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Die Lehrer*innen–Schüler*innen–Beziehung als Erfolgsfunktion des Unterrichts Wie wirkt sich eine positive Lehrer*innen–Schüler*innen–Beziehung auf den Unterricht in der Berufsschule aus?

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Academic year: 2021

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B a c h e l o r a r b e i t zu dem Thema

Die Lehrer*innen – Schüler*innen – Beziehung als Erfolgsfunktion des Unterrichts

Wie wirkt sich eine positive Lehrer*innen – Schüler*innen – Beziehung auf den Unterricht in der Berufsschule aus?

Schriftliche Ausarbeitung im Studiengang

Berufspädagogik für Soziale Arbeit, Sozialpädagogik und Kindheitspädagogik

vorgelegt am 13.01.2020

von Chiara Deschka

urn:nbn:de:gbv:519-thesis201904152

1. Betreuerin: Frau Dr. phil. Matilde Heredia 2. Betreuer: Herr Prof. Dr. Matthias Müller

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~The mediocre teacher tells.

The good teacher explains.

The superior teacher demonstrates.

The great teacher inspires.~

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... 2 Tabellenverzeichnis ... 2 Abkürzungsverzeichnis ... 2 Vorwort ... 2 1 Einleitung ... 5 2 L-S-B in der Berufsschule ... 7

2.1 Definition „Beziehung“, „Berufsschule“ und „Unterricht“ ... 7

2.2 Grundlagen einer L-S-B ... 9

3 Positive L-S-B in der Berufsschule ... 12

3.1 Positive L-S-B als ein dynamischer Prozess ... 12

3.2 Forschungsentwicklung einer positiven L-S-B ... 14

3.3 Befunde nach John Hattie zur L-S-B ... 21

4 Auswirkungen einer positiven L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule ... 24

4.1 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf die Lernenden ... 24

4.2 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf die Lehrenden ... 27

4.3 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf den Unterricht ... 29

5 Diskussion ... 33

5.1 Auswirkungen einer positiven L-S-B als dynamischer Prozess ... 33

5.2 Auswirkungen der L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule... 36

6 Exkurs zum Studiengang Berufspädagogik ... 40

7 Fazit ... 41

8 Literaturverzeichnis ... 43

Danksagung ... 48

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2 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Variablen der Lehrer-Schüler-Beziehung nach Cornelius-White (2007) ... 23 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Elemente (Skalen) des Klassenklimas nach Eder (1995 S. 104), verändert ... 31

Abkürzungsverzeichnis

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Vorwort

Die vorliegende Bachelorarbeit entstand im Rahmen meines berufspädagogischen Studiums an der Hochschule Neubrandenburg. Die Idee zu diesem Thema entwickelte sich während des Studiums. Ich möchte in meiner Zukunft als Lehrerin arbeiten. Ich möchte gern mein Wissen mit anderen teilen und das in einem positiven Rahmen sowie mit einer engen und vertrauensvollen Beziehung zu den Lernenden. Ein positiver Rahmen definiert sich für mich, wenn ich nicht nur die Lehrende der Lernenden bin, sondern auch eine Vertrauensperson. Natürlich weiß ich, dass es auch kompliziert werden kann, wenn viele verschiedene Charaktere aufeinandertreffen und ich die Lernenden nach Richtlinien beurteilen muss, aber ich werde diese Situationen als Chance sehen und bestmöglich umsetzen. Ich nutze die Herausforderungen als eine Möglichkeit, den Klassenzusammenhalt zu stärken und ein erfolgreiches Miteinander aufzubauen. Wie wichtig dafür eine gute L-S-B ist, habe ich durch meine eigene schulische Laufbahn erfahren. Schon in der Grundschule wurde ich mit guten und schlechten Lehrenden konfrontiert. Die Lehrenden, die ich als gut empfand, gaben mir nicht nur das Gefühl mich zu unterrichten, sie bauten eine Beziehung zu mir auf. Ich bin bei den Lehrenden sehr gerne in den Unterricht gegangen und das Lernen fiel mir viel leichter. Ich wurde von den Lehrenden, mit denen ich eine positive Beziehung aufgebaut habe, gestärkt und motiviert. Das gesamte Klassenklima wurde von mir demnach als sehr positiv empfunden. Wir akzeptierten uns gegenseitig, ob wir uns mochten oder nicht. Natürlich waren wir nicht alle eng befreundet, aber man unterstützte sich gegenseitig. Das lag zum einen an dem, was unsere Lehrerin uns zum Klassenklima vermittelt hat und zum anderen daran, wie sie selbst mit uns umgegangen ist. Lehrende, die ich in meiner Laufbahn für weniger kompetent empfunden habe, erreichten bei mir das Gegenteil von Stärke und Motivation. Ich hatte keine Lust in die Schule zu gehen, war unmotiviert und empfand das Lernen als Zwang bzw. Qual. Durch das negative Verhalten der Lehrenden wurde ich eingeschüchtert und im Lernen eingeschränkt. Das ist für mich heute eine „Horrorvorstellung“, wenn die Lernenden wie ich, solch ein Gefühl im Unterricht ertragen müssen. Daher möchte ich später eine enge und positive L-S-B haben. Ich möchte, dass die Lernenden gerne in meinen Unterricht gehen und motiviert und begeistert sind, etwas zu lernen. Damit dies gelingt muss zum einen auf eine gute Beziehung untereinander geachtet und zum anderen für ein positives Klassenklima gesorgt werden. Es sollte nicht nur

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auf den Unterricht und den Lernerfolg geschaut werden, es sollte vielmehr auf die Gefühle und die Empfindungen der Lernenden sowie der Lehrenden eingegangen werden. Denn darauf wird meiner Meinung nach zu selten geachtet. Ich glaube, wenn es sowohl den Lernenden als auch den Lehrenden gut geht und sie sich wohl fühlen, dann gelingt das Lernen ebenfalls mit dieser Einstellung. Aus diesem Grund möchte ich in meiner Bachelorarbeit im Folgenden genau auf das Thema L-S-B eingehen. Der Fokus der Arbeit wird auf die Berufsschule gelegt, da ich später in diesem Bereich arbeiten werde und ich recherchieren möchte, ob der Forschungsstand zu L-S-B in der Berufsschule Sekundarstufe II deckungsgleich mit Schulen der Sekundarstufe I ist.

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1 Einleitung

Im Fokus der bildungspolitischen Diskussion steht die Auseinandersetzung mit der Frage, wie die einzelnen Schulen Bedingungen schaffen können, unter denen junge Menschen gut lernen und leben können. Die Erweiterung der Schulzeit nach der Pflichtschulzeit verlängert für viele Lernende die Schullaufbahn wesentlich (vgl. Eder 1995, S.15). Aus diesem Grund wird die Schule vom Lernort eher zum Lebensort und das sowohl für die Lehrenden als auch für die Lernenden. Das bedeutet, dass gleichzeitig höhere Ansprüche hinsichtlich des Befindens nahegelegt werden, zum Beispiel das Befinden (Wohlfühlen) zwischen Lehrenden und Lernenden in der Berufsschule (Eder 1995, S.15). Nach Scholz (2018) ist eine grundlegende Voraussetzung für erfolgreiches Lernen eine gute Beziehung zwischen den Lehrenden und Lernenden (vgl. Scholz 2018, S. 32).

In der Literatur und den Medien wird oftmals danach gefragt, was eine erfolgreiche Lehrperson ausmacht und wie sich das auf den Unterricht auswirkt. Eine besondere Wichtigkeit wird dabei der L-S-B zugesprochen, denn ohne eine erfolgreiche Beziehung sind pädagogische Bezüge wie das erfolgreiche Unterrichten undenkbar. Die Beziehung verweist dabei auf die Interaktionen, die im Unterricht stattfinden. Bei der L-S-B gibt es sowohl positive als auch negative Beziehungen. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen einer positiven L-S-B. Angesichts der hohen Bedeutung die der L-S-B zugeschrieben wird, stellt sich die Frage: „Wie wirkt sich eine positive L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule aus?“

Das Ziel der Bachelorarbeit ist es, aufzuzeigen, wie sich eine positive L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule auswirkt. Dabei soll gleichzeitig die Bedeutung und die Wichtigkeit des Themas verdeutlicht werden. Das Ziel soll erreicht werden, indem verschiedene Untersuchungen zur L-S-B dargestellt und anschließend in einer Diskussion zusammengeführt und diskutiert werden. Die Bachelorarbeit untersucht Themen zu den Auswirkungen einer positiven L-S-B, die anhand von vorhandener Literatur zusammengetragen werden. Dadurch werden verschiedene Untersuchungen zu den Auswirkungen der L-S-B sowie eventuelle Lücken im Forschungsstand aufgezeigt.

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Der erste Teil der vorliegenden Arbeit soll über die Begrifflichkeit sowie die Grundlagen einer positiven L-S-B aufklären. Am Anfang werden zum genaueren Verständnis verschiedene Begriffe definiert. Anschließend wird auf die allgemeinen Grundlagen einer positiven L-S-B eingegangen. Der zweite Teil der Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der positiven L-S-B in der Berufsschule. Nachfolgend wird ein historischer Rückblick zu den Untersuchungen der L-S-B aufgezeigt. Durch den historischen Rückblick soll dargestellt werden, inwieweit sich die Forschung zur L-S-B entwickelt hat. Anschließend wird auf die John-Hattie-Studie eingegangen. Im dritten Teil der Bachelorarbeit werden die Auswirkungen einer positiven L-S-B auf die Lernenden, die Lehrenden sowie auf den Unterricht dargestellt. Diese Darstellung eröffnet den vierten Teil der Bachelorarbeit. Dort wird über die Auswirkungen der L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule diskutiert. In diesem Teil werden sowohl die Darlegungen des zweiten Teils als auch die des dritten Teils zusammengeführt. Dies soll ein klareres Bild der Auswirkungen auf den Unterricht schaffen. Abschließend wird ein kurzer Exkurs zu meinem berufspädagogischen Studium dargestellt und die Bachelorarbeit in einem Fazit zusammengefasst.

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2 L-S-B in der Berufsschule

Nach Hascher (2005) steuern nicht nur Kognition und Motivation Handlungen und damit verbundene Lernprozesse, sondern auch Gefühle. Diese beeinflussen die Aktivierung und die Antriebskraft eines Menschen sowie seine motivationalen Orientierungen und fungieren als Schaltstellen für kognitive Prozesse. Gefühle sind dabei immer auch Lernimpulse. Sie aktivieren beim lernenden Akteur u.a. Kausalattributionen1 (vgl. Schweer 2008, S.106). Der erste Teil der Hausarbeit soll

deshalb die Grundlagen einer L-S-B aufzeigen. Zuvor werden zum genaueren Verständnis verschiedene Begriffe definiert. Im Anschluss wird auf die Grundlagen einer L-S-B eingegangen. Dabei wird erklärt, wie Beziehungen in der Berufsschule zwischen Lehrenden und Lernenden entstehen und sich entwickeln können.

2.1 Definition „Beziehung“, „Berufsschule“ und „Unterricht“

x „Beziehung“: Im Duden wird „Beziehung“ als Verbindung oder Kontakt zwischen Einzelnen oder Gruppen und als innerer Zusammenhang bzw. als wechselseitiges Verhältnis definiert (vgl. Duden, 2019). Im Gegensatz dazu definierten Aughagen und Salisch (1993) den Begriff „Beziehung“ wie folgt: „Eine Beziehung beinhaltet eine Interaktion zwischen zwei Individuen“. Die Interaktion ist gegeben, wenn eine Person ein Verhalten (z.B. Traurigkeit) gegenüber einer anderen Person zeigt. Eine Beziehung beinhaltet eine Reihe von verschiedenen Interaktionen zwischen einander bekannten Personen. Diese Interaktion kann sowohl von den vorausgehenden als auch von der Erwartung zukünftiger Interaktionen beeinflusst werden. Interaktionen bzw. Beziehungen sind auf verschiedene Ebenen sozialer Komplexität angesiedelt. Eine vollständige Definition des Begriffes „Beziehung“ ist unmöglich, da die Vielzahl von Beziehungen unbegrenzt ist (vgl. Auhagen & Salisch 1993, S.9ff.). Bei der Unterscheidung der Beziehungstypen kommt es darauf an, wie sie miteinander in Verbindung stehen. So geht zum Beispiel eine lehrende Person eine nicht so enge Beziehung mit den Lernenden ein als eine Mutter mit ihrem Kind (vgl. Auhagen & Salisch 1993, S.10f.).

1„Kausalattributionen beschreiben den Schlussfolgerungsprozess, durch den Beobachter einen Effekt auf eine

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x „Berufsschule“: Der Begriff „Berufsschule“ gilt als Lernort in der dualen Berufsbildung. Im Unterricht werden fachliche Lerninhalte unter bestehender Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbildung vermittelt. Der Unterricht findet in Teilzeitform an einem oder zwei Wochentagen oder in zusammenhängenden Teilabschnitten als Blockunterricht statt. Eng verbunden mit der Berufsschule ist die betriebliche bzw. überbetriebliche Ausbildung. Im Rahmen einer in Grund- und Fachstufe gegliederten Berufsausbildung kann die Grundstufe ebenso in einem Berufsgrundbildungsjahr erfolgen. Daher werden die Vollzeitschulen auch als Berufsschulen bezeichnet. Der Unterricht findet in Einberufs- oder Berufsgruppenklassen statt. Das Curriculum der Berufsschule umfasst berufstheoretische und berufspraktische Unterrichtsstunden sowie Unterricht in allgemeinbildenden Fächern. Die Regelung für den Unterricht ist Bundesländersache. Die Lehrpläne werden allerdings zwischen den Bundesländern unter Berücksichtigung der jeweiligen Ausbildungsordnung abgestimmt (vgl. Schmidt, 2018). Eingegliedert wird die Berufsschule in Deutschland in die Sekundärstufe II (vgl. Bildungssystem, 2019).

x „Unterricht“: Der Begriff „Unterricht“ wird in den meisten Fällen als langfristig organisierte Abfolge von Lehr- und Lernsituationen verstanden, die von ausgebildeten Lehrpersonen absichtsvoll geplant und initiiert wird. Der Aufbau des Unterrichts dient dem Erwerb des Wissens der Lernenden sowie der Aneignung von Fertigkeiten und Fähigkeiten, welches durch die Lehrenden vermittelt wird. Meist findet der Unterricht in bestimmten dafür vorgesehenen Institutionen unter regelhaften Bedingungen statt (vgl. Wild & Möller 2009, S.74). Unterrichten ist ein komplexes Tätigkeitsfeld. So werden Studierende, Lehramtsanwärter*innen sowie Lehrende bei der Organisation, Realisierung und Reflexion mit einer Vielzahl von fachlichen, didaktisch-methodischen und auch sozialen sowie ethnischen Fragen konfrontiert z.B. bei der Unterrichtsgestaltung (vgl. Herzig u.a. 2019, S. 24). In der Berufsschule werden dabei theoretische Inhalte der Ausbildung und des späteren Berufs vermittelt. Im Unterricht verbessern die Lernenden ihr Allgemeinwissen (vgl. Azubifi, 2019).

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9 2.2 Grundlagen einer L-S-B

Die Beziehung zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen wird nach Elisabeth und Helle Jensen (2016) als pädagogische Tätigkeit bezeichnet, die an einer kulturellen Praxis charakterisiert werden kann. So können die Lehrenden beispielsweise Beziehungen im Unterricht eingehen, die förderlich für die Lernenden und für sie selbst sind (vgl. Jensen 2016, S. 14f.).

Emotionen spielen bei der L-S-B und für erfolgreiches Lernen eine zentrale Rolle (vgl. Schweer 2008, S.208). Nach Prof. Dr. Günter (2018) definieren sich Emotionen wie folgt: „Die Emotion ist ein komplexes Muster aus physiologischen Reaktionen (z.B. Steigerung des Blutdrucks), Gefühlen (z.B. Liebe, Wut), kognitiven Prozessen

(Interpretation, Erinnerung und Erwartung einer Person) sowie

Verhaltensreaktionen (z.B. lachen, weinen)“. Fehlen im Unterricht positive Emotionen, wie beispielsweise Freude, Hoffnung, Dankbarkeit und Stolz, ist die Informationsbearbeitung oberflächlicher und die Lernmotivation sowie die Lernleistung gering (vgl. Schweer 2008, S.208). Emotionen sind dabei sowohl der Auslöser als auch die Folge eines funktionierenden oder nicht funktionierenden Lernprozesses (vgl. Schweer 2008, S.208). Der Unterricht in der Berufsschule ist dabei sowohl von positiven als auch negativen Emotionen bestimmt. Je schlechter die Emotionen in der Berufsschule ausfallen, desto höher werden die Belastungen (z.B. gesundheitliche Belastungen, Schulstress) sowohl bei den Lernenden als auch bei den Lehrenden (vgl. Tillack, Fetzer & Raufelder 2014, S.13.).

Negative Emotionen können dabei aus einem Teil unbefriedigter Beziehungen der Lehrenden und Lernenden untereinander entstehen. Das bedeutet, wenn beispielsweise nicht ausreichend auf die Gefühle der Lehrenden und Lernenden eingegangen wird. Das könnte nach Miller (1922) unter anderem daran liegen, dass die Frage nach dem „emotionalen Wohlbefinden“ sowohl bei den Lehrenden als auch bei den Lernenden zu selten gestellt wird (vgl. Miller 1992, S. 223).

Positive Emotionen hingegen werden durch Verhaltensweisen charakterisiert, die sich auf andere und sich selbst förderlich auswirken. Wenn beispielsweise eine Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden durch positive Gefühle wie u.a. Authentizität, Transparenz, Akzeptanz, Wertschätzung, Einfühlung sowie die Fähigkeit den anderen mit den Augen seines selbst zu sehen, charakterisiert wird, wirkt sich das positiv auf sich selbst und andere Personen aus (vgl. Miller 2000,

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S.133). Daher wird die L-S-B in den meisten Fällen durch gegenseitige Sympathie, Wärme, Wohlbefinden und Harmonie beschrieben (vgl. Goleman, 2008, S. 43 ff.). Dabei tragen auch die Mimik und der Klang der Stimme zum Erfolg einer positiven Beziehung bei. Gesprächspartner, die miteinander harmonisieren, halten über längere Zeit Blickkontakt, zeigen körperliche Nähe und fühlen sich bei längeren Gesprächspausen nicht unwohl.

Ein weiterer ausschlaggebender Aspekt im Zusammenhang mit positiven Beziehungen stellt die Fähigkeit, die Emotionen seines Gegenübers zu erspüren, dar. Je empathischer eine Person ist, desto eher ist sie mit den Empfindungen ihres Gesprächspartners im Einklang (vgl. Goleman, 2008, S. 43 ff.).

Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist in ihrer Qualität und demnach in ihrer Gestaltung eins der wichtigsten und zugleich schwierigsten Aspekte in ihrer Messung (vgl. Tillack & Fetzer 2014, S.13f.). Dabei wurde die Bedeutung der L-S-B in vielen Studien erforscht, allerdings gibt es kaum Aussagen darüber, wie eine positive L-S-B genau gestaltet werden kann (vgl. Schweer 2008, S.208).

Ein Ansatz, wieso es so wenig Forschung zur L-S-B gibt, liegt nach Redecker (1993) in den normativen Lehrer*innen- und Schüler*innenerwartungen. Nach Kraus & Partner (2019) sind Erwartungen „Annahmen, die an das Handeln, eine Reaktion oder Entwicklung einer Person, […] gestellt werden. Die eigenen Erwartungen sind an Erfahrungen aus der Vergangenheit geknüpft“. Dabei kann zum Beispiel eine Erwartung eines Lehrenden an die Lernenden sein, dass stets alle Materialien und Bücher in den Unterricht mitgebracht und Hausaufgaben erledigt werden. Redeker (1993) kam bei einer Untersuchung zu Lehrerbelastungen zu dem Fazit, dass die Arbeitstätigkeit und Erfahrungen dann als Belastung empfunden werden, wenn Wünsche und Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Dabei beziehen sich die normativen Erwartungen auf ein erwünschtes Verhalten. So zum Beispiel erwarten die Lehrenden, dass die Lernenden täglich ihre Hausaufgaben erledigen. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, wirkt sich das negativ auf die Beziehung aus (vgl. Redeker 1993). Bei den normativen Erwartungen scheint es sich um Wünsche und Bedürfnisse zu handeln, dessen Erfüllung zu einer positiven L-S-B führt. Diese normativen Erwartungen wurden in einigen Studien erforscht. Die Befunde eignen

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sich allerdings nur teils, um die Frage einer positiven L-S-B zu beantworten (vgl. Tillack & Fetzer 2014, S.13f.). In den Studien wurden verschiedene Untersuchungen zu den Erwartungen der Lehrenden und Lernenden durchgeführt. Aus dieser Untersuchung konnten Analysen und Erhebungen entnommen werden, jedoch fand nie eine empirische Überprüfung statt (vgl. Tillack & Fetzer 2014, S.13f.) Daher ist die Frage, ob die normativen Erwartungen zu einer positiven L-S-B führen, bis heute offen. Die Untersuchung von Tillack und Fetzer (2014) weist eine der vielen Lücken in der empirischen Überprüfung zur L-S-B auf.

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3 Positive L-S-B in der Berufsschule

Zuvor wurde dargestellt, wie wichtig der offene Umgang mit Emotionen im Unterricht für die L-S-B ist (vgl. Schweer 2008, S.208). Dieser Teil der Bachelorarbeit setzt sich nun mit empirischen Forschungen zur positiven L-S-B in der Berufsschule aus-einander. Im Anschluss daran wird beschrieben, inwieweit sich der Forschungs-stand zur positiven L-S-B entwickelt hat. Nach der Darstellung des Forschungsstan-des wird expliziter auf die Studie von John Hattie eingegangen. Eine der bekann-testen Untersuchungen dabei ist die Studie „Visible Learning“ des neuseeländi-schen Wissenschaftlers, dessen Veröffentlichung im Jahr 2008 weltweit für Aufse-hen sorgte und spätestens seit der Übersetzung „Lernen sichtbar macAufse-hen“ 2013 auch in Deutschland rege diskutiert wird. Hattie hatte 800 Variablen in 700 Meta-Studien ausgewertet, um zu präsentieren, welche Unterrichtsmerkmale die stärks-ten Effekte auf den Lernerfolg haben (vgl. Hattie, 2016).

3.1 Positive L-S-B als ein dynamischer Prozess

Lehrer*innen und Schüler*innen befinden sich in ständiger Interaktion mit anderen Personen. Diese Interaktionen können durch einen dynamischen Prozess beschrieben werden. Beispielsweise findet die Ausgestaltung von Interaktionen in den Klassen im Rahmen von Rollen statt.

Dabei muss auf Nähe und Distanz, Zugehörigkeit oder Ausschluss und auf Hierarchien geachtet und sich damit auseinandergesetzt werden. So unterscheiden sich die Rollen der Lehrenden zu den Lernenden in der Hinsicht, dass der Lehrende den Lernenden beispielsweise in dessen Leistung beurteilt und dadurch gleichzeitig über dessen zukünftige Entwicklung entscheidet (vgl. Tillack, Fischer u.a. 2014, S.12). Hinzu kommt, dass die Beziehungen in den Schulen auf Zeit sowie in den meisten Fällen nur von kurzer Dauer sind, da der Unterricht in den meisten Fällen auf Stunden begrenzt ist und die Ausbildungen in der Berufsschule auch in der Regel nur höchstens 3 Jahre dauern (vgl. Tillack, Fischer u.a. 2014, S. 12).

Trotzdem wird aus der Klasse, die teils unfreiwillig „zusammengewürfelt“ ist, eine Gruppe (vgl. Großmann 2002, S.33). Jede Gruppe durchläuft dabei verschiedene Phasen, welche aber nicht immer in identischer Reihenfolge ablaufen (vgl. Lowy und Bernstein 1996, S.57f.). Diese Phasen werden auch in einer Berufsschulklasse

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durchlaufen (vgl. Glöckel 2000, S. 28.). Nach Lowy und Bernstein (1969) werden diese Gruppenphasen wie folgt beschrieben:

Jede Person beginnt mit dem Einfinden in den Gruppen, die sogenannte Voranschluss- und Orientierungsphase.

Danach folgt die Phase des Machtkampfes und der Kontrolle. Dabei üben die Lernenden Macht aus. So testen die Lernenden beispielsweise die Reaktion durch ein bestimmtes Verhaltensmuster (z.B. Langeweile) an den Lehrenden aus.

Gefolgt wird diese Phase von der Phase der Vertrautheit und Intimität. Dabei verringern sich die Konflikte, die Lehrenden haben die Lernenden mit der Zeit besser kennengelernt und umgekehrt.

Die vorletzte Phase ist die Differenzierungsphase. Die Klasse ist miteinander gereift und es wird sich über verschiedene Fähigkeiten und Eigenarten ausgetauscht. Am Ende kommt es zur Trennungsphase, wenn die Klasse auseinander geht (vgl. Lowy und Bernstein 1996, S.57f.).

Die Gruppenprozesse, die dabei in Klassen entstehen können, werden zwischen dem aufsteigenden Gruppenprozess und dem absteigenden Gruppenprozess unterschieden (vgl. Glöckel 2000, S. 28). Die aufsteigende Gruppe bildet sich durch Sympathie und Zusammenarbeit. Die Beziehung der Gruppe verstärkt sich, Rollen festigen sich, die einzelnen Gruppenmitglieder setzen sich gemeinsame Ziele, nehmen gemeinsam verschiedene Lasten auf sich, erbringen gemeinsame Leistungen und die Schulleistung sowie die Schulfreude werden gesteigert (vgl. Glöckel 2000, S. 29). Die positiven Einstellungen bilden dabei die Grundlage eines Wir-Gefühls oder eines Zusammenhalts innerhalb der Klasse. Dieser Zusammenhalt ist nicht gegeben, wenn die Klasse neu zusammengesetzt wird. Er wächst mit der Dauer des Zusammenseins in den Klassen und erhält dabei seine Ausgestaltung in Bezug auf die Art und Weise des Sozialverhaltens und über die Erfahrungen in den Klassen, die sich entwickeln können (vgl. Glöckel 2000, S. 29.). Wenn zum Beispiel die lehrende Person über ein gutes und positives Sozialverhalten verfügt und das an die Klasse weiterleitet, kann sich ein Zusammenhalt in der Klasse und unter den Lernenden entwickeln.

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In dem absteigenden Gruppenprozess zerfällt die Gruppe hingegen. So lösen sich z.B. innere Strukturen auf und die Personen teilen keine Ziele und Werte miteinander (vgl. Glöckel 2000, S. 29.).

Jede Interaktion innerhalb einer Beziehung kann den weiteren Verlauf der Beziehung beeinflussen. So wird zum Beispiel der Verlauf der Beziehung beeinflusst, wenn die Lehrenden die Leistung eines Lernenden bewerten müssen. Bei einer guten Bewertung wirkt sich das positiv auf die L-S-B aus, bei einer ausreichenden Note kann das Folgen für die L-S-B haben (vgl. Auhagen & Salisch 1993, S.9f.f.). Aus diesem Grund darf es nicht als selbstverständlich angesehen werden, dass eine gute Klassenatmosphäre von Anfang an bestehen bleibt. Umgekehrt kann sich eine schlechte Klassenatmosphäre bessern. Daher bedarf es immer der sorgsamen Beobachtung sowie Beeinflussung eines guten Lehrenden. Wenn ein Lehrender etwas verstehen bzw. verändern möchte, müssen die Lehrenden ihre Lernenden kennen. Dies kann auf verschiedenen Wegen passieren zum Beispiel durch Verhaltensbeobachtungen, Gespräche und Interaktionsspiele (vgl. Glöckel 2000, S. 29f.).

Die L-S-B wird durch Kommunikation als eine Form des sozialen Handelns hergestellt. Dabei gilt es vor allem, die Kommunikation als menschliche Handlung zu koordinieren. Sie ist in soziale Situationen eng eigebettet und spielt eine große Rolle (vgl. Tillack, Fischer u.a. 2014, S. 12). Aus diesem Grund entwickelt sich eine positive L-S-B bzw. der Klassenzusammenhalt prozesshaft und nicht an einem Tag. Die Entwicklung wird mit dem Begriff Gruppenentwicklung beschrieben und gelingt in den Klassen in den meisten Fällen auch nur mit Unterstützung der Lehrenden (vgl. Großmann 2002, S.10).

3.2 Forschungsentwicklung einer positiven L-S-B

Seit Anfängen der Pädagogik und der späteren pädagogischen Psychologie ist der Erziehungs- und Unterrichtsprozess ein zentrales Thema geworden. Zwar gab es je nach Zeitgeist bzw. Welt- und Menschenbild verschiedene Ansichten, welche Erziehungs- und Unterrichtsziele erreicht werden sollten. Das wissenschaftliche Interesse galt jedoch nur der Frage, wie sich die Ziele am erfolgversprechendsten erreichen lassen. Ein zentraler Gegenstand der Unterrichtsforschung war/ist daher,

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neben der Didaktik als eigenständige Disziplin, die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden (vgl. Schweer 2008, S. 77).

Über die Struktur zwischen Lehrenden und Lernenden gibt es abweichende Auffassungen (vgl. Schweer 2008, S. 77). Folglich lässt sich eine Menge von Forschungsschwerpunkten aufzeigen. So gruppierte Davies (2003) unter anderem die vorliegenden Arbeiten zur L-S-B in Grundschulen im Rahmen einer Analyse. Sein Schwerpunkt lag in der Motivationsforschung2 und in der soziokulturellen

Forschung (vgl. Davies, 2003).

Im Allgemeinem sind Modelle und Untersuchungen zur L-S-B parallel zum wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt immer umfassender geworden (vgl. Schweer 2008, S. 77f.). Die Modelle zur L-S-B gelten in der Forschungsgeschichte als theoretische Entwürfe. Die Unterrichtsforschung hat sich dieser Thematik bis heute nur im geringen Umfang gewidmet. Daher wird von „impliziten Modellvorstellungen“ gesprochen (vgl. Schweer 2008, S. 77f.).

Im weiteren Verlauf werden einige der Modellvorstellungen zur L-S-B demonstriert: Ausgehend von einfachen, das Kind in seiner Einzigartigkeit betonenden, reformpädagogischen Ansichten der 1920er Jahre werden wesentliche Betrachtungsweisen der Lehrer-Schüler-Interaktion erörtert (vgl. Schweer 2008, S.78.). Nach den einflussreichen Untersuchungen von Lewin (1939) in den 1930er Jahren wurden erst interaktionistische Annahmen in den 1970er Jahren bekannt. In den 1980er Jahren kam es zu einer kognitiven Wende in der Unterrichtsforschung. Im Vordergrund standen dann handlungstheoretische und auf die Situationswahrnehmung fokussierte Ansätze. (vgl. Schweer 2008, S. 78.). In der Geschichte der Pädagogik lässt sich seit ca. Ende des 18. Jahrhunderts eine stärkere Fokussierung auf das Kind ableiten. Es wurde steigend als Unterschied des Erwachsenen gesehen, folglich wurden dem Kind eigene Wünsche und Bedürfnisse zugesprochen. Es wurde nicht länger als „kleiner Erwachsener” wahrgenommen (vgl. Schweer 2008, S. 78.).

2 Motivationsforschung: wird als ein Forschungsgebiet der Psychologie verstanden, dass sich auf alle Fragen nach den Beweggründen für das menschliche Verhalten bezieht (vgl. Prof. Dr. Maier 2018)

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Analysen der pädagogischen Beziehung, d.h. die Beziehung zwischen dem Kind und dem Erwachsenen, finden sich in der Reformpädagogik wieder. Dort kamen dem Lehrenden die Aufgaben zu, den Lernenden zu unterstützen und seine Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen (vgl. Schweer 2008, S. 79).

Diese Auffassung ist einzig unter folgender Voraussetzung eines bestimmten Menschenbildes denkbar: Die wertvollen Anlagen sind im Individuum vorhanden und können sich in einer Umwelt entfalten. Erziehung bedeutete demnach die Herstellung von Bedingungen unter Ausschaltung störender Einflüsse (vgl. Schweer 2008, S.79).

Die Kritik an den lehrerzentrierten Schulen war, dass in der Reformpädagogik die kindliche Autonomie und Selbstverantwortlichkeit als Grundlage erfolgreicher Erziehung betrachtet wurde. Die am stärksten vertretene Ansicht stammt dabei von Alexander Sutherland Neill (1969). Neill betrachtete das Kind als ein sich selbst regulierendes Wesen. Daher gründete Neill die Schule „Summerhill“ (vgl. Schweer 2008, S.79). Sein Konzept bestand darin, dass es keinerlei Verpflichtungen und Zwänge gab. Die Schüler*innen konnten über alle relevanten Belange selbstständig entscheiden – sogar über die Entscheidung, ob sie überhaupt am Unterricht teilnehmen möchten oder nicht. Jeder Angehörige von „Summerhill“ hatte dabei dasselbe Stimmrecht. Die Gefühle der Lernenden sollten nicht unterdrückt werden. Dafür stand der Lehrende als Projektionsfläche zur Verfügung. Mit dem Tod von Neill starb auch das Konzept von „Summerhill“, seine Schule existiert allerdings bis heute (vgl. Schweer 2008, S.79).

Noch zentraler als Neill hat sich Nohl (1933) der pädagogischen Beziehung gewidmet. Nohl war der erste Pädagoge, der eine theoretische Fundierung der pädagogischen Beziehung vorgenommen hat.

Auf der Basis der Reformpädagogik hat Nohl (1933) sich weiterhin der Position des Kindes innerhalb der pädagogischen Beziehung gewidmet. Er ging ebenfalls davon aus, dass dem Kind alle wertvollen Anlagen gegeben sind und dass die Lehrenden zur Entfaltung dieser Anlagen beitragen (vgl. Schweer 2008, S.80). Herman Nohl führte den Begriff des „Pädagogischen Bezugs“ ein, die Beziehung zwischen Erzieher*in und Zu-Erziehende*n wurde somit zum Zentrum von Erziehung: „Die Grundlage der Erziehung ist [...] das leidenschaftliche Verhältnis eines reifen

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Menschen zu einem werdenden Menschen, und zwar um seiner selbst willen, dass er zu seinem Leben und seiner Form komme.” (Nohl 1933).

Dabei gilt es, den Lehrenden nicht als Vermittler von gesellschaftlichen Werten, Normen und Bildungsansprüchen zu sehen, sondern vielmehr als Vermittler zwischen der Persönlichkeit des Kindes und den äußeren Faktoren. Dem Kind sollte bei der Entfaltung der eigenen Haltung geholfen werden, die es aufgrund der Einzigartigkeit gegenüber den Anforderungen einnehmen wird. Nohl wies dem Lehrenden eine wichtige Funktion zu, der Initiator von Erziehung und Bildung blieb jedoch das Kind selbst (vgl. Schweer 2008, S.80). Diese Theorie hat innerhalb der Pädagogik große Beachtung gefunden, besonders weil erstmals explizite Annahmen über die pädagogische Beziehung gemacht wurden. Mit der Zeit ist allerdings diese Betrachtungsweise mehr und mehr kritisiert worden. Der Wandel der Pädagogik zu einer Wissenschaft hat dazu geführt, dass die Nutzung des Konzeptes nach Nohl in Frage gestellt wurde (vgl. Schweer 2008, S.80).

Für die Pädagogik wurden reale Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden und die damit verbundenen empirischen Forschungen interessanter. Die Kritik war, dass in der Konzeption von Nohl wesentliche Konstrukte, wie Vertrauen, Verantwortung und Gehorsamkeit, als empirische Überprüfung nur schwer zugänglich waren (vgl. Schweer 2008, S.80f.).

Im Gegensatz dazu ging Lewin (1939) davon aus, dass jeder Mensch einen situationsübergreifenden Erziehungsstil aufweist. Das bedeutet, dass zum Beispiel eine lehrende Person innerhalb der pädagogischen Beziehung über ein zeitlich kontinuierliches Verhaltensmuster verfügt (vgl. Schweer 2008, S.81). Lewin (1939) hat im Rahmen experimenteller Befunde herausgefunden, dass sich Erziehungsstile bzw. Führungsstile in folgende drei Typen unterscheiden:

1. Autoritärer Führungsstil: Kinder, die mit diesem Erziehungsstil aufgewachsen sind, zeigten sich unterwürfig und diszipliniert. Das Klima untereinander war dabei von emotionaler Kälte geprägt und bestand aus wenigen Gemeinsamkeiten. Dabei gab es keine kreativen Arbeitsergebnisse, jedoch eine hohe Produktivität. Das emotionale Klima war entspannt, freundlich und vor allem durch Gleichberechtigung gekennzeichnet.

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2. Laissez-fairer Führungsstil: Kinder, die mit diesem Erziehungsstil groß geworden sind, wiesen die chaotischsten Arbeitsabläufe und die geringste Produktivität auf.

3. Demokratischer Führungsstil: In dem demokratischen Führungsstil waren die Kinder am zufriedensten und entwickelten eine hohe Kreativität bei der Aufgabenlösung. Die Produktivität war im Vergleich zu dem autoritären Erziehungsstil geringer und wies eine verminderte Qualität auf (vgl. Deegener & Körner 2005, S.311).

Die Befunde von Lewin (1939) wurden besonders aufgrund der Favorisierung des demokratischen Führungsstils kritisiert. Es konnte einzig bei dem demokratischen Erziehungsstil eine (emotionale) Beziehung aufgebaut werden. Die anderen beiden Erziehungsstile gingen mit emotionaler Kälte und Gleichgültigkeit einher (vgl. Schweer 2008, S.82.).

Ryans (1960) hat hingegen u.a. in einer groß angelegten empirischen Untersuchung das Lehrerverhalten in mehr als 3000 Schulklassen von geschulten Beobachtern auf mehreren Eigenschaftsskalen bewerten lassen (vgl. Schweer 2008, S.83). Das Lehrverhalten ließ sich auf der Basis von faktorenanalytischen Auswertungen auf folgende drei Dimensionen reduzieren: freundlich vs. distanziert, verantwortungsvoll bzw. steuernd vs. planlos und anregend vs. langweilig. Das Verhalten eines Lehrenden lässt sich mithilfe dieser drei Dimensionen beschreiben, da der Lehrende auf jeder Dimension eine bestimme Ausprägung aufweist.

Tausch & Tausch (1998) haben ein ähnliches dimensionales Konzept vorgelegt. Sie teilten die erzieherischen Verhaltensvarianten von Lehrenden zunächst auf zwei Dimensionen auf. Dabei handelte es sich um die Beziehungs- („emotionale Wärme vs. emotionale Kälte“) und die Lenkungsdimension (starke vs. geringe Lenkung) (vgl. Schweer 2008, S.84). In einer Reanalyse der „Lewischen Typologie“ (Lewin 1939) sowie in einem Videoschnitt wurden verschiedene Untersuchungen von Beobachtungen dem Konzept von Tausch & Tausch zugeordnet. Zudem wurden folgende Einzelmerkmale eingeschätzt: Der autoritäre Führungsstil ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Lenkung und Kontrolle bei gleichzeitig emotionaler Kälte. Der laissez-faire Führungsstil lässt sich durch Lenkung bei neutraler emotionaler Zuwendung beschreiben, woraufhin der demokratische

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Führungsstil durch moderate Lenkung und hohe emotionale Zuwendung charakterisiert wird (vgl. Schweer 2008, S.85). Weitere Forschungen von Tausch &Tausch waren eng mit dem therapeutischen Konzept von Carl Rogers verbunden. Das Hauptaugenmerk lag dabei nach Tausch & Tausch auf der pädagogischen Beziehung. Damit sollten die Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie erzieherische und tätige Erfolge hinsichtlich der Förderung einer positiven Persönlichkeitsentwicklung des Zu-Erziehenden erfüllt werden können. Demnach sollte nachgewiesen werden, wie die seelische Gesundheit von Lernenden und Lehrenden positiv beeinflusst werden kann (vgl. Schweer 2008, S.85).

Zur Strukturierung der emotionalen L-S-B sind nach Tausch & Tausch (1998) folgende drei Variablenkomplexe relevant:

In der ersten Dimension „Achtung – Wärme – Rücksichtnahme“ kommt der Anspruch zum Ausdruck, den Lernenden bedingungslos in dessen Person zu akzeptieren und dessen Sichtweise ernst zu nehmen. Wesentlich ist dabei, dass die Lehrenden ihre eigenen Wertmaßstäbe zurückstellen und die Verhaltensweisen der Lernenden in jeglicher Hinsicht keiner moralischen Wertung unterziehen. Selbstverständlich unterlassen die Lehrenden wertende Äußerungen im Gesprächsverhalten.

Die zweite Dimension „vollständiges emphatisches Verstehen“ gilt als die zentrale Arbeitsvariable. In dieser Dimension übernehmen die Lehrenden das innere Bezugssystem der Lernenden. Dabei versucht der Lehrende die Welt aus der Perspektive der Lernenden zu sehen. Der Lehrende soll so verstehen, wie sich die Lernenden Betrachtungsweisen ihrer eigenen Person und ihrer eigenen Erlebnisse erklären (vgl. Schweer 2008, S.85f.).

Die dritte Dimension „Echtheit – Übereinstimmung – Aufrichtigkeit“ beinhaltet die Forderung an die Lehrenden, sich echt und authentisch zu verhalten und demnach ehrlich gegenüber den Lernenden zu sein. Diese Art von Ehrlichkeit bezieht sich vor allem auf die eigene Person des Lehrenden. Die Lehrenden sollten diesbezüglich Zugang zu den eigenen Gefühlen besitzen und diese dem Lernenden auch mitteilen können. Auf diese Weise lassen die Lehrenden den Lernenden an dessen Gefühlen teilhaben (vgl. Schweer 2008, S.86).

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Obwohl vom Menschenbild her große Parallelen zur geisteswissenschaftlichen Pädagogik sowie zur frühen Entwicklungspsychologie bestehen, steht die Person des Lehrenden eindeutig im Vordergrund der Forschung. Die Fokussierung auf die Erziehungsperson nach Tausch & Tausch (1998) ist aus heutiger Sicht zumindest außerhalb des humanistischen Paradigmas kritisch zu betrachten, da hier eine universelle, lineare Wirkweise unterstellt wird (vgl. Schweer 2008, S.86).

Insgesamt zeigt sich anhand verschiedener dimensionaler Konzepte, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Beschreibungen zu dem Verhalten des Lehrenden zugelassen wird. Allerdings weisen sie noch deutliche Mängel auf, da die grundlegenden Haltungen und Handlungsroutinen von den Lehrenden ermittelt werden, allerdings die Unterschiede bei ein und desselben Lehrenden nach wie vor unberücksichtigt bleiben (vgl. Schweer 2008, S.86).

Die entwickelten Modellversuche sind bei der Forschung zur L-S-B hilfreich, stoßen allerdings an ihre Grenzen, wenn es um den subjektiven Umgang von Lernenden mit Interaktionsangeboten geht. Im Vordergrund des schulischen Lernens steht bis heute die Vermittlung von Fachinhalten und weniger die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden (vgl. Schweer 2008, S. 329ff.).

Die Frage, was guten Unterricht ausmacht, beschäftigt Lehrpersonen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Durch verschiedene empirische Untersuchungen unterschiedlichster Art und Weise wird versucht, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Eigenschaften den Schulerfolg beeinflussen. Kaum einer Studie im Bereich der Schul- und Unterrichtsforschung wurde in den letzten Jahren eine solche Aufmerksamkeit zugeteilt wie der sogenannten „Hattie-Studie“ (vgl. Lotz & Lipowsky, S.98).

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21 3.3 Befunde nach John Hattie zur L-S-B

John Hattie (2016) hat im Jahr 2009 den 400 Seiten langen Forschungsbericht „Visible Learning“ veröffentlicht. Dieses Buch ist nicht nur in internationalen Forschungsgemeinschaften bekannt geworden, sondern wird auch in Massenmedien, von Lehrpersonen und Eltern wahrgenommen. Das Ergebnis der Annahme des Buches hat Autoren ermutigt, das Buch „Visible Learning“ ins Deutschsprachige zu übersetzen (vgl. Hattie 2016, S. VI). Das Buch von John Hattie enthält die Überlegungen, wie die Erkenntnisse durch diejenigen, die in Schulen und Unterricht Regie führen, systemisch und refaktiert genutzt werden können. Ähnlich wie in Werken von Andreas Helmke (2017) und Hilbert Meyer (2016) werden die Lernprozesse der Lernenden ins Zentrum gerückt und es werden die Potenziale der Lehrenden mit ihrer Persönlichkeit, ihrer Beziehungsfähigkeit und ihrer fachlichen und methodischen Kompetenzen für gelingende Lernprozesse betont. Was John Hattie mehr als andere Autoren erwähnt, ist die Wirkung von Lehrenden auf die Lernenden (vgl. Hattie 2016, S. VI).

Die am meisten besprochene Synthese seines Werkes ist „sichtbares Lehren und Lernen“. Sichtbares Lehren und Lernen findet statt, wenn Lernen ausführlich und transparent gemacht, angemessen herausfordernd ist und wenn sowohl Lehrende als auch Lernende sich einsetzen, um zu bestimmen, ob und in welchem Maße das herausfordernde Ziel erreicht wird. Dabei geht es um Lehrpersonen, die das Lernen mit den Augen der Lernenden sehen und umgekehrt.

Auffällig an John Hatties Studie ist, dass die größten Effekte in Bezug auf das Lernen auftreten, wenn die Lehrpersonen zu den Lernenden ihres eigenen Unterrichtes und wenn die Lernenden zu ihren eigenen Lehrpersonen werden (vgl. Hattie 2016, S. 16f.). Sobald die Lernenden zu ihrer eigenen Lehrperson werden, zeigen sie selbstregulierende Eigenschaften, die für die Schüler*innen besonders wichtig sind. Diese ergeben sich durch die Selbstprüfung, die Selbstbewertung und durch das selbstständige Lernen3, wenn z.B. Lernende selbstständig die eigenen

Matheaufgaben kontrollieren.

3 Selbstprüfung: „Systematischer Check, bei dem kontrolliert wird, ob die zu bearbeitenden Aufgaben wie

vorgesehen bearbeitet sind, beginnend beim Abhaken des Erledigten“. Selbstbewertung: “Im Lernkontext handelt es sich dabei um eine Bewertung der Resultate des eigenen Lernprozesses bzw. des Verlaufs des Lernprozesses durch die jeweilige Lernende/den jeweiligen Lernenden selbst“. (URL:

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Der Unterschied liegt nach Hattie (2016) in dem sichtbaren Lehren und Lernen. Von hoher Bedeutung für sichtbares Lehren und Lernen ist die Sicht der Lehrperson auf deren Rolle als Lehrende. Dabei geht es nach Hattie um die Geisteshaltung, mit der die Lehrenden sich fragen, welchen Effekt sie auf das Lernen der Lernenden haben (vgl. Hattie 2016, S. 17). Die Geisteshaltung bedeutet demnach, seine eigenen Fähigkeiten zu reflektieren. „Es ist wichtig, was Lehrpersonen tun – aber am wichtigsten ist, dass sie über eine angemessene Geisteshaltung zu den Auswirkungen ihres Tuns verfügen“ (Hattie 2016, S. 17).Durch eine angemessene Geisteshaltung zusammen mit einer angemessenen Handlung kann ein positiver Lerneffekt erzielt werden. Was John Hattie dabei nicht sagt, ist, dass es nur „auf die Lehrperson“ ankommt. Dieses Klischee wird durch den Inhalt des Buches „Lernen sichtbar machen“ zusammengetragen, allerdings ist es in keiner Art und Weise in empirischen Befunden belegt worden. Das Klischee verbirgt die Tatsache, dass die größte Entstehung der Varianz in unserem System, die Lehrpersonen sind (vgl. Hattie 2016, S. 17).

Worauf es jedoch wirklich ankommt, ist, dass die Lehrpersonen über eine Geisteshaltung verfügen, die sie veranlassen, ihre Wirkung auf das Lernen zu evaluieren. So sollte eine Lehrperson beispielsweise in der Berufsschule am Ende der Stunde den Unterricht reflektieren und bewerten, denn nur so kann der Unterricht verbessert werden (vgl. Hattie 2016, S. 17). Nach Hattie sind die Lehrpersonen am wirkungsvollsten, die Lernende in Bezug auf ihre eigene Wirkung sind und dadurch die Lernleistungen der Lernenden erhöhen. So sollen sich Lehrende selbst als Lernende sehen und ihre Tätigkeit immer wieder reflektieren (vgl. Hattie 2016, S. 17).

Das Anstreben positiver Wirkungen auf das Lernen der Schüler*innen soll ein wiederkehrendes Thema und eine Herausforderung für Lehrpersonen sein. Da das nicht nebenher oder zufällig passiert, muss die Lehrperson wachsam sein in Bezug auf das, was in der Klasse funktioniert und was nicht funktioniert. Somit sollte die Lehrperson aufmerksam sein bezüglich des Effektes auf das Lernen, auf das Klassenklima sowie auf den Unterricht (vgl. Hattie 2016, S. 19). Lehren und Lernen zeigt sich somit in den Klassen durch eine erfolgreiche Lehrperson. Dadurch sind die Lehrenden sichtbar (vgl. Hattie 2016, S. 19).

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In dem Buch „Lernen sichtbar machen“ von John Hattie (2006) wird auf die Meta-Analyse von Jeffrey Cornelius-White (2007) hingewiesen. Dabei beschreibt Cornelius-White u.a. die L-S-B mithilfe eines Modells. Das personen-zentrierte/lernenden-zentrierte Agieren umfasst dabei Haltungen, welche zwischenmenschliche Beziehungen generell beeinflussen. So sind Lehrenden-Charakteristiken wie z.B. Empathie oder Authentizität förderlich für die Lernleistung (vgl. Abbildung 1).

Cornelius-White (2007) bezieht sich auf Quellen von Carl Rogers (2012) und Barbara McCombs (2007). L-S-B meint nicht einzig die (positiven) Affekte zwischen Lehrenden und Lernenden, sondern spricht auch die dafür förderlichen Haltungen sowie Handlungen der Lehrpersonen an (vgl. Cornelius-White 2007). Die Beziehung wird aufgefasst als bewusst gestaltbar. Daher sollte sich die Lehrperson mit Themen wie Gesprächsführung und Pflege des Klassenklimas auseinandersetzen (vgl. Cornelius-White 2007).

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4 Auswirkungen einer positiven L-S-B auf den

Unterricht in der Berufsschule

Im vorherigen Teil der Bachelorarbeit wurde beschrieben, dass sich die Beziehungen und der Klassenzusammenhalt prozesshaft entwickeln (vgl. Großmann 2002, S.10). Zudem sind die Beziehungen und die Entwicklung zur L-S-B dynamisch. (vgl. Auhagen & Salisch 1993, S.9ff.). Da es im ersten Teil um eine positive L-S-B ging, soll es im folgendem Teil um die Auswirkungen einer positiven L-S-B auf den Unterricht gehen. Dabei werden die Befunde zu den Auswirkungen auf die Lernenden, auf die Lehrenden und auf den Unterricht dargestellt.

4.1 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf die Lernenden

Das Interesse am Befinden der Lernenden in den Schulen wird in verschiedenen Quellen aufgezeigt. Die meisten Quellen beziehen sich auf die Emotionen und das Klassenklima. R. Pekrun (2002) dokumentierte Emotionen, die in Lern- und Leistungssituationen erlebt werden und entwickelte dazu ein Modell. Dabei differenziert sie Funktionen von Gefühlen. Diese werden über kognitive und motivationale Faktoren vermittelt. Die Gefühle beeinflussen das Lernen und Leisten durch sogenannte „positive“, „aktivierende negative“ und „desaktivierende negative“ Emotionen unterschiedlich (vgl. Hascher 2005, S.614). Die empirische Untersuchung dieses Modells steht bisher noch aus und die Frage nach dem spezifischen Einfluss von Emotionen auf den schulischen Lernprozess kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei Weitem noch nicht fest beantwortet werden (vgl. Hascher 2005, S.614).

Wertvolle Erkenntnisse für schulische Untersuchungen finden sich auch bei M. Laukemann und C. von Rhöneck (2003), die nachweisen konnten, dass das aktuelle Wohlbefinden von Lernenden im Physikunterricht einen etwa gleich-starken, positiven Einfluss auf ihre Leistung ausübte (vgl. Hascher 2005, S.614). Auch die Untersuchungen von Tausch & Tausch (1998) haben in empirischen Forschungen positive Effekte emotionaler Wärme in Klassen herausgestellt. Durch eine Befragung von Lernenden wurde nachgewiesen, dass Lernende bei

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Lehrenden, die ein hohes Maß an emotionaler Wärme realisieren, weniger ängstlich und zufriedener sind.

Im Allgemeinen scheint sich emotionale Wärme positiv auf das Klassenklima und die interpersonale Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden auszuwirken. Ebenso führt ein positives Klassenklima bei den Lernenden zur seelischen Zufriedenheit (vgl. Schweer 2008, S.84f.). Die erlebten Gefühle im Klassenzimmer hängen dabei nicht nur von der Unterrichtsgestaltung ab. Auch die Beziehungen zu Lehrpersonen beeinflussen, welche Emotionen in der Schule und beim Lernen entstehen. Emotionen im Unterricht beeinflussen die Motivation und die Verarbeitung von Informationen (vgl. Hascher 2005, S.613).

Der Einfluss von Gefühlen wurde auch durch die Psychologie wahrgenommen. Demnach können langfristige positive Emotionen in der Schule zum Lernerfolg und zur Leistungssteigerung beitragen, da sie eine affektive Basis darstellen, die der Entwicklung lern- und leistungsfördernder Kognitionen und Motivationen dient (vgl. Hascher 2005, S.613). Positive Emotionen wie Freude, Stolz oder Hoffnung stehen in einem positiven Zusammenhang mit Motivation und Lernerfolg, deaktivierende negative Emotionen wie Hoffnungslosigkeit oder Langeweile beeinträchtigen sowohl die Motivation der Lernenden als auch kognitive und metakognitive Prozesse (vgl. Thiel 2016, S.35).

In schulischen Leistungskontexten sind selbstbezogene Emotionen wie Scham, Schuld, Peinlichkeit und Stolz von wesentlicher Bedeutung. Wenn Lernende eine Rückmeldung der Lehrenden über ihre Leistungen erhalten, erleben sie neben Emotionen wie Freude oder Traurigkeit auch Stolz oder Scham. Diese Emotionen beruhen auf Bewertungen der Ergebnisse von Handlungen – im schulischen Kontext in der Regel auf der Bewertung von Erfolgen oder Misserfolgen in Leistungssituationen (vgl. Thiel 2016, S.36). Die Lernenden sind dabei selbst Gegenstand der Bewertung. Sie haben bestimmte Leistungsnormen erfüllt bzw. Standards erreicht oder verfehlt. Scham ist eine intensiv erlebte negative Emotion, die für die Lernenden mit hohem Stress verbunden ist und die eigene Motivation z.B. die Lernmotivation stark beschränken kann. Scham erzeugt einen Leidensdruck. Da die Beurteilung von Leistung zu den Kernmerkmalen der Schule zählen, ist es nicht möglich, Beschämung im Klassenzimmer zu verhindern (vgl. Thiel 2016, S.36).

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Scham kann dabei allerdings auch eine positive Funktion für die Lernenden haben, zum Beispiel beim Lernen und in der Entwicklung der Personen. Neben der Minderung von Verhalten motiviert Scham unter bestimmten Bedingungen auch ein Verhalten in Leistungs- und Lernsituationen. Zusätzlich unterstützt es die Bildung einer realistischen Selbstbewertung (vgl. Thiel 2016, S.36). Ein Gefühl des Stolzes hingegen wird erlebt, wenn ein Individuum sich aus der Perspektive eines anderen, ein (sozial) wertvolles Handlungserlebnis zuschreibt (Thiel 2016, S.36). Stolz kann auch erlebt werden, wenn andere, mit denen sich ein Individuum verbunden fühlt, für sich erfolgreiches Handeln geltend machen. Aus diesem Grund sind das Erleben bzw. die Antizipation von Stolz ein besonders motivierender Faktor im Unterricht für die Lehrenden und Lernenden (vgl. Thiel 2016, S.36).

Eine Analyse zu real erlebten Gefühlen in Lern- und Leistungskontexten findet sich in der Motivationsforschung (vgl. Hascher 2005, S.613). In diesem Gebiet sind verschiedene Ansätze von der Auffassung geprägt, dass Motivation und Emotion zwar einen psychischen Funktionsbereich darstellen, aber in enger Wechselwirkung miteinander stehen. Demnach wird von einem gemeinsamen Einfluss von Emotion und Motivation auf Lernen und Leisten geredet.

Emotionen werden aber auch als Indikatoren für verschiedene Qualitäten der Motivation interpretiert, indem angenommen wird, dass zum einen Emotionen nur dann auftreten, wenn die Lernenden hinreichend involviert sind und zum anderen verschiedene Emotionen Ausdrucksformen unterschiedlicher Arten von Motivation sind (vgl. Hascher 2005, S.613). Lehr-Lern-Situationen werden folglich im Zusammenhang auf die verbundenen Emotionen bzw. Stimmungen gemessen. Vorläufer dieses Ansatzes sind die Arbeiten zur Leistungsmotivation. Erleben Lernende Gefühle der Kompetenz, der sozialen Eingebundenheit und der Autonomie, so wird dies als Hinweis auf erwünschte Formen der Motivation verstanden (vgl. Hascher 2005, S.613).

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4.2 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf die Lehrenden

Befunde zur L-S-B ergaben in den vergangenen Jahren, dass ein gutes Lehrer-Schüler-Verhältnis nicht nur große messbare Effekte auf den Lernerfolg der Lernen-den hat, sondern auch auf die Motivation und Gesundheit der LehrenLernen-den (vgl. An-ders 2019).

Olaf Köller (2019) vom Leibniz-Institut für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik ist überzeugt, dass eine ganz wesentliche Erkenntnis bei den bisheri-gen Studien vernachlässigt wurde: Es geht um die Wirkung, die die Begeisterung und Motivation der Lehrenden auf die Lernerfolge der Lernenden entfalten können. Inzwischen gibt es weitere Befunde, die jenes so lange vernachlässigte Lehrer-Schüler-Verhältnis genauer unter die Lupe nehmen (vgl. Anders 2019).

Als eine der aktuellsten führte Bildungsforscher Köller (2019) die sogenannte „Al-drup-Studie“ von 2018 an. Das Besondere an seiner Studie war, dass nicht wie in den Vorgängerstudien der Effekt der Beziehungen auf den Lernerfolg im Vorder-grund stand, sondern vielmehr untersuchte er, wie sich ein gutes Verhältnis zwi-schen Lehrenden und Lernenden auf das Wohlbefinden und auf die Motivation der Lehrenden selbst auswirkt. „Wenn die Kinder unmotiviert und undiszipliniert sind, steigert dies die emotionale Erschöpfung der Lehrkraft. Das zeigt, wie wichtig ein gutes Verhältnis für beide Seiten ist“ (Köller 2019). Angesichts der vielen unter-schiedlichen empirischen Befunde zur Bedeutung der pädagogischen Beziehungen sei es jetzt an der Zeit, auch den angehenden Lehrenden mehr Bedeutung zukom-men zu lassen (vgl. Anders 2019).

Die Tätigkeit von Lehrenden ist allgemein betrachtet psychisch belastend. Inzwi-schen sind die potenziell relevanten psychosozialen Belastungsfaktoren bekannt und vielfach erforscht. Dadurch konnte nachgewiesen werden, dass bedeutsame Zusammenhänge bestehen zwischen Belastungen im schulischen Arbeitsalltag wie Unterrichtsstörungen, sozialen Konflikten, fehlender Unterstützung, Zeitdruck oder fehlenden Erholungspausen einerseits und Beanspruchungsfolgen bei Lehrenden wie emotionaler Erschöpfung oder Gereiztheit andererseits (vgl. Rothland 2007, S.99). Zahlreiche Hinweise zeigen, dass das Unterrichtsgeschehen, die Qualität der L-S-B und die Art und Weise, wie Unterricht organisiert wird, starken Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Lehrenden haben. Nicht zuletzt handelt es sich beim Unterrichten um die Kerntätigkeit von Lehrkräften, der im beruflichen

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Selbstverständnis eine enorme Bedeutung zukommt. Wenn Lehrende nach beson-ders beanspruchenden Einflüssen gefragt werden, überwiegen in größeren Befra-gungen stets die Hinweise auf die Klassengröße, den Umfang der Unterrichtsver-pflichtung und verhaltensschwierige Lernende, unabhängig vom persönlichen Ar-beitsstil (vgl. Rothland 2007, S.99).

In Studien erwiesen sich Unterrichtsstörungen, insbesondere in Kombination mit Zeitdruck durch die Zeitvorgaben der Unterrichtsstunde und fehlenden Erholungs-pausen zwischen den Unterrichtsstunden, als bester „Vorhersager“ für negative Be-anspruchungsfolgen wie emotionaler Erschöpfung (vgl. Rothland 2007, S.99). Des-halb erfordert die Unterrichtstätigkeit eine andere Form der Handlungsregulation. Mit Handlungsregulationen sind Veränderungen bzw. Verbesserungen im Handeln der Lehrenden und der Lernenden gemeint (vgl. Rothland 2007, S.99).

Ein vielversprechendes Ergebnis der Veränderung ist nach Niklas Luhmann (1989) im Unterricht mehr auf der Basis des Vertrauens zu agieren. Er beschreibt in seiner soziologischen Analyse Vertrauen als „komplexitätsreduzierenden Mechanismus“ und das nicht nur auf der personalen, sondern auch auf der gesellschaftlichen Ebene. Darunter wird Vertrauen erlebt, wenn potenziell ungünstige Handlungser-gebnisse subjektiv ausgeschlossen werden, wodurch die Handlungsplanung ver-einfacht und ein angemessenes Handeln in der sozialen Welt ermöglicht wird (vgl. Schweer, S. 548). Dadurch, dass ein Individuum einem Interaktionspartner Ver-trauen entgegenbringt, wird dessen Verhalten subjektiv absehbar. So wissen bei-spielsweise die vertrauenden Lernenden, dass die Lehrenden die Lernenden ge-recht beurteilen werden und umgekehrt wissen die vertrauenden Lehrenden, dass die Lernenden die Lehrenden nicht belügen würden (vgl. Schweer 2000, S. 129f.). Vertrauen verkleinert auf diese Weise die Komplexität sozialer Wirklichkeit und tritt als eine Art „Wahrnehmungsfilter“ auf: „Wo es Vertrauen gibt, gibt es mehr Möglich-keiten des Erlebens und Handelns, steigt die Komplexität des sozialen Systems, also die Zahl der Möglichkeiten, die er mit seiner Struktur vereinbaren kann, weil im Vertrauen eine wirksame Form der Reduktion von Komplexität zur Verfügung steht“ (Luhmann 1989). Vertrauen ist das Ergebnis des Wechselspiels zwischen persona-len und situativen Bedingungen. Betrachtet man die inzwischen zahlreich vorliegen-den Befunde zum Vertrauen von Lernenvorliegen-den, zeigen sich überwiegend positive Ef-fekte von Vertrauen: Vertrauen stellt dabei eine wesentliche Eigenschaft für die

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Qualität der L-S-B dar, darüber hinaus hat Vertrauen einen angstmindernden und leistungsförderlichen Effekt bei Lernenden und Lehrenden (vgl. Schweer 2017, S.547). Die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden ist durch gegenseitiges Vertrauen gekennzeichnet und wird von beiden Seiten gleichermaßen aktiv (mit)ge-staltet (vgl. Schweer 2017, S. 549).

4.3 Befunde zu den Wirkungen einer positiven L-S-B auf den Unterricht

Positive Zusammenhänge zeigen sich mit positiven, aktivierenden Emotionen (z.B. Freude), negative Zusammenhänge zeigen sich mit negativen, deaktivierenden Emotionen (z.B. Langeweile). Zur Erklärung der Einflüsse von Emotionen auf Lernen und Leistung werden drei Komponenten als Faktoren hervorgehoben: die Lernmotivation, die Verfügbarkeit kognitiver Ressourcen sowie die Anwendung von Lernstrategien (vgl. Schweer 2008, S. 221). Positive und aktivierende Emotionen fördern dabei die Lernmotivation. Da Emotionen aber kognitive Ressourcen fordern, können sie die Aufmerksamkeit und die effektive Informationsverarbeitung beeinträchtigen (vgl. Schweer 2008, S. 221f.). Demnach ist es wichtig, Motivations- und Emotionsförderung nicht als Mittel zum Zweck des Wissens- und Fähigkeitsaufbaus einzusetzen, sondern eine nachhaltige Lernmotivation und das damit verbundene Wohlbefinden der Lernenden als Ziel der Lehrenden zu begreifen (vgl. Schweer 2008, S.221f.). Einige Forschungen weisen auf Merkmale einer motivationsförderlichen Unterrichtsgestaltung hin. Ein positives, unterstützendes und offenes Klassen- und Schulklima lässt das Erleben von sozialem Zugehörigkeitsgefühl zu. Das Belangen der Lehrenden am Wohlbefinden der Lernenden erweist sich als entscheidend für das Erleben positiver Emotionen sowie für die Lernmotivation und das Lernergebnis (vgl. Schweer 2008, S.222).

Im Allgemeinen soll ein situationsangemessenes Gleichgewicht zwischen Kontrolle und Autonomiegewährung am entwicklungsförderlichsten sein. Autonomie wird unterstützt, wenn sich der Lehrende unter Beachtung der Gefühle und des Wissensstandes in die Perspektive eines Lernenden versetzt. Daneben soll der Lehrende Informationen und Wahlmöglichkeiten anbieten und den Lernenden vor zu hohen Anforderungen schützen (vgl. Schweer 2008, S.221). Lernen findet durch kognitive und emotionale Prozesse statt. Deshalb ist Lernen mit Gefühlen verbunden, wie z.B. der Lust und der Unlust.

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Die Lernbedingungen beeinflussen den Lernprozess der Lernenden. In einem ruhigen, ausgeglichenen Zustand lernen Lernende anders als in einem gestressten Zustand. Untersuchungen zeigen, dass Erlebnisse mit einem starken Gefühlsanteil besonders gut gespeichert wurden (vgl. Miller 2003, S. 37).

Klima und Unterrichtsklima wird mit der Qualität der L-S-B beschrieben. Dabei geht es um die Frage, mit welchem Klima in der Klasse das Lernen am besten gelingt. Lernförderndes Klima in der Klasse lässt sich definieren durch gegenseitigen Respekt, verlässlich eingehaltene Regeln, gemeinsam geteilte Verantwortung, Gerechtigkeit des Lehrenden gegenüber jedem einzelnen und dem Lernverband im allgemeinem sowie die Fürsorge des Lehrenden und die Lernenden (vgl. Meyer 2018, S. 47). Es wurde nachgewiesen, dass ein positives Unterrichtsklima nachhaltige, allerdings nicht starke positive Wirkungen auf die Leistungsbereitschaft und das Leistungsverhalten hat. Eine positive Lernumwelt führt dazu, dass Lernende im Unterricht aktiver mitarbeiten. Dabei zeigen sie gleichzeitig weniger Schulangst, leiden weniger unter Verstimmungen und Schulstress und fühlen sich insgesamt gesunder.

Ebenso hat ein positives Klima Auswirkungen auf die Einstellung zu Schule und Unterricht. Dabei sind die Lehrenden und Lernenden zufriedener mit der Schule und haben mehr Freude am Unterricht. Dieser Erfolg wirkt sich auch auf die anschließend besuchten Schulen wie beispielsweise die Berufsschule aus. Gleichzeitig wird durch das positive Klassenklima auch die Verantwortung der Lernenden gesteigert. Dies konnte anhand von großen Schüler*innenzahlen nachgewiesen werden (vgl. Meyer 2018, S. 47). Ein gutes Klassenklima führt auch zu mehr Selbstvertrauen untereinander, eine genauere Selbst- und Fremdeinschätzung sowie zu einer besseren Kommunikation untereinander (vgl. Meyer 2018, S. 49f.).

Weitere Untersuchungen zu dem Klassenklima wurden im Zusammenhang mit dem Bundesministerium für Bildung unternommen (vgl. Eder 1995, S.30). In dieser Forschung fanden verschiedene Befragungen von Lernenden in verschiedenen Bundesländern und in unterschiedlichen Klassen statt. Die Befragung erfolgte durch die regionalen Untersuchungsleiter und in den meisten Fällen ohne Anwesenheit der Lehrenden (vgl. Eder 1995, S.30). Dabei wurde eine Befragung zum Klima in

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den Schulen durchgeführt. Bei der Erfassung und Beschreibung der Lebensbereiche der Lernenden waren zwei Ansichten von Bedeutung:

Als erstes konnte ein Eindruck von der allgemeinen Qualität der Umwelt gewonnen werden, in der die Lernenden sich befinden. Des Weiteren konnte auf empirischem Weg geprüft werden, in welchem Ausmaß sich Merkmale der Umwelt auf das Befinden und Verhalten der Lernenden auswirken (vgl. Eder 1995, S.101).

Die Untersuchung des Klimas in den Klassen wurde mit dem sogenannten „Linzer Fragebogen zum Schul- und Klassenklima“ (LFSK) erfasst. Der LFSK wurde von Ferdinand Eder (1995) entwickelt. Mit dem Fragebogen sollte herausgefunden werden, was für die Lernenden wichtige Bereiche der schulischen Umwelt sind und wie diese Bereiche erfasst und gemessen werden können(vgl. Eder 1995, S.102f.). Dabei wurden die Bereiche in drei Klimata unterteilt: Sozialklima, Klassenklima und Unterrichtsklima. Der Fragebogen bestand aus insgesamt 29 Aussagen zum Schulklima und 84 Aussagen zum Klassenklima, zu denen die Lernenden auf einer fünfstufigen Antwortskala zustimmen oder ablehnen konnten (vgl. Eder 1995, S.103f.). Im Folgenden wird ein Ausschnitt der näheren Beschreibung zu den Elementen zum Klassenklima dargestellt:

Tabelle 1: Elemente (Skalen) des Klassenklimas nach Eder (1995 S. 104), verändert

Bezeichnung Beschreibung M AM SD a

Pädagogisches Engagement:

Ausmaß und Häufigkeit persönlich-förderlichen, zuwendenden, sorgenden, bemühten und nicht-lenkenden

Lehrerverhaltens. 6 Items.

18 18.56 4.63 .769

Restriktivität: Ausmaß stark lenkenden, kontrollierenden, herabsetzenden und autoritären Verhaltens von Lehrer*innen. 6 Items.

18 18.34 4.51 .717

Mitsprache: Ausmaß, in dem sich Schüler*innen an

Entscheidungen beteiligen können. 6 Items. 18 18.26 5.20 .781 Gerechtigkeit: Ausmaß, in dem sich Schüler*innen in

Hinblick auf die Leistungsbeurteilung sachlich und im Vergleich zu ihren

Mitschüler*innen gerecht und fair behandelt fühlen. 6 Items.

18 19.33 5.10 .776

Normorientierung: Ausmaß, in dem sich Lehrer*innen eher an einem verteilungs- bzw. klassenbezogenen Beurteilungsmaßstab orientieren und weniger an einem individual- oder Kriteriumsbezogenen Maßstab. 5 Items.

15 14.87 4.10 .675

Anmerkungen. M=theoretischer Mittelwert der Skala, AM=empirischer Mittelwert, SD=Streuung; a=Konsistenzkoeffizient (Cronbachs Alpha).

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Die insgesamt 14 Klimaelemente lassen sich auf fünf Dimensionen zusammenfassen: Sozialer Druck, Leistungsdruck, Schülerzentriertheit, Kohäsion und Disziplin.

Durch die Forschung des Klassenklimas an verschiedenen Schulen und verschiedenen Schulstufen konnten Unterschiede zwischen den einzelnen Schulstufen festgestellt werden. So wurde bei der Untersuchung grundsätzlich erwartet, dass Unterschiede zwischen den Schultypen nicht groß sind. Allerdings ist durch die bisherige Untersuchung bekannt, dass im Normalfall die Unterschiede in den innerschulischen Prozessen zwischen den einzelnen Schulen um ein vierfaches größer sind als die Unterschiede zwischen den Schultypen oder anderen Ebenen des Schulsystems (vgl. Eder 1995, S.110f.). Im Klassenklima hebt sich die Hauptschule von anderen Schultypen durch höheren sozialen Druck ab. Die berufsbildenden Schulen sind hingegen mit einer geringen Strenge angegeben (vgl. Eder 1995, S.110f.).

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5 Diskussion

In diesem Teil sollen die vorher dargestellten literarischen Befunde zu den Auswirkungen einer positiven L-S-B auf den Unterricht in der Berufsschule diskutiert und verglichen werden. Dieser Teil gliedert sich in zwei Unterkapitel. In dem ersten Unterkapitel werden alle Befunde zu den Auswirkungen einer positiven L-S-B und der L-S-B als dynamischer Prozess diskutiert. Auf der Basis des ersten Teils werden im zweiten Teil die Befunde zu den Auswirkungen einer positiven L-S-B in Bezug auf die Lehrenden und Lernenden sowie auf den gesamten Unterricht verglichen und diskutiert.

5.1 Auswirkungen einer positiven L-S-B als dynamischer Prozess

Die bisherigen literarischen Befunde haben gezeigt, dass die positive L-S-B in einem ständigen dynamischen Prozess ist. Der Prozess entsteht in den Schulen nach Tillack, Fischer u.a. (2014) dadurch, dass die Lehrer*innen und Schüler*innen in fortlaufender Interaktion mit anderen Menschen sind. Die Ausgestaltung der Interaktionen findet dabei im Rahmen von Rollen statt, wobei Lehrende und Lernende auf Nähe und Distanz, Zugehörigkeit oder Ausschluss und auf Hierarchien achten müssen (vgl. Tillack, Fischer u.a. 2014, S. 12). So sind Lehrende den Lernenden überlegen, zum Beispiel an Lebenserfahrung, an Wissen sowie an Macht (vgl. Kammerer 2019). Rothland (2007) beschreibt genauer, dass die Beziehung der Lehrperson zu den Lernenden als einseitig, eindimensional und als asymmetrisch charakterisiert werden kann, da sie in der L-S-B die Person ist, die Inhalte, Kenntnisse, Kompetenzen etc. anbieten und vermitteln muss (vgl. Rothland 2007, S.15). Die Lehrenden haben gegenüber den Lernenden einen erheblichen Wissens- und Erfahrungsvorsprung. Selbst wenn eine Lehrperson nicht auf hierarchischer Ebene mit den Lernenden umgehen möchte, erlangt sie die Autorität (Macht) durch die Befugnis, die Lernenden in ihrer Leistung zu bewerten. Somit haben die Lehrenden gleichzeitig auch den meisten Einfluss auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Lernenden (vgl. Ringeisen, Buchwald & Schwarzer 2008, S.26).

Ähnlich wie Tillack, Fischer u.a. (2014) sieht Rothland (2007) die L-S-B als einen dynamischen Prozess. So erwähnt er, dass die Beziehungen bzw. Interaktionen in

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den Schulen auf Zeit sowie in den meisten Fällen nur von kurzer Dauer sind, da sich der Unterricht nur auf Stunden begrenzt und die Ausbildungen in der Berufsschule auch in der Regel nur bis zu 3 Jahre andauern (vgl. Rothland 2007, S.15). Hinzu kommt der Altersunterschied, der sich in der Berufsbiografie von Lehrenden verschärft, da mit zunehmenden Dienstjahren die Lernenden immer jünger werden und sich die „Altersschere“ immer weiter öffnet (vgl. Rothland 2007, S.15).

Der dynamische Prozess zeigt sich auch in den Machtverhältnissen zwischen den Lernenden in den Schulen. Diese führen nicht nur zur Verunsicherung bei Lernenden, sondern auch bei Lehrenden. So schreiben Ringeisen, Buchwald & Schwarzer (2008), dass es schwer ist, eine Balance zwischen der Wahrung von Einzel- oder Gruppeninteressen der Lernenden sowie der Rahmenbedingungen zu finden (vgl. Ringeisen, Buchwald & Schwarzer 2008, S.26).

Außerdem herrscht nach Rothland (2007) in den Schulen ein klar geregeltes Organisationsprinzip. Demnach seien die Schulen rechtlich reglementiert: so sind sie durch eine zeitliche Abfolge des Schuljahres strukturiert, intern nach Klassenstufen und Jahrgängen, in Fächern und Stundenplänen sowie in schulabhängig festgelegten Räumen und Unterrichtsstunden aufgeteilt (vgl. Rothland 2007, S.15).

Nach Lowy und Bernstein (1996) zeigt sich der dynamische Prozess in der Zusammensetzung der Gruppen, wie in 3.2 genauer erläutert. Jede Interaktion innerhalb einer Gruppe kann den weiteren Verlauf der Beziehung beeinflussen. So wird z.B. der Verlauf der Beziehung beeinflusst, wenn die Lehrenden die Leistung eines Lernenden bewerten müssen. Bei einer guten Bewertung wirkt sich das positiv auf die L-S-B aus, bei einer ausreichenden Bewertung kann das Folgen für die LS-B haben (vgl. Auhagen & Salisch 1993, S.9ff.).

Der dynamische Prozess der L-S-B zeigt sich nicht nur im Unterricht an den Lehrenden und Lernenden selbst, sondern auch in den bisherigen Untersuchungen zur L-S-B. So wurden je nach Zeitgeist bzw. Welt- und Menschenbild verschiedene Ansichten der L-S-B und dessen Auswirkungen auf den Unterricht betrachtet. Über die Struktur zwischen Lehrenden und Lernenden gibt es divergierende Auffassungen (vgl. Schweer 2008, S. 77.). Schweer (2008) spricht dabei von Modellversuchen.

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