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Eidgenössische Forschungsanstalt WSL (Ed.). (2002). Grossflächige Schutzgebiete - die Stimme der Forschung. 7. November 2002, Birmensdorf, Tagungsunterlagen. Forum für Wissen: Vol. 2002. Forum für Wissen 2002. WSL Birmensdorf: Eidgenössische Forschungsan

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FORUM

für Wissen 2002

Grossflächige Schutzgebiete - die Stimme der Forschung

7. November 2002, Birmensdorf

Tagungsunterlagen

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL

CH-8903 Birmensdorf

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FORUM

für Wissen 2002

Grossflächige Schutzgebiete - die Stimme der Forschung

7. November 2002, Birmensdorf

Tagungsunterlagen

t!

Eidgenössische Forschungsanstalt WSL CH-8903 Birmensdorf

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\VSL Forum für Wissen 2002

Zusammenfassung der Referate

PD Dr. Mario F. Broggi Direktor WSL

PD Dr. l\lario F. Broggi WSL

Franz-Sepp Stulz BllWAL

PD Dr. Felix Kiena.st WSL

PD Dr. Christoph Schddeggcr WSL

Dr. Engelbcrt Ruoss

Bio.splürenreseIYat Entlcbuch

Astrid Wallner WSL

Dr. Nicole Bauer WSL

Prof. Dr. Alcxandre ßuttler

\VSL Antenne romande / EPFL

Dr. Irene Küpfer

U1mveltschutz-Fachstellc Stadt Zürich

Dr. Thomas Dalang WSL

Ikgrüssung

Wozu brauchen wir grossfbchige Schutzgebiete?

Welche Grossflächigen Schutzgebiete (Natur- und Landschaftsp:irke) gibt es 2010 in der Schweiz?

\Vic kann die Forschung die Auswahl und Ein- richtung grossflächiger Schutzgebiete erleichtern?

Anwendungsorientierte Forschung im grosstlichi- gen Schutzgebiet - aber für wen?

Reproduzierbarkeit des J\lodells Entlebuch: psy- chologische und methodische Grundlagen

Innenansichten - Resultate einer interkulturellen Vergleichsstudie

Der Blick von aussen - Ergebnisse einer qualitati- ,·en Studie

Processus biologiques lies

a

l'intensite d'utilisation d\m paysagc - Biologische Prozesse in Ablüngig-

keit der Nutzungsintensitit einer Landschaft

Grossfl:ichigc Schutzgebiete - Perspekti,·en für die regionale \Virtschaft

Hoffnung für die Natur? Zur Evaluation ,·on Schutzprogrammen

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W".5L Fommfür Wissen 2002

Willkommen am Forum für Wissen 2002

88 Jahre war der schweizerische Nationalpark das einzige grosse Schutzgebiet in unserem Land. Es ging bis zum Jahr 2002, bis das Biosphärenresrevat Entlebuch als \Veiteres Grossschutzgebiet ausgc,viesen und von dL·r l 1NLSCO ani.:rkannt wurde. Die bi.:iden Parke unti.:rschi.:iden sich in ihren Schutzinhalten markant. Wird im Nationalpark die freie Naturent\vicklung in den Vordergrund gestellt, so geht es im Fall di.:s Entlchuch um eine nachhaltige Entwicklung, die mit den Talbewohnern einzuleiten ist. .\lit diesen unterschiedlichen Zielsctzungi.:n ist zugleich die neue Spannweite für grossflächigc Schutzgebiete in der Schweiz abgesteckt. Rund 25 Ideen für neue National-, Natur- und Landschaftsparks - die Termi- nologie ist vermutlich noch nicht abgesichert - bereichern den Wettbewerb um gute Ideen zur Erhal- tung von Natur und Landschaft bzw. eine angepasste nachhaltige Entwicklung von häufig peripheren Lagen.

Jedes Grosschutzgebiet muss, um seine geplanten Zielsetzungen zu erfüllen, gewisse unver,vechselbare Eigenheiten mit eigenständiger ldentit:it be\\.:ahn:n und innovative Ideen entwickeln. Es ist spannend diese Be\vegung zu verfolgen.

Der Bund gibt im Rahmen seiner Re\"L,;ion des Natur- und I Ieimatschutzgesetzes einige \'orgaben für die Einrichtung und den Betrieb von Groosschutzgebieten vor, falls man ein staatliches Label und eine Un- terstützung beanspruchen will. · In diese Zielsetzungen für die Parke gehört auch der Aspekt der For- schung. J lierzu hat die Schweizerische Akademie der Natu1wissenschaften ein Positionspapier im Juni 2002 pdsentiert.

Die WSL will mit dem diesj;ihrigen Forum für \Vissen 2002 unser institutionelles Interesse am Them::i ,.grossfüichige Schutzgebiete" bekunden. Wir möchten mithelfen, die SANW-Postulate ,veiter zu 1c:ntwik- keln und den Dialog fördern, wie die Schutzgebietsforschung lob! verankert und national und interna- tional verbunden werden kann.

Ich freue mich, wenn das Gespr:-ich um Forschung in grosstl:ichigen Schutzgebieten zustande kommt und dies die Ausweisung von einigen neuen Parks befruchtet.

l\lario F.Broggi, Direktor WSL

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W'.5L Fontm für inssen 2002

Wozu brauchen wir grossflächige Schutzgebiete?

Mario F. Broggi

Eh(~. Forscb1tngscmstalt W:S'L, Zlircberstr. 111. 8903 Birmensdoif. E-mail: mario.hroJ.:Ri@u-sl.cb

Begonnen hat diL' Scl1\veiz zwar pionierhaft - mit IIilfL' L'iner privaten Initiative \vurdc am l.August 1914 der SchweizL'rischL'r Nationalpark als erster /\littcleuropas gL'gründet. Es war eine Antv-:ort auf die Indu- strialisierung mit ckr sichtbaren Bedrohung dL's Naturreichtums. Diese Idee wurdt: in dt:r Stadt geboren, drnt wo viclfaltige Natur 1\langclware ist. DL'r /\lythos Nationalpark führte zu \VCitercn Gründungen im AlpL'nhogt:n. Dem:it sind 15 Nationalparks ausge\viesen, wdterc 55 Regionalparks und 258 Naturschutz- gcbiL'tL' mit über 100 ha Fbche bedecken rund 29 000 km2 im Alpenbogen und machen 16 Prozent aus.

In der Schweiz ist es bei einem Nationalpark gt:bfü:ben und nur 3 Prozent der Alpenfb.che der Schweiz sind durch grossfüichigc Schutzgebiete geschützt. Wir biklcn damit das Schlusslicht im Vergleich zu den fünf übrigen föchigen Alpenstaaten Slmvenien, Oesterreich, Deutschland, Frankreich, It:ilien. \Varum gibt es so ,venige grosstl:ichige Schutzgebiete in der Schweiz? Es sind drei Gründe massgebend:

I. Der Föderalismus. Die relativ kleinen Kantone und die Gemeindeautonomie sind offensichtlich grö- sseren Ausweisungen abhold. Dies bräuchte starke, h:iufig grenzüberschreitende Kooperationen.

2. Die Sclnveiz hat eine lange Tradition, um Einzelobjekte und Biotope zu schützen. Sie weist gegen 10'000 Naturschutzgebiete aus, viele sind aber im .\Vestentaschenformat". In der Schweiz wurde der Naturschutz lange von menschlichen Nutzungsabsichten mehr oder weniger st:irk getrennt. Diese Trennung endete in einem Netz kleinr;iumiger, isolierter Naturschutzinseln. Erst mit dem Bundesin- ventar der !-loorlandschaften werden nun auch Landschaftsräume ausserhalb der geschützten Bioto- pe schonend genutzt. Es mangelt aber an Anreizen für den Schutz grösserer Landsch:iften.

3. Entsiedeln oder bleiben, also aus der Not eine Tugend machen. war die Grundlage für viele Park- gründungen im Alpenraum der letzten 20 bis 30 Jahre. \\:r:ihrencl die :ilteren Nationalparke von oben dekretie1t wurden. sind viele neue Gründungen von regionalen Kriiften beeinflusst. Diese Parks sind vor allem in peripheren Lagen mit grossen \Yiltschaftlichen Problemen eingerichtet worden. Dort hofft man, dass Parkgründungen die RegionahYirtschaft beleben. Dem bndlichen Raum in der Schweiz geht es im Vergleich mit den anderen Alpenstaaten \Yirtschaftlich besser. \Vir haben eine Berggebietspolitik des Ausgleichs mit Transferzahlungen. Fehlt also die Motivation für die Schaffung von grossfüichigen Schutzgebieten?

Derzeit vedndert struktureller \\/andel das Berggebiet tidgreifend. Die Bergbnd\virtschaft als ein wich- tigL'r GL'stalter steht in einem harten, weltweit agierenden Agrarmarkt. Nutzungsaufgabe und Ab\\·ande- rung, wie sie auf der Alpensüdseite weit fortgeschritten sind, sind die Folge. Förderungen alleine kön- nen den Wandel nicht aufüalten und sind vielleicht langfristig auch nicht sicher finanzierbar. Regionale Vermarktungsstrukturen und Imagewerbung sowie Labeling von Produkten, Dienstleistungen und L:ind- schaften können eine Chance für das Berggebiet sein. Und in dieser ökonomischen Argumentation ha- hL'n grossfüichige Schutzgebiete ihren Platz. Regionale Natur- und Llndschaft.sparks h;iben dcmgenüss nicht nur ökologische, sondern vielfaltige wirtschaftliche Aus,virkungen, wie die Beispiele in Italien und Frankreich zeigen.

Es gibt aber auch gute neu erkannte Gründe aus der Sicht des Naturschutzes. Ein Vorteil grosser FEiche ist, dass sie gegen Störungen besser gcpuffe1t und somit durch iiussere Einflüsse weniger gefahrdet sind.

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Zu,.km erhalten grosstlichige ResctYatc in der Regel mehr Atten und damit eine grüsserc Biotopvielfalt.

Grösscre Schutzgebiete bieten alwr H)r allem die Voraussetzungen. d;1ss \Yir ruturr:iumliche Dynamik zulassen können: I bngrutsche, l \:lwrsch\\·cmmu11,1~en und .. Sch:idlingshcfall" können in grossfbchigcn Sdrntzgebieten eher sich selbst überlassen bleih1..'n. w:ihrend auf kleineren FLichcn der Schutz der menschlichen Interessen in den \"ordergrund tritt. l\lit dem Studium der natürlichen Dynamik (distur- hancc ecology) lernen ·wir ,·on grosstlichigen Schutzgebieten sehr Yid. ,.\Vir können nicht wissen, was _,_·ir tun. soLrnge \Yir nicht \Yissen, _,_·as die Natur täte, t:iten \Yir nichts", formulierte es \Vendell lt1rry im

\\'orld,Yatch Report 1992.

Da und dott fallen nun Ern·Jgungen für grossllichige Schutzgebiete in der Sch,,·l.'iz sp:it auf fruchtb:1ren Boden. Die Anerkennung des Jungfr:iu-Aktsch-Gehictcs als UNESCO-\Vcltcrbc und die Einrichtung des Biosplürenresef\';ltes im Entlehuch sind erste lebhafte Signale. \\.eitere 20 bis 2-S Natio1ul-, Landschafts- und Naturparkprojekte sind in der SclnYeiz im Gespr:ich. Der Bund ,Yill mit der Ikdsion seines Natur- und Heimatschutzgesetzes die Fördernng des grosstlichigen Naturschutzes ermöglichen. Alle diese Vor- haben \\'erden ohne den Einbezug der einheimischen Be\'ölkerung aber keinen E1folg haben. Ich freue mich auf den \\·ettbe,Yerb um \Yeitere :'.\ationalparks und regionale Natur- und Landschaftsparks. Mit der Aus\\·eisung neuer grossfüichiger Schutzgebiete erhalten wir lebendigen Anschauungsunterricht für eine

n:.ichhaltige Entwicklung.

Quelle: l\lario F.Broggi, Rudolf Staub. Fl:1\'io V.Ruffini. 1999: Grossflächige Schutzgebiete im Alpenraum - Daten. Fakten und llintergri.inde. Blackwell \Vissensclufts-\'erlag. 241 S.

Ke1 ,-..-ords:

Artem-ielfalt, Biotop,-ielfalt. Landschafts,·ielfalt. Prozessschutz, Regionalentwicklung, l\lodellgcbiete für nachhaltige Entwicklung

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WSL Fontm fiir \Vissen 2002

Welche grossflächigen Schutzgebiete (Natur- und Landschaftspär- ke) gibt es 2010 in der Schweiz?

Franz-Sepp St11lz

BU\ViU:. 3003 Bem, E-mail.-jranz-scpp.st11lz@IJuu·al.admin.cb

Wir gehen \"011 folgender Annahme aus: 2010 gibt es neben dem heutigen Nationalpark Engadin- I\hinstertal ein bis zwei neue Nationalp:irke, an die zehn Landschaftspärke und drei bis vier Naturpärke.

Weshalb aber braucht es neue Natur- und Landschaftspärke? Zahlreiche Pflanzen- und Tierarten benöti- gen grossräumige Gebiete, die der natürlichen Dynamik überlassen sind. Der :-.tensch braucht solche Gebiete als Ort der Erholung, der Bildung, der Forschung und des Naturerlebnisses. Randregionen ver- wenden ihre hohen Natur-, Landschafts- und Kulturwerte zu ihrem \Virtschaftlichen Vorteil und als Iden- tifikationselement:

Die Initiative zur Errichtung eines Parks muss von der Region ausgehen. Der Bund bezeichnet - anders als bei den Bundesim·entaren - keine Vorranggebiete für Pärke. \Vas macht der Bund? Der Bund for- dert: Er legt die drei Parktypen fest und formuliert qualitative und quantitative Anforderungen an die Pärke. Der Bund fördert: Er gewährt an die Errichtung und den Betrieb nm Pärken Sulwentionen und ein Label (Anreizsystem). Die Kantone funktionieren als Drehscheibe. Sie begleiten die lokalen Initiati- ven und schliessen mit dem Bund Leistungsvereinbarungen ab über die Errichtung und den Betrieb der P:irke. Sie überwachen die Umsetzung.

Für folgende Parktypen werden vom Bund Anforderungen fon11uliert:

Nationalpark. Der Nationalpark besteht aus Kern- und Umgebungszone. In der Kernzone ist die Natur vor den menschlichen Eingriffen geschützt. Die Zugänglichkeit ist beschr:inkt. Die :-.tindestfüiche be- trägt im 1\littelland 50, im Jura 75 und in den Alpen 100 km1. Die Umgebungszone ist zwischen drei- viertel und ande11halb I\lal so gross wie die Kernzone. Im Vordergrund stehen hier die nachaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen (Land-, Alp-. Waldwirtschaft, Jagd, Fischerei) und der Öko- Tourismus.

Landschaftspark. Der Landschaftspark umfasst mindestens 100 km2 Der grösste Teil ist kulturland- schaftlich geprligt. Die Land-, Alp- und \Valdwirtschaft genügt einem hohen ökologischen Standard.

Der Landschaftspark ist ein wichtiges Förderinstrument für eine zukunftsgerichtete RegionahYirt- schaft. Der Schaffung und Erhaltung nm Arbeitspbtzen konunt hohe Bedeutung zu. Das Parklabel ist ein bedeutendes Element für eine bessere Vermarktung \·on regionalen Produkten und Dienstlei- stungen.

Naturpark. Der Naturpark liegt im Nahbereich von Ballungsdumen. Er besteht aus Kern- und Über- gangszone. Die I\lindestflkhe bL'triigt 6 km\ jene der Kernzone 4 km2In der Kernzone ist die Natur vor den menschlichen Eingriffen geschützt. Die Zug:inglichkeit ist beschdnkt. In der Übergangszone stehen Nature1fahrung und -erlebnis für die interessie11e Bevölkenmg im Vordergrund.

Der Bund beteiligt sich im Rahmen von Leistungsvereinbarungen mit den Kantonen finanziell massgeb- lich an der Errk:htung und am Betrieb der P:irke. Er verleiht das Parkbbel für 10 Jahre. Der Park kann das Label auf 3 Jahre für Waren und Dienstleistung vergeben. Die Labels sind erneuerbar.

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Für die Natur- und Lrndsch:iftsp:irke ist eine Revision des Natur- und lleimatschutzgcsctzcs (NIIG) in VernchmL!ssung. 1 buptinhalte sind: Definition und Anforderungen an die drei Parktypen; finanzielle l 'ntL'rstützung; Parkbhd; Rolle und Aufgaben der Kantone; \'erh:iltnis zu Nationalparkgesetz, Biosplü- n:nrcse1Yat und \\'dterbegebic.:'!e; Auftrag an den Bundesrat zur Konkretisierung auf Verordnungsstufe (:'-btur- und Lrndscluftspark-\'eronJnungl. Bis zum Inkrafttreten des re\'idienen NI IG vergehen noch mindestens 2 Jahre: Vernehmlassung abschliessen; Botschaft des Bundesrates; Parlament (Kommissio- nen, Plena. Diffcrcnzlx:reinigung); lkferendumsfrist. Konkrete Projekte können für die Errichtungsphase durch ReginPlus-Gdder unterstützt \Yerden. Für die qualitath·en und quantitath·cn Anforderungen be- deuten die konkreten Projekte eine Eichung der im Ent\\·urf bestehenden Kritcricnkataloge. Für die :\'HG-Re\'ision erbringen die konkreten Projekte Bedarfa- und I\Lichbarkeits-Nachwcis.

\X.eiche Rolle spielt die Forschung in Natur- und L:indscl1aftsp:irken? P:irke und Forschung sind gegen- seitig auf dnander angewiesen: Die Forschung tr:igt massgeblich zur Einsicht bei. dass es Natur- und Landscluftspärke braucht. Ein Park braucht für Errichtung. Betrieb und \Vcitcrentwicklung praxistauglich aufbereitete Forschungsergebnisse. Die Forschung ist auf die speziellen Rahmenbedingungen in l\irken, wie ungestö1te Naturent\Yicklung, angewiesen.

Key"·ords:

Nationalpark, Lrndschaftspark, Naturpark, Natur- und Heimatschutgesetz. lokale lniti:ltin~. Anrci;,,_-;ystem

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WSL Fontmfiir \H-sen 2002

Wie kann die Forschung die Auswahl und Einrichtung grossflächi- ger Schutzgebiete erleichtern?

Fe/L'..: Kienast

Eie((!,. Forscbungscmstolt

w:sI,

Zt'ircberstr. 111, 8903 Birmcnsdo,f. E-mail: fe!Lddcnast'l!Ju·sl.cb

Eine neue Planungskultur

In der Schweiz werden in Zukunft drei Parktypen als Planungsinstrument zur Verfügung stehen. und von Bund und Kantonen finanziell unterstützt \Verden: Nationalp;irke, Landschaftspärke und Naturpärke.

Die starke Betonung des regionalen Aspekts ist Ausdruck eines neuen Planungsverständnisses. das die klassische top-down Politik im Natur- und Landschaftsschutz weitgehend abgelöst hat: Die lokale Be-

\·ölkerung soll mit ihrem Urteil und ihren Gestaltungsideen wieder vermehrt direkt in die Landschafts- ent,\·icklung einbezogcn wcrden. \X:ie kann nun die Forschung die Einrichtung solcher grossfbchiger Schutzgebiete erleichtern? \'v'ir unterscheiden drei Arten der Forschungsuntcrstützung:

1. Klassische biologische Forschung in grossthchigen Schutzgebieten ( Prozessforschung in vom ~len- schen wenig degradierten Landschaften). Diese Forschung ist angewiesen auf die Existenz grossflä- chiger Schutzgebiete, liefert aber auch Argumente zu ihrer Einrichtung.

2. Soziökonomische Forschung zu \v·irkungen von Schutzgebieten auf die Regionalentwicklung bz\v.

Forschung zu l\litwirkungsve1fahren im Einrichten von Schutzgebieten. Diese Forschung liefert direkt umsetzbare Einsichten bzw. Vorgehens\veisen über die Einrichtung von Schutzgebieten.

3. Biologische und sozioökonomische Forschung zu Sclrntzgebiets\·erbund. Diese Forschung hat eine übergeordnete Sicht und liefert Behörden. Regionen bzw. Nichtregierungsorg:rnisationen (NGOJ Re- sultate auf der strategischen Ebene des Bundesstaats oder des Kantons. D.h. hier interessiert die Fra- ge: Wo ist es am sinnvollsten Schutzgebiete einzurichten. damit eine bestimmte Entwicklungsstrategie Erfolg hat?

Alle drei Forschungskategorien liefern wertvolle Inputs zu modernen Raumordnungsverhandlungen, die sich durch Transparenz sowie offene und rechtzeitige Information über die Schutzbedi.irfoisse von Land- schatten auszeichnen. Diese Verhandlungen profitieren von den heutigen Kommunikationsmitteln ,;•,ie beispielsweise dem Internet und der Visualisierung, die sich dank den inter.iktiven ;\löglichkeiten in Richtung Interesscns- und Diskussionsforen entwickeln.

Grossflächige Schutzgebiete in der Schweiz - die WSL entwickelt Evaluationsinstrumente und Suchverfahren

Die WSL und viele andere Forschungsorganisationen sind in allen drei Forschungskategorien t:itig. damit die oben skizzierte Planungskultur auch im Falle der grossfüichigen Schutzgebiete funktioniert. Nachfol- gend werden einige Ans:itze vorgestellt, die unter der Forschungskategorie 3 eingeteilt werden können.

Für nationale Strategien braucht es niimlich Instrumente mit dt·nen die L!ndschaftsqualiUt tl:ichendek- kend bewertet werden kann. Als nationale Institution \·erfügt die \VSL über viele tl:iclwndeckende D:.i- tens;itze zur Landsduftsqualitiit und über das entsprechende technische und fachliche Know-ho\'.·, um die Evaluation potenzieller grosstlichige Schutzgebit'te vor dem Hintergrund eines Ges:untkonzepts zu

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unterstützen. So entsunden seit 199"" ,·erschiedcnc fü.'\\'l'1tungs- und F,·aluationsinstrumcntc (z.B. für Biosplürcngehietc http: ,n,,Y.wsl.ch land ·products-hinsphaerc/l. Im 1{;1hmen des Projekts „Landschaft 2020" des Bundesamtes für l 11mvclt. Wald und Landschaft UH f\X'AU haben \\'ir dieses computergestützte E\'aluations,·erfahren überarbeitet und zu einem Suchn·1fahren für grossttichige Schutzgebiete weiter- l.'ntwickdt.

In einem ersten Schritt ,nmkn alle LanJsduften der Sdrn·eiz herausgdilte1t. die nur wenig durch St1~1- ssen. Bahnlinien und ;inden: lineare Landschaftscknwnte zerschnitten \\'Cl\.h:n. Solche Landschaften eignen sich für grosstl:ichige Schutzgebiete. da do1t Tier- und Plhnzenpopubtionen \\'enig isolie1t sind.

In einem Z\Yeiten Schritt überbge1t cLts computergestützte Suchsystem diese relativ unzerschnitknen Gebiete mit anderen rjumlichen Jnfonnationcn. zum Beispiel zur A1ten\'idfalt oder zur Bevölkerungs- dichce. Auf diese \'reise erhalten die AmYenderinnen und AmYe1Klcr für jede Schutzstrategie die geeig- nebten Gebiete. Beispiele für ,·erschiedene Suchstrategien gibt die \Veb-Page http:·/,,,vw.wsl.ch 'lmd/- products ·grossschutz 'praxis.html. Wo nun die 1üchsten Schutzgebiete entstehen \Yerden. entscheiden die Bewohnerinnen und Be,Yohner dieses Landes. Das Such,·erfahren und die zugehörigen Strategien sollen einerseits regionalC' Initiati\·en stimuliC'ren. ;1nderscits sollen sie michdfen, \.'orschUge von NGC)'s cxler Regionen in einem nation;ilen Kontext zu be,Yerten.

Keywords:

Computergestützte E,·;1lu;1tionsinstrnmente, Sucln·e1fahren, Landschaftsqualität. Schutzstrategie

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\VSL Fontmfür \Vissen 2002

Anwendungsorientierte Forschung in grossflächigen Schutzgebie- ten - aber für wen?

C'bristoph Scbeidegger

Eie~!!,. Forscb1mgsa11stalt \\1/SL. Zlircberstr. 111, 8903 Birmensdorf. E-mail: cbrL,toph.scbeidl~gger@1l'sl.ch

Die Gesellschaft versucht in grosstlichigen Schutzgebieten \Verte zu erhaltcn, \velchc ausserhalb in ih- rcm Fortlx:stand gcfahrdet .sind. Im Gegensatz zu kleinflächigen Schutzgebietcn, ,vo beispicL-;\vcise ein- zelne Objekte wie Findlinge oder Kleinpopulationen bedrohter Arten geschützt werden können, gelingt es in grossfbchigen Schutzgebieten Prozesse auf Landschaftsebene unter Einbezug natürlicher aber auch ökonomischer und kultureller Aspekte zu stcuern .• Schutzgebier impliziert dabei, dass einzelne Teilsy- steme durch Vorschriften und Anreize so veriindert werden, dass in einem bestimmten Zeitrahmen die angestrebten Schutzziele erreicht werden können. Anwendungsorientierte Forschungsprojekte in gross- tbchigen Schutzgebieten befassen sich meist ennveder mit der Beschreibung der schutz\\ürdigen Teilsy- steme und der in ihnen ablaufenden natürlichen Prozesse oder sie überprüfen die Auswirkungen ge- troffener l\lassnahmen auf ihre Wirksamkeit.

Es darf ,·orausgesetzt werden, dass amvendungsorientierte Forschung in Schutzgebieten für einen Auf- traggeber durchgeführt werden. Für ihn ist die Forschung denn auch auf den ersten Blick konzipiert.

Aber Forschung in grossflächigen Schutzgebieten und ihre Umsetzung ist auf breite Akzeptanz der lo- kalen Bevölkenmg, insbesondere auch der lokalen Land- und Forst\\·irtschaft angewiesen. Die Kommu- nikation zwischen Auftraggeber und Betroffenen ist aber in vielen Forschungsprojekten. z.B. in europäi- schen Forschungskonsortien kaum existent oder ,vird implizit den \Vissenschaftern übertragen.

Die wissenschaftliche Arbeitsweise verfolgt jedoch für Aussenstehende oft schwer nachvollziehbare

\Vege, was diese Kommunikation erst nach längerer Anlaufzeit ermöglicht. Beispielsweise werden in wissenschaftlichen Projekten Wertesysteme hinterfragt. und Erkenntnisge,-.;inn in der \Vissenscluft ba- siert ausschlies.slich auf der Falsifizierung \·on Hypothesen. Bereits durch diese Rahmenbedingungen wissenschaftlicher Arbeits\,·eise ist die Akzeptanz wissenschaftlicher Forschung in durch traditionelle Wertesysteme definierten Schutzgebieten keine Selbstverst:incllichkeit.

Zudem .sind die Befürchtung immens, dass z.B. detaillierte Biodiversitit.sforschung unweigerlich Ein- .schr:inkungen der Iamhvirtschaftlichen Nutzung nach sich ziehen würden. Ein Interesse :111 Untersu- chungen kann bei Eigentümern am direktesten ge\veckt werden, wenn Forschungsergebnisse in den übern:gionalen Kontext gestellt werden - wenn z.B. die hohe Biologische Vielfalt des Biosph:irenreser- vates Entlebuch mit anderen europ:iischen Regionen verglichen wird, so dass Landeigentümer den Zu- .stand der von ihnen be\Yiltschafteten Biodiversit:it mit demjenigen anderer Gebiete vergleichen können.

An wen richtet sich dann aber unsere Forschung? Anhand des Europ:iischen Forschungsprojektes BioAs- sess werden die unterschiedlichen Ansprüche von Eigentümern, Verwaltung, Forschung und Gesell- schaft diskutiert. Es wird cbrauf hingewiesen, dass vor allem Vergleichsstudien die Vermittlung ,·on For- schungsresultaten en11öglkhen.

Keywords:

Anwendungsorientierte Forschung, Akzeptanz. Kommunikation, Vergleichsstudien

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\VSL Fontmfür Wissen 2002

Reproduzierbarkeit des Modells Entlebuch: psychologische und methodische Grundlagen

Engelbert Ruoss

R(:qio11alma11age111ent, Biosphärenresen1at Entlebuch, 6170 Schi'ipjbeim E-mail.- e.nwss@hiospbaere.ch, u·u·u•.biospbaere.cb

,.Erhalten, Entwickeln und Kooperieren" ist die langfristige Ausrichtung des Biosphärenreservats Entle- buch. Damit soll die einzigartige, geschützte Natur- und Kulturlandschaft, speziell die :\loorlandschaften und Karstgebiete, erhalten und gleichzeitig eine nachhaltige Regionalentwicklung realisiert werden. :\tit einem Kooperationsmo<lell wird ein nachhaltiges \Vachstum und Wohlstand fürs Entlebuch ermöglicht.

Die Methode TardDec Leadership System, verknüpft mit den Erfahrungen aus dem Entlebuch Prozess, macht das !\lodell für andere Regionen reproduzierbar.

Eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft

Bedingt durch Topographie, Boden, Klima und Erschliessung ,veist das Entlebuch suboptimale St:ind- orteigenscluften für Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe auf. \v'as das Landschaftsbild smvie die Pflanzen- und Tiern.:elt betrifft, verfügt die Kulturlandschaft Entlebuch über Besonderheiten von <inter-) n:itionaler Bedeutung. Weite Teile des Entlebuchs werden von ,vertvollen und ,·ielseitigen Lebensräu- men geprägt. Dazu gehören insbesondere extensiv genutzte Grünland-Ökosysteme, Hoch- und Flach- moore, Auenwälder entlang der Kleinen Emme und der Grossen Entlen, Heckenlandschaften und natur- nahe Wälder in grossfüichiger und alw:echslungsreicher Ausdehnung.

Das Biosplürenresen·at Entlebuch umfasst die acht Gemein<len des Planungsgebiets des Regionalpla- nungsverbands: !\larbach, Escholzmatt, Flühli, Schüpfüeim, Ha.sie, Entlebuch, Romoos, Doppleschwand.

Von den 395 km2 sind nmd 50 Prozent landwirtscluftliche Nutzföche und Alpgebiete sowie 43 Prozent Wal<l. Bei den 2 Prozent Siedlungsgebiet handelt es sich hauptsächlich um dörfliche Siedlungen, einige Industriebetriebe und touristische Infrastrukturen. Von den l 7'000 Bewohnern des Entlebuchs sind rund 8'000 berufst:itig, \\·ovon je ein Drittel in der Landwirtschaft und im Tourismus. Von den rund 1'200 Landwirtschaftsbetrieben sind noch 83 Prozent Haupterwerbsbetriebe, 39 Prozent der Erwerbst:itigen sin<l im ersten Sektor tätig._ Die grösseren Arbeitgeber sind die Bergbahnen Sörenberg und ;\larbach, smvie die fünf grösseren Industrh:betriebe und das lokale Ge\\·erbe.

Das Biosphärenreservat Entlebuch

Das RegioPlus Projekt (1998 - 2001) des Bundes verfolgte das Ziel, im Entlebuch ein UNESCO Biosplü- renreservat zu errichten. Auf der Grundbge der regionalen Besonderheiten und Ressourcen des Entle- buchs und der angrenzenden Gebiete soll eine dauerhafte wirtschaftliche Ent"·icklung mit einem nach- haltigen Wachstum angestrebt \Verden. l\lit einem unenva1tet guten Resultat endete die Abstimmung über die finanzielle Unterstützung und die Etablierung des Biosplürenreservats Entlebuch. Im Durch- schnitt stimmten 94 Prozent der Anwesenden an dt'n 8 Gemeinckabstimmungen im September 2000 den Vorlagen zu. Die Perspektive für die Zukunft, Partizipation der Bevölkerung, ausserge,vöhnliche Kom- munikation sowie überzeugende Argumente waren wichtige Erfolgsfaktoren dieses Projekts.

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Nach der Zustimmung durch die Regierung des Kantons Luzern und den Bundesrat an1:rkan1~te die t ::\ESCO das Biospli:irenresL'1Yat Entlehuch ;111 der Bürositzung ,·om 20. Septemlwr 2001. Das beratende KomitL'e <.ks Internationalen Koordinationsrats (ICC) des Programms .},L111 and the Biosphere" aner- kannte den Prozess im Biosplürenrl'Se1Yat Entlchuch. Es beglückwünschte die Verantwrn1lichen zum ht'>chst demokratischen Prozess der Etablierung de:- Biosph:ircnn:scrYats Entlcbuch, zur umfassenden Vision. die für <.bs !\Llnagement ange,Yandt "·urde smYie zum Vorgehen, indem die Gemeinden ge- nwinsam dem Biosph:ircnrese1Y:lt zustimmten und die finanzielle Unterstützung zusicherten. Die l);\TSCO schbgt ,·or, '-bss das Entlebucher !\!odell der !\lit,Yirkung der Ik,·ölkerung publizic11 und den anderen Biosph;i.rcnrescrY:lten zur \·cli'i.igung gestellt \Yird.

Kooperationsmodell als Strategie für nachhaltiges Wachstum

Die nachhaltige Entv,icklung "·ird angestrebt, indem regionale Strukturen gesduffen und Kooperationen innerhalb der Branchen. z"·ischen den Br:mchen sowie mit anderen Regionen au(~clx1ut werden. Damit

"·erden die regionalen Stoffkreisbufe ,·erbessert und die \Ve11schöpfung erhöht. Das bngfristige

\X':ichstum soll demnach durch die Ressourceneffizienz und das Innovationspotential in den Netzwerken sichergestellt werden. Das Regionalnunagement ist als professionelle Drehscheibe für !\loderation, Ko- ordination. Controlling und !\brketing zusünJig.

Das !\lodell Entkbuch wird reproduzierbar. weil methodisch ,·orgegangen wird. Das methodische Vor- gehen macht durch stete Vereinfachung und Optimierung das \'orgehen für andere Regionen attraktiv und leicht umsetzbar. Dadurch kann ebenf:1lls die Eigendynamik entstehen, die erforderlich ist. um in einer globalen PerspektiYe \X'irkung zu erzielen. Ange,Yendet ,Yird die /\lethode TarDec Leaclership Sy- stem. Durch d:1s methodische \'orgehen können die Prozesse an Geschwindigkeit gewinnen, was für die Entwicklung der Wertschöpfung in der Region eine ws:itzliche \Virkung ergeben ,vird. Die gesi- cherte ,Yirtsch:iftliche Perspektive wird somit zur Voraussetwng für die Erhaltung der Natur- und Kul- rurbndschaft und der intakten Gesellschaftsstrukturen.

Keywords:

UNESCO Biosph1renreserDt. Grossschutzgebiet, Partizipation, nachlultige Regionaleimvicklling, Repro- duzierbarkeit

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W'.S'L Forum für Wissen 2002

Innenansichten - Resultate einer interkulturellen Vergleichsstudie

A:,trid \'<'all11er

Eidg. Forsc!J1111gsa11stalt \\7SL. Zürcherstr. 111, 8903 Birmensdorf. E-mail: (1Strid.u•a/lner®u·sl.ch

Integrative Schutzgebietskonzepte wie z.B. dasjenige der lJNESCO-Biosphärenreservate werden als In- strumente für eine nachhaltige Landschafts- und Regionalentwicklung betrachtet. Damit soll nicht nur die Landschaft geschützt werden, sondern gleichzeitig wird auch die Unterstützung wirtschaftssch,vacher Randregionen angestrebt. Die Einrichtung eines Schutzgebietes soll also eine Chance für eine Region darstellen. Aber \vird dies von der lokalen Bcvölkenmg auch so wahrgenommen?

Durch die Einrichtung von Schutzgebieten werden vielfältige Veränderungsprozesse ausgelöst: Auf der räumlichen Ebene kommt es zu neuen Grenzziehungen. ,vodurch die bisherige Raumordnung neu defi- niert wird. Auf der funktionalen Ebene kann es zu Veränderungen in der Landnutzung kommen. wenn einzelne Gebiete einer totalen Schutzzone zugeordnet werden und in anderen Gebieten eine wirtschaft- liche Nutzung mit Einschränkungen möglich ist. Dadurch können gleichzeitig neue Absatzmöglichkeiten für regionale Produkte entstehen. Auf der institutionellen Ebene kann es zu einer Verschiebung der Machtstrukturen Z\vischcn lokalen Akteurgruppen kommen. Von diesen Veränderungsprozessen am stärksten betroffen ist die je\veilige lokale Bevölkenmg.

l\fätcls einer Vergleichsstudie zwischen dem Biosph:irenreservat Entlebuch in der Schweiz und dem Carpathian Biosphere Reserve in Transkarpatien, Ukraine v.1.1rde den folgenden Fragen nachgegangen:

1. \Velche Einstellungen existieren innerhalb der lokalen Bevölkerung gegenüber dem in ihrer Region geplanten oder bereits bestehenden BiosplürenreserYat?

2. \X'erden die mit dem Schutzgebiet einhergehenden Verändernngen \·on der lokalen fü~\·ölkerung als Chance oder als Einschränkung beurteilt?

3. Wie geht die lokale Bevölkernng mit diesen Ver~inderungen um?

Die Resultate dieser Untersuchung zeigen, dass die Einstellung der lokalen Bevölkenmg gegenüber dem Biosplürenreservat stark von den eigenen Interessen und Bedürfnissen ablüngig ist, und man deshalb nicht davon ausgehen kann, dass die Bevölkemng ein Schutzgebiet automatisch als Cl1:1nce be\vertet.

Im Entlebuch liegt das Interesse der Bevölkerung in einer \Virtschaftlichen Regionalentwicklung. Ein 13iosphärenreservat bietet hier die l\löglichkeit, dieses Ziel trotz des hohen Anteils an Naturschutzflächen in der Region zu verwirklichen. Ohne die Debatten um den l\Ioorschutz wäre die Ausweisung des Ent- lcbuchs als 13iosplürenreservat jedoch kaum denkbar gewesen. Erst die intensive Auseinandersetzung mit den Ansprüchen des Naturschutzes und den eigenen Ansprüchen nach einer regionalen Entwick- lung. welche aufgrund der Ausscheidung der l\loorschutzflächen verstlrkt wurde. zeigte auf. dass die Ausweisung eines Biosplürenreservat durchaus als Chance für die Region gesehen \Verden kann. Diese Auseinandersetzung stellt einen wichtigen Schritt im Prozess der Integration neuer \Vertvorstdlungen dar.

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Auch die Be,·ölkerung Transkarpatiens muss neue \X"e1worstellungen in ihr Denken integrieren. Durch lkn politischen Umbruch \Yl1rdL' ein Transfonnationsprozess ausgelöst. welcher für die Bevölkerung mit L'norn1en Eingtifkn in die bisherige strukturelle Ordnung ,erbunden ist. Das Interesse der Bevi'.>lkerung liegt momentan in der Sicherung der eigenen Lelwnsgrundbge. Das BiosplürenresL·rvat ,,·ird als staatli- chL' BehördL' gesehen. welche durch nL'uc Nutzungsregelungen die Sicherung der eigenen Lcbcns- grnndbge noch mehr ersdnn·rt. Dadurch wird das Biosplürenresc1Yat als Einschr:inkung wahrgenom- men.

Fazit· Die Aus,Yeisung ,on Schutzgebieten zieht meist strukturelle Eingriffe in die ge,vohnten Nutzungs- rechte und -\,·eisen der lokalen Bevölkerung n~1eh sich und stellt damit :lllch traditionelle \Ve11e in Fra- ge. Damit die Beü'>lkerung ein neues Schutzgebiet akzeptieren kann, muss sie diese neUL'n \v'c11c erst in ihr Denken integrieren. Dieser Prozess braucht Zeit. Durch die intensi\·e Auseinandersetzung der An- sprüche des N:1turschutzes und der fit.'düti'nisse und Interessen der Bevölkerung kann dieser Integrati- onsprozess unterstützt \Ycrden. und es k111n dadurch sogar zu einem Einstellungswandel innerhalb der Bevölkerung kommen.

KC)"\\·or<ls:

Biosplürenresef\'at. Akzeptanz, Kultuf\'ergleich, SoziahYissenschaften

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W'SL Fontmfür Wissen 2002

Der Blick von aussen - Ergebnisse einer qualitativen Studie

1\'icole Bauer

Eit~f!,. Fursclmngsm1stalt \FSL, Z(ircherstr. 111, 8903 Birme11sdo,f. E-mail: nicole.ha11er@u:sl.ch

Als Folge eines sinkenden Fbchenbedarfs in der Land\virtschaft, mangdnder Rentabilität der Primärpro- cluktion und ihrer reduzierten staatlichen Subventionierung im Berggebiet sind viele Gebiete mit der Entscheidung über eine Aufgabe der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung konfrontie1t. Daraus und aus dem Umstand, dass sich insbesondere verschiedene NGO's für die gezielte Unterlassung der Nut- zung gewisser Regionen, die Ausweisung von \Vildnisgebieten und für neue Grossschutzgebiete einset- zen, entwickelte sich die "Wildnisdebatte''. Diese thematisiert vor allem die sekundäre \Vildnis, die dann entsteht. wenn menschliche Eingriffe \vegfallen. In Zusammenhang mit dieser Debatte ist insbesondere unklar, welche Rolle die grnndlegenden Einstellungen zur Natur für eine befürwortende oder ablehnen- de I Ialtung gegenüber Wildnis spielen und \vclches die Ansprüche der Ikvölkerung an Wildnisgebiete sind.

Die besagten Fr:1gen wurden anhand von problemzentrierten Interviews be:1ntwortet, die in vier Unter- suchungsgebieten in der Schweiz durchgeführt ·wurden. Die Intervie\\·p:1rtnerlnnen wurden anhand der Methode des „theoretical s:1mpling" :1usgewählt. Die Intervie,,transkripte \\·urden ,·on zwei Personen unablüngig nmeinander nach der Grounded Theory ausge\\·ertet.

Die Ergebnisse dieser qualit:1ti,·en Studie machen deutlich, dass die Faktoren Schönheit. Kontrast. Viel- falt, Sicherheit, Vergangenes. Nutzbarkeit und Regelfreiheit die Einstellungen zu \Vildnisgebieten be- stimmen. Anhand der Ergebnisse konnte zudem eine Ideal-Typologie des .\lensch-Wildnis-Verhältnisses entwickelt werden, deren Skizzierung gleichzeitig auch die Unterschiedlichkeit der Ansprüche an Wild- nisgebiete aufzeigt.

Konservative Wildnisgegnerlnnen empfinden die nicht oder nicht mehr bewirtschaftete Natur ab ßedrohung und betonen daneben Aspekte der fehlenden \Virtsch:1ftlichen Nutzbarkeit.

Erlebnisorientierte Wildnisgegnerlnnen nehmen Natur als fragil und schutzbedürftig wahr, fühlen sich verantwo1tlich für das \X'ohlergehen der Natur und sorgen mit gezielten Eingriffen für eine viel- faltige, ökologisch wertvolle Natur, die vor allem zust:indig ist für Erholungs- und Erlebnisbedüii'nisse des !\lenschen.

Wildnisbefürworterlnnen nehmen sich sehr bewusst selbst als Teil der Natur wahr, was auch Ein- griffe des Menschen in die nicht-menschliche Natur rechtfertigt. Zudem schreiben sie der Natur die Eihigkeit zu. ausreichend robust zu sein, um menschliche Nutzung ohne übermäEigen Schaden zu überstehen. \Vildnisgebiete sollt\.:'n ihrer Meinung nach daher ohne VL'rhaltensregeln und Hinweis- schilder auskommen.

Diese Typologie eröffnet di\.:' !\löglichkeit, Empfehlungen für das erfolgreiche Ausweisen und Verwalten von Wildnisgebieten abzuleiten. Für die konservativen \Viklnisgegnerlnnen \V~ire beispielsweise ein Nachweis der Unbedenklichkeit dieser Gebiete für die umliegenden Gemeinden \vünschenswert. Der Anspruch der erlebnisorientierten Wiklnisgegnerlnnen, Wildnisgebiete intensiv und ohne Einbussen an Bequemlichkeit nutzen zu können. ist nur durch die Anlage und den Untt'rhalt von Wegen und Infra- struktur zu gewiihrleisten. Dies allerdings wäre mit den Ansprüchen der \Vildnisbdürworterinnen un- vereinbar.

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l '.m das :\u~nuss solcher antagonistischer l laltungen genauer einsdützen zu können. bt es notwl·nclig dil.' \"ertL·ilung dl.'r drei Ideal-Typen in dt·r Be,-ölkerung zu kennL'n. Daher \Yer<.kn die hier gefundenen Ergebnisse. die derzeit noch l lypothesendurakter haben, ;111hand einer rcpr;iscntativen sdnvcizwcill'n Studie überprüft.

Key,Yords:

\\'ildnisg,:hictc, Ansprüche der Bevölkerung. l\knsch-\\'ildnis-Ikzichung

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WSL Fornmfür U:'issen 2002

Processus biologiques lies a l'intensite d'utilisation d'un paysage Biologische Prozesse in Abhängigkeit der Nutzungsintensität einer Landschaft

Alexandre Butt/er et co/li.,g11es

\FSL Antenne ronwnde. clo EPFL Ec11!Jle11s. case postale 96. CH-1015 Lausanne E-mail: alexandre.b1tttler@11ni11e.ch

L'icleL' de 1a creation de reserves naturelles et paysagi::res cl'irnpo11ance nationale (parcs nationaux, parcs paysages et parcs naturels) est de micux integrL'r, clans unc pL'rspective de developpement durable, les composantcs qui font le paysagc et qui lui clonnent sa dynamique,

a

savoir !es habitats naturels, !es habitants et lc tissu culturcl et economique. Dans ccs nouveaux typcs de grancles reserves paysageres.

qui scront choisis sclon des critcrcs vocationnels 11 definir (qualitc biologique des milicux, identite regionale, multi-usage cxtcnsif, etc.) des objectifs specifiqucs de protection/conservation, c1·exploitation durable, d'education

a

l'environnement, de devdoppemcnt technologique et de recherche seront defi- nis. L'utilisation des milieux par l'hommc est clone un facteur essenticl de l'evolution du pays:ige, et en pa11iculier de l'evolution des equilibres naturcls.

Dans cet expose, nous presentons deux ecosystemes qui sont eminemment conditionnes par J'action humaine: !es p}turagcs boises jurassiens et !es marais de 1a rive sud du lac de Neuchatei. Ces exemples conviennent pa11iculierement bien puisqu'ils correspondent

a

des zones concernees par le concept de parcs paysages. De plus, les etudes qui y sont menees permettent de repondre. au moins partiellement.

aux lacunes reconnues dans le rappon de l'Academie suisse des sciences naturelles sur 1a recherche dans les grandes zones protegees de Suisse (ASSN/SANW 2002).

a

savoir, l) le net deficit en matiere de rechcrche multidisciplinaire et axee sur !es processus clans le domaine de b recherche sur !es ecosy- stemes et, 2) 1a quasi inexistence cl'approche pour !es paysages mraux proteges ou meritant de l'etre.

Dans le cas des päturages boises jurassiens. nous sommes en presence de milieux semi-naturels ou les acteurs principaux de son utilisation dirccte sont l'agricultcur et le sylviculteur. Par leurs interventi- ons, ils determinent le fragile equilibre entre appauvrissement du paysage suite

a

l'intensification de son utilisation, et sa fermeturc par l'cxtensification de sa gestion. Les proccssus biologiques lies

a

leurs intcr- ventions sont d'abord 1a dynamique des herbages et 1a dynamique/regener.ition des arbres et autres ligneux. Ces processus pcuvent etre apprehendes

a

differentes echelles spatio-temporelles et ont tous des consequences sur 1a biodiversite: 1)

:1

petite echclle. celle des synusies vegetales, on peut recon- naürc des fluctuations saisonnieres de b composition floristique d'un pre plture, p;u exemple avec des effets de pel1lirbations ponctuelles par le betail (bouses. pietinement. broutage, refus); 2)

a

l'echelle moyenne, edle de 1a phytocec•nose, on peut voir des fluctuations annuelles ou decennales. par exemple dans le phenomene de regeneration forestiere et de 1a succession des synusies en mosa·ique i.bns !es phyton:noses, eventuellement en relation avec lcs pe11urbations localcs (coupes forestieres); 3)

a

gr.111<lc echclle, edle du paysage, on peut remarquer une transformation deccnnale ou seculaire, par exemple par 1a succession des phytocenoses, en:ntuellement en rebtion avec des perturbations regionales (our.1- gans) ou globales (changements climatiques), voire suite ;1 des decisions politiqucs et des dispositions legales. Ces trois echdles sont illustrees an.'c des tr~n-aux en cours ou pre\·us

a

!'Antenne romande du WSL.

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Dans le cas des marais de la rive sud du lac de Neuchatei. l'hommc agit indirectcmcnt sur lc milicu t'n tllilisant 1a ressource cau, cn particulier cn agiss;111t sur Li rt'gulation du nin'aU du bc, principalement pour assurer l'appr(wisionnement r0gulier en electricitc, 1':1ssainissement des terrcs agricolcs du Seeland et Li n;1Yig:1tion flm·iak sur le Rhin. Les objectifs de conse1Yation des marais ont necessite de prcYenir ks efkts d·une rupture <.l'cquilibre entre k bc et ks milieux soumis

a

son in11ucnce. A cct egard. les processus biologiques tds ks cycles bio-geochimiques des groupements ,·egt.:·taux sont dderminants et conditionnent egakment b rechercht' d\me courhc optimale de regulation du nh·eau du lac. Sdon !es interets en jeu. m0me dans le donuinc biologique, les contraintes 0cologiques ne sont p;1s nc.icessairc- ment conn:rgentes. Les condusions de l"etude des effets de 1a regubtion des bes subjurassiens sur b ,·cgt;Ution et le milieu sont prcsentces.

Keywords:

paturages lx)ises, marais. facteurs anthropiques. ecologie, gestion

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WSL Fommfür Wissen 2002

Grossflächige Schutzgebiete - Perspektiven für die regionale Wirt- schaft

lrene Kt'ipfer

Scbzralmenackerstrasse 19, 8-iOO \v'intertb11r, E-mail: ire11e.k11pjer@blue1l'in.ch

Die Schweiz weist im internationalen Vergleich einen Nachholbedarf auf. ·was die Ausweisung grossflä- chiger Schutzgebiete anbelangt. Gleichzeitig sehen sich Regionen, die entsprechende Räume zur Verfü- gung stellen könnten, oft mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert. So ist es verständlich, dass in Diskussionen um die Einrichtung neuer (bzw. die weitere Entwicklung bereits bestehender) grossflächi- ger Schutzgebiete je\veils balJ einnul die Frage gestellt \Yird, welchen wirtschaftlichen Nutzen ein sol- ches Gebiet für eine Region ef\varten lasse.

Aufgrund seiner vielfältigen Funktionen bringt ein grossflächiges Schutzgebiet einen wirtschaftlichen Nutzen mit sich, der sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Als besonders wichtige Kompo- nente erweist sich oft der Beitrag des Schutzgebietstourismus zur regionalen Wirtschaftsleistung. Dies trifft z. B. im Fall des SclnYeizerischen Nationalparks zu:

Nationalparktouristinnen und -touristcn generierten im Sommer 1998 rund 40

°o

aller Logiernächte der Region, die die 10 Gemeinden von Zuoz bis Scuol im Engadin smvie ;1lle 6 Gemeinden des l\lünstertals umfasst. Die I Iotelgäste gaben im Durchschnitt pro Person und Tag mnd 129 Franken aus: bei Gästen der Parahotellerie waren es et\\';} 59 Franken. Daraus entstanden direkt et\\·a 10 .\lio. Franken an Ein- kommen Cdirekte nationalparktouristische Wertschöpfung") in der Region. Dies entspricht ungefähr dem, \Vas im l\littcl von 120 vollzeitlich beschäftigten Personen erwirtschaftet wird. Hinzu kommen

\Veitere, indirekte und induzierte Einkommens- und Beschäftigungseffekte, welche zusammen bis zu 70

'in

der direkten Effekte betragen. Gemessen am regionalen Bruttoinlandpro<lukt (BIP), welches für 1998 auf rund 410 l\Iio. Franken veranschlagt wurde. behuft sich der auf den N:1tion3lparktourismus zurück- zuführende Anteil auf mindestens 2,5 °,iJ (nur direkte nationalparktouristische \'v'ertschöpfung berück- sichtigt). Im l\laximum trug 1998 der Nationalparktourismus 4,25 °-o (gut 17 >lio. Fr.1nken) zum regiona- len BIP bei. Zu beachten ist, dass sich der Nationalparktourismus auf die Sommers3ison beschränkt:

Gemessen ;in der gesclützten sommertouristischen Wertschöpfung der Region entspricht der Anteil des Nationalparktourismus mnd einem Vie11el.

In anderen Eillen kann sich die L3ge - abhängig von den spezifischen regionalen Gegebenheiten sowie vom jeweiligen Schutzgebietstyp - unter Umständen wesentlich anders gesulten. Dennoch Usst sich im I Iinblick auf die allföllige Ausweisung neuer grossflächiger Schutzgebiete generell festhalten: Ein Schutzgebiet kann durchaus einen \vichtigen Beitrag zur wit1schaftlichen Regionalentwicklung leisten:

mit einem Schutzgebiet alleine Eisst sich jedoch keine regionale \X'irtschaftsförderung betreiben. Das bedeutet, dass auch ergänzende, ;iuf Jen je\veiligen Schutzgebietstyp abgestimmte Strategien zu entwik- kl·ln und umzusetzen sind. Die Forschung ist in diesem Zusammenhang gefordert, Inform3tionen zu liefern, wie vdrtschaftlicher Nutzen und Schutz sinnvoll miteinander kombiniert werden können.

Key,vords:

Grosstbchige Schutzgebiete, Funktionen, wi11schaftlicher Nutzen, regionalwi11schaftliche Effekte

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WSL Fonimfür Wissen 2002

Hoffnung für die Natur? Zur Evaluation von Schutzprogrammen

77Jumas Dttlang

Eit(f!,. Forscbungsanstalt H'<SL, Zürcberstr. 111, 8903 Birmensdo,f. E-mail: tbomas.dalanP,@u·sl.ch

l lnter Schutzprogran1men verstehe ich hi<.:r Planungen. die zur Einrichtung von grossfbchigen Schutz- gebieten - ,vie Biosplürenreservaten und Nationalparks - Biotop-Netzwerken und tihnlichem führen.

Welche Natur solk:n diese Programme erhalten und fördern? Von den vier oft genannten Zielbereichen Landschaft, Biodiversit:it, \X'i!tschaft und Nachhaltigkeit behandle ich hier den Biodiversitätsschutz, der lüufig als der wichtigste genannt wird. Dabei ist zu beachten. dass Landschaftsschutz und ßiodiver- sititsschutz nicht immer miteinander korreliert sind. sdbst dann nicht, wenn man Landschaftsschutz auf den Schutz naturnaher Landschaften einengt.

Wie lassen sich Schutzprogramme auf ihren Naturschutz-Wert hin untersuchen? Das Allenveltsheilmittel dazu ist heute die Erfolgskontrolle. Drei voneinander abhängige Fragen stellen sich: Br:rncht es über- haupt Erfolgskontrollen? I Iat die bei Erfolgskontrollen angewandte Technik noch entscheidende .\länget?

Wie kann die Forschung helfen. die bei Erfolgskontrollen ange,vandte Technik zu verbessern?

Eine Erfolgskontrolle ist nützlich bei zielgerichteten Schutzprogr~mmen - bei einer Vorgehensweise also, die zuerst Ziele entwickelt, dann Instnimentc sucht, sie dann anwendet, dann misst, ob die Ziele erreicht \Verden, und schliesslich rückkoppelt, um die Instrumente zu verbessern. Bei eher explorativ angelegten Programmen bringt die Erfolgskontrolle wenig.

Ein Problem stellt sich gelegentlich, wenn die Ziele eines Schutzprogrammes unklar sind. \"\"ie nachhal- tig muss beispicls,veise die Landwirtschaft sein, damit für den Artenschutz genügend herausspringt? Es geht dabei vielmehr um das Aushandeln eines Kompromisses zwischen der wirtschaftlichen Rendite eines Landwirtschaftsbetriebes und dem Artenschutz als um die Erreichung eines konkreten Arten- schutzziels. In grossflächigen Schutzgebieten stellt sich dazu einerseits die politische und ökonomische Frage, \velches Rentabilitätsniveau angestrebt wird, und andererseits die bndwirtschafts- und natur- schutztechnische Frage, \vieviel und welcher Naturschutzwert sich bei gegebenem Rentabilitäts-Soll pro- duzieren Usst.

Bezüglich der Instrumente gibt es beispielsweise eine breite Palette von Empfehlungen, \Vie sich Bio- tope vernetzen lassen, um einen Biodiversitjtsmehnvert zu generieren. Biologisch gesichertes Wissen dazu ist seltener. Die Auswahl der in der Praxis eingesetzten lnstrnmente orientiert sich stärker an deren Popubritit als an ihrer Wirksamkeit.

Auch bei der Messung der Ziderreichung klaffen Lücken. \X'ie lassen sich die Feldmethoden verbilligen, ohne dass sie ihre Aussagekraft verlieren? DiL' Möglichkeiten der Fernerkundung für biologische ;'.les- sungen werden erst langs:1111 entdeckt. Die Synthese von Einzeldaten zu aggregierten Aussagen über Biodiversit;itsver'..inderungen sind noch schlecht ausgekundschaftet.

Im Umfeld überschaubarer, praxisnaher, experimenteller Projekte scheinen riickgekoppelte Erfolgs- kontrollen - die Instn11nente \Verden aufgrund der Ergebnisse der Erfolgskontrolle \·e1-bessert - gut zu funktionieren. Bei Grossprojekten mit weitverzweigten Kooperationsnetzen ist es schwieriger. eine effi- ziente Erfolgskontrolle zu realisieren: Vielleicht sind die Zustindigkeiten zu wenig gekbrt, die politische Bürde lastet zu schwer auf den Projekten oder die Ziele sind zu grob gesetzt. Eine Evaluation solcher Projekte steht noch aus.

2.3

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Für das Bundesim·t'ntlr „Trockenwiesen und -weiden der Schweiz" \\'urde au(~n.1t1d dieser Einschiit- zung eine Erfolgskontrolle skizziert. die n~rsucht. die erfolgversprechenden Aspekte zu st:irken. aber

\\'enigt'r auf Kontrollt' setzt. Ein Bündel relevanter Frfolgskontrollen-Kleinprojckte ·wird durch die Kan- tone durchgeführt. lkgkitend wird deren Rclt'vanz für das Gesamtprojekt ahgcsdützt und auf dieser Basis eine transparente Gesamtbilanz erstellt. Als Option kann diese Gesamtbilanz ahhtingig nrn den finanziellen :\litteln durch ein :'-,Jonitrning ahgesiche1t \Yerdt'n. Als weitere Option können wichtige un- klare Aspekte als Begleitstudien unabh:ingig von der Erfolgskontrolle bearbeitet \\'erden. \'on entsclwi- dender Bedeutung ist ein Fornm. dass die ,vichtigen Akteure einbezieht, Thematik und Resultate dis- kutiert sowie versucht. die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Ke) ·words:

E\·aluation. Erfolgskontrolle. Biodi\·ersitit. Naturschutz

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