 18 LWF-Flächen eingerichtet (Abb. 1).

Die Flächen sollten bei 2 ha Grösse möglichst homogen bezüglich des Standorts (Bodentyp und Vegetations- zusammensetzung) und der Bestandes- struktur sein (WALTHERTet al. 2003). In einigen Fällen musste , da die obigen Kriterien nicht erfüllt werden konnten, 1 Einleitung

Ende der 1970er Jahre starben im süd- deutschen Raum und den angrenzen- den Regionen verbreitet Tannen ab . Meldungen von zusammenbrechenden Wäldern, zumeist F ichten, aus dem schwer durch Luftverschmutzung bela- steten Grenzgebiete der damaligen DDR und der Tschechoslowakei, er- reichten vermehrt die westliche Öf- fentlichkeit. Gleichzeitig wurden ver- sauernde Seen in Skandinavien beob- achtet und das Phänomen «Saurer Regen» beschrieben, das vor allem durch im Regenwasser gelöstes Schwe- feldioxid (SO2) und durch Stickstoff- oxide (NOx) verursacht wurde. Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse einer langfristigen Untersuchung im Solling in Norddeutschland wurden von der Forschergruppe um Prof . Ulrich (U L-

RICHet al. 1980) das erste Mal versau- ernde Einträge in den Waldboden als weitere Ursache von Waldschäden in Erwägung gezogen. In der Schweiz be- obachteten F orstleute an verschiede- nen Orten Schäden an Waldbäumen und es stellte sich ebenfalls die F rage,

Anfang der 1980er Jahre wurde, ausgelöst durch hohe Schadstoffeinträge und flä- chiges Absterben von Fichtenwäldern in Osteuropa und Tannensterben in Mittel- gebirgslagen, Alarm geschlagen. Daraufhin wurde in Europa und Nordamerika eine der grössten Forschungsinitiativen ins Leben gerufen. Neben der Einführung von jährlichen Waldzustandsinventuren wurden viele Langzeitforschungsflächen installiert, wie jene der Langfristigen Waldökosystem-Forschung (LWF).

Die Erfassung des Waldzustands erwies sich jedoch als problematisch, da meist keine Informationen, geschweige denn Zeitreihen zu Sterberaten und zum Zu- stand der Bäume vorlagen. Auch zum Zuwachs der Wälder gab es keine flächen- deckenden Daten. Deshalb wurde der vermeintliche Verlust der Nadel-/Blattmas- se der Bäume im Wald erhoben, und wurden Bäume mit hohem Verlust als ge- schädigt klassifiziert. Schon bald aber kamen Zweifel an der Brauchbarkeit dieses Indikators auf.

Heute, 25 Jahre später, stellt sich die Frage, ob sich der Zustand des Waldes über- haupt einfach beschreiben lässt? Welche Indikatoren haben sich als geeignet er- wiesen? Und welche Art der Langzeitforschung zum Waldzustand braucht es in der Zukunft?

(8)

die Mindestgrösse reduziert werden (siehe Tab. 1). Die meisten ausgewähl- ten Flächen werden regulär bewirt- schaftet, einige wenige befinden sich in Naturwaldreservaten oder im Schwei- zer Nationalpark. Die meisten Bestän- de sind Altholzbestände, gut die Hälfte davon Mischwälder mit 2 bis 4 domi- nanten Baumarten (T ab. 1). Innerhalb der 2 ha Fläche wurden in der Regel 2 Subflächen von 0,25 ha Grösse ausge- schieden (Abb . 2). Während auf der Gesamtfläche alle Bäume ab 12 cm BHD nummeriert und geo-referenziert wurden, geschah dies auf der Subfläche für alle Bäume ab 5 cm BHD.Auf einer Teilfläche wurden Erhebungen von hoher zeitlicher Auflösung (z. B. die zweiwöchentlichen Probeentnahmen des Bestandesniederschlags oder die vierwöchig erfolgenden Streusammler- leerungen) durchgeführt, die andere Teilfläche sollte als von den Untersu- chungen ungestörte Referenzfläche dienen.

2.2 Indikatoren des Waldzustands Im Folgenden werden kurz die drei am häufigsten verwendeten Indikatoren zur Beschreibung der Vitalität des Ein- zelbaums und des Waldzustandes auf- gelistet und erklärt. Das sind die Kro- nenverlichtung, das Wachstum des Ein- zelbaums und des Bestandes und die jährlichen Sterberaten des Bestandes . Auf andere Indikatoren des Waldzu- stands wird in weiteren Beiträgen dieses F orums eingegangen, wie zum Beispiel die Nährstoffversorgung, Stick- stoffsättigungseffekte und Ozonschä- den der Bäume (SCHMITTet al. in die- sem Band), der chemische und physi- sche Bodenzustand (GRAFPANNATIER

et al. in diesem Band) und dasVorkom- men sensitiver Arten (SCHEIDEGGER

und STOFERin diesem Band). Ausführ- liche Beschreibungen der Erhebungen zum Bodenzustand, der Bodenlösung , dem Bestandesniederschlag , Streufall und Nadel-/Blattbeprobungen können dort nachgelesen werden.

Tabelle 2 skizziert die baumbezoge- nen Aufnahmen auf den Sanasilva- und LWF-Flächen.

Die Kronenverlichtung und ihre Ur- sachen werden jährlich im Sommer zu- sammen mit anderen Variablen im Rahmen der Kronenansprachen erho- benen. Sie wird auf den L WF-Flächen an allen Bäumen mit Brusthöhen- durchmesser (BHD) von mindestens 12 cm (jährlich auf den Subflächen,alle 10 bis 15 J ahre auf der gesamten Flä- che) und an allen erfassten Bäumen der Sanansilva-Inventur durchgeführt (Tab. 2). Dabei wird auch erfasst, ob ein Baum lebt oder tot ist, steht, liegt oder genutzt wurde . Messungen des BHDs werden auf den Sanasilva-Flä- chen jährlich während der Kronenan- sprache durchgeführt. Der Stammum- fang, die Baumhöhen und die Kronen- ansatzhöhen werden auf den L WF- Flächen alle 5 J ahre im Winter gemes- sen. Dabei werden auch die Nutzung und das Absterben notiert und zusätz- lich neu in die unterste Durchmesser- Abb. 1. Sanasilva-Netz und LWF-Flächen der Schweiz.

(9)

Tab.1.BeschreibungderLWF-FlächenmitAngabevonVolumen,Volumenzuwachs,SterberatenundNutzungbis2005undGesamtverlichtungvon1997und2007alsMittelwertundAnteilBäume mitmehrals25%VerlichtungundzumVergleichdieErgebnissederSanasilva-Inventur. *Ar=Arve,BAh=Bergahorn,BFö=Bergföhre,Bu=Buche,Es=Esche,Fi=Fichte,Fö=Föhre,Ha=Hagebuche,Lä=Lärche,Mb=Mehlbeere,StEi=Stieleiche,Ta=Weisstanne,TrEi=Trau- beneiche,ZEi=Zerreiche. **unbew.=unbewirtschaftet. LWF-FlächenHöheHaupt-Bewirtschaftung**AlterimGrösseVorratZuwachsSterberateNutzungGesamt-Gesamt-AnteilAnteil ü.MeerBaumarten*Jahr2008(ha)20051996–20051996–20051996–2005verlichtungverlichtungBäumeBäume (m3ha–1)(m3ha–1J–1)(%J–1)(%J–1)19972007>25%>25% 19972007 Alptal1150Fi,TaPlenterwaldungleich0,61938,50,21,11519,618,717,8 Beatenberg1500FiHochwald190–21023513,10,41,335,134,250,741,1 Bettlachstock1150Bu,Fi,TaHochwald,unbew.>1701,34005,70,20,02922,639,428,8 Celerina1850Ar.LäHochwald>200236440,00,121,317,814,65,3 Chironico1350Fi,TaHochwald140–18026179,10,20,127,532,721,052,0 Davos1650FiHochwald>22015086,30,10,133,863,0 Isone1200Buehem.Niederwald40–9022494,80,30,118,519,750,815,0 Jussy500StEi,Haehem.Mittelwald60–10023266,70,50,332,523,512,58,5 Lantsch1475Fö,FiHochwald,offen>250217720,00,138,571,0 Lausanne800Bu,TaHochwald50–170266310,60,20,121,73223,037,4 Lens1050Hochwald140–17022183,30,40,525,728,126,128,3 Nationalpark1890BFöHochwald,unbew.180–21021731,71,40,470,254,997,586,5 Neunkirch580BuHochwald,unbew.80–18024334,20,11,120,122,79,615,5 Novaggio950ZEiHochwald40–701,51664,70,20,02433,622,447,9 Othmarsingen480BuHochwald110–150155080,02,415,514,56,65,2 Schänis750Bu,Es,BAh,TaHochwald120–15028208,40,10,4177,7 Visp700Fö,MbHochwald,offen40–8022316,01,927,334,234,830,2 Vordemwald480Ta,Fi,TrEiHochwald100–200276318,40,30,121,230,218,336,1 Sanasilva330–2210alleBaumartenverschiedenverschieden0,050,41,523,728,926,930,7

(10)

Tab. 2. Baumbezogene Indikatoren auf dem Sanasilva-Netz und den LWF-Flächen, Aufnahmebeginn und Aufnahmeinterval.

* die Netzdichte der Sanasilva-Inventur hängt vom Aufnahmejahr ab: 1985–1992 erfolgte die Inventur auf dem 4×4 km Netz, 1993, 1994 und 1997 auf dem 8×8 km Netz und in allen anderen Jahren auf dem 16×16 km Netz.

Indikator Variablen Sanasilva* LWF

Beginn Interval Beginn Gesamtfläche Subflächen

Krone Verlichtung unbekannter Ursache 1985 jährlich 1995 alle 10–15 Jahre jährlich

Gesamtverlichtung 1990 jährlich 1995 alle 10–15 Jahre jährlich

Ursachen 1990 jährlich 1995 alle 10–15 Jahre jährlich

Baumstatus Lebend/tot 1985 jährlich 1995 alle 5 Jahre jährlich

Liegend/stehend 1985 jährlich 1995 alle 5 Jahre jährlich

Nutzung 1985 jährlich 1995 alle 5 Jahre jährlich

Einwuchs 1985 jährlich 1995 alle 5 Jahre alle 5 Jahre

Zuwachs Brusthöhendurchmesser 1985 jährlich

Stammumfang (periodisch) 1995 alle 5 Jahre alle 5 Jahre

Baumhöhe 1997 einmalig 1995 alle 5–10 Jahre alle 5 Jahre

Höhe Kronenansatz 1997 einmalig 1995 alle 5–10 Jahre alle 5 Jahre

Stammumfang (Messbänder) 2002 jährlich an 10–30

Bäumen Abb. 2. Schema einer typischen LWF-Fläche.

klasse einwachsende Bäume numme- riert und geo-referenziert. Zur Bestim- mung des jährlichen Zuwachses wur- den an 10 bis 30 Bäumen der Haupt- baumarten jeder Fläche permanente

Umfangmessbänder montiert. Die Bäume wurden innerhalb festgelegter Durchmesserklassen zufällig ausge- wählt. Die Ablesung erfolgt einmal jährlich im Oktober.

Die Kronenverlichtung

Um die langfristige Entwicklung des Waldzustands erfassen und objektiv beurteilen zu können, musste ein ein- fach zu erhebender Indikator ausge-

(11)

wählt werden. Da ein Baum, bevor er abstirbt, seine Nadeln oder Blätter verliert, entschied man sich für die Erfassung des «Nadel-/Blattverlustes»

(später Kronenverlichtung genannt), angegeben in Prozent einer «voll bel- aubten» Baumkrone. Zur Standardisie- rung wurden in der Schweiz für jede Baumart Bilder von Baumkronen mit verschiedenen Kronenverlichtung an- gelegt und als Referenz verwendet (MÜLLERund STIERLIN 1990, Abb. 3).

Gleichzeitig wurde mit Hilfe von stan- dardisierten Photoreihen und Trai- ningskursen versucht, die Schätzung der Equipen Jahr für Jahr auf dem glei- chen Niveau zu halten. Dabei wird so- wohl neben der gesamten Kronenver- lichtung (im weiteren kurz Gesamtver- lichtung genannt) auch der Anteil der Verlichtung erfasst, der nicht durch be- kannte Ursachen wie zum Beispiel In- sektenfrass oder F rostschaden erklärt werden kann (im weiteren unerklärte Kronenverlichtung genannt), und zwar jeweils in Stufen von 5 %. Ergebnisse wurden meist als Anteil der Bäume mit mehr als 25 % Kronenverlichtung dar- gestellt, da angenommen wurde , dass solche Bäume geschädigt sind. Obwohl heute diese Bäume nicht mehr auto- matisch als geschädigt gelten, wurde diese Statistik zum Vergleich der lang- fristigen Reihen beibehalten. Bis zum Jahr 1995 wurden jedes J ahr Bäume auf Photoparcours photographiert und im Feld geschätzt. Dadurch konnte die Konsistenz der F eldansprachen gete- stet werden. Eine Vergleich mittels An- sprache zufällig angeordneter Photos von F ichten des Parcours und der se- mi-automatischen Software CR OCO ergab keinen signifikanten Trend der Feldansprachen, wohl aber Abwei- chungen bei F otos schlechter Qualität und in einzelnen J ahren (DOBBERTIN

et al. 2004, 2005a).

Vorteile des Merkmals Kronenverlich- tung: Die Ansprache der Kronenver- lichtung ist verhältnismässig schnell im Feld durchzuführen. Sie kann zerstö- rungsfrei durchgeführt werden. Sie ist verhältnismässig kostengünstig . Die Variable «Kronenverlichtung» erlaubt verschiedenste Baumarten miteinan- der zu vergleichen, da sie relativ ist, das heisst Bäume werden mit Referenz- bäumen der gleichen Art verglichen.

Sie ist eine integrierende Variable,

das heisst sie betrachtet den gesamten Baum.

Nachteile des Merkmals Kronenverlich- tung: Die Kronenverlichtung ist nicht direkt messbar und muss stattdessen von gut ausgebildeten F eldexperten durchgeführt werden. Ein halb-aut o- matisches Programm digital erfasste r Baumkronen (CR OCO) erlaubt zwar eine objektive Ermittlung der Kronen- verlichtung, jedoch ist die Methode bisher noch nicht im Wald einsetzbar (MIZOUEund DOBBERTIN 2003). Trotz Photovergleich mit Referenzbildern besteht die Gefahr von systematischen oder zufälligen Beobachterabweichun- gen, welche intensives Training und Standardisierungsübungen erfordern.

Zudem ist die Kronenverlichtung nicht Ursachen spezifisch, das heisst, dass verschiedene Ursachen ähnlich ho- he Kronenverlichtungen hervorrufen.

Es ist auch nicht klar in der Ansprache, ob die Kronenverlichtung eines Bau- mes die F olge einer Vitalitätseinbusse ist, oder ob sich der Baum eventuell wieder von einem Stress erholt. Es braucht deshalb Referenzwerte um das Merkmal einordnen zu können (i.e . welche Kronenverlichtung ist an einem Standort für eine Baumart in einem be- stimmten Alter zu erwarten? wie wäre die erwartete Verteilung im Bestand?).

Sterberaten

Das Absterben von Bäumen im Wald ist ein natürlicher Prozess . Mit zuneh- mender Dichte im Bestand erhöht sich die K onkurrenz für Licht, Nährstoffe und Wasser. Die Anzahl lebender Bäu- me nimmt ab . Generell wird zwischen dem durch K onkurrenz verursachten

Absterben (vor allem unterdrückte Bäume), dem zufälligen Absterben (einzelne über die Fläche verteilte In- dividuen der Oberschicht, die ohne er- sichtlichen Grund absterben) und dem durch biotische oder abiotische Ursa- chen oder deren K ombination beding- ten Absterben (meist in Gruppen oder mit ungewöhnlich hohen Sterberaten von Bäumen der Oberschicht) unter- schieden (D OBBERTIN und B RANG

2001).

Im Naturwald hängt die Sterberate von der Entwicklungs- oder Sukzessi- onsstufe des Bestandes ab . J e nach Schattentoleranz und Langlebigkeit der Baumart unterscheiden sich deren Sterberaten in den Entwicklungssta- dien. Häufig werden bei sehr kleinen Bäumen und bei grossen, alten Bäu- men höhere Sterberaten beobachtet.

Bei den jüngeren liegt dies an der ho- hen Konkurrenz, bei den älteren an der altersbedingten höheren Anfälligkeit gegenüber biotischen (z. B. Insekten und Pilze) und abiotischen F aktoren (z. B. Klimaextreme). Für Bäume in be- wirtschafteten Wäldern ergeben sich in der Regel Sterberaten deutlich unter 1 %(NEUMANNund STEMBERGER1990).

In unbewirtschafteten Wäldern oder Naturwäldern werden diese höher sein.

Vorteile des Merkmals Sterberate: Die Sterberate ist der ultimative Indikator für «W aldsterben» oder die fehlende Vitalität des Einzelbaumes. Absterben- de Bäume sind verhältnismässig schnell und eindeutig im Feld zu identifizieren.

Andere Indikatoren des Wald- oder Baumzustandes könnten mit Hilfe der Sterbewahrscheinlichkeiten gete- stet werden.

Abb. 3. Referenzkronenbilder für F ichten mit Bürstenform und angegebener Gesamtver- lichtung.

0 % 50 % 75 %

(12)

Nachteile des Merkmals Sterberate: Die Sterberate ist ein Indikator , welcher nur für Waldbestände erhoben werden kann, am Einzelbaum kann sie nicht angewendet werden. Da die Sterbera- ten natürlicherweise sehr niedrig sind, braucht es grosse Datensätze oder sehr lange Zeitreihen bis statistisch gesi- cherte Daten vorliegen. Es braucht ge- eignete Referenzwerte , um die Höhe der Sterberate zu beurteilen. Die Ster- berate wird durch die Nutzungsrate , aber auch Ereignisse wie Windwurf, Schneebruch oder F euer beeinflusst.

Um die mögliche Ursache des Abster- bens zu ermitteln, braucht es perio - dische Beobachtungen innerhalb eines Jahres.

Baumwachstum

Wie kann das Baumwachstum be- stimmt werden? Am einfachsten zu messen ist der Stammdurchmesserzu- wachs oder die J ahrringbreite, wesent- lich schwieriger das Zweig- und das Blattwachstum, inklusive der gesamten oberirdischen Biomasse . Am schwie- rigsten jedoch ist, das Wurzelwachstum zu erfassen oder die Entwicklung der unterirdischen Biomasse zu verfolgen.

Deshalb wird vor allem das Stamm- wachstum als Stressindikator verwen- det (DOBBERTIN2005). Noch mehr als bei den bereits besprochenen Merkma- len muss zwischen dem Erfassen der Einzelbaums und dem des gesamten Waldbestandes, das heisst der Summe aller Bäume im Bestand, unterschie- den werden. Das Einzelbaumwachs- tum, besonders das Dickenwachstum des Stamms, hängt stark von der Ein- zelbaumkonkurrenz ab und nimmt schnell mit der zunehmenden Dichte der Bäume im Bestand ab. Es ist in der Regel am stärksten für freistehende Bäume. Hingegen steigt das Bestan- deswachstum mit der Dichte des Be- standes an, bis eine optimale Bestan- desdichte erreicht ist (KRAMER1988).

Vorteile des Merkmals Wachstum:

Stammwachstum ist verhältnismässig schnell und vor allem sehr genau im Feld zu messen. Diese Messung und die der Baumhöhe kann zerstörungs- frei durchgeführt werden. Die Messun- gen sind verhältnismässig kostengün- stig. Mithilfe von J ahrringmessungen kann am Einzelbaum die Vergangen- heit rekonstruiert werden. Das Wachs-

tum ist eine integrierende Variable, das heisst es spiegelt die generellen Bedin- gungen von Standort, Witterung und Konkurrenz.

Nachteile des Merkmals Wachstum:

Wachstum ist auch ein unspezifischer Parameter, das heisst, es erlaubt nur im begrenzten Masse Rückschlüsse auf Ursachen zu ziehen. Retrospektiv er- mittelter Zuwachs durch Bohrkerne ist nicht zerstörungsfrei und erlaubt keine Aussage zum Bestandeswachstum, wenn Bäume inzwischen abstarben oder genutzt wurden. Wie schon bei den beiden anderen Merkmalen braucht man auch für das Wachstum eine Referenz oder einen Erwartungs- wert um eine Bewertung durchführen zu können.

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Kronenverlichtung

Die Entwicklung der Kronenver- lichtung auf dem Sanasilva-Netz In der Schweiz stieg der Anteil stark verlichteter Bäume bis Mitte der 1990er Jahre stetig an (Abb . 4), zeigte aber danach bei grösseren jährlichen Schwankungen keinen langfristigen Trend. Ähnliches wurde auch in Nach- barländern beobachtet. Wobei hier der Trend zur Stagnation oder zu weniger stark verlichteten Kronen schon früher einsetzte. Einige auffällige jährliche Zunahmen der Kronenverlichtung in der Schweiz fallen mit speziellen kli- matischen Ereignissen zusammen, so der Winter- und Spätfrost im Winter 1986/87 (EAFV 1987), die Stürme Vivi- an Anfang 1990 und Lothar Ende 1999 und der Hitzesommer 2003. Auf den LWF-Flächen ergab sich seit ihrer Ein- richtung kein Trend in der Kronenver- lichtung. Generell, streut die Variable

«Anteil der Bäume mit mehr als 25 % Gesamtverlichtung» stärker von J ahr zu Jahr als die mittlere Kronenverlich- tung. Dies trifft insbesondere auf die Flächen zu, in denen eine hoher Anteil der Bäume eine Verlichtung um 25 % haben (Tab. 1).

Der Hitzesommer 2003

Der stärkste Anstieg der Kronenver- lichtung erfolgte im Jahr nach dem Hit- zesommer 2003. Ähnliche Anstiege

wurden auch in den Nachbarländern beobachtet (RENAUDund NAGELEISEN

2005; SEIDLING 2007). Bis Ende J uli warfen in der gesamten Schweiz relativ wenige Bäume ihre Blätter frühzeitig ab. Ab August jedoch – der grösste Teil der Sanasilva-Inventur war bereits durchgeführt – verfärbten sich die Blätter einzelner Bäume (MEIERet al.

2004; THALMANet al. 2005). Eine Wie- derholungsansprache im September 2003 von 374 Laubbäumen auf 5 LWF- Flächen fand jedoch nur knapp 7 % der Bäume mit entweder braun ver- färbten Kronen oder Kronen, an denen seit J uli die Gesamtverlichtung um mehr als 15 % angestiegen war . Der Anteil war am höchsten auf den Flä- chen mit dem höchsten berechneten Trockenstress (GRAFPANNATIER et al.

2007). Das heisst, dass sich die Trok- kenheit im Jahr 2003 nur wenig auf die Belaubung ausgewirkt hat. Es ist je- doch bekannt, dass bei der Entwick- lung der Knospen im Spätsommer und Herbst die Anlagen für die nächstjähri- gen Blätter und Nadeln entstehen. Der grosse Trockenstress gegen Ende des Sommers 2003 hat deshalb vermutlich dazu geführt, dass die Bäume im Folge- jahr weniger Blätter und Nadeln gebil- det haben. Zudem hat der Trocken- sommer bei Baumarten wie der Buche eine starke Samenbildung im Folgejahr ausgelöst. Wegen des hohen Energie- bedarfs für die Samenbildung bleiben die Blätter in der Regel kleiner als in anderen J ahren. Zwischen dem An- stieg der Kronenverlichtung auf 13 LWF-Flächen im J ahr 2004 im Ver- gleich zum J ahr 2003 und dem Unter- schied in der Wasserverfügbarkeit zwi- schen März und August beider J ahre konnte eine signifikante Beziehung ge- funden werden: je geringer die Wasser- verfügbarkeit im Jahr 2003 umso höher der Anstieg der Verlichtung im J ahr 2004 (R2= 0.35, GRAFPANNATIERet al.

2007).

Die Kronenverlichtung auf den LWF-Flächen

Ein Vergleich der Kronenverlichtung auf den LWF-Flächen und der Sanasil- va-Inventur zeigt die grossen Unter- schiede zwischen den Flächen (Tab. 1).

So weisen die Bergföhren im National- park im Durchschnitt aller Bäume eine mehr als doppelt so hohe Gesamtver- lichtung auf wie der Durchschnitt der

(13)

Sanasilva-Inventur. Auch die Gesamt- verlichtung in Lantsch und in Visp sind vergleichsweise hoch. Dagegen ist die Verlichtung im Alptal, Schänis und in Othmarsingen deutlich niedriger als in der gesamten Schweiz. Das gleiche gilt auch für die Anteile von Bäumen mit mehr als 25 % Gesamtverlichtung.

Bei gleichen Mittelwerten kann die Verteilung der Verlichtung im Bestand sehr unterschiedlich sein (Abb . 5). Im Sommer 2006 war zum Beispiel an den Fichten im Alptal die Verteilung zu den niedrigen Verlichtungen hin verscho- ben, mit einigen hoch verlichteten zu- meist aus dem Bestandesdach heraus- ragenden Altbäumen (Mittelwert ohne tote Bäume: 10 %, Anteil lebender Bäume mit > 25 % Verlichtung: 6 %).

Im Fichtenaltbestand in Beatenberg ist die Verteilung fast symmetrisch, sieht man von dem hohen Anteil toter Bäu- me ab (Mittelwert: 25 %, Anteil >25 %:

39 %). Die ebenfalls fast symmetrisch verteilten Verlichtungen im Fichtenalt- bestand in Lantsch zeigen im Durch- schnitt höhere Werte (Mittelwert:

44 %, Anteil > 25%: 92 %). Auffällig ist hier, dass im Gegensatz zu Beatenberg

zwar fast alle Bäume stark verlichtet sind, aber keine stehend toten Bäume vorkommen. Das kann zum einen an der unterschiedlichen Nutzungsart an beiden Orten liegen und zum anderen daran, dass in Lantsch bei sehr gerin- ger Bestandesdichte und langsamem

Wachstum trotz des hohen Baumalters praktisch keine Bäume absterben. In Beatenberg, einer sehr windexponier- ten Fläche , haben die Stürme Vivian und Lothar und anschliessender Bor- kenkäferbefall zu einer hohen Anzahl toter Bäume geführt.

0 5 10 15 20 25 30 35

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 85 90 100 Konenverlichtung2006 (%)

AnteilBäume(%)

Alptal, ungleich alt Beatenberg, 190–210 Jahre Lantsch, > 250 Jahre

Abb. 5. Verteilung der Gesamtverlichtung für Fichten auf drei verschiedenen LWF-Flächen im Jahr 2006.

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

AnteilBäumemit>25%Kronenverlichtung(%)

8×8 km 16×16 km

4×4 km 16×16 km

Gesamtverlichtung

Kronenverlichtungunbekannter Ursache

8×8 km

Frost Sturm Vivian Sturm Lothar Hitzesommer

Abb. 4. Anteil Bäume mit Kronenverlichtung > 25 % in der Schweiz seit 1985 (je mit 2-fachem Standardfehler), darunter das verwe ndete Beobachtungsnetz.

(14)

Weitere Gründe für die höheren Verlichtungen der F ichten in Lantsch und Beatenberg sind unter anderem das höhere Alter der F ichten und die schlechtere Nährstoffversorgung . Die meisten bisherigen Studien zeigen, dass besonders für die Nadelbäume mit steigendem Alter die Kronenver- lichtung zunimmt. Der Grund dafür liegt zum grössten Teil wohl in dem sich verändernden Verhältnis von Zweigholz- zu Nadelmasse, welches zu erhöhter Kronentransparenz führt und bei der Ermittlung der Kronenverlich- tung nicht ausreichend korrigiert wird.

Ausserdem steigt mit dem Alter der Anteil von Stamm- und Wurzelfäulen befallener Bäume , welches ebenfalls zur Erhöhung der Kronenverlichtung beiträgt (SCHMID-HAASet al. 1997).

Insektenbefall und Kronen- verlichtung

Eine häufige Ursache der Kronenver- lichtung ist der Nadel- oder Blattfrass durch Insekten. Auf der L WF-Fläche Celerina verursachte der zyklische Be- fall durch den Lärchenwickler in den letzten beiden Ausbruchsjahren (nor- malerweise alle 7 bis 10 J ahre) einen Anstieg der mittleren Gesamtverlich- tung von 19 % vor und nach dem Be- fall (1998, 2001) auf 41 % (1999) und 31 % (2000). J e nachdem in welchem Jahr man also die Verteilung der Kro- nenverlichtung erhebt, ergibt sich eine andere Einschätzung des Zustandes der Fläche . Obwohl ein Lärchenwick- lerbefall in der Regel das Stammwachs- tum der Bäume reduziert, führt er nur bei extremem Befall und nachfolgen-

der Trockenheit zu erhöhten Sterbera- ten der Lärchen (D OBBERTIN et al.

2007).

Auf der LWF-Fläche Jussy hat Blatt- frass durch verschiedene Schmetter- lingsraupen, vor allem die von F rost- spannern, zu erhöhten Kronenverlich- tungen an den Eichen und Hagebuchen geführt (Tab. 3). Anscheinend gibt es auch hier mehrjährige Zyklen mit erhöhten Raupenpopulationen. Zum Höhepunkt des Raupenbefalls (2005) zeigten 98 % aller Bäume zerfressene Blätter, welche die Gesamtverlichtung seit Beginn des Befalls um 18,6 % er- höhte. Dies entspricht einer Verdopp- lung der Kronenverlichtung von vor dem Befall. Im J ahr 2008 wurde nur noch an 3 % der Bäume Insektenfrass beobachtet und eine Gesamtverlich- tung ähnlich wie vor dem Befall gefun- den. Im Feld wurden bei derAufnahme 2005 der Ursache Insektenfrass 13,4 % der Gesamtverlichtung zugeschrieben.

Gleichzeitig mit dem Anstieg der Kro- nenverlichtung ging der Stammzu- wachs der Bäume deutlich zurück ehe er wieder anstieg. Es ist hier wichtig zu bemerken, dass zwar auch hier der Hit- zesommer 2003 den Stammzuwachs re- duzierte, aber der Tiefpunkt mit dem Maximum der Kronenverlichtung durch Insekten zusammenfiel. Ohne das Wissen des Insektenfrasses durch die Kronenansprache hätte man fälsch- lich die Reduktion im Stammzuwachs im Jahr 2005 für einen verspäteten Ef- fekt der Trockenheit gehalten.

Die beobachtete Kronenverlichtung konnte somit in vielen Fällen einer be- kannten Ursache zugeordnet werden.

Der Einfluss der Luftverschmutzung auf die Kronenverlichtung lässt sich mit dieser Methode allerdings nicht eindeutig nachweisen, da es zu viele Ursachen gibt, die mögliche Effekte von Luftverschmutzung oder Schad- stoffeinträgen überdecken können. Er kann höchstens über statistische Aus- wertungen mit vielen Flächen, etwa den europäischen Level II Flächen, ge- schätzt werden.

Einfluss mehrerer Umweltfaktoren auf die Kronenverlichtung

Es ist von grossem wissenschaftlichem Interesse, die verschiedenen möglichen Ursachen der Kronenverlichtung gleich- zeitig auszuwerten und zu quantifizie- ren und mögliche Wechselwirkung zwi- schen den Waldzustandsindikatoren auf der einen und den Ursachen auf der anderen Seite zu erfassen. Grund- sätzlich ergibt sich hierbei das Problem der geringen Anzahl von Beobachtun- gen. Selbst die knapp 50 Sanasilva- Flächen sind dazu nicht mehr ausrei- chend. Multivariate Auswertungen sind deshalb vor allem nur zusammen mit weiteren Flächen des ICP Forests sinn- voll.

Multivariate Auswertungen auf den Sanasilva-Flächen auf dem 8 × 8 km Netz ergaben meist nur schwache Be- ziehungen der Kronenverlichtung und ihrer Änderung mit Umweltparame- tern. So fand W EBSTER et al. (1996), dass die Kronenverlichtung der F ichte mit der Wasserspeicherfähigkeit im Boden abnahm, der Höhe über Meer zunahm und mit der Säure im Boden abnahm. Auch die Tanne zeigte erhöh- te Kronenverlichtung auf Böden mit geringer W asserspeicherfähigkeit und erhöhtem Kalkanteil. Für die Buche gab es keine signifikanten Ergebnisse . INNES et al. (1997) fanden zudem für die Sanasilva-Inventur , dass die Zu- nahme der Kronenverlichtung bis 1995 positiv mit den Ozonkonzentrationen und den Schwefel-Einträgen korrelier- te und negativ mit dem Humusgehalt im Boden und der Wintertemperatu- ren am Standort. Insgesamt konnten aber mit dem Modell nur 17 % der räumlichen Variabilität der Kronenver- lichtung erklärt werden. ZIERL (2004) fand für die Laubbaumarten und die Fichte, dass die Veränderung der Kro- nenverlichtung auf den Sanasilva-Flä- chen von der Wasserverfügbarkeit in Tab. 3. Veränderung der Gesamtverlichtung auf der L WF-Fläche J ussy seit 2001, Anteil

Bäume mit beobachtetem Blattfrass durch Insekten, durchschnittlicher Abzug an der Ge- samtverlichtung wegen Insektenfrass und durchschnittlicher Stammzuwachs von Stielei- chen und Hagebuchen (für die Kronenansprachen rund 270 Bäume, für den Stammzuwachs 17 Bäume).

Jahr Veränderung der Anteil Bäume Abzug der Gesamt- Mittlerer Gesamtverlichtung mit Insekten- verlichtung wegen Basalflächen-

(%) frass (%) Insektenfrass (%) zuwachs (cm2)

2002 3,7 16,9 4,1 9,7

2003 3,7 61,4 7,1 8,3

2004 16,3 75,7 7,4 8,6

2005 18,6 98,2 13,4 7,0

2006 8,4 84,5 8,0 8,8

2007 3,5 23,5 2,7 12,2

2008 1,7 3,4 0,5 12,4

(15)

den vorangegangenen J ahren abhing , aber nicht von der Wasserverfügbar- keit des Sommers der Kronenanspra- che.

In einer Studie aller europäischen Level I Daten konnten K LAP et al.

(2000) für die verschiedenen Baumar- ten bis zu 50% der räumlichen Variabi- lität erklären. Allerdings wurden nur 1 bis 3 % dieser Variabilität durch Um- weltfaktoren wie Temperaturextreme, Wasserverfügbarkeit oder Luftschad- stoffeinträge oder Luftschadstoffkon- zentrationen erklärt. Das Baumalter erklärte bis zu 14 % der Variabilität, während gut ein Drittel durch die Un- terschiede zwischen den Ländern er- klärt wurde . Von den Veränderungen der Kronenverlichtung , in denen das Alter und die Unterschiede der metho- dischen Ansprache keinen Einfluss spielen, konnten 4 % durch Umwelt- faktoren erklärt werden. S EIDLING

(2007) fand in einer multivariaten Aus- wertung verschiedener Baumarten auf dem deutschen Level I Netz, dass ne- ben dem Baumalter, vor allem erhöhte Temperaturen oder Trockenheit die Kronenverlichtung im F olgejahr er- höhten.

3.2 Die Sterberaten

Die Sterberaten auf dem Sanasilva- Netz und den LWF-Flächen

Auf den Sanasilva-Flächen sterben im langjährigen Durchschnitt zwischen 0,3 bis 0,4 % der Bäume pro J ahr stehend ab (BRANG1998). Ähnliche Raten sind auch aus anderen bewirtschafteten Wäldern Europas bekannt. Ein Ver- gleich der jährlichen Sterberaten ver- schiedener Baumarten auf den Sanasil- va-Flächen zeigt deutliche Unterschie- de zwischen den Arten. Am höchsten waren die Sterberaten für die Ulmen (> 5 % pro J ahr), welche seit 1985 durch die Ulmenwelke fast vollständig aus den Schweizer Wäldern ver- schwanden. Auch die knapp über 1 % liegende Sterberate der Kastanie kann durch einen Pilz, den Kastanienrinden- krebs, erklärt werden. Alle anderen Arten hatten jährliche Sterberaten zwischen 0,2 % (Buche) und 0,5 % (Föhre). Auch auf den meisten L WF- Flächen liegen die mittleren jährlichen Sterberaten meist deutlich unter 1 % (Perioden 1995–99 und 1999–2004,Tab.

1). Höhere Sterberaten gibt es nur für die Bergföhren im Nationalpark und auf der LWF-Fläche in Visp. Es konnte in Studien gezeigt werden, dass frisch

abgestorbene Bergföhren im National- park von Wurzelfäulen, insbesondere von Wurzelschwamm und Hallimasch, befallen waren und diese höchstwahr- scheinlich die Ursache der erhöhten Kronenverlichtung und des Abster- bens sind (CHERUBINIet al. 2002; DOB-

BERTINet al. 2001). Auf der L WF-Flä- che Visp starben nach Trockenjahren vor allem Föhren, zum Teil aber auch Birken und Kirschen. Da die meisten abgestorbenen Föhren keine 50 J ahre alt wurden, kann hier ein altersbeding- tes Absterben ausgeschlossen werden.

Seit Installation der Fläche 1996 sind über 60 % aller Föhren abgestorben.

Diese Ergebnisse decken sich mit den Beobachtungen erhöhter Sterberaten der Föhren in den Tieflagen des Wallis meist als F olge von Trockenjahren (BIGLERet al. 2006).

Schliesst man die L WF-Fläche Visp mit ihren extrem hohen Sterberaten aus, so sind die Sterberaten auf den LWF-Flächen vergleichbar mit denen der Sanasilva-Inventur (Abb . 6). In beiden Fällen liegen die jährlichen Sterberaten fast immer zwischen 0,2 und 0,6 %. Anders als bei der Kronen- verlichtung, stiegen in den ersten 10 Jahren der Sanasilva-Inventur die Ster-

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

JährlicheSterberaten(%)

Sterberate –Sanasilva Sterberate – LWF ohne Visp

Abb. 6. Vergleich der jährlichen Sterberaten aller Bäume auf den Sanasilva-Flächen und den LWF-Flächen ohne Visp.

(16)

beraten nicht an. Die Nutzungsraten lagen demgegenüber im gleichen Zeit- raum bei rund 1,5 % und die Ein- wuchsraten bei knapp 2,0 % (T ab. 1;

BRANG 1998). Es kann damit gezeigt werden, dass es während der ganzen Periode nicht zu einem erhöhten Ab- sterben von Bäumen in der Schweiz gekommen ist. Nur nach dem Trocken- jahr 2003 starben überdurchschnittlich viele Bäume ab (fast 1% auf den Sana- silva-Flächen). Leichte erhöhte Sterbe- raten nach 2003 wurden ebenfalls auf den LWF-Flächen beobachtet. Auch in Frankreich und einigen deutschen Bundesländern konnte nach 2003 ein auffälliger Anstieg der Sterberate be- obachtet werden, welcher über mehre- re Jahre anhielt (RENAUDund NAGEL-

EISEN2005; EICHHORNet al. 2008).

Sommertrockenheit und Sterbe - raten auf der LWF Fläche Visp Auf der LWF-Fläche Visp starben nach dem Jahr 2003 nochmals mehr als 25 % der verbliebenen Föhren ab. Es besteht hier ein sehr enger Zusammenhang zwischen Sommertrockenheit und dem Absterben im nachfolgenden Jahr (r2= 0,64; DOBBERTIN und RIGLING 2006).

Im J ahr 2003 fielen in Visp rund 350 mm Niederschlag, von März bis August gar nur 130 mm. Der Anstieg des Ab- sterbens in den letzen zwei J ahrzehn- ten geht hier parallel mit den anstei- genden Sommertemperaturen und dem dadurch bedingten erhöhten Was- serbedarf (REBETEZ und DOBBERTIN

2004). Nach feuchten J ahren besteht nur eine zufällige Sterberate . Mit an- steigendem Trockenstress scheint die Sterbewahrscheinlichkeit exponentiell anzusteigen. Dass diese K orrelation auch ursächlich begründet ist, konnte in einem Bewässerungsexperiment im Pfynwald gezeigt werden (Dobbertin in Vorbereitung). Hier beträgt die jähr- liche Sterberate der Föhren in den 6 Jahren nach Beginn der Bewässerung auf der bewässerten Fläche rund 0,4 % und auf den Kontrollflächen 1,1 %.

3.3 Der Zuwachs

Der Zuwachs auf den LWF-Flächen Die Bestandesdichte ist sehr unter- schiedlich auf den L WF-Flächen in Abhängigkeit von Alter, Bewirtschaf- tungsform, Baumartenzusammenset-

zung, geographischer Lage , den klima- tischen Verhältnissen und der Nähr- stoffversorgung (Tab. 1). Der absolute Zuwachs pro ha hängt dabei sehr stark vom stehenden Vorrat ab. Sei es , weil unterbestockte Wälder aufgrund der niedrigen Stammzahl weniger produ- zieren können oder weil aufgrund von Limitierungen von Temperatur, Wasser und Nährstoffen nur ein geringerer Zuwachs möglich ist, welcher sich in niedrigem Holzvolumen niederschlägt.

Der Holzvorrat auf den L WF-Flächen schwankt zwischen 23 m 3/ha (Föhren- wald in Visp) und 820 m3/ha (Buchen- mischwald in Schänis). Der Zuwachs liegt zwischen 1 m 3/ha (V isp) und 18 m3/ha (W eisstannenbestand in Vor- demwald). Generell nimmt der Zu- wachs, vor allem wenn er als Holzge- wicht, also nicht Volumen, gemessen wird, mit ansteigender Höhe über Meer ab (Tab. 1).

Zuwachs und Nadelmasse, Insektenfrass und Trockenheit In Anlehnung an WARING et al. (1980) kann der Holzzuwachs des Bestandes in Bezug zu der berechneten Blatt- oder Nadelfläche gesetzt werden. Da- bei steigt der durchschnittliche Zu- wachs mit der Blattfläche des Bestan- des an (r2= 0,55). Flächen, welche im Verhältnis zu ihrer Blattfläche , eher wenig wuchsen, zeichneten sich vor al- lem durch Wasserlimitierung aus (V isp und Lens im Wallis, Neunkirch im J u- ra). Demgegenüber scheint die Limitie- rung des Wachstums durch niedrige Temperaturen mit der Höhe über Meer schon zum grössten Teil durch reduzier- te Blatt-/Nadelflächen erklärt zu sein.

Die Ablesungen der fest installierten Umfangmessbänder auf den LWF-Flä- chen erlaubt die Höhe der jährlichen Veränderungen in den Wachstumsra- ten festzustellen. So hängt der jährliche Zuwachs in J ussy stark ab vom Insek- tenfrass (Tab. 3). Im Hitzesommer 2003 nahm das Stammwachstum vor allem in den Tieflagen ab, während die höher gelegenen LWF-Flächen keinen Rück- gang verzeichneten (JOLLYet al. 2005).

Mit Hilfe der auf den LWF-Flächen ge- messenen Wasserpotentiale im Boden und Modellen zur Berechnung der Wasserverfügbarkeit konnte derWachs- tumsrückgang im Trockenjahr 2003 eindeutig auf die limitierte Wasserver- fügbarkeit zurückgeführt werden (GRAF

PANNATIERet al. in diesem Band).

3.4 Beziehung der Merkmale zuein- ander

Vergleicht man die durchschnittliche Kronenverlichtung mit den auf den einzelnen L WF-Flächen ermittelten jährlichen Sterberaten, so ergibt sich kein offensichtlicher Zusammenhang (Tab.1). Demgegenüber gibt es eine leicht signifikante K orrelation zwi- schen mittlerer Kronenverlichtung und Stammzuwachs der Flächen (r

= –0,43). Das heisst mit zunehmender Verlichtung nimmt der Zuwachs ab . Gleichzeitig nimmt die Kronenverlich- tung mit der Höhe des Standortes zu (r

= 0,5) und der Zuwachs ab (r = –0,46).

Der Zuwachs und die Sterberaten kor- relierten nicht mit dem Bestandesalter der LWF-Flächen und die Kronenver- lichtung nur leicht (r = 0,38). Es ist nicht überraschend, dass die mittleren Werte der L WF-Flächen nur schlecht korrelieren, sind doch die einzelnen Flächen sehr unterschiedlich bezüglich Bestandesaufbau, Baumartenzusam- mensetzung und Standort. Interessan- ter ist es, die Beziehungen innerhalb ei- nes Bestandes zu untersuchen.

Kronenverlichtung und Sterberaten Obwohl es nur begrenzt möglich ist die Kronenverlichtung zwischen Standor- ten zu vergleichen, ist die Kronenver- lichtung innerhalb eines Bestandes ein geeigneter Parameter der Baumvitali- tät. Dies kann anhand der Beziehung zur Sterberate getestet werden. Auf al- len L WF-Flächen steigt die Wahr- scheinlichkeit, dass ein Baum im Folge- jahr abstirbt exponentiell mit der Kro- nenverlichtung an (Abb. 7). Bäume mit weniger als 20 % Gesamtverlichtung haben in der Regel Sterberaten um 0,1

%, während Bäume mit über

60 % Verlichtung Sterberaten um 10 % zeigen. Unterschiede in der Beziehung zwischen Kronenverlichtung und Ab- sterben können Informationen über die Sterbeursachen beinhalten. Auf der LWF-Fläche Visp zum Beispiel sterben die Bäume bei gleicher Kronenverlich- tung deutlich häufiger ab als auf den anderen L WF-Flächen. Hier wurden an allen abgestorbenen Bäumen ver- schiedenste rindenbrütende Käfer und Bläuepilze im Holz gefunden, welche

(17)

bekanntlich zum schnellen Absterben beitragen. Reinem durch die K onkur- renz verursachtem Absterben dagegen, geht diesem eine langsame Zunahme der Kronenverlichtung voraus (z.B. auf der Fläche Vordemwald und Jussy).

Die Beziehung zwischen Kronenver- lichtung und Sterberate innerhalb des gleichen Bestandes , bedeutet aber nicht, dass die Bäume in Wäldern mit hoher Kronenverlichtung automatisch häufiger absterben als in solchen mit niedriger Kronenverlichtung. So haben die Fichten und Föhren auf der L WF- Fläche Lantsch hoch verlichtete Kro- nen, es sterben aber sehr selten Bäume ab (T ab. 1). Der Wald in Lantsch ist sehr licht und die wenigen Bäume wachsen nur sehr langsam, deshalb kommt es praktisch zu keinem konkur- renzbedingten Absterben. Da offen- sichtlich keine biotisch oder abiotisch bedingten zusätzlichen Stressfaktoren vorliegen wie in Visp oder im National- park, sterben von den altersbedingt hoch verlichteten Bäumen bisher nur wenige ab.

Kronenverlichtung und Wachstum Schon früh wurden in der Waldscha- densforschung Zuwachsmessungen mittels Bohrkernen und anschliessen- den J ahrringbreitenmessungen von verschieden stark verlichteten Bäumen vorgenommen (BRÄKER 1992). Dabei ergaben sich bei den Nadelbäumen (Fichte, Tanne) meist klare negative

Zusammenhänge zwischen J ahrring- breite und Kronenverlichtung. Bei den Laubbäumen dagegen wurden entwe- der keine oder nur sehr schwache Zu- sammenhänge gefunden (BFL und EAFV 1987). Da keine langen Zeitrei- hen der Kronenverlichtungsschätzun- gen existieren wurden die momenta- nen Kronenansprachen oft mit weit in der Zeit zurückliegenden J ahrring- breiten verglichen. Die vergangene Kronenverlichtung war jedoch nicht bekannt, was die Interpretation er- schwerte. Da das Einzelbaumwachs- tum wie oben beschrieben von der Be- standesdichte abhängt, diese aber für die Vergangenheit nicht bekannt ist, kann man von Bohrkernmessungen nicht das Bestandeswachstum der Ver- gangenheit ableiten. Dazu braucht es markierte Forschungsflächen mit num- merierten und am besten geo-referen- zierten Bäumen, welche ab einem be- stimmten Mindestdurchmesser in re- gelmässigen Abständen gemessen wurden (siehe Z INGG 2009 in diesem Band).

Auf den LWF-Flächen ergibt sich für die Periode ab 1996 innerhalb der Be- stände eine Abnahme des Stammzu- wachses mit ansteigender Kronenver- lichtung (Abb . 8; D OBBERTIN 2005).

Diese Beziehung wurde im Prinzip auf allen LWF-Flächen gefunden, war aber schwächer ausgeprägt für die Laub- bäume. Auch auf den Sanasilva-Flä- chen war dieser Zusammenhang für

Tannen und F ichten, und etwas weni- ger stark ausgeprägt auch für die Bu- chen gefunden worden (BRANG1998).

Für F ichten, Föhren und Buchen auf dem europäischen Level II Netz (in- klusive LWF-Flächen) entsprach eine Zunahme der Kronenverlichtung von 1 % in etwa einem Zuwachsrückgang des Einzelbaums von 1 % (DOBBERTIN

et al. 2005b). Diese Beziehung galt schon bei geringer Kronenverlichtung ab 10 %.

Wenn der Stammzuwachs mit anstei- gender Kronenverlichtung im gleichen Bestand abnimmt, heisst dies , dass die bis Mitte der 1990er J ahre angestiege- nen Kronenverlichtung einen Zu- wachsrückgang verursachten? Nein, verschiedenste Studien zeigen einen Zuwachsanstieg der Wälder in den letzten J ahrzehnten im Mitteleuropa (SPIECKER et al. 1996; K AHLE et al.

2008) als auch in der Schweiz (BRÄKER

1996; ZINGG 1996). So wachsen zum Beispiel die Buchen in Othmarsingen heute deutlich schneller in die Höhe als vor 100 J ahren und der 150jährige Altbestand zeigt immer noch nicht den altersbedingt erwarteten abnehmen- den Höhenzuwachs . Eine der Ursa- chen dieses Anstiegs ist nach neuesten Studien in den Stickstoffeinträgen zu finden (KAHLEet al. 2008; SOLBERGet al. 2009). Für eine Weitere Diskussion des Einflusses des Stickstoffeintrags auf den Zuwachs sei auf SCHMITTet al.

(in diesem Band) verwiesen.

Zuwachs, Kronenverlichtung, Sterberaten im Experiment Dass unzureichende Nährstoffversor- gung zu erhöhter Kronenverlichtung führt, wurde in einem Düngeexperi- ment in Alvaneu, einem ähnlichen Standort wie Lantsch, gezeigt (J OOS

1997). In allen Kronenansprachen zwi- schen 2 bis 14 J ahren nach der letzten Düngerausbringung wiesen die mit Mi- neraldünger behandelten F ichten eine signifikant reduzierte Kronenverlich- tung auf (J OOS 1997; GEHRIG 2004).

Die K ompostbehandlung hatte dage- gen keinen Einfluss. Ein Grund für die Reduktion der Kronenverlichtung könnten die um 20 % längeren Nadeln der gedüngten Bäume sein (J OOS

1997). Mit der Verbesserung der Kro- nenverlichtung gingen erhöhte Nähr- stoffgehalte von Kalium, Phosphor und Magnesium im Splintholz der Bäume 0,001

0,01 0,1 1 10 100

0–15 20–35 40–55 >=60

Gesamtverlichtung(%)

Sterberate(%)

Beatenberg Visp Vordemwald Novaggio Jussy

Sanasilva 90–97

Abb. 7. Jährliche Sterberaten für Bäume mit verschieden hoher Gesamtverlichtung auf aus- gewählten LWF-Flächen in den J ahren 1996–2008 und auf der Sanasilva-Inventur (1990–

1997).

(18)

einher und ein gesteigerter Stammzu- wachs (JOOS1997). Ein ähnlicher Dün- geversuch an Fichten im Mittelland auf relativ gut mit Nährstoffen versorgtem Boden und Bäumen mit geringer Kro- nenverlichtung, zeigte zwar leicht er- höhten Stamm- und Triebzuwachs und etwas schwerere Nadeln auf den ge- düngten Flächen, aber keine Verände- rung der ohnehin schon dicht belaub- ten Kronen (H ALLENBARTER 2002).

Sterberaten waren zu gering um ausge- wertet werden zu können. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Mineral- düngung nur dort die Kronenverlich- tung reduzierte, wo sie von vorhnher- ein sehr hoch war, während das Wachs- tum generell gesteigert wurde.

Das Bewässerungsexperiment im Pfynwald, einem durch die Wasserver- fügbarkeit limitiertem Wald, führte innerhalb von wenigen Jahren zu redu- zierter Kronenverlichtung auf den be- wässerten Flächen, erhöhtem Stamm- zuwachs, Trieblängen und Nadelge- wichten und gleichzeitig zu reduzierter jährlicher Sterberate (DOBBERTIN und GIUGGIOLA2006; BRUNNERet al. 2009).

Hier veränderten sich somit sowohl Wachstum, als auch Kronenverlichtung und Sterberaten durch die Aufhebung der an diesem Standort natürlichen Wasserlimitierung.

4 Schlussfolgerungen Kronenverlichtung, Sterberaten und Wachstum können mit gewissen Ein- schränkungen als Indikatoren für den Waldzustand verwendet werden. Sie sollten jedoch nicht für sich alleine be- trachtet werden, da dies leicht zu F ehl- interpretationen führen kann. Einen Universalindikator für den Waldzu- stand oder gar die Waldgesundheit gibt es nicht und wird es auch in Zukunft nicht geben können.

Die Kronenverlichtung kann be- schränkt als Indikator für Unterschie- de im Standort und der Bestandes - entwicklung dienen. Zudem können Veränderungen, beispielsweise durch Insektenfrass, so leichter quantifiziert werden und mit möglichen Verände- rungen im Zuwachs und der Sterberate in Bezug gesetzt werden.

Aus der innerhalb von einzelnen Waldbeständen gefundene Beziehung zwischen Kronenverlichtung und Zu- wachs, und dem gleichzeitigen Anstieg der Kronenverlichtung , wie er zu Be- ginn der Sanasilva-Inventur in den 1980er Jahren beobachtet wurde , darf nicht gefolgert werden, dass der Wald in der Schweiz deshalb heute weniger wächst. V eränderte Umweltbedingun- gen, aber auch eine veränderte Nut- zung, können sowohl zu erhöhtem Be- standeswachstum als auch zu erhöhter

Kronenverlichtung der Einzelbäume führen.

Zu Beginn der «W aldsterbensfor- schung» wurde unglücklicherweise ei- ne hohe Kronenverlichtung eines Bau- mes als durch Luftschadstoffe verur- sacht und die Beziehung zwischen Kronenverlichtung und Zuwachs als durch Luftschadstoffe verursachter Zuwachsrückgang interpretiert. Die heutige K enntnis der natürlichen Va- riabilität der Kronenverlichtung, deren vielfältige Ursachen und die Auswer- tung langer Zeitreihen von Sterberaten der Wälder und deren Wachstum zei- gen keine durch Lufteinträge bedingte Zuwachseinbussen oder erhöhte Ster- beraten. Umgekehrt, dürfen die derzeit hohen Zuwachsraten auch nicht zu dem Schluss verleiten, dass die Einträ- ge in den Wald, zum Beispiel die Stick- stoffeinträge, diesen nicht langfristig in Aufbau, Funktion und Stabilität beein- trächtigen werden (siehe Beiträge von SCHMITTet al.; GRAFPANNATIERet al.

in diesem Band).

Im Vergleich zum Anfang der 1980er Jahre liegen inzwischen viele Informa- tionen zur Entwicklung des Waldzu- stands vor, welche helfen die wichtigen Referenzzustände oder Erwartungs- werte von Wäldern zu definieren. In Anbetracht der weiterhin schnellen Veränderungen in der Umwelt (Kli - maveränderungen, Nutzungsänderung 0

1 2 3 4 5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Mittlere Kronenverlichtung1996–99 (10%-Stufen)

RelativerBasalflächenzuwachs1996–99(%)

Nationalpark – Bergföhre – 1900 m Lens– Föhre – 1060 m

Vordemwald – Tanne – 480 m Bettlachstock – Buche – 1150 m Novaggio – Zerreiche – 950 m Jussy – Hagebuche – 500 m

Abb. 8. Stammzuwachs (als prozentualer Basalflächenzuwachs in 1,3 m Höhe) abhängig von der Gesamtverlichtung für die Periode 1996–1999 auf ausgewählten LWF-Flächen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Abschliessend darf festgehalten werden, dass kein Referent dieses Forums für Wissen 1997 das Konzept der Critical Loads und Levels oder das durch die Luftbelastung bestehende Risiko

Ein weiteres Beispiel unbeabsichtigter Wertstei- gerung stellen die geasteten Bäume im Wald von Bremgarten dar. Nirgends in den alten Wirtschafts- planen wird darauf hingewiesen,

Das Forum für Wissen 2000 wurde unterstützt durch Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL Rat der

Die WSL und viele andere Forschungsorganisationen sind in allen drei Forschungskategorien t:itig. damit die oben skizzierte Planungskultur auch im Falle

Überschwemmungen im Vorland des Alpenraumes haben vor rund 130 Jahren zur Oberhoheit des Bundes über den Wald und zum Erlass des ersten Forstpoli- zeigesetzes geführt. Seither hat

Es bedeutet das integrale Verwalten (= managen) der Wildtiere und ihrer Lebensräume, im Interesse der Allgemeinheit - und nicht im einseitigen Interesse der Jäger,

Schliesslich können gezielte Pflanz- massnahmen die Anpassungen be- schleunigen. Diese müssen nicht zwin- gend grossflächig geschehen. Das ver- suchsweise Einpflanzen von trocken-

Auch wenn in der Folge die Koordi- nation von Siedlung und Verkehr zum dominierenden Thema der Agglomera- tionspolitik wurde, war allen Beteilig- ten von Anfang an klar, dass für