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Archiv "Sozialmedizinische Begutachtung: Überlegungen zu einem Qualitätssicherungsprogramm: Schlußwort" (15.02.1990)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT amosk

Sozialmedizinische Begutachtung:

Überlegungen zu einem

Qualitätssicherungsprogramm

Zu dem Beitrag von Dr. med. Rüdiger Großpietzsch und Dr. med. Marianne Ihmann in Heft 13/1989

In ihrer Arbeit zitieren die Au- toren unter Nr. 22 im Literaturver- zeichnis eine Arbeit von mir. Es han- delt sich um: „Der Einzelfall und die Regel — aus der Sicht des Vertrau- ensärztlichen Dienstes und der ge- setzlichen Krankenversicherung", erschienen in: „Der Medizinische Sachverständige" 83 (1987) 15-18*).

Hiernach müßten bei gutachter- lichen Aussagen über die Notwen- digkeit von Leistungen aus der So- zialversicherung die angelegten Maßstäbe sachlich begründet und

„gerecht" sein und nach Möglichkeit von allen Beteiligten akzeptiert wer- den.

Es liegt mir daran, noch einmal zu verdeutlichen, was durch die Ver- wendung des Ausdruckes „gerecht"

— wie er in der Originalarbeit in An- führungszeichen gesetzt ist, so ist er auch zitiert — gesagt werden soll:

Urteile, die von Gerichten ge- fällt werden, können streng oder mil- de, gerecht oder ungerecht sein.

Gutachterliche Äußerungen sind aber keine Urteile wie diese. Sie kön- nen richtig oder falsch sein, aber nicht gerecht oder ungerecht. Das Verwaltungshandeln, etwa die Be- willigung oder Ablehnung einer beantragten Versicherungsleistung kann dagegen zu tatsächlichen oder so empfundenen sozialen Ungerech- tigkeiten führen. Der Sensibilitäts- grad hiergegen ist heute erheblich.

So gesehen können die hier erwähn- ten Gutachten eigentlich nur da zu Ungerechtigkeiten führen, wo die Gesetzgebung dies ermöglicht oder nicht verhindert.

*) vgl. Silomon, H.: Der Einzelfall und die Re- gel — Patienten in der Begutachtung durch den behandelnden und begutachtenden Arzt. Dt.

Ärztebl. 84/Heft 17/1987

Es ist dann aber nicht die Aufga- be des Gutachters, durch falsche Aussagen die Ungerechtigkeiten oder Ungereimtheiten zu verhin- dern, die er durch sachgerechte Aus- sagen entstehen sieht und die er von den Begutachteten abwenden will.

Wenn er hier mit seinem Gewissen ins Reine kommen muß und will, dann sollte er die Begutachtung ab- lehnen oder in seinem Gutachten er- wähnen, mit den etwa aus diesem sich ergebenen Rechtsfolgen könne er sich nicht identifizieren, gleich- wohl habe er aber die ihm gestellte Beweisfrage nur so und nicht anders beantworten können.

Abweichungen von diesem Grundsatz mögen in Diktaturen oder in diesen ähnlichen Staatsgebil-

Schlußwort

Die semantische Definition Silo- mons für den Begriff „gerecht" in seinem Kontext ist hilfreich und wi- derspricht nicht unserer Feststel- lung, daß ein qualitätsgesichertes Gutachten, das eben von allen Betei- ligten als „gerecht" empfunden wer- den kann, eine höhere Akzeptanz und damit eine problemlosere Um- setzung erfahren wird.

Nicht ganz so uneingeschränkt zu bejahen ist Silomons Feststellung, gutachterliche Äußerungen könnten nur richtig oder falsch sein. Als Obergutachter findet man doch, daß in beanstandeten Erstgutachten die Gewichtung der Befunde hin und wieder nicht genügend ausgewogen oder aber die gutachterlichen Schlüsse zumindest einseitig erschei- nen.

Es gibt nach unserer Auffassung eine Gerechtigkeitsmaxime bei der Befundwürdigung, insbesondere bei der Begutachtung von Problempa-

den geboten und erlaubt sein. Ent- sprechende Situationen, in denen es um letzte Dinge, etwa um Leben und Tod, Freiheit oder Unfreiheit geht, sind aber in unserem Gesundheits- wesen und auch in unserem Staat wohl kaum denkbar. Sie können des- halb auch keine Alibi-Funktion ha- ben. Daß ärztliche Gutachten unter den vorerwähnten Vorbehalten nach Möglichkeit von den hiervon Betrof- fenen als „gerecht" (bewußt in An- führungszeichen gesetzt) empfunden werden sollten, ist also zu wünschen, aber nicht oberstes Gebot.

Dr. med. Hero Silomon Internist • Sozialmedizin

Ltd. Landesmedizinaldirektor a. D.

Schölerbergstraße 22 B 4500 Osnabrück

tienten, zum Beispiel mit psycho- mentalen Störungen, die naturge- mäß schwer objektivierbar erschei- nen, die die spezielle „Gutachter- ethik" ausmacht. Dies bedeutet aus unserer Sicht, daß der doch meist ge- gebene große Beurteilungsspielraum möglichst „gerecht" genutzt wird.

Die nachfolgende These Silo- mons, daß der Gutachter niemals versuchen darf, durch bewußt zielge- richtete Aussagen eine „ausgleichen- de Gerechtigkeit" herstellen zu wol- len, unterstreichen wir ausdrücklich.

Dies war ja gerade unsere Intention bei den Uberlegungen zur Erarbei- tung eines Qualitätssicherungspro- grammes für die sozialmedizinische Begutachtung.

Dr. med. Rüdiger Großpietzsch Ltd. Landesmedizinaldirektor Dr. med. Marianne Ihmann Landesmedizinaloberrätin Vertrauensärztliche Dienststelle der LVA Hannover

Ubbo-Emmius-Straße 2 2960 Aurich

I I Zu dem Begriff „gerecht"

A-490 (70) Dt. Ärztebl. 87, Heft 7, 15. Februar 1990

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