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Was lehrt uns die Ertragskunde hinsichtlich nachhaltiger Ressourcennutzung im Wald?

5.7 Ertragskundliches Know-how in aktuellen Fragen

Die Ertragskunde hat in speziellen Fragen mit ihrem Know-how jeweils entscheidend zu aktuellen Themen bei-tragen können, so z. B. beim Auftreten des Kastanienrindenkrebses mit den grossen Versuchsaufforstungen in Co-pera (siehe z. B. BUFFI1987) und beim

«Waldsterben», indem auch auf den Versuchsflächen die damals als gültig angesehenen Erhebungsmethoden an-gewendet und z. T. ausgewertet wur-den. Aktuell stellt sich auch die F rage

nach der maximalen bzw . optimalen Eingriffsstärke im Gebirgswald im Hinblick auf sich daraus ergebenden zukünftigen Strukturen bzw . die allen-falls notwendigen waldbaulichen Ein-griffe. Die Ertragskunde kann mit ih-ren qualitativ einwandfreien, langfristi-gen Daten, v . a. mit jenen aus den

«alterslosen» Plenterwaldflächen, zu aufkommenden Fragen im Zusammen-hang mit dem Klimawandel Antworten liefern (ZINGG1996; ZINGGund BÜRGI

2008). Ertragskundliche Versuchsflä-chen können auch für vertiefte Unter-suchungen genutzt werden.

6 Voraussetzungen und Bedingungen

Langfristige Waldforschung ist mit ho-hen Ansprücho-hen an die K ontinuität verbunden. Änderungen der Metho-den sind praktisch nicht oder nur in sehr geringem Umfang möglich, Er-gänzungen dagegen schon. Eine hohe Kontinuität bedingt auch einige me-thodische Erfordernisse. So sind die zu messenden Bäume nummeriert, die Messstellen sind markiert und die Ver-suchsflächen sind vermessen. Wohl das wichtigste sind aber die Mitarbeiter . Aus den Angaben im Archiv lässt sich feststellen, dass die Erhebungen auf den ertragskundlichen Versuchsflä-chen mit wenigen Ausnahmen von denselben, langjährigen und qualifi-zierten Mitarbeitern durchgeführt wur-den und dass die Betreuung und Lei-tung der Ertragskunde der WSL eben-falls in der Verantwortung von Forschern lag, die über längere Zeit ih-re Spuih-ren an der Versuchsanstalt hin-terlassen haben. Die von «K ometen»

angelegten Versuche entsprechen be-züglich Präzision nicht immer dem Standard – z. T. ist nicht einmal mehr bekannt, wo sich diese Versuchsflächen befanden.

Nicht zuletzt wird auch immer wie-der die F rage nach den K osten aufge-worfen, bei denen vermutet wird, dass sie sehr hoch sein müssen.Der Zeitauf-wand der Mitarbeiter, welche die Mes-sungen in den Versuchsflächen durch-führen, dürfte der Hauptkostenfaktor sein. Damit spielt die Grösse der Versuchsflächen und die Anzahl zu messender Bäume eine massgebende

Rolle – Grössen die aber nicht beliebig reduziert werden können, da diese wie-derum mit den zu untersuchenden Be-standesstrukturen zusammenhängen.

Stellt man aber die K osten einzelner Versuchsflächen pro Hektar und J ahr dem Erkenntnisgewinn gegenüber und zieht ausserdem noch den Verlust in Betracht, der entsteht, wenn man die Vorinvestition früherer Messungen nicht ausnützt, zählt die Ertragskunde bei weitem nicht zu den kostenintensi-ven F orschungsvorhaben (Z INGG

2005b). Gerade die Ausnützung der ge-tätigten Vorinvestitionen durch eine Weiterführung der Versuche ist ange-sichts der bei den Entwicklungszeiträu-men des Waldes immer unsicheren Zu-kunft (ZINGG 2001) geradezu ein Im-perativ.

Die hier geforderten hohen Ansprü-che an die Kontinuität sowohl in perso-neller als auch finanzieller Hinsicht bedeuten, dass F orschungsinstitute, welche die Ertragskunde – die «langfri-stige Langzeitforschung» – als ihre Aufgabe betrachten und die notwendi-gen Ressourcen dafür bereitstellen, im Vergleich zu Hochschulinstituten bes-ser geeignet scheinen. Ertragskunde steht bis zu einem gewissen Grad im Widerspruch zur gegenwärtigen Schnelllebigkeit der Forschung.

7 Zur Frage im Titel

Ulrich Meister hätte die im Titel ge-stellt F rage wahrscheinlich so beant-wortet: Die Ertragskunde ist die Grundlage einer nachhaltigen Res-sourcennutzung im Wald! (vgl. dazu SCHÜTZ1976) Und er hätte mit dieser Aussage recht gehabt und die Quintes-senz der Ausführungen hier gezogen.

Meisters Betrachtungszeitraum war im Vergleich zu ertragskundlich-wald-wachstumskundlichen Zeiträumen al-lerdings ein kurzer . Ertragskundlich-waldwachstumskundliche F orschung kann im Sinne der Titelfrage nur dann erfolgreich sein, wenn sie Zeiträume abdecken kann, die weit über jene von Praktiker- und F orschergenerationen hinausgehen. Diese Tatsache erfordert ein sehr hohes Mass an Disziplin der Beteiligten, damit die unbedingt erfor-derliche zeitliche K ontinuität gewähr-leistet werden kann.

Viele ertragskundliche-waldwachs-tumskundliche V ersuche beschäftigen sich mit Bäumen erst ab einer gewissen Dimension. Ertragskundliche Versuche sind aber immer auch waldbauliche Versuche (ZINGG 2005a). Gerade in den ungleichaltrigen Beständen, denen in den letzten J ahren vermehrt Auf-merksamkeit zuteil wurde, spielt dage-gen die Verjüngung eine entscheidende Rolle, v.a. im Hinblick auf die nachhal-tige Nutzung der Ressource Wald, sei es hinsichtlich Holz, Schutzwirkung oder der Befriedigung anderer An-sprüche des Menschen. Gerade im Ge-birgswald kann es bis zu einem J ahr-hundert dauern, bis aus einem Sämling ein Baum mit 8 cm Durchmesser ge-worden ist. Die nachhaltige Verjün-gung ist wohl eine der wichtigsten F ra-gestellungen für die Zukunft der er-tragskundlichen F orschung, der eine hohe Aufmerksamkeit gewidmet wer-den sollte. Für MEISTER(1903) war die Verjüngung kein Problem: «Sowohl die Standortsverhältnisse der Sihltalwal-dungen, als diejenigen … der Adlis-bergwaldungen sind der natürlichen Verjüngung in vorzüglicher Art gün-stig». Im ganzen Kapitel «Bestandes-begründung» wird das Wild mit kei-nem Wort erwähnt. Ebenso wenig war eine Klimaveränderung und ihre K on-sequenzen ein Thema. Beide F ragen stellen sich heute aber sehr prominent, Fragen auf welche die Ertragskunde in Hinblick auf die nachhaltige Nutzung in den nächsten J ahrzehnten Beiträge zu ihrer Beantwortung erarbeiten muss.

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Abstract

What can we learn from growth and yield research concerning sustainable use of the resources from the forest?

Growth and yield research is the “long-term” long-term research of WSL: After the foundation of WSL more than 120 years ago, a network of research plots cove-ring the whole of Switzerland was established by Flury and later also by others . After only 21 years , which in silvicultural terms has to be considered as a very short time, Flury published the first yield table for the main species Norway spru-ce and beech, a basis for a sustainable management. Engler added the plots in plenter forests and provenance trials and Burger published within 24 years 14 contributions to “wood, leaf area and increment”. With time 91 contributions came together, all, directly or indirectly, with the aim to improve the yield in forest management. Last but not least, results from growth and yield research were a basis to develop efficient forest inventories which are an essential basis for sus -tainable management. Even if sustainability is understood broader than described by the classical dimensions “number of trees, “basal area” and “volume”, it is the growth and yield research which provides methods to describe forest stand structures and their changes, also in respect to site . Growth and yield can provide possible solutions and answers. Maybe the most essential answer to the question in the title is this: forests are adaptable ecosystems, composed of trees which are for their part adaptable organisms.

Keywords: growth and yield research, silviculture , long-term research, forest management, sustainablity

Ertragskundliche Dauerversuche – Fragen, Wege,